TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/10 B1 239819-0/2008

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Veröffentlicht am 10.09.2008
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Spruch

B1 239.819-0/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß §§ 61 Abs. 1, 75 Abs. 7 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 iVm § 66 Abs.4 AVG 1991 durch den Richter Dr. Ruso als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Magele als Beisitzer über die Beschwerde des A.A., geb. 00.00.1982, Staatsangehörigkeit: Republik Serbien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2003, Zl. 01 27.193-BAL, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von A.A. vom 15.07.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2003, Zahl: 01 27.193-BAL, wird gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) idF BG BGBl. I Nr. 101/2003 abgewiesen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von A.A. in die Republik Serbien zulässig ist.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Gang des Verfahrens und Sachverhalt

 

1.1 Der Beschwerdeführer, zum damaligen Zeitpunkt ein Staatsangehöriger der Republik Serbien und Montenegro albanischer Volksgruppenzugehörigkeit aus Südserbien, beantragte am 21.11.2001 die Gewährung von Asyl.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 16.04.2002 belegte der Beschwerdeführer seine Identität durch Vorlage seines am 00.00.2000 in B. ausgestellten serbischen Personalausweises. Er gab an, dass er am 18.11.2001 den Herkunftsstaat verlassen habe und mit Schlepperunterstützung illegal nach Österreich gereist sei. Er habe seine Heimat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen. Er habe keine Arbeit gefunden, sein Vater sei krank und er sei auf Beschluss der Familie nach Österreich gekommen, um hier eine Arbeit zu suchen und seine Familie unterstützen zu können. Der Beschwerdeführer sei nicht bei der UCPMB gewesen und auch niemals dazu aufgefordert worden. Die Zeit während des bewaffneten Konfliktes in der Region Südserbien habe er mit seiner Familie in Gnjilane (Kosovo) verbracht. Er habe sich nicht durch die serbische Polizei oder Behörden verfolgt gefühlt und habe keine speziellen Probleme mit der serbischen Polizei gehabt. Allerdings setze die serbische Polizei alle Albaner im serbischen Raum unter Druck. Die Eltern und drei Geschwister des Beschwerdeführers leben in B. in Südserbien. Früher habe die Familie vom Wald und von Holzschlägerungsarbeiten gelebt. Nunmehr sei der Wald zu Ende und der Vater des Beschwerdeführers habe den Traktor verkaufen müssen, um die Reise des Beschwerdeführers zu finanzieren und das Überleben seiner Familie in Südserbien zu sichern.

 

1.2 Das Bundesasylamt hat mit dem angefochtenen Bescheid den Asylantrag des Asylwerbers gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I); weiters wurde mit diesem Bescheid die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, gemäß § AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II).

 

Im angefochtenen Bescheid wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde gelegt und weiters festgestellt, dass es konkrete Motive für das Verlassen des Herkunfststaates letztendlich nur der Wunsch nach Verbesserung der wirtschaftlichen Situation (Suche nach Arbeit) erkennbar gewesen sei. Die im Wesentlichen völlig unsubstantiierte Angst vor der serbischen Polizei sei nicht nachvollziehbar und es habe sich kein Hinweis ergeben, dass gegen den Beschwerdeführer künftig behördliche Maßnahmen ergriffen werden könnten.

 

Die (behauptete) Bedrohung sei nicht auf die in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe zurückführbar. Aus der allgemeinen Lage im Herkunftsland des Antragstellers ergebe sich keine (refoulementschutzrechtlich relevante) Gefährdung.

 

1.3 Gegen diesen Bescheid wurde in einer Eingabe vom 15.07.2003 das Rechtsmittel der Berufung erhoben, in welcher vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat keine Existenzgrundlage habe und sein Vater krank sei. Seine Schwester und seine Mutter hätten keine Arbeit. Auch der Beschwerdeführer selbst habe keinen Zugang zu einer Beschäftigung. Er beantrage die neuerliche Einvernahme im Zuge einer mündlichen Berufungsverhandlung.

 

1.4 Am 04.09.2008 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof durchgeführt, an der der Beschwerdeführer teilgenommen hat und zu der das Bundesasylamt keinen Vertreter entsandt hat.

 

Dabei gab der Beschwerdeführer (BF) auf Befragen durch den Vorsitzenden Richter (VR) und die Beisitzende Richterin (BR) folgendes an:

 

"VR: Sie haben mir eine Heiratsurkunde vorgelegt, wonach Sie am 00.00.2004 in Österreich die Ehe geschlossen haben. Ist Ihre Gattin auch eine serbische Staatsangehörige?

 

BF: Ja, Sie hat eine Niederlassungsbewilligung von zehn Jahre. Ich habe auch eine Tochter, diese wird jetzt drei Jahre alt, sie hat ebenso wie meine Gattin eine Niederlassungsbewilligung.

 

VR: Sie sind durch das Bundesasylamt am 16.04.2002 zu Ihren Fluchtgründen befragt worden. Haben Ihre damaligen Angaben der Wahrheit entsprochen?

 

BF: Ja, sie haben der Wahrheit entsprochen.

 

VR: Stellen Sie noch einmal dar, warum Sie nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchten?

 

BF: Es hat früher Probleme mit den Serben gegeben, nämlich mit unseren Nachbarn, von denen wir provoziert wurden. Ich bin aber auch aus ökonomischen Gründen hierhergekommen. Ich habe in meiner Herkunftsregion keine Zukunft. Mein Vater ist krank und meine Mutter ist derzeit Zuckerkrank. Ich möchte - wenn das möglich ist - weiter in Österreich bei meiner Familie bleiben und hier arbeiten.

 

VR: Unter welchen Umständen leben Ihre Eltern in Ihrem Heimatort?

 

BF: Sie leben in einem eigenen kleinen Haus. Früher - bevor er krank war - hat mein Vater eine Landwirtschaft bewirtschaftet, dass ist nicht mehr möglich, weil das Grundstück in der gebirgigen Grenzregion liegt und dort wegen der Präsenz der serbischen Armee Gefahr besteht und auch Minenfelder bestehen. Meine Eltern konnten aber bisher ihren Lebensunterhalt fristen, wobei auch ich gelegentlich meinen Beistand dazu geleistet habe.

 

VR: Haben Sie noch andere Verwandte in Ihrer Herkunftsregion?

 

BF: Ich habe einen Bruder, er ist siebzehn Jahre alt und befindet sich bei meinen Eltern, meine Schwester ist verheiratet und lebt bei der Familie ihres Mannes.

 

VR: Sie haben gegenüber dem BAA angegeben, dass Sie sich während der bewaffneten Auseinandersetzungen in Südserbien mit Ihrer Familie im Kosovo befunden haben und erst danach nach Südserbien zurückgekehrt seien und nicht an den Aktivitäten der UCPMB beteiligt waren.

