TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/09 C7 233136-0/2008

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Veröffentlicht am 09.09.2008
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Spruch

C7 233136-0/2008/12E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HAT als Vorsitzende und den Richter Mag. FELSEISEN als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des M.A., geb. 00.00.1974, StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2002, FZ. 01 21.961-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.08.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl I. Nr. 26/1997 idgF, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesasylamtes. Der Beschwerdeführer stellte am 20.09.2001 einen Asylantrag in Österreich. Er wurde hiezu am 09.10.2001 und am 03.12.2001 niederschriftlich einvernommen.

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer brachte im Verfahren folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt vor: Er sei im Jänner 1999 der PML-N beigetreten und habe am 00.00.1999 eine Parteidemonstration organisiert. Nach der Demonstration sei er verhaftet und für sechs Tage inhaftiert worden. Aufgrund der Zahlung einer Kaution durch den Freund seines Vaters sei er dann wieder freigelassen worden. Nach weiteren zwei Wochen sei die Polizei zu ihm nach Hause gekommen, aber der Beschwerdeführer sei nicht zu Hause gewesen. Die Polizei hätte dem Vater des Beschwerdeführers einen Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer gezeigt. Die Polizei sei noch mehrmals zum Haus des Beschwerdeführers gekommen, doch der Beschwerdeführer habe sich bis zu seiner Ausreise im Mai 2001 bei einem Freund aufgehalten.

 

2. Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2002, FZ: 01 21.961-BAT, gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Pakistan gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchteil II).

 

3. Am 04.04.2002 wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung verbunden mit einer Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes eingebracht.

 

4. Mit Bescheid vom 20.11.2002, FZ: 01 21.961-BAT, gab das Bundesasylamt dem Antrag auf Wiedereinsetzung statt.

 

5. Vor dem Asylgerichtshof wurde am 26.08.2008 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, welche folgenden Verlauf nahm:

 

"....

 

VR befragt die Parteien, ob diese psychisch und physisch in der Lage sind, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen.

 

BF: An und für sich bin ich gesund, aber natürlich habe ich Stress.

 

VR: Warum haben Sie Stress?

 

BF: Ich bin seit 8 Jahren in Österreich. Mein Vater ist heuer, im Februar, verstorben. Ich konnte meinen Vater in seinen letzten Momenten nicht sehen, außerdem vermisse ich meine Gattin und Kinder. Auch meine Mutter ist meistens krank. Wegen dieser Sachen habe ich Stress.

 

....

 

VR: Haben Sie Bescheinungsmittel vorzulegen?

 

BF: Ich habe keine Bescheinigungsmittel bezüglich der Partei bei mir. Ich habe einen Brief, welche meine Frau mir geschickt hat. Diesen lege ich vor.

 

Der BF legt 2 Schreiben seiner Frau vor, diese werden als Beilagen ./A und ./B zum Akt genommen.

 

VR: Haben Sie Dokumente bei sich?

 

BF: Nein. Ich habe nur Belege für meine Arbeit in Österreich.

 

BF legt Beschäftigungsbewilligung und Arbeitserlaubnis vor. Kopien werden als Beilagen ./C zum Akt genommen.

 

BF hat auch eine Kopie des Reisepasses seiner Mutter bei sich.

 

BF: Meine Mutter möchte mich gerne treffen und befindet sich derzeit in Oman. Ich bitte Sie um Erlaubnis, dass ich meine Mutter in Oman besuchen kann.

 

VR: Haben Sie einen Pass?

 

BF: Derzeit besitze ich keinen Pass, aber wenn ich diese Erlaubnis seitens der österreichischen Behörden bekomme, werde ich um einen Pass bei den pakistanischen Behörden kümmern.

 

Beginn der Befragung.

 

VR: Ist Ihre dem bisherigen Verfahren zugrunde gelegte Identität richtig? Auf § 119 Abs. 2 FPG wird hingewiesen.

 

BF: Mein Name ist M.A., geb. 00.00.1974. Ich habe einen pakistanischen Ausweis.

 

VR: Woher haben Sie diesen Ausweis?

 

BF: Ich habe diesen von der pakistanischen Botschaft in Wien ausstellen lassen.

 

VR: Waren Ihre Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren richtig und bleiben diese aufrecht?

 

BF: Ja, meine Angaben waren richtig. Ich bleibe dabei.

 

VR: Wo haben Sie in Pakistan genau gelebt?

 

BF: Die Adresse steht auf dem Ausweis. Ich war wohnhaft im Dorf D., Punjab.

 

VR: Was haben Sie in Pakistan gearbeitet?

 

BF: Ich habe in Pakistan nicht gearbeitet, ich war nur bei der Partei.

