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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §10 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des A H in Wien, geboren am 4. August 1961, vertreten durch Dr. Christine Seltmann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weißgerberlände 50, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. Mai 2000, Zl. SD 293/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. Mai 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei nach seinen Angaben Staatsangehöriger des Sudan und Anfang September 1999 nach Österreich eingereist. Am 9. September 1999 habe er einen Asylantrag gestellt und in der Folge eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz erhalten, welche jedoch nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens am 18. Dezember 1999 widerrufen worden sei. Seit 19. Dezember 1999 halte sich der Beschwerdeführer somit nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Am 6. März 2000 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz sowie der Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt, der schweren Körperverletzung und der Sachbeschädigung zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer Suchtgift an einen Unbekannten verkauft und anderen Personen überlassen habe. Weiters habe er Exekutivbeamte mehrmals mit Gewalt an einer Amtshandlung gehindert. Der Beschwerdeführer habe zunächst mit den Händen auf einen ihn festnehmenden Polizeibeamten eingeschlagen. Anschließend habe er im Wachzimmer zwei Sicherheitswachebeamte durch Bisse in den Oberarm bzw. in die Beine verletzt und zudem einem anderen Sicherheitswachebeamten dessen Funkgerät aus der Hand geschlagen und zu Boden geschleudert.
Auf Grund dieser Verurteilung sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 24. März 2000 habe der Beschwerdeführer angegeben, über keinerlei Barmittel zu verfügen. In der Berufung habe er ausgeführt, "kein Geld für die Stempelmarken zu haben". Dem Fremden obliege es, von sich aus (initiativ) den Nachweis für den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt zu erbringen. Mit der bloßen Behauptung, von der Caritas finanziell unterstützt zu werden, habe der Beschwerdeführer einen derartigen Nachweis nicht zu erbringen vermocht. Damit werde weder nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht, dass er tatsächlich diese Zuwendung erhalte, noch dargelegt, in welchem Umfang diese angeblichen Leistungen erfolgten.
Es sei daher auch der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt.
Das der Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß. Immerhin habe der Beschwerdeführer bereits kurze Zeit nach seiner illegalen Einreise mehrere gerichtliche Tatbestände verwirklicht und dadurch gezeigt, nicht davor zurückzuschrecken, mit Gewalt gegen einschreitende Polizisten vorzugehen und diese vorsätzlich zu verletzen. Die Gefährdung öffentlicher Interessen werde durch den seit Mitte Dezember 1999 illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und dessen Mittellosigkeit zusätzlich verstärkt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher im Grund des § 36 Abs. 1 FrG als gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer sei ledig und für niemanden sorgepflichtig; familiäre Bindungen zum Bundesgebiet habe er nicht behauptet. Unter Bedachtnahme auf den überaus kurzen und zudem seit über vier Monaten unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei das Aufenthaltsverbot mit keinem Eingriff in das Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Es sei daher weder zu prüfen gewesen, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen.
Da sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die Behörde auch nicht im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand nehmen können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Auf Grund der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid bestehen gegen die Ansicht der belangten Behörde, die Tatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 1 und Z. 7 FrG seien erfüllt, keine Bedenken.
1.2. Auf Grund des großen öffentlichen Interesses an der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität und der aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierenden Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung wie auch der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft ist die Auffassung der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, gleichfalls unbedenklich.
2. Dem Beschwerdeführer wurde bei der niederschriftlichen Vernehmung am 24. März 2000 die Absicht zur Kenntnis gebracht, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Dabei wurde er u.a. zu seinen privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet befragt. Er hat dazu ausgeführt: "Zu Österreich bestehen weder familiäre noch berufl. Bindungen." Der geltend gemachte Verfahrensmangel, der Beschwerdeführer sei nicht "angeleitet" worden, seine familiären Bindungen zum Bundesgebiet darzulegen, liegt daher nicht vor.
Auf Grundlage der somit mängelfrei zu Stande gekommenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass mit dem Aufenthaltsverbot kein Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei, keinem Einwand, hält sich der Beschwerdeführer doch erst seit etwa acht Monaten - davon nur etwa vier Monate auf Grund eines sich letztlich als unbegründet erweisenden Asylantrages legal - im Bundesgebiet auf. Damit erübrigt sich - von der belangten Behörde zutreffend beurteilt - eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2000, Zl. 2000/18/0147).
3. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, ihm drohe im Sudan "möglicherweise die Todesstrafe", und in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass er in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde. Abgesehen davon ist es im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ohne Belang, ob die Abschiebung des Fremden in ein bestimmtes Land aus den Gründen des § 57 Abs. 1 FrG unzulässig wäre, weil diese in einem gesonderten Verfahren nach § 75 leg. cit. zu prüfen sind. (Vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. August 2000, Zl. 2000/18/0120.)
4. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm auf Grund seiner Bedrohung im Heimatland nach herrschender Praxis auch bei Vorliegen von Versagungsgründen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 10 Abs. 4 FrG zu erteilen wäre.
Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht zielführend, weil selbst das Bestehen einer Aufenthaltsberechtigung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstünde.
5. Schließlich bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus den Verwaltungsakten noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
6. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000180182.X00Im RIS seit
20.09.2001