 

BF: Das ist richtig.

 

VR: Sie haben weiters angegeben, dass Sie keinen zielgerichteten Verfolgungshandlungen durch die serbischen Sicherheitskräfte ausgesetzt sind?

 

BF: Das ist richtig.

 

...Vorhalt vorläufiger Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat...

 

VR gibt dem BF Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Beurteilung.

 

BF: Ich bitte um Berücksichtigung meiner persönlichen und familiären Situation. Ich möchte hier in Österreich bleiben, wo ich meine Zukunft sehe."

 

Anmerkung: BF wurde auf die Möglichkeit der Initiierung eines Verfahrens hinsichtlich einer humanitären Aufenthaltsberechtigung hingewiesen.

 

2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens:

 

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers wird folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Serbien und gehört der albanischen Bevölkerungsgruppe an. Er stammt aus der Gemeinde B. in Südserbien. Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, um in Österreich eine Beschäftigung auszuüben, um seine Familie (im Herkunftsstaat) zu unterstützen. Der Beschwerdeführer war mit seiner Familie während des bewaffneten Konfliktes zwischen der UCPMB und serbischen Sicherheitskräften in der ersten Hälfte des Jahres 2001 nicht in seiner Herkunftsregion sondern im Kosovo aufhältig. Er war vor der Ausreise nicht Ziel von Verfolgungshandlungen seitens der serbischen Behörden oder der serbischen Sicherheitskräfte.

 

Im Herkunftsstaat leben die erkrankten Eltern und der jüngere Bruder des Beschwerdeführers in einem eigenen Haus; eine Schwester des Beschwerdeführers ist verheiratet und lebt mit der Familie ihres Ehegatten.

 

Der Beschwerdeführer hat in Österreich am 00.00.2004 eine serbische Staatsangehörige, die über eine Niederlassungsbewilligung verfügt, geehelicht, wobei der Ehe eine gemeinsame Tochter im Alter von 3 Jahren entstammt. Er geht einer erlaubten Beschäftigung nach und es wurde durch den Arbeitgeber für das Asylverfahren eine "positive Stellungnahme" abgegeben.

 

2.2 Zur Situation in Serbien wird festgestellt:

 

Staatsaufbau

 

Am 03.06.2006 erklärte Montenegro seine Unabhängigkeit, wodurch die seit 04.02.2003 bestehende Staatenunion von Serbien und Montenegro (Nachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien) aufgelöst wurde. Die Republik Serbien erklärte sich durch Parlamentsbeschluss vom 05.06.2006 zum Nachfolgestaat von Serbien und Montenegro gemäß der Verfassungscharta der Staatenunion.

 

Die autonomen Provinzen Kosovo und Wojwodina, die unter der Verfassung von 1974 noch eine republikähnliche Stellung eingenommen hatten, bekamen nach der serbischen Verfassung von 1990 die Form einer territorialen Autonomie innerhalb des serbischen Einheitsstaates. Diese Autonomie war in den neunziger Jahren zusehends eingeschränkt und im Fall des Kosovo schließlich völlig beseitigt worden. Die rechtliche Stellung des Kosovo wurde 1999 durch die Annahme der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen überlagert. Am 17.02.2008 erklärte die Republik Kosovo ihre Unabhängigkeit. Serbien hat dagegen scharf protestiert, es betrachtet Kosovo weiterhin als Teil des eigenen Staatsgebiets.

 

Die Autonomierechte der Wojwodina wurden mit der Verabschiedung eines Rahmengesetzes im serbischen Parlament ("Omnibus-Gesetz") im Herbst 2001 wieder gestärkt. Seither hat das Parlament der Autonomen Provinz Wojwodina durch die Verabschiedung von Einzelgesetzen und Verordnungen damit begonnen, diese Autonomie stärker auszufüllen. Die verfassungsmäßigen Kompetenzen der Region bleiben jedoch weit hinter dem Status von vor 1989 zurück. Daran hat auch die neue, am 08.11.2006 in Kraft getreten Verfassung der Republik Serbien im Wesentlichen nichts geändert.

 

Innenpolitische Situation

 

Nach dem Sturz Milosevics im Oktober 2000 begab sich Serbien auf den Weg der Transition. Zwar wurde die Befreiung aus der internationalen Isolation erreicht, jedoch konnte das demokratische Bündnis DOS die hohen Erwartungen der Bevölkerung, gerade bei der Verbesserung des Lebensstandards, nicht erfüllen. Nach der Ermordung von Ministerpräsident Zoran Djindjic im März 2003 verlor die Regierungskoalition zunehmend an Rückhalt und musste Ende 2003 schließlich vorgezogene Neuwahlen ausrufen. Die zwischen März 2004 und Anfang 2007 amtierende Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Kostunica sah sich mit Transitions- und Reformproblemen vor allem im Bereich Wirtschaft und Verwaltung konfrontiert. Die derzeit beherrschenden politischen Themen sind die am 17.02.2008 erfolgte Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Auslieferung der letzten mutmaßlichen Kriegsverbrecher) und die Ausgestaltung der zukünftigen Beziehungen zur EU, einschließlich des damit verbundenen Annäherungsprozesses an die EU. Auch innenpolitische Themen (Privatisierung, Korruptionsbekämpfung, Sozialpolitik) stehen im Fokus.

 

(Auswärtiges Amt, Serbien - Innenpolitik. Stand März 2008.

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Serbien/Innenpolitik.html)

 

Parlament und Regierung

 

In der Republik Serbien fanden zuletzt am 11.05.2008 Parlamentswahlen statt. Die Parteien erzielten dabei folgende Ergebnisse:

 

Die Demokratische Partei (DS) des serbischen Präsidenten Boris Tadic erhielt 38,75 Prozent bzw. 1,5 Millionen Stimmen, die Serbische Radikale Partei (SRS) 1,1 Mio. Stimmen bzw. 29,22 Prozent.

 

Die Demokratische Partei Serbiens (DSS) des bisherigen Premiers Vojislav Kostunica kam auf rund 450.000 bzw. 11,24 Prozent der Stimmen, gefolgt von der Sozialistischen Partei (SPS) mit rund 305.000 bzw. 7,57 Prozent der Stimmen. Den Sprung ins Parlament schaffte auch die Liberaldemokratische Partei (LDP) des ehemaligen Vizepremiers Cedomir Jovanovic mit etwas mehr als 213.000 bzw. 5,30 Prozent der Stimmen.

 

Die Ungarische Koalition ist mit vier Sitzen im Parlament vertreten. Die Bosniakische Liste für einen europäischen Sandschak (Wahlbündnis um die Partei der Demokratischen Aktion/SDA von Sulejman Ugljanin) errang zwei Abgeordnetensitze. Das Wahlbündnis Presevo-Tal, welches vier kleine Parteien der albanischen Volksgruppe im Südserbien gebildet haben, hat einen Abgeordneten.

 

(APA 12.05.08: Wahlsieg der Demokratischen Partei in Serbien offiziell bestätigt)

 

Der Regierungskoalition aus elf Parteien gehören die Demokratische Partei (DS) mit ihren Juniorpartnern (u.a. G17-plus, Serbische Erneuerungsbewegung/SPO von Ex-Außenminister Vuk Draskovic, Demokratischen Partei des Sandschak/SDP, Liga der Vojvodina Sozialdemokraten/LSV) sowie die Sozialistische Partei (SPS) mit ihren Juniorpartnern (u.a. Pensionistenpartei PUPS, "Einheitliches Serbien") an. Auch Minderheitenparteien wie die Partei der Demokratischen Aktion (SDA) haben sich der Koalition angeschlossen.

 

(APA 08.07.2008: Die Mitglieder der neuen serbischen Regierung)

 

Die neue Regierung wurde am 07.07.2008 vom Parlament bestätigt. Für die Regierung von Ministerpräsident Mirko Cvetkovic stimmten 127 Abgeordnete; 27 stimmten gegen sie. Die Abgeordneten der ultra-nationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) mit 78 Abgeordneten nahmen an der Abstimmung nicht teil.

 

Die Regierung hat sich eine weitere EU-Annäherung Serbiens, das diplomatische Ringen um den Kosovo, dessen Unabhängigkeit Belgrad nicht anerkennt, intensivere wirtschaftliche Entwicklung sowie die Bekämpfung der Korruption und der Kriminalität zu ihren wichtigsten

 

Zielen gesetzt. Durch einen besonderen Aktionsplan soll Serbien nach den Worten von Cvetkovic in vier Jahren auf den EU-Beitritt vorbereitet sein. Der Premier versprach auch eine "unaufschiebbare" Erfüllung aller internationalen Verpflichtungen Serbiens, womit die Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag gemeint war.

 

(APA 07.07.2008: Neue serbische Regierung vom Parlament bestätigt)

 

Die Demokratische Partei (DS) des im März 2003 ermordeten Ministerpräsidenten Zoran Djindjic stellt seit 2004 den (vor allem repräsentativen) Präsidenten der Republik Serbien, Boris Tadic. Er wurde am 03.02.2008 wiedergewählt.

 

(Auswärtiges Amt, Serbien - Innenpolitik. Stand März 2008.

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Serbien/Innenpolitik.html)

 

Wirtschaft

 

Seit der demokratischen Wende im Oktober 2000 bemüht sich Serbien um wirtschaftlichen Wiederaufbau und Beseitigung der Folgen politischer und wirtschaftlicher Isolation zu Zeiten des Milosevic-Regimes.

 

Das Nettodurchschnittseinkommen liegt bei ca. 350 Euro monatlich. Die makroökonomische Stabilität des Landes bleibt insgesamt gewährleistet. Die Inflation stieg allerdings von 6,6% im Jahr 2006 auf 10,1% im Jahr 2007. Das BIP-Wachstum stieg von 5,8% im Jahr 2006 auf 7,5% im Jahr 2007, seit mehreren Jahren das beste Ergebnis. (Auswärtiges Amt, Serbien - Innenpolitik. Stand März 2008.http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Serbien/Wirtschaft.html)

 

Im Wirtschaftsbereich stehen die Senkung der Inflation, die heuer auf 15 Prozent anzusteigen droht, und der Arbeitslosigkeit, die laut offiziellen Angaben bei rund 18 Prozent liegt, aber auch die Steigerung des Bruttonationaleinkommens und des Lebensstandards im Vordergrund. (APA 07.07.2008: Neue serbische Regierung vom Parlament bestätigt)

 

Menschenrechte allgemein

 

Die Verfassung bietet einen umfassenden Menschenrechtsschutz und auch die Regierung legt hohen Wert auf die Umsetzung der in der Verfassung verankerten Grundwerte. Insbesondere die im Rahmen des Beitrittes zum Europarat ratifizierte Europäische Menschrechtskonvention ist diesbezüglich als positiver Schritt zu nennen.

 

(Europäische Kommission, "Serbien und Montenegro;

Fortschrittsbericht 2005", 09.11.2005)

 

Eine große Anzahl an nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann ohne Einschränkungen oder Behinderungen staatlicherseits arbeiten, Untersuchungen anstellen und Fälle von Menschenrechtsverletzungen publizieren. Prominente Gruppen sind etwa das Helsinki Committee for Human Rights in Serbia, the Humanitarian Law Center, the Lawyers' Committee for Human Rights, the Fund for an Open Society, the Youth Initiative for Human Rights, and Belgrade Center for Human Rights. Trotzdem kommt es aber immer auch zu Bedrohungen und Einschüchterungen solcher Gruppen, insbesondere wenn es zu Kritik von Regierungsstellen kommt.

 

(USDOS, Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2007, März 2008)

 

Während des Jahres 2005 wurde von der serbischen Regierung ein Ombudsmann-Amt eingerichtet. Die Provinz Vojvodina hat ebenfalls die Institution eines Ombudsmannes, der seiner Arbeit ohne Einfluss von außen nachgehen konnte. Die Rechtshilfe-Abteilung im Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte ist ebenfalls Anlaufstelle für Menschenrechtsbeschwerden in Serbien.

 

(USDOS, Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2005, März 2006; USDOS, Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2007, März 2008)

 

Staatliche Repression, wie unter dem System Milosevic üblich, findet nicht mehr statt.

 

Die Regierung von Serbien übt keine gezielte Unterdrückung bestimmter Gruppen aus. Die verfassungsmäßigen Rechte werden respektiert. Die politische Opposition kann sich frei betätigen.

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo)", April 2007, Seite 11)

 

Massive und systematische Verletzungen von Menschenrechten, wie sie unter dem wie unter dem System Milosevic vor allem im Polizeigewahrsam vorkamen, wurden seit dem 05.Oktober 2000 nicht mehr gemeldet. Dennoch kommt es gelegentlich noch immer zu Verstößen gegen Menschenrechte (vor allem gegen das Recht auf Unversehrtheit der Person in Polizeigewahrsam und Strafvollzug). Opfer sind in diesen Fällen, anders als unter dem Milo¿evic - Regime, nicht politisch missliebige Personen, sondern krimineller Delikte Verdächtige. In einzelnen Fällen wurden die Polizisten vom Dienst suspendiert. In mehreren Fällen wurde Folteropfern inzwischen von serbischen Gerichten finanzielle Entschädigung aus der Staatskasse zugesprochen.

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo)", April 2007, Seite 6, Seite 17)

 

Es gab Fortschritte auf dem Gebiet der Polizei. Die meisten Verordnungen zur Implementierung des Polizeigesetzes, darunter der Ethikkodex und die Richtlinien, die die Kompetenzen der Polizei definieren, wurden verabschiedet. Neue Regelwerke für die Durchführung der Polizeiarbeit und Richtlinien für die Anwendung von Zwangsgewalt wurden eingeführt.

 

Im Ministerium für innere Angelegenheiten wurde ein Sekretariat für interne Kontrolle der Polizei eingerichtet. Zwischen Jänner und August 2007 wurden 1600 Bürgerbeschwerden an den Sektor für interne Kontrolle gerichtet. Dieser brachte Strafanklagen gegen 126 Polizeibeamte sowie ungefähr 2500 Disziplinarverfahren ein. Die größte Zahl der Anklagen bezog sich auf Amtsmissbrauch (30%), Bestechung und Dokumentenfälschung.

 

(Commission of the European Communities, Serbia 2007 Progress Report, SEC(2007) 1435, 06.11.2007)

 

Wehrdienst

 

Das seit 1993 gültige Armeegesetz regelt alle Rechte und Pflichten der der Wehrpflicht unterliegenden Personen sowie der Soldaten. Grundsätzlich sind alle männlichen Staatsbürger wehrpflichtig. Vorladungen zur Musterung können bereits vor Vollendung des 17. Lebensjahres versandt werden. Zur Ableistung des Grundwehrdienstes werden männliche Staatsbürger vom 18. bis zum 27. Lebensjahr, in begründeten Ausnahmefällen auch später, einberufen. Einberufungen zu Wehrübungen sind bis zum 60. Lebensjahr möglich. Über die Betroffenen entscheidet ein Losverfahren. Außer im Falle der allgemeinen Mobilmachung erfolgen die Einberufungen durch Zustellung eines Einberufungsbefehls.

 

Seit 2002 betrug der Wehrdienst nur noch neun Monate, der zivile Ersatzdienst dreizehn Monate. Durch eine erneute Gesetzesänderung am 30.10.2005 wurde der Wehrdienst weiter auf sechs Monate, der Zivildienst auf neun Monate verkürzt.

 

Der Wehrdienst kann aus Gewissensgründen verweigert und durch den Dienst im Sanitätsbereich, Straßenbau oder im nachgeordneten Bürodienst der Armee, seit dem 15.10.2003 auch durch Zivildienst außerhalb der Armee ersetzt werden. Für die Zeit des Wehrdienstes wird von allen Wehrpflichtigen (d.h. unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit) mit Erhalt des Einberufungsbefehls der Reisepass eingezogen; Ersatzpässe werden während dieser Zeit nur auf Antrag und in wenigen Ausnahmefällen ausgestellt.

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien

 

(ohne Kosovo)", April 2007, Seite 15)

 

In der Zeit zwischen Musterung und Einberufung kann sich der Wehrpflichtige zwischen Zivildienst (9 Monate) und Militärdienst (6 Monate) entscheiden. Nach dem Einberufungsbefehl gibt es keine Möglichkeit mehr zum Zivildienst zu wechseln.

 

Aufgrund der extrem steigenden Anzahl der Zivildienstanträge gibt es große Schwierigkeiten mit der Vergabe der genau in Gesetzesblättern veröffentlichen Zivildienstplätze. Wenn jedoch ein Antrag auf Zivildienst gestellt wurde und kein Platz frei ist, wird der Zivildienst jedenfalls aufgeschoben und niemand zum Dienst mit der Waffe gezwungen.

 

(Auskunft aus dem serbischen Verteidigungsministerium - Abteilung für Ausbildung und Schulung an die ÖB Belgrad, eingegangen am 30.08.2006)

 

Angehörige von Minderheiten wurden und werden grundsätzlich zum Wehrdienst herangezogen. Gegenteilige Angaben, vor allem bezüglich der Nichtberücksichtigung von Bosniaken aus dem Sandzak treffen nicht zu. Hingegen werden Albaner aus Südserbien seit 1991 nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen. In anderen Teilen des Landes ansässige ethnische Albaner scheinen in jüngerer Zeit ebenfalls nicht mehr regelmäßig zum Wehrdienst herangezogen zu werden. Dies hat offenbar mit dem geringeren Personalbedarf der Streitkräfte zu tun, die mittelfristig (Planungen der Regierung sehen als Zielmarke 2010 vor) von einer Wehrpflicht in eine Berufsarmee umgewandelt und deutlich verkleinert werden sollen.

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien

 

(ohne Kosovo)", April 2007, Seite 15)

 

Wehrstraftaten unterliegen seit 01.01.2006 dem serbischen Strafgesetzbuch (StGB). Wehrdienstentziehung wird nach Art. 394 StGB mit Geld- oder mehrjähriger Freiheitstrafe geahndet. Abs. 3 der Vorschrift bestimmt, dass derjenige, der das Land verlässt, um sich dadurch dem Wehrdienst zu entziehen, mit Freiheitsstrafe bis 8 Jahren bestraft wird.

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien

 

(ohne Kosovo)", April 2007, Seite 15)

 

Der schriftliche Aufruf vom Militär erfolgt zwei Mal. Falls diesem nicht nachgegangen wird, führt die Polizei (entweder die Zivil- oder die Militärpolizei) den Anwärter bei den zuständigen Behörden vor, wo überprüft wird, warum sich selbiger nicht gemeldet hat.

 

Bei bewusstem Umgehen der Wehrpflicht droht eine Geldstrafe von 900-9.000 Dinar oder eine Haftstrafe von 30-60 Tagen. 900-9.000 Dinar Geldstrafe oder eine Haftstrafe von bis zu 30 Tagen drohen, wenn der Anwärter neue Tatsachen (Krankheit, Arbeit im Ausland, neue Staatsbürgerschaft usw.), die sich auf seinen zu leistenden Wehrdienst auswirken, nicht bei den Zuständigen meldet.

 

(ÖB Belgrad, Anfragebeantwortung vom 19.12.2006, zit.n.: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, 19.12.2007)

 

Gemäß Art.394 (5) StGB kann bei freiwilliger Meldung von einer Strafe abgesehen werden: The offender specified in paragraphs 1 through 3 of this Article who voluntarily reports himself to competent government authority may be remitted from punishment.

 

(Criminal Code, Official Gazette of RS, Nos. 85/2005, 88/2005, 107/2005, translated by OSCE)

 

Laut einer Auskunft aus dem serbischen Verteidigungsministerium gibt es für freiwillige Meldung zum Militärdienst nach der Rückkehr aus dem Ausland es keine Strafe.

 

(Auskunft aus dem serbischen Verteidigungsministerium - Abteilung für Ausbildung und Schulung an die ÖB Belgrad, eingegangen am 30.08.2006).

 

Amnestiegesetze

 

1996 ist ein Amnestiegesetz in Kraft getreten, das alle Fälle der Wehrdienstentziehung und der Desertion zwischen 1982 und dem 14.12.1995 erfasst. Nicht unter diese Amnestieregelung fielen aktive Offiziere und Unteroffiziere .Für Wehrdienstentziehung und Desertion bis 07.10.2000 ist 2001 ein weiteres Amnestiegesetz in Kraft getreten. Die Amnestie umfasst allerdings lediglich den Verzicht auf Strafverfolgung. Eine nachträgliche Heranziehung zum Wehrdienst ist grundsätzlich möglich, sofern die Altersgrenze (im Regelfall 28, in besonderen Ausnahmefällen 35 Jahre) noch nicht überschritten ist. Am 18.04.2006 ist ein weiteres Amnestiegesetz in Kraft getreten, mit dem unter anderem Fälle der Wehrdienstentziehung zwischen dem 07.10.2000 und dem 18.04.2006 erfasst werden. Auch dieses Gesetz beinhaltet den Verzicht auf Strafverfolgung. Neben der Wehrdienstentziehung gemäß Artikel 394 StGB sind von der Amnestie umfasst:

 

Widersetzen gegen die Wehrerfassung und Musterung gemäß Artikel 395, Nichterfüllen der Abgabepflicht gemäß Artikel 396, Herbeiführen der Wehruntauglichkeit oder Täuschung gemäß Artikel 397, eigenmächtiges Entfernen und Flucht aus der Armee von Serbien-Montenegro gemäß Artikel 399, vorgegeben durch das Strafgesetzbuch der Republik Serbien (Amtsblatt der Republik Serbien, Nr. 85/05, 88/05 und 107/05), respektive durch das frühere Allgemeine Strafgesetzbuch (Amtsblatt der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien Nr. 44/76, 36/77, 34/84, 37/84, 74/87, 57/89, 3/90, 38/90, 45/90, 54/90, Amtsblatt der Föderativen Republik Jugoslawien Nr. 35/92, 16/93, 37/93, 24/94 und 61/01 und Amtsblatt der Republik Serbien Nr. 39/03)

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo)", April 2007, Seiten 15 und 16; UBAS:

Amnestiegesetze in Serbien, Stand 08.05.2006)

 

Zurückkehrende Deserteure bzw. Kriegsdienstverweigerer, die sich dem Dienst in der Jugoslawischen Volksarmee zwischen April 1992 und Oktober 2000 entzogen hatten, werden in Serbien und Montenegro dem Amnestiegesetz zufolge keiner strafrechtlichen Verfolgung unterworfen. Es liegen auch keine glaubhaften Berichte darüber vor, dass solche strafrechtliche Verfolgungen seit 2001 vorgekommen seien.

 

(Müller, Stephan: Gutachten zur Rückkehrmöglichkeit eines katholischen Kosovo-Albaners aus Prizren, dessen Bruder vor dem Krieg als Leibwächter für serbische Politiker und Prominente gearbeitet haben soll, 24.04.2006, Abschnitt 3: Situation für Deserteure der Jugoslawischen Armee oder Personen, die den Kriegsdienst verweigert haben; Gutachten von Amnesty International Deutschland vom 22.12.2004; EUR 70-04.0519)

 

Minderheiten - allgemein

 

Das am 07.03.2002 in Kraft getretene Minderheitengesetz verankert Minderheitenrechte gemäß internationalem Standard. Die praktische Relevanz des Minderheitengesetzes wird durch die Tatsache beschränkt, dass es keinerlei Sanktionen für Verstöße vorsieht und der Staat de facto keine Mittel zu seiner Umsetzung bereitstellt. Die neue serbische Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten, Art. 14, 75 - 81.

 

Dennoch sind in der serbischen Öffentlichkeit Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (Albaner, Bosniaken, Roma) unverändert weit verbreitet.

 

Seit 2003 bestehen sog. nationale Minderheitenräte, die die Interessen ihrer Volksgruppen vertreten. Der "Dienst für Menschen- und Minderheitenrechte", Nachfolgebehörde des am 08.06.2006 abgeschafften Minderheitenministeriums, versuchte aktiv, die Minderheiten dabei zu unterstützen.

 

Die neue Regierung hat wieder ein Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte eingerichtet. Minister ist der parteilose Svetozar Ciplic, der von 2002 bis 2007 als Richter am serbischen Verfassungsgericht tätig war. (Webseite der Regierung der Republik Serbien,

http://www.srbija.sr.gov.yu/vlada/ministri.php?pf=1&url=%2Fvlada%2Fministri.php%3Fpf%3D1%26)

 

Der Unterrepräsentierung von Minderheiten in Verwaltung, Justiz, Polizei etc. wird zumindest in einigen Regionen aktiv entgegengearbeitet.

 

Die Lage der Minderheiten (Sandzak-Bosniaken/Moslems, Kosovo-Albaner, Roma, Minderheiten in der Wojwodina) hat sich deutlich verbessert. Allerdings steckt die tatsächliche Umsetzung der neuen Regelungen zum Minderheitenschutz noch in den Anfängen.

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien

 

(ohne Kosovo)", April 2007, Seite 6; B92: Ciplic: Norme dobre, praksa problem - Interview mit dem neuen Minister für Menschen- und Minderheitenrechte, 03.08.2008

 

 

http://www.b92.net/info/vesti/index.php?yyyy=2008&mm=08&dd=03&nav_id=311390&version=print)

 

Im Jahre 2006 gab es weitere Maßnahmen die Repräsentation von Minderheiten in der öffentlichen Verwaltung zu verbessern. So wurden öffentliche Ausschreibungen, Berufsfortbildungen in Sprachen der Minderheiten durchgeführt bzw. kommt es zu laufenden Kontrollen der proportionalen Anteile von Minderheiten in den öffentlichen Dienststellen. Weiters wurden Fortschritte beim Unterricht in den jeweiligen Minderheitensprachen erzielt. So wurden u.a. Fakultäten für die ungarische, albanische und auch bulgarische Community errichtet.

 

(Commission of the European Communities, Serbia 2006 Progress Report, November

 

2006)

 

Obwohl nicht weit verbreitet, kam es 2005 zu Akten von Vandalismus, Verbalattacken und gelegentlichen physischen Angriffen gegen Minderheiten, insbesondere gegen Ungarn in der Vojvodina. Allerdings gingen die Anzahl solcher Vorfälle im Vergleich zu 2004 und 2005 zurück. Vorsitzende von Minderheitengruppen bezeichnen die Situation als ruhig. Die Implementierung des 10-Punkte Programms zur Verbesserung der interethnischen Beziehungen in der Provinz Vojvodina, worüber sich die Staats- und Provinzregierung 2005 geeinigt hatten, wurde weiterhin fortgesetzt. Dieses enthält Ausbildungsprogramme, öffentliche Sensibilisierungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils von Minderheitenangehörigen in Polizei und Justiz.