 

VR: Wovon haben Sie in Pakistan gelebt?

 

BF: Mein Vater besaß Ländereien und hat mich finanziell unterstützt.

 

VR: Leben noch Familienangehörige in Ihrem Heimatdorf?

 

BF: Nein, in meinem Heimatdorf leben keine Familienangehörige von mir. Wegen meiner Probleme sind sie umgezogen.

 

VR: Wo leben Ihre Familienangehörigen jetzt?

 

BF: Sie wohnen jetzt im Dorf T. und Distrikt sind der gleiche.

 

VR: Welche Ihrer Familienangehörigen leben in T.?

 

BF: Meine Frau und meine Kinder.

 

VR: Haben Sie Geschwister?

 

BF: Ja. Ich habe eine Schwester, sie ist verheiratet und lebt bei ihrem Ehemann. Ich habe auch vier Brüder. Meine Brüder leben nach wie vor in unserem Heimatdorf D., bzw. ein Bruder lebt in Oman, meine Mutter ist zur Zeit bei ihm.

 

VR: Haben Sie noch weitere Verwandte in Pakistan?

 

BF: Ja, die gesamte Verwandtschaft ist in Pakistan.

 

VR: Wo lebt Ihre Verwandtschaft?

 

BF: Sie leben in verschiedenen Ortschaften, in verschiedenen Provinzen.

 

VR: Besitzt Ihre Familie noch Ländereien in Pakistan?

 

BF: Ja.

 

VR: Lebt Ihre Frau von den Erträgnissen dieser Ländereien?

 

BF: Ja, außerdem bekommt sie Geld von mir, weil ich in Österreich arbeite.

 

VR: Wann haben Sie Pakistan ungefähr verlassen?

 

BF: Ich glaube, es war der 17.05.2001, aber es ist so lange her, dass ich es nicht mit Sicherheit sagen kann.

 

VR: Können Sie mir erzählen, warum Sie Pakistan verlassen haben?

 

BF: Als der Regierung von Muslim League ein Ende gesetzt wurde und die Armee an die Macht kam, hat diese die Unterstützer der Partei schikaniert. Ich war auch ein Parteiunterstützer und musste deswegen meine Heimat verlassen.

 

VR: Wollen Sie noch mehr dazu sagen?

 

BF: Das sind meine Fluchtgründe.

 

VR: Welche Partei haben Sie unterstützt?

 

BF: Die Muslim League, die Nawaz-Gruppe.

 

VR: Waren Sie Mitglied dieser Partei?

 

BF: Ja. Ich war ein Mitarbeiter dieser Partei und habe an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen.

 

VR: Welche Funktion hatten Sie in der Partei, was haben Sie konkret in der Partei gemacht?

 

BF: Wie gesagt, war ich ein Mitarbeiter, eine andere Funktion hatte ich nicht. Ich habe bei der Organisation der Veranstaltungen mitgeholfen, d.h. ich habe andere Parteiunterstützer und Mitglieder informiert, wann und wo unsere Parteiveranstaltungen stattfinden werden. Es waren außer mir noch 3 oder 4 andere Parteimitarbeiter, welche dasselbe gemacht haben wie ich.

 

VR: Wer waren diese 3 oder 4 Anderen?

 

BF: Es waren 3 andere außer mir, nämlich B.M., C.M. und A.A..

 

VR: Seit wann waren Sie Parteimitglied?

 

BF: Seit 00.00.1999.

 

VR: Haben Sie einen Parteiausweis?

 

BF: Ich habe zwar die Parteimitgliedschaftskarte gehabt, aber ich habe diese bei einer Veranstaltung, bei der ich von der Polizei festgenommen worden bin, verloren.

 

VR: Wann war diese Veranstaltung?

 

BF: Am 00.00.1999.

 

VR: Warum wurden Sie damals festgenommen?

 

BF: Wir haben gegen die Armee demonstriert.

 

VR: Warum wurden konkret Sie festgenommen?

 

BF: Sie haben diejenigen festgenommen, die sie schnappen konnten.

 

VR: Wer wurde sonst noch festgenommen?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob überhaupt andere noch festgenommen wurden.

 

BF denkt nach. Ich kann mich jetzt erinnern, dass noch 2 Personen neben mir festgenommen wurden.

 

VR: Kannten Sie diese Personen?

 

BF: Sie waren auch in meiner Partei, das waren nämlich C. und B..

 

VR: Was ist bei dieser Veranstaltung vorgefallen?

 

BF: Diese Demonstration war, um unsere Unterstützung für die Muslim League kundzutun. Wir haben 3 Tage vor der Demonstration diese schon bekannt gegeben und über Lautsprecher in umliegenden Dörfern bekannt gegeben. 300 Personen haben daran teilgenommen. Während dieser Veranstaltung haben wir auch Slogans gegen die Armee ausgerufen. Die Polizei ist dann gekommen und hat die 2 von mir erwähnten Mitglieder und mich festgenommen. Alle anderen sind geflüchtet. Das ist alles.

 

VR: Warum wurden gerade Sie 3 festgenommen?

 

BF: Die anderen waren nämlich nur Zuhörer, wir waren die Hauptpersonen, welche die Slogans ausgerufen haben.

 

VR: Wie viele Polizisten waren bei dieser Demonstration ungefähr?

 

BF: Ich habe sie nicht gezählt, aber es war ein Polizeiauto da.

 

VR: Wie lange wurden Sie festgehalten von der Polizei?

 

BF: Ich wurde ca. 6 Tage angehalten.

 

VR: Wie kamen Sie wieder frei?

 

BF: Mein Vater kontaktierte einen Mann namens M.M., dieser bezahlte die Kaution für meine Freilassung.

 

VR: Wie hoch war die Kaution?

 

BF: Das weiß ich nicht, das hat mein Vater bezahlt.

 

VR: Wurde Anzeige gegen Ihre Person erstattet?

 

BF: Das weiß ich nicht, ich weiß nur, dass ich dann von der Polizeistation weiter zum Gefängnis überstellt wurde.

 

VR: Auf welcher Polizeistation wurden Sie festgehalten?

 

BF: D..

 

VR: Wie groß ist D.?

 

BF: D. ist eine Kleinstadt, nicht sehr groß.

 

VR: Gibt es in D. nur eine Polizeistation?

 

BF: Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen bzw. ich bin so lange von zu Hause weg. Es kann sein, dass es mittlerweile noch eine Polizeistation dort gibt.

 

VR: Wo lag diese Polizeistation, auf der Sie festgehalten wurden?

 

BF: In der Stadt.

 

VR: Wo in der Stadt?

 

BF: Damals war nur diese eine Polizeistation in der Stadt, die Adresse weiß ich nicht.

 

VR: In welches Gefängnis wurden Sie danach gebracht?

 

BF: In unserem Bezirk in G..

 

VR: Wo liegt dieses Gefängnis?

 

BF: Dazu kann ich keine Angaben machen, ich weiß es nicht.

 

VR: Wie lange waren Sie im Gefängnis?

 

BF: 6 Tage.

 

VR: Wohin sind Sie vom Gefängnis aus gegangen?

 

BF: Nach meiner Entlassung aus dem Gefängnis habe ich mich bei einem Freund aufgehalten, da ich Angst hatte, dass ich nochmals festgenommen werden könnte. In dieser Zeit habe ich mich dann entschlossen, mein Heimatland zu verlassen.

 

VR: Wie ist der Name dieses Freundes?

 

BF: K.J..

 

VR: Wo lebte Ihr Freund damals?

 

BF: Er lebte in G..

 

VR: Wo in G.?

 

BF: Seine Adresse weiß ich nicht, ich hielt mich versteckt bei ihm und habe das Haus nicht verlassen.

 

VR: In welchem Dorf lebte er, oder in welcher Stadt?

 

BF: Ich kann mich daran jetzt nicht erinnern, ich habe alles vergessen.

 

VR: Als Sie auf Kaution freigelassen wurden, haben Sie da das Gefängnis allein verlassen?

 

BF: Ja.

 

VR: Wie sind Sie vom Gefängnis zu Ihrem Freund gelangt?

 

BF: Mein Freund hat mich mitgenommen.

 

VR: Von wo hat er Sie mitgenommen?

 

BF: Vor dem Gefängnis.

 

VR: Wo lebt Ihr Freund heute?

 

BF: Ich habe keinen Kontakt zu ihm.

 

VR: Wie lange haben Sie sich bei Ihrem Freund aufgehalten?

 

BF: Ich habe mich ziemlich lange bei ihm aufgehalten, da die Polizei mich gesucht hat.

 

VR: Warum hat Sie Ihr Vater nicht vom Gefängnis abgeholt?

 

BF: Mein Vater war auch da. M.M. war auch dabei, das ist der Mann, der die Kaution gestellt hat. Sie waren auch dabei, als ich vom Gefängnis freigelassen wurde. Das wurde ich bei meiner vorherigen Einvernahme nicht gefragt.

 

VR: Gab es ein Strafverfahren gegen Ihre Person?

 

BF: Mein Bruder hat mir nur erzählt, dass die Polizei mich gesucht hat, ich weiß jedoch nicht, ob es ein Strafverfahren gegen meine Person gegeben hat.

 

VR: Gab es irgendwelche Auflagen, als Sie das Gefängnis verlassen haben?

 

BF: Mir wurde nur gesagt, dass ich aufgrund der Kaution freigelassen werde. Mehr dazu haben sie sich nicht geäußert, aber ich weiß, dass ein menschliches Leben in unserem Land keinen Wert hat und ich hatte Angst, dass die Polizei mich wieder festnehmen und womöglich töten wird. Um dem zu entgehen, habe ich mich entschlossen, die Flucht aus Pakistan zu ergreifen.

 

VR: Waren die beiden anderen Personen, die festgenommen wurden, mit Ihnen in Haft?

 

BF: Ja, sie waren auch mit mir inhaftiert, aber ich weiß nicht, wann und ob sie freigelassen wurden.

 

VR: Können Sie mir ungefähr angeben, wie lange Sie sich bei Ihrem Freund aufgehalten haben?

 

BF: Ich glaube, es waren 6 oder 7 Monate. Ich bin mir nicht sicher, vielleicht war es nicht so lange.

 

VR: Warum hat die Polizei nach Ihnen gesucht?

 

BF: Die Polizei wollte mich festnehmen, damit ich nicht wieder gegen die Armee demonstriere.

 

VR: Wie lange nach Ihrer Haftentlassung hat die Polizei wieder nach Ihnen gesucht?

 

BF: Ca. 2 Wochen nach meiner Enthaftung.

 

VR: Wo hat die Polizei nach Ihnen gesucht?

 

BF: Sie waren bei mir zu Hause und haben dort nach mir gefragt.

 

VR: Wie oft hat die Polizei ungefähr nach Ihnen gesucht?

 

BF: Mein Bruder hat erzählt, dass sie dreimal dort waren.

 

VR: Welcher Ihrer Brüder hat Ihnen das erzählt?

 

BF: Mein jüngerer Bruder.

 

VR: Wie heißt Ihr jüngerer Bruder?

 

BF: B.M..

 

VR: Wie heißen Ihre anderen Brüder?

 

BF: Das habe ich Ihnen erzählt.

 

VR: Sind Ihre Brüder politisch aktiv?

 

BF: Nein.

 

VR: Wie heißen Ihre anderen Brüder?

 

BF: Ich habe Ihnen alle Namen aufgelistet.

 

VR: Wann haben Sie die Namen aufgelistet?

 

BF: Ich glaube, am Anfang schon. Soll ich sie nochmals aufzählen?

 

VR: Ja, bitte.

 

BF: Meine 4 Brüder heißen B.M., C.M., A.A., D.M., meine Schwester heißt N.B.. Ich bitte Sie, mir die Kopien der Briefe meiner Frau zurückzugeben.

 

VR: Können Sie mir sagen, warum Ihre Brüder beinahe gleich heißen wie Ihre Parteimitarbeiter?

 

BF: Bei uns gibt es die gleichen Namen. Das sind sehr häufige Namen.

 

VR: Wann wurden Sie ungefähr festgenommen?

 

BF: 00.00.1999.

 

VR: Sie haben vorher gesagt, Sie sind im Mai 2001 ausgereist, wo haben Sie sich in der Zeit aufgehalten?

 

BF: Ich habe mich bei meinem Freund aufgehalten. Das habe ich Ihnen schon gesagt.

 

VR: Haben Sie sich nur bei Ihrem Freund oder auch an anderen Orten aufgehalten?

 

BF: Nur bei meinem Freund.

 

VR: Haben Sie in der Zeit, als Sie bei Ihrem Freund lebten, gearbeitet?

 

BF: Nein.

 

VR: Wie haben Sie Pakistan verlassen?

 

BF: Mein Vater hat einen Schlepper kontaktiert bzw. ein Freund meines Vaters hat den Kontakt des Schleppers hergestellt. Ich reiste nach Karachi, und von dort wurde ich mit Hilfe des Schleppers auf dem Landweg in den Iran gebracht. Von dort bin ich in verschiedenen LKW¿s über verschiedene unbekannte Länder nach Österreich gekommen.

 

VR: Wann haben Sie geheiratet?

 

BF: April 1994.

 

VR: Wie viele Kinder haben Sie?

 

BF: 4 Kinder.

 

VR: Wie heißen Ihre Kinder?

 

BF: Die älteste Tochter heißt M., meine Söhne heißen F., G. und R..

 

VR: Wie heißt Ihre Frau?

 

BF: A.N..

 

VR: Wie ist der Name des Vaters Ihrer Frau?

 

BF: Ich habe seinen Namen vergessen.

 

VR: Leben Ihre Schwiegereltern noch?

 

BF: Ja.

 

VR: Wo leben Ihre Schwiegereltern in Pakistan?

 

BF: Sie leben im Dorf N. und Distrikt J., Punjab. Ich bin nicht sicher ob der J. ist, vielleicht ist es auch K..

 

VR: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Pakistan zurückkehren müssten?

 

BF: Die Situation meines Landes kennen Sie aus den Medien. Ich war nur ein kleiner Arbeiter meiner Partei, die PPP und ML haben sich getrennt. Es gibt täglich Bombenexplosionen und niemand fühlt sich dort sicher. Deswegen leben meine Frau und meine Kinder nicht in der Stadt, sondern in einem Dorf. Was soll man in so einem Land machen? Ich möchte noch angeben, dass ich in Zukunft alle Bescheide auf Urdu erhalten möchte.

 

VR: Haben Sie konkrete Befürchtungen in Hinblick auf Ihre Person im Falle einer Rückkehr nach Pakistan?

 

BF: Die jetzige Situation in Pakistan ist nicht gut. Ich kann dann erst zurückkehren, wenn die ML die Mehrheit gewinnt und alleine regiert. Außerdem muss ich die Zusicherung seitens der Partei erhalten, dass ich in Sicherheit zurückkehren kann.

 

VR: Gibt es einen Haftbefehl gegen Ihre Person?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

VR: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?

 

BF: Ja, zu meiner Frau und meinen Kindern.

 

VR: Wie sieht die Lage bei Ihnen zurzeit zu Hause aus?

 

BF: Meine Frau und meine Kinder haben keine Probleme und leben unbehelligt in einem anderen Dorf. Ich glaube, dass ich die Probleme bekommen werde, wenn ich zurückkehren müsste.

 

VR: Welche Probleme würden Sie bekommen?

 

BF: Ich weiß es im Moment nicht, aber es kann sein, dass ein Haftbefehl in der Polizeistation existiert wegen der damaligen Demonstration.

 

VR: Mit wie vielen Leuten waren Sie im Gefängnis, in der Zelle?

 

BF: Es waren 3 oder 4 Personen in der Zelle, nur kenne ich ihre Namen oder sonstiges nicht.

 

VR: Warum waren diese Männer inhaftiert?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich habe sie nicht danach gefragt.

 

Verhandlung wird für 10 min unterbrochen.

 

VR: Haben Sie schwere Krankheiten oder waren Sie in Österreich im Spital.

 

BF: Ja. Am 00.00.2008 habe ich einen Unfall gehabt. Ich war 2 Tage im Spital. Ich war Beifahrer auf einem Moped und wurde von einem Auto gerammt. Ich war auf dem Weg zur Arbeit, auf dem Flughafen in Salzburg.

 

VR: Hat der Beisitzer Fragen?

 

BR: Ja. Woher hat Ihr Freund gewusst, wann Sie freigelassen werden?

 

BF: Er war ein guter Freund und hat sich in Kontakt mit meiner Familie gesetzt und von ihnen erfahren, wann ich freigelassen werde.

 

Folgende Erkenntnisquellen werden der beschwerdeführenden Partei genannt und deren Inhalt erörtert:

 

Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan", Stand April 2007

 

UK Home Office, Border & Immigration Agency (BIA), Pakistan Country Report, January und April 2008

 

US Department of State, Pakistan, Country Report on Human Rights Practices - 2007, 11.03.2008

 

Christian Brüser, Gutachten Pakistan, Februar 2008, Allgemeiner Teil

 

Konrad Adenauer Stiftung, Parlamentswahlen 2008, Pakistans Demokratie im Vormarsch? Juni 2008

 

The Guardian, Musharaff was the last to read the writing on the wall, 19.08.2008

 

The Guardian, Musharaff opponents meet to discuss presidency, 19.08.2008

 

Der Standard, Zardari gibt in Koalitionsstreit nach, 26.08.2008

 

Der VR bringt dem BF nachfolgende - vorläufige - Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des BF unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Asylgerichtshof vorliegenden Informationsunterlagen (siehe oben) zur Kenntnis:

 

Bei den Parlaments- und Regionalwahlen am 18. Februar 2008 ging die PPP als stärkste politische Kraft hervor. Auch die PML-N schnitt sehr gut ab, während die Musharraf-loyale PML-Q starke Verluste hinnehmen musste und sich nur im Regionalparlament von Beluchistan als stärkste Kraft behaupten konnte. In der Nord West Frontier Province (NWFP) wurde die Awami National Party (ANP) zur stärksten Kraft.

 

Am 18.08.2008 ist Präsident Musharraf zurückgetreten und sind die Präsidentschaftswahlen für den 06.09.2008 in Aussicht genommen. Am 25.08.2008 verließ der Chef der PML-N, Nawaz Sharif, die Koalition mit der PPP, weil diese die vom damaligen Präsidenten Musharraf entlassenen Richter nicht wieder einsetzte. Am 26.08.2008 stellte der PPP-Vorsitzender Asif Ali Zardari die Wiedereinsetzung der Richter in Aussicht, wenn Sharif in die Regierung zurückkehrt. Die weiteren Entwicklungen müssen abgewartet werden, jedoch kann auch aufgrund der notorischen jüngsten Ereignisse um Präsident Musharraf nicht davon ausgegangen werden, dass in Pakistan eine Situation herrscht oder entstehen könnte, in der die Staatsgewalt zusammengebrochen wäre oder systematische schwere Menschenrechtsverletzungen zu erkennen wären.

 

Abgeschobene Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen einer Asylantragstellung nicht mit staatlichen Maßnahmen zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter konnte nicht festgestellt werden.

 

Die Möglichkeiten, sich in Pakistan eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. Selbst für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Lagerarbeiter, LKW-Beifahrer, Tellerwäscher oder Abfallsammler) ihren Lebensunterhalt zu sichern.

 

Dass es möglich ist, sich auch als Neuankömmling z.B. in einer Stadt wie Karatschi (ca. 16 Millionen Einwohner) niederzulassen, zeigen die Zigtausend afghanischen Flüchtlinge, die sich dort dauerhaft niedergelassen haben und aktiv am Wirtschaftsleben der Stadt teilnehmen.

 

VR fragt den BF um seine Stellungnahme zu dieser Beurteilung.

 

BF: Die Geschichte Pakistans hat gezeigt, dass die Armee nie die politische Macht komplett aufgegeben hat. Bezüglich der zwei Parteien PPP und PML (N), mal sind sie zusammen und mal streiten sie miteinander. Vor den Wahlen hat der Nawaz Sharif gesagt, dass er die Wahlen boykottieren möchte, aber dann sind beide Parteien zusammengekommen um den gemeinsamen Gegner Musharraf zu besiegen. Nun streiten sie wieder miteinander wegen der Frage der Einsetzung der von Musharraf gekündigten Richter. Nun haben sie mir vorgelesen, dass die PPP wieder bereit ist mit der PML-N zu kooperieren. Also, es ist immer ein hin und her, aber die generelle Situation ist nicht gut. Die Parteien streiten miteinander und es gibt keine Sicherheiten, besonders nicht für die kleinen Parteienarbeiter wie ich. Wenn ich bei meiner Rückkehr getötet werde, dann ist das Leben meiner gesamten Familie zerstört. Es ist kein Geheimnis, was die Situation in Pakistan betrifft. Ich kann Ihnen viel mehr darüber erzählen, aber das ist alles, was ich darüber zu sagen habe.

 

VR: Konnten Sie heute alles sagen? Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

 

BF: Ich möchte die weitere Vorgangsweise wissen.

 

VR erklärt die weitere Vorgangsweise.

 

BF: Ich habe eine Bitte an Sie. Ich bin seit bereits seit 8 Jahren hier. Ich arbeite hier und bezahle meine Steuern und Sozialabgaben. Ich habe keine kriminellen Handlungen getätigt.

 

VR erklärt, dass eine Prüfung der Ausweisung nicht Gegenstand des Asylverfahrens des BF ist.

 

BF: Ich fühle mich wie im Gefängnis, weil ich das Land nicht verlassen kann, um meine Familie in einem arabischen Land zu Treffen. Ich möchte auf gar keinen Fall zurück nach Pakistan und ich möchte, dass mir die Möglichkeit gegeben wird, meine Kinder zu besuchen.

 

VR: Haben Sie jemals versucht einen anderen Aufenthaltstitel zu erhalten?

 

BF: Nein. Ich bitte Sie, mir einen UN Flüchtlingspass zu geben, damit ich meine Familie sehen kann.

 

VR fragt den BF, ob er den Dolmetscher gut verstanden habe; dies wird bejaht.

 

..."

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

 

Die Familie des Beschwerdeführers lebt nach wie vor in Pakistan.

 

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt.

 

1.2. Zum Herkunftsstaat Pakistan:

 

Zur Lage in Pakistan werden aufgrund der in der Verhandlung vorgehaltenen Quellen und der notorischen jüngsten Entwicklungen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen getroffen:

 

Bei den Parlaments- und Regionalwahlen am 18. Februar 2008 ging die PPP als stärkste politische Kraft hervor. Auch die PML-N schnitt sehr gut ab, während die Musharraf-loyale PML-Q starke Verluste hinnehmen musste und sich nur im Regionalparlament von Belutschistan als stärkste Kraft behaupten konnte. In der Nord West Frontier Province (NWFP) wurde die Awami National Party (ANP) zur stärksten Kraft.

 

Am 18.08.2008 ist Präsident Musharraf zurückgetreten. Am 25.08.2008 verließ der Chef der PML-N, Nawaz Sharif, die Koalition mit der PPP, weil diese die vom damaligen Präsidenten Musharraf entlassenen Richter nicht wieder einsetzte. Am 26.08.2008 stellte der PPP-Vorsitzender Asif Ali Zardari die Wiedereinsetzung der der Richter in Aussicht, wenn Sharif in die Regierung zurückkehrt. Bei den Präsidentschaftswahlen am 06.09.2008 wurde Asif Ali Zardari zum neuen Präsidenten Pakistans gewählt. Die weiteren Entwicklungen müssen abgewartet werden, jedoch kann auch aufgrund der notorischen jüngsten Ereignisse nicht davon ausgegangen werden, dass in Pakistan eine Situation herrscht oder entstehen könnte, in der die Staatsgewalt zusammengebrochen wäre oder systematische schwere Menschenrechtsverletzungen zu erkennen wären.

 

Abgeschobene Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen einer Asylantragstellung nicht mit staatlichen Maßnahmen zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter konnte nicht festgestellt werden.

 

Die Möglichkeiten, sich in Pakistan eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. In der Regel wird es jedoch selbst für unqualifizierte, aber gesunde Menschen möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Lagerarbeiter, LKW-Beifahrer, Tellerwäscher oder Abfallsammler ihren Lebensunterhalt zu sichern.

 

Dass es möglich ist, sich auch als Neuankömmling z.B. in einer Stadt wie Karatschi (ca. 16 Millionen Einwohner) niederzulassen, zeigen die Zigtausend afghanischen Flüchtlinge, die sich dort dauerhaft niedergelassen haben und aktiv am Wirtschaftsleben der Stadt teilnehmen.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1 Der Asylgerichtshof hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt sowie durch die am 26.08.2008 durchgeführte mündliche Verhandlung und die vorgelegten Bescheinigungsmittel Beweis erhoben.

 

2.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Einvernahme vor der Erstbehörde und den Ausführungen in der Verhandlung im Einklang mit dem Akteninhalt.

 

2.3. Die Aussage des Asylwerbers stellt im Asylverfahren zweifellos das Kernstück dar. Hierbei ist es nach Ansicht des VwGH Sache des Asylwerbers, entsprechende, seinen Antrag untermauernde Tatsachenbehauptungen aufzustellen und diese glaubhaft zu machen.

 

Die Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängen, dass sie nur der Asylerlangung dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

 

2.4. Der erkennende Gerichtshof geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der vom Beschwerdeführer angegebene Fluchtgrund nicht den Tatsachen entspricht; dies aus folgenden näheren Erwägungen:

 

So wiesen die Angaben des Beschwerdeführers (in der erstinstanzlichen Einvernahme und in der mündlichen Verhandlung) Ungereimtheiten und Implausibilitäten auf, beispielsweise hinsichtlich der Namen der Parteimitarbeiter, welche, wie er selbst, für die Organisation der Veranstaltungen zuständig waren, hinsichtlich des Gefängnisses, seiner Freilassung aus dem Gefängnis sowie seines Aufenthaltsortes nach der Freilassung. Selbst wenn man ihm zugestehen würde, dass seit seiner Ausreise und der mündlichen Verhandlung ein längerer Zeitraum verstrichen ist, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht (mehr) konkret angeben konnte, in welchem Ort sich das Gefängnis befand, in welchem Ort oder in welcher Stadt sein Freund wohnte, bei dem er sich nach der Freilassung - zumindest sechs Monate (zu diesem Zeitraum machte er unterschiedliche Angaben) - aufgehalten haben will, und ob ein Haftbefehl gegen ihn vorliege oder nicht, handelt es sich dabei ja um einprägsame Daten bzw. Umstände. Beim Bundesasylamt konnte der Beschwerdeführer den Aufenthaltsort bei seinem Freund noch nennen und erklärte er auch, dass ein Haftbefehl gegen ihn existiere. Außerdem äußerste sich der Beschwerdeführer in der Verhandlung widersprüchlich zu seiner Freilassung. Während er zuerst behauptete, das Gefängnis allein verlassen zu haben, erklärte er kurz darauf, sein Freund habe ihn mitgenommen, um danach (auf Nachfrage) anzuführen, sein Vater und der Mann, welcher die Kaution bezahlt hätte, seien auch dort gewesen, um ihn abzuholen. Zur Suche nach seiner Person traten in der Verhandlung weitere Unstimmigkeiten hervor. So sagte er in der Verhandlung aus, dass die Polizei nach seiner Freilassung nach ihm gesucht hätte, um ihn neuerlich festzunehmen, damit er nicht wieder gegen die Armee demonstrieren könne. In der erstinstanzlichen Einvernahme nannte er aber als Grund für die Suche nach seiner Person, dass man ihn zu den Demonstrationen befragen wollte, insbesondere wer die Hintermänner seien.

 

2.4.1. Was die vorgelegten Schreiben seiner Ehefrau betreffen, so ist festzuhalten, dass diese als Schreiben einer Privatperson einer objektivierbaren Überprüfung nicht zugänglich sind und sohin für sich genommen den Befund der Unglaubwürdigkeit nicht entscheidend zu relativieren vermögen. Außerdem stehen diese nicht in Einklang mit den Länderberichten, aus welchen nicht geschlossen werden kann, dass einfache Mitarbeiter einer Partei, im gegenständlichen Fall der PML-N, staatlicher Verfolgung ausgesetzt wären, dies gilt umso mehr angesichts der geänderten politischen Mehrheitsverhältnisse in Pakistan.

 

Gesamthaft betrachtet ist daher davon auszugehen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht den Tatsachen entspricht und der Beschwerdeführer in seinem Heimatland keiner Verfolgung ausgesetzt war bzw. ihm keine Verfolgung droht.

 

2.5 Die Feststellungen zum Herkunftsstaat Pakistan gründen sich auf die in der mündlichen Verhandlung genannten und erörterten Quellen sowie hinsichtlich der Wahl Zardaris zum pakistanischen Präsidenten auf die aktuelle Tagespresse. Den in das Verfahren eingeführten Quellen konnte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

3.2. Spruchpunkt I:

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt des aus Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH vom 26.2.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.4.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Daher muss die Verfolgungsgefahr (bzw. die wohlbegründete Furcht davor) im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben.

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlings-Konvektion genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Der Beschwerdeführer hat keine Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht und war die Beschwerde daher gemäß § 7 AsylG abzuweisen.

 

3.2. Spruchpunkt II:

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997 idF BGBl. I 126/2002 (FrG) zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Zur Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBL I 2003/101 iVm § 50 FPG 2005 (Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1. Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Art. 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechenden Bestimmungen" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG) ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG idF BGBL I 2003/101 zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

Wie bereits oben ausgeführt, liegt keine Verfolgung im Sinne der GFK vor, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, in Pakistan einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

Dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zahl: 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat der Beschwerdeführer nicht belegen können und kann auch von Amts wegen aufgrund der Länderberichte nicht davon ausgegangen werden. Es ist nicht ersichtlich, warum ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht möglich und zumutbar sein sollte. Der Beschwerdeführer verfügt über Berufserfahrung, unter anderem als Reinigungskraft und Küchenhilfe in Österreich. Zudem leben seine Frau, Kinder und Geschwister sowie weitere Verwandte in seinem Heimatland, sodass ein soziales Bezugsnetz für den Fall der Rückkehr besteht. Hinweise auf eine unzumutbare wirtschaftliche Situation der Familienangehörigen und Verwandten in Pakistan sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Seine Familie besitzt Ländereien, welche Erträge abwerfen.

 

Auch haben sich im Verfahren keine "außergewöhnlichen Umstände" ergeben, die dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnten wie etwa Hungertod, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens.

 

Somit war die Beschwerde auch hinsichtlich § 8 Abs. 1 AsylG abzuweisen.

 

3.4. Die Prüfung einer Ausweisung im Sinne von § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I 101/2003 war in verfassungskonformer Auslegung von § 8 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 3 AsylG nicht vorzunehmen; dies im Hinblick darauf, dass mit erstinstanzlichem Bescheid - der damaligen Rechtslage entsprechend - keine Ausweisung verfügt wurde und der Asylgerichtshof auf Grund Art. 129c B-VG als Überprüfungsinstanz in Asylsachen eingerichtet ist und solcherart nicht zu einer - im Ergebnis - erstinstanzlichen Entscheidung über die Ausweisung eines Fremden zuständig gemacht werden darf. Verfassungskonform kann § 8 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 3 AsylG nur dahingehend ausgelegt werden, dass eine Ausweisung nur dann vom Asylgerichtshof verfügt werden darf, wenn bereits die erstinstanzliche Entscheidung darüber abgesprochen hat.

 

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, non refoulement, soziale Verhältnisse, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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