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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
BausperreV der Gemeinde Finkenstein vom 22.07.94Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung eines Antrags auf Erteilung einer Baubewilligung aufgrund einer erst nach Antragstellung erlassenen BausperreSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Eingabe vom 12. Juli 1994 hat der nunmehrige Erstbeschwerdeführer die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer aus 29 Häusern bestehenden Wohnanlage in der Gemeinde Finkenstein beantragt. Das Ansuchen wurde auch vom nunmehrigen Zweitbeschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. 132/2 und 133/1, KG Fürnitz, auf denen das Projekt verwirklicht werden sollte, unterfertigt. Die betroffenen Grundflächen waren im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Finkenstein als "Bauland-Dorfgebiet" ausgewiesen.
1.2. Am 22. Juli 1994 erließ der Gemeinderat der Gemeinde Finkenstein eine auf §15 Allgemeine Gemeindeordnung 1993 iVm §12 GemeindeplanungsG gestützte Verordnung, mit der u.a. für die unter Pkt. 1.1. genannten Grundstücke eine befristete Bausperre verfügt wurde. Die Verordnung wurde durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Finkenstein in der Zeit vom 25. Juli bis 9. August 1994 kundgemacht.
1.3. In der Folge wies der Bürgermeister der Gemeinde Finkenstein mit Bescheid vom 18. Oktober 1994 den oben erwähnten Antrag der beiden Beschwerdeführer mit der Begründung ab, daß gemäß §12 Abs3 GemeindeplanungsG während der befristeten Bausperre keine Baubewilligungen erteilt werden dürften.
1.4. Die dagegen von den nunmehrigen Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Finkenstein vom 19. April 1995, die gegen diesen Bescheid gerichtete Vorstellung mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. September 1995 abgewiesen. Die zuletzt genannte Behörde führte dazu begründend aus, daß Verwaltungsbehörden an gehörig kundgemachte Verordnungen gebunden seien und nach §12 Abs3 GemeindeplanungsG im Falle einer bestehenden Bausperre die Erteilung einer Baubewilligung - bei sonstiger Nichtigkeit - jedenfalls zu versagen sei; die Abweisung des gegenständlichen Bauansuchens durch die Behörden I. und II. Instanz sei daher zu Recht erfolgt.
2. Gegen diesen Bescheid der Kärntner Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums und in Rechten wegen Anwendung der - behauptetermaßen - rechtswidrigen Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Finkenstein vom 22. Juli 1994 geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorlegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Auch die Gemeinde Finkenstein hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, worin sie u.a. darauf hinweist, daß mittlerweile für den in Rede stehenden Bereich der Gemeinde "unter Miteinbeziehung der beiden Beschwerdeführer" ein Bebauungsplan erlassen worden sei.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. §12 Abs1 Knt GemeindeplanungsG 1982, LGBl. 51/1982, bestimmt:
"Vor der Festlegung oder Änderung eines Bebauungsplanes hat der Gemeinderat für das Gemeindegebiet oder Teile desselben mit Verordnung eine befristete Bausperre zu verfügen, wenn die beabsichtigte Wirkung des Bebauungsplanes sonst beeinträchtigt werden würde."
2. Die in Rede stehende Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Finkenstein vom 22. Juli 1994 lautet:
"Verordnung
des Gemeinderates der Marktgemeinde Finkenstein vom 22. Juli 1994, mit welcher für die Parz. 125 (Teilfläche), 130, 132/1, 132/2 und 133/1, alle KG. Fürnitz, im Bereich der Bahnhofstraße und der Oberrainerstraße in Fürnitz gelegenen, eine befristete Bausperre verfügt wird.
Gemäß dem §15 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, LGBl. Nr. 77/1993, in Verbindung mit §12 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl Nr. 51/82, in der geltenden Fassung, wird verordnet:
§1
Wirkungsbereich
Für die im derzeit gültigen Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Finkenstein, genehmigt mit Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 22. Dezember 1981, Zl.: RO/25/12-81, ausgewiesenen Parzellen im Bereich der Bahnhofstraße und der Oberrainerstraße in Fürnitz, KG. Fürnitz, wird eine befristete Bausperre verfügt.
§2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt gemäß §15 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, LGBl. Nr. 77/1993, in der geltenden Fassung, nach Ablauf des Tages, an dem sie an der Anschlagtafel angeschlagen worden ist, in Kraft."
3. Die Beschwerdeführer begründen die behauptete Gesetzwidrigkeit dieser Verordnung im wesentlichen damit, daß gemäß §12 Abs1 GemeindeplanungsG eine Bausperre nur dann rechtens sei, wenn die beabsichtigte Wirkung des Bebauungsplanes sonst beeinträchtigt würde. Die gegenständliche Verordnung sei aber mit keinem Wort in diese Richtung begründet worden. Der einzige Grund für die Bausperre sei vielmehr gewesen, daß der Bürgermeister der Gemeinde Finkenstein für die gegenständliche Liegenschaft aus politischen Motiven eine Bebauung durch eine Wohnbaugenossenschaft wünschte. Die Begründung der Verordnung, wonach "ein massiver Eingriff in das vorherrschende Ortsbild sowie eine Beeinträchtigung des derzeit gültigen textlichen Bebauungsplanes drohe", sei eine offenkundige Scheinbegründung. Tatsächlich sei die Bausperre rechtswidrig dazu verwendet worden, um das konkrete Projekt der Beschwerdeführer zu verhindern, und ein anderes vom Bürgermeister gewünschtes, zu ermöglichen, das viel intensiver der "Scheinbegründung" der verordneten Bausperre widersprechen würde. Gemäß §12 GemeindeplanungsG dürfe nur bei einer beabsichtigten Änderung des Bebauungsplanes eine Bausperre verhängt werden, daß eine solche beabsichtigt gewesen sei, ergebe sich aber aus keinem Hinweis, geschweige denn aus der Begründung der Verordnung. Die Gemeinde Finkenstein habe auch seit der verhängten Bausperre keine konkreten Maßnahmen zur Änderung des Bebauungsplanes ergriffen.
4. Die Bedenken der Beschwerdeführer bestehen nicht zu Recht:
Wie sich aus der unwidersprochen gebliebenen Äußerung der Gemeinde Finkenstein sowie aus den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten, insbesondere aus dem Protokoll über die Sitzung des Gemeindevorstandes der Gemeinde Finkenstein am 18. Juli 1994 betreffend den an den Gemeinderat zu erstattenden Vorschlag zur Erlassung der gegenständlichen Verordnung (welche in der Sitzung des Gemeinderates am 22. Juli 1994 vorschlagsgemäß beschlossen wurde) ergibt, bestand im Zeitpunkt der Erlassung der von den Beschwerdeführern bekämpften Bausperrenverordnung die Absicht, die Widmung der hier in Rede stehenden Grundflächen partiell zu ändern bzw. deren bauliche Ausnutzung im Wege der Erlassung eines (Teil)Bebauungsplanes an das betreffende Ortsbild anzupassen. Im Hinblick darauf erscheint es vertretbar vom Vorliegen der gemäß §12 Abs1 GemeindeplanungsG geforderten Voraussetzung (arg: "... wenn die beabsichtigte Wirkung des Bebauungsplanes sonst beeinträchtigt werden würde") für die Verfügung einer befristeten Bausperre auszugehen, zumal in weiterer Folge tatsächlich im Sinne dieser Planungsabsicht ein Teilbebauungsplan erlassen wurde.
5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es ausgeschlossen, daß sie in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.
6. Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Baurecht, BausperreEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B3230.1995Dokumentnummer
JFT_10019376_95B03230_00