 

(U.S. Department of State, Serbia (includes Kosovo), Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007, ein Trend dessen Fortsetzung im Bericht vom März 2008 bestätigt wird)

 

Seitens der Minderheiten wird den Polizeieinheiten in den Regionen immer wieder vorgeworfen, zu wenig gegen die vereinzelten Gewaltakte zu unternehmen. Die Justiz verfolgt in der Regel derartige Fälle und es ist wiederholt zu diesbezüglichen Verurteilungen gekommen.

 

(US Department of State, Country Report on Human Rights Practices - 2005, 08.03.2006)

 

Diskriminierung Minderheitsangehöriger ist illegal. Soweit Polizeibeamte im Einzelfall nicht im gebotenen Maß Schutz gewähren, liegt hier nicht eine vom serbischen Staat systematische geförderte Verhaltensweise, sondern individuelles Fehlverhalten einzelner Organwalter vor (UK Home Office: Operational Guidance Note Serbia and Montenegro, Februar 2007).

 

Das Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte hat eigens eine Hotline für Minderheiten und andere Personengruppen eingerichtet, die Menschenrechtsprobleme aufzeigen wollen.

 

(USDOS; Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2005, März 2006)

 

Im Falle einer nicht entsprechenden Schutzgewährung durch einen einzelnen Organwalter steht es den Angehörigen der Minderheiten frei, etwa sich an vorgesetzte Stellen, an die Hotline für Minderheiten, oder Justizbehörden (U.S. Department of State: "Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices 2006", veröffentlicht im März 2007), sowie nationale bzw. internationale in Serbien tätige NGOs zu wenden.

 

Versorgungslage

 

Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert.

 

In den vergangenen Jahren ist in der Republik Serbien ein deutlicher Anstieg der Realeinkommen zu verzeichnen. Lag der er durchschnittliche monatliche Nettolohn noch Ende 2006 bei ca. 230 Euro, betrug die Summe im November 2007 bereits 350 Euro. In den offiziellen Statistiken unberücksichtigt bleiben die im Rahmen des informellen Sektors erzielten (zum Teil erheblichen) Einkommen sowie der bedeutende Beitrag (privater) ausländischer Zuwendungen.

 

(Auswärtiges Amt: "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo)", April 2007, Seiten 18 - 19; USDOS; Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2007, März 2008; Seite 26)

 

Sozialhilfe

 

In Serbien besteht Anspruch auf Sozialhilfe. Sie wird Bürgern gewährt, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind sozialhilfeberechtigt Bürger, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Voraussetzung ist die Registrierung des Antragstellers. Die Höhe der Sozialhilfe ist in ganz Serbien gleich hoch und wird jeden Monat an die Lebenshaltungskosten angepasst.

 

Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige das

 

sogenannte Familiengeld und Kindergeld ausbezahlt. Die Auszahlung ist kumulativ möglich.

 

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo) April 2007, Seite 19)

 

Sozialhilfe wird tatsächlich gewährt und ausgezahlt, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere Mittellosigkeit) erfüllt sind. In Einzelfällen kann es bei der Auszahlung von Sozialhilfe - wie im Übrigen bei der Auszahlung von Gehältern und Renten - zu gewissen Verzögerungen kommen.

 

(Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 09.05.2008, Zahl 508-516.80/45740)

 

In Serbien existieren grundsätzlich Sozialwohnungen, doch sind die bestehenden belegt. Für Neubauten sind kaum Mittel vorhanden. Sofern Rückkehrer aus dem Ausland nicht über eigenen Wohnraum verfügen bzw. nicht selbst anmieten können, kommen sie erfahrungsgemäß meist bei Verwandten und Freunden unter.

 

Familiäre und nachbarschaftliche Solidaritätsnetzwerke sind in Serbien noch relativ funktionsfähig. Sofern nachweislich keine private Unterkunftsmöglichkeit besteht, sind die örtlich zuständigen "Zentren für Sozialarbeit" im Einzelfall bereit, bescheidene Quartiere auf kommunale Kosten anzumieten.

 

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo) April 2007, Seite 20)

 

Medizinische Versorgung

 

Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien im Bereich der Krankenversicherung gesetzliche Pflichtversicherung und mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes über die Krankenversicherung (Zakon o zdravstvenom osiguranju, Amtsblatt der Republik Serbien 17/05) erstmals auch die Möglichkeit der privaten Versicherung. In der Pflichtversicherung sind, neben Arbeitnehmern, Selbständigen, Rentnern etc. auch "sozial verletzliche Personen" erfasst. In diese Gruppe fallen, auch wenn ansonsten die Anspruchsvoraussetzungen auf Krankenversicherung nicht erfüllt wären:

 

Kinder unter 15 Jahren, Schüler, Studenten bis zum Studienabschluss, maximal bis 26 Jahre

 

Frauen (im Hinblick auf Mutterschutz, also im Zusammenhang mit Familienplanung, Schwangerschaft, Geburt und 12 Monate über die Geburt hinaus

 

Personen über 65 Jahre und Personen mit Behinderung; Flüchtlinge und IDPs, die sich in Serbien aufhalten

 

Personen, die wegen HIV behandelt werden sowie solche, die an anderen Krankheiten leiden: Infektionskrankheiten, Krebs, Hämophilie, Diabetes, schwere psychische Störungen (Psychose), Epilepsie, Multiple Sklerose, Autoimmunerkrankungen, rheumatisches Fieber, Personen in der letzten Phase chronischer Niereninsuffizienz sowie jene, die an Abhängigkeiten leiden, Personen, die während des Prozesses der Organspende und Organverpflanzung behandelt werden sowie Kranke/Verletzte, die medizinische Notversorgung benötigen.

 

Sozial verletzliche Personen - Bezieher von permanenten sozialen Zuwendungen oder anderen materiellen Zuwendungen, Arbeitslose und solche, deren Einkommen unter einem bestimmten Satz liegt.

 

Medizinische Leistungen sind in 4 Gruppen eingeteilt. Leistungen der ersten Gruppe werden zu 100 Prozent von der Krankenversicherung abgedeckt, die übrigen Gruppen zu 95, 80 und 65 Prozent. Für den Restbetrag ist vom Patienten eine Eigenbeteiligung zu entrichten, ebenso ist für bestimmte Untersuchungen vom Patienten eine Zusatzzahlung gefordert. Ein Röntgen kostet beispielsweise 20 Dinar, am teuersten ist eine Magnetresonanz mit 600 Dinar. (80 Dinar = 1 Euro).

