Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der F Baugesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 19/II, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 10. Oktober 1997, Zl. LGS 600/LA3/13113/1997/1e/ABB 1729342, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 25. Juli 1997 beim Arbeitsmarktservice Hartberg (regionale Geschäftsstelle) die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auf Grund des § 7 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz für die kroatische Staatsangehörige O als Saisonarbeitskraft in der Land- und Forstwirtschaft (Beschäftigungsort in J).
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Hartberg (regionale Geschäftsstelle) mit Bescheid vom 13. August 1997 gemäß § 4 Abs. 7 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in Verbindung mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl für 1997 ab.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin unter anderem geltend, die Beschäftigungsbewilligung sei für Saisonarbeiten in der Land- und Forstwirtschