C8 264407-0/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des R.M., geb. 00.00.1977, StA.
Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.09.2005, AZ:
05 12.823-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde von R.M. vom 28.09.2005 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.09.2005, Zahl 05 12.823-EAST Ost, wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl Nr. 51/1991 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründung
Der Beschwerdeführer stellte am 23.2.2004 einen Asylantrag. Bei seiner am 15.03.2004 vor dem Bundesasylamt durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er bezüglich seiner Fluchtgründe zusammengefasst an, dass er seit fünf Jahren Mitglied der Nawaz Sharif-Gruppe sei und deshalb seit etwa drei bis vier Jahren vom Militär und von Anhängern des Musharraf geschlagen, beschimpft und mit dem Umbringen bedroht werde. Zuletzt seien Militärangehörige acht Tage lang vor seiner Ausreise bei ihm gewesen und hätten ihn aufgefordert, das Land zu verlassen.
Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.03.2004, Zl. 04 03.015-BAE, gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Pakistan gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchteil II). Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde vom Bundesasylamt als unglaubwürdig gewertet.
Mangels Erhebung einer Berufung seitens des Beschwerdeführers ist der Bescheid am 06.04.2004 in Rechtskraft erwachsen.
Am 27.04.2005 wurde der Beschwerdeführer gemäß der VO (EG) Nr. 343/2003 von Deutschland nach Österreich zurück überstellt.
Am 27.04.2005 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag.
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme im Bundesasylamt am 29.04.2005 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er noch immer die gleichen Asylgründe wie bei seinem ersten Asylantrag habe.
Bei seiner Einvernahme beim Bundesasylamt am 03.05.2005 gab er an, dass er bei seiner letzten Einvernahme einen wichtigen Sachverhalt nicht mitgeteilt habe. Er sei in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen, bei welchem zwei Menschen ums Leben gekommen seien. Deshalb werde er in seiner Heimat strafrechtlich verfolgt. Nebenbei werde er auch von den Angehörigen der Opfer verfolgt. Befragt, warum er diesen Vorfall nicht schon anlässlich seines ersten Asylantrages erwähnt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er sehr nervös gewesen sei und deshalb nichts gesagt habe.
Mit Bescheid vom 12.05.2005, 05 06.070-EAST Ost, wies das Bundesasylamt den Asylantrag vom 27.04.2005 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Bescheid wurde am 12.05.2005 dem Beschwerdeführer persönlich ausgefolgt.
Mangels Erhebung einer Berufung seitens des Beschwerdeführers ist der Bescheid am 28.05.2005 in Rechtskraft erwachsen.
Am 10.08.2005 übermittelte die Caritas im Auftrag des Beschwerdeführers ein Telefax an das Bundesasylamt, in welchem der Beschwerdeführer nochmals um Asyl ansucht. Er habe fünf Mal versucht, eine Berufung zu schreiben, aber niemand habe sie angenommen. Er bitte darum, noch eine Chance zu bekommen.
Am 19.08.2005 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen dritten Asylantrag.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 05.09.2005 beim Bundesasylamt brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine alten Probleme weiterhin bestehen würden und dass er auch keine neuen Beweise diesbezüglich habe.
Am 07.09.2005 wurde der Beschwerdeführer neuerlich niederschriftlich einvernommen und es wurde ihm Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Vorgangsweise des Bundesasylamtes (Zurückweisung gemäß § 68 AVG) Stellung zu nehmen. Er brachte lediglich vor, dass er bereits alles vorgebracht habe.
Mit Bescheid vom 14.09.2005, 05 12.823-EAST Ost, wies das Bundesasylamt den Asylantrag vom 19.08.2005 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Bescheid wurde am 15.09.2005 dem Beschwerdeführer persönlich ausgefolgt, wobei der Beschwerdeführer eine Unterschrift unter die Übernahmebestätigung verweigerte.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 28.09.2005 eine Beschwerde, in welcher er seine zuvor schon angegebenen Asylgründe bezüglich seiner Mitgliedschaft bei der PML und bezüglich des Autounfalls wiederholte.
Die Beschwerde langte zusammen mit dem Akt des Bundesasylamtes am 30.09.2005 beim Asylgerichtshof ein.
Am 26.08.2008 wurde der Beschwerdeführer gemäß der VO (EG) Nr. 343/2003 von Deutschland nach Österreich zurück überstellt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207). Sache des vorliegenden Beschwerdesverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Beschwerde nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642A, VwGH 28.11.1968, 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Beschwerdesverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).
Im dritten Asylverfahren brachte der Beschwerdeführer vor, dass er immer noch die gleichen Fluchtgründe habe und dass er auch keine neuen Beweise diesbezüglich habe. Im Falle einer Rückkehr nach Pakistan befürchte er, dass die Familien der bei dem von ihm verursachten Autounfall getöteten Männer ihn töten könnten.
Bei diesem Vorbringen handelt es sich um Umstände, die der Beschwerdeführer bereits in seinem zweiten Asylverfahren vorgebracht hat, die bereits Gegenstand dieses zweiten Asylverfahrens waren und zu einer negativen rechtskräftigen Entscheidung geführt haben. Die Aufrechterhaltung derselben Verfolgungsbehauptung und die Bezugnahme darauf stellen sich nicht als wesentlich geänderter Sachverhalt, sondern als Bekräftigung (bzw. als Behauptung des "Fortbestehens und Weiterwirkens", VwGH 20.3.2003, 99/20/0480) eines Sachverhalts dar, über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers im rechtskräftigen zweiten Asylverfahren als unglaubhaft gewertet wurden und dieses neue Vorbringen in einem inhaltlichen Zusammenhang zu diesen steht.
Mit diesen Ausführungen ist klargestellt, dass in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers keine Umstände eingetreten sind, welche geeignet wären, einen zulässigen neuerlichen Asylantrag zu begründen, sind doch diesem Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.
Gegen die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers spricht weiters auch die Tatsache, dass er die österreichischen Behörden mehrmals über seine Identität getäuscht hat und dass er trotz seines laufenden Asylverfahrens Österreich verlassen hat und auch gleichzeitig in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat.
Da auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, da sich die allgemeine bzw. politische Situation in Pakistan bezogen auf den Gesamtstaat in der Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, nicht zum Nachteil des Beschwerdeführer geändert hat, sondern eher zu dessen Vorteil, da die dem Präsidenten Musharraf nahestehende Pakistan Muslim League (PML-Q) Partei zahlreiche Stimmen verloren hat - wie sich die Berufungsbehörde durch Einsichtnahme in aktuelle Berichte bezüglich der momentanen politischen Situation in Pakistan vergewissert hat - und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des dritten Asylantrages das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs 4 AsylG entfallen.
Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 c AsylGHG war in diesem Fall durch Einzelrichtererkenntnis zu entscheiden.