 

Die oben als verletzliche Gruppen aufgelisteten Personen (ebenso wie IDPs aus dem Kosovo, Kriegsversehrte, Blinde, Körperbehinderte und dauerhaft unbewegliche Personen) haben das Anrecht auf medizinische Leistungen ohne Zuzahlung.

 

Eine Registrierung ist für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Versicherung notwendig. Eine ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. (Country of Return Information Project: Country Sheet Serbia, August 2007; (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo)April 2007, Seite 20; Zakon o zdravstvenom osiguranju, Amtsblatt der Republik Serbien 17/05)

 

Belgrad und alle größeren Städte in Serbien sind mit allgemeinen Krankenhäusern ausgestattet, teilweise auch mit Spezialkliniken. Vor allem in staatlichen Krankenhäusern entsprechen hygienische Standards und Verpflegung nicht immer westlichen Vorstellungen.

 

Medizinische Eingriffe, die in Westeuropa Standard sind, werden trotz der mangelhaften Ausrüstung in fast allen Teilen des Landes durchgeführt, allerdings entstehen aufgrund von Engpässen für viele staatlich finanzierte Behandlungen oft lange Wartelisten.

 

Lebensbedrohliche Erkrankungen werden jedoch im Regelfall sofort behandelt. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien aufgrund fehlender Ausrüstung grundsätzlich nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden. Wegen der geringen Bezahlung können in einigen Krankenhäusern offene Stellen allerdings nicht besetzt werden. Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Insbesondere fehlt eine nationale Organspenderbank. Bei aufwendigen chirurgischen Eingriffen sind die Wartezeiten lang. Für chronische Krankheiten im Bereich der Inneren Medizin bestehen nur eingeschränkte Behandlungsmöglichkeiten, diese de facto nur im privaten Bereich. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo), April 2007, Seiten 21-22)

 

Die Versorgung von Diabetikern mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist in Serbien inzwischen regelmäßig und sicher. (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20.05.2008 an das VG Kassel zu AZ 4 E 1855/06.A)

 

Psychische Krankheiten werden in Serbien aufgrund des dort vorherrschenden medizinischen Ansatzes vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, wenn auch in begrenztem Umfang; so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina im Rahmen dieses Projektes existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten.

 

Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien oder Montenegro hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar und müssen entweder in privaten Apotheken (zu Marktpreisen) beschafft oder kostenintensiv importiert werden. Kliniken, Apotheken und Privatpersonen können grundsätzlich jedes in Serbien zugelassene Medikament aus dem Ausland bestellen und einführen, was im Einzelfall einige Tage dauern kann. Insgesamt hat sich die Medikamentenversorgung erheblich verbessert. Dennoch ist eine zuverlässige Belieferung auch mit selteneren oder besonders kostspieligen Medikamenten, insbesondere ausländischer Herkunft, nur für den wohlhabenden Teil der Bevölkerung gewährleistet.

 

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo) April 2007, Seite 22)

 

Behandlung von Rückkehrern

 

Serben, die rückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto.

 

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo), April 2007, Seite 23)

 

Echtheit von Dokumenten

 

Die Praxis hat gezeigt, dass viele Dokumente in formeller Hinsicht echt sind, jedoch ihr Inhalt nicht den Tatsachen und den Registereinträgen entspricht. Echte Urkunden und Bescheinigungen aller Art sind gegen Bezahlung praktisch mit jedem Inhalt zu erhalten.

 

Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich um administrative, gerichtliche, anwaltliche, ärztliche oder sonstige Bescheinigungen handelt. In Einzelfällen sind selbst das Außenministerium bzw. die ehemaligen serbisch-montenegrinischen Auslandsvertretungen als Mitträger inhaltlich unwahrer Dokumente aufgetreten.

 

Neben den echten Dokumenten unwahren Inhalts sind auch zahlreiche komplette Fälschungen, meist schlechter Qualität, im Umlauf. Hierbei spielt es ebenfalls keine Rolle, ob es sich um gerichtliche, anwaltliche, ärztliche oder sonstige Bescheinigungen handelt.

 

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo), April 2007, Seite 25)

 

Südserbien

 

Die mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnte Grenzregion Südserbiens zum Kosovo (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Pre¿evo, Medvedja) war bis zum Frühjahr 2001 Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen albanischen Rebellen (UCPMB), im Zuge derer 100 Menschen starben und zahlreiche Bewohner in das benachbarte Kosovo und nach Mazedonien flohen. Unter Vermittlung der NATO, der EU und der OSCE einigten sich die Konfliktparteien auf eine Einstellung der Kämpfe. Am 12 März wurde zunächst ein Waffenstillstand vereinbart. Im Mai 2001 erlaubte die NATO der serbischen Armee in die Sicherheitszone einzumarschieren. Im Gegenzug für eine Amnestie wurde die UÇPMB dazu verpflichtet, einer Demilitarisierung zuzustimmen. Am 27. Juni 2001 wurde die Gründung einer multiethnischen Polizei beschlossen, die OSCE verpflichtete sich zur Ausbildung der zu rekrutierenden Polizisten.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in

 

Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) April 2007. Seite 12; Demaj, Violeta: Gutachten zu GZ: 312.453-1/17Z-XVIII/58/07, Juli 2008)

 

Dank dieser Entwicklung konnten auch die vom UNHCR durchgeführten Rückkehrprogramme für Albaner, die aus Südserbien in das Kosovo geflohen waren, erfolgreich abgeschlossen werden. Nach Einschätzung des UNHCR haben diejenigen Albaner, die nicht nach Südserbien zurückkehren wollten, diese Entscheidung überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen getroffen.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) April 2007, Seite 12)

 

Aufgrund revidierter Regeln wurden am 28. Juli 2002 vorgezogene Gemeinderatswahlen abgehalten. Jede Gemeinde wurde als einzelner Distrikt behandelt und die Parteien erhielten Sitze entsprechend dem Ergebnis auf Gemeindeebene. Der Gemeindepräsident wurde direkt gewählt. Die neuen Regeln hatten großen Einfluss auf das Ergebnis und wirkten sich insgesamt zugunsten der lokalen albanischen Bevölkerung aus.

 

Bei den Gemeindewahlen vom Juli 2002 gewann die PDD (Partei für demokratische Aktion) des Bürgermeisters von Presevo Riza Halimi, sowohl in Presevo als auch in Bujanovac, während eine serbische Koalition in Medveja siegte. Weitere Wahlen auf Gemeindeebene wurden im September 2004 abgehalten. Sie gingen zu Gunsten dreier albanischer Parteien aus, die einen so genannten Konsensrat bilden und politische Autonomie von Belgrad fordern. Verliererin der Wahl war die bis dahin größte Partei von Halimi, die nicht mehr stärkste Kraft in der Region ist.

 

(Schweizerische Flüchtlingshilfe, Serbien-Montenegro:Zur Situation der AlbanerInnen im Presevo-Tal, Mai 2005, Seite 4)

 

Bei den Parlamentswahlen 2007 konnte das Albaner-Bündnis aus Südserbien ein Mandat erringen, die vorgezogenen Parlamentswahlen in Mai 2008 brachten dem Wahlbündnis Presevo-Tal, welches vier kleine Parteien der albanischen Volksgruppe im Südserbien gebildet haben, ebenfalls ein Mandat ein.

 

(APA 23.01.2007: Endergebnis Serbien-Wahl: Tadic-Partei erhielt letztlich 64 Sitze; APA 12.05.08: Wahlsieg der Demokratischen Partei in Serbien offiziell bestätigt).

 

Erstmals wurden im August 2007 in die Koordinierungsgruppe der serbischen Regierung für Südserbien, die bereits 2000 gegründet worden war, zwei Albaner integriert.

 

Auf Initiative der Koordinierungsgruppe wurden die Gemeinden Presevo, Bujanovac and Medvedja in die Standing Conference of Towns and Municipalities aufgenommen. Die Standing Conference stimmte, dass Bujanovac Mitglied des neu gegründeten Kommittees für Regionale Entwicklung wird.

 

Die serbische Regierung hat begonnen, größere Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen. 310 Millionen Dinar (ca. 3.8 Millionen Euro) stehen zur Verfügung, um Projekte in den drei Gemeinden während des Jahres 2008 zu co- finanzieren. Bis dato wurden bereits zahlreiche Projekte (Straßenbau, Wasserversorgung, Sanierung von Schulen, etc.) implementiert.

 

Reformen im Gesundheitsbereich sind ebenfalls vorgesehen. Die Integration von Albanern in das südserbische Gesundheitssystem soll voran getrieben werden. In Presevo und Bujanovac gibt es zwei Gesundheitszentren. Die beiden Zentren sind nach wie vor dem Gesundheitszentrum in Vranje administrativ unterstellt, das auch die Direktoren bestimmt. Das Gesundheitszentrum beschäftigt insgesamt 250 Personen, darunter acht albanisch Ärzte, jedoch kein weibliche Gynäkologen. Das Gesundheitszentrum Presevo spiegelt die reale Bevölkerungszusammensetzung nicht wider, von 130 Angestellten sind 86 AlbanerInnen und zwei Roma (der albanische Bevölkerungsteil beträgt 90 Prozent). Reformen sind geplant und die Gesundheitszentren sollen in Hinkunft autonomer verwaltet werden.

 

Im Erziehungswesen sind nach wie vor zahlreiche Probleme gegeben. Wie alle anderen alltäglichen Bereiche sind auch die Schulen Gegenstand der Polarisierung zwischen Albanern und Serben. Vor den 1990er-Jahren umfasste der Unterrichtsplan auch albanische Geschichte und Kultur, danach nicht mehr. Ethnozentrische Lehrpläne, aggressiver Inhalt von Schulbüchern und zentralistische Entscheidungsprozesse behinderten auch in den letzten Jahren einen adäquaten Unterricht in albanischer Sprache. Eine Revision des Unterrichtsmaterials steht noch aus.

 

Albanische Politiker haben seit Jahren darauf gedrängt eine spezielle Kommission zu bilden, um Lehrpläne in albanischer Sprache zu entwickeln. Seit 2008 zeichnet sich eine Annäherung der beiden Seiten in dieser Frage ab.

 

Die Verwendung der albanischen Sprache ist als offizielle Amtssprache in den südserbischen Gemeinden zugelassen. Da die öffentlichen Institutionen, insbesondere alle Führungspositionen von Serben, die Albanisch nicht sprechen, besetzt werden, ist eine Kommunikation in albanischer Sprache oftmals nicht oder nur mit Übersetzer möglich. So sind beispielsweise beim Gericht in Presevo von den insgesamt 6 Richtern, mittlerweile 3 Richter, albanischer Herkunft. Das gesamte administrative Personal setzt sich jedoch ausschließlich aus Serben zusammen. Verfahren müssen daher weiterhin in serbischer Sprache durchgeführt werden. Reformen sind auch in diesem Bereich geplant.

 

Defizite bestehen auch in der öffentlichen Verwaltung und in staatlichen Betrieben, in denen fast ausschließlich Serben tätig sind. Elektrizitätswerke, Post, Telekom und eine Mineralwasserfabrik in Bujanovac werden nahezu ausschließlich von serbischer Seite betrieben, selbst in Presevo, wo die AlbanerInnen mehr als 90 Prozent der Bevölkerung ausmachen, halten Serben die Mehrheit der Stellen im öffentlichen Dienst inne.

 

Die Sicherheitslage in Presevo ist gegenwärtig stabil. Folgenden drei Institutionen obliegt die Gewährleistung der Sicherheit:

 

Regionalpolizei in Vranje

 

Am 27. Juni 2001 wurde die Gründung einer multhiethnischen Polizei vereinbart. Die multhiethnische Polizei, die ausschließlich im Presevo Tal Dienst verrichtet, zählt heute insgesamt 430 Mitglieder.

 

Die multhiethnische Polizeieinheit ist als erster Ansatz zu werten, vertrauensbildende Massnahmen zu setzten. Wesentliche Sicherheitsfragen werden weiterhin von der Gendarmerie und den Polizisten in der Polizeizentrale in Vranje wahrgenommen, es ist geplant dass diese Einheit in Hinkunft mehr Kompetenzen übernimmt.

 

Gendarmerie

 

Die Gendarmerie sind Spezialkräfte des serbischen Innenministeriums (MUP). Sie sind besser trainiert und besser ausgerüstet als die Armee. Der Gendarmerie werden die gravierendsten Menschenrechtsverstöße zugeschrieben. Auch nach dem Friedensabkommen vom Mai 2001 setzte die Gendarmerie ihre menschenverachtende Vorgehensweise fort und sorgte für ein Gefühl der Unsicherheit unter der albanischen Bevölkerung.

 

Bis Mitte 2002 wurden insgesamt 120 Vorfälle zur Anzeige gebracht. Seit der zweiten Hälfte des Jahres 2002 wiesen die Zahl der Meldungen über Misshandlungen und Folterungen durch die Polizei eine rückläufige Tendenz auf. Seit Anfang 2003 entspannte sich die Situation in Presevo und sind keine weiteren Vorfälle von Übergriffen durch die Gendarmerie mehr gemeldet worden.

 

(Demaj, Violeta: Gutachten zu GZ: 312.453-1/17Z-XVIII/58/07, Juli 2008)

 

Beschwerden über serbische Sicherheitskräfte gibt es dennoch, und zwar über das gelegentliche harte Vorgehen der Gendarmerie. Aber auch Serben beschweren sich darüber, das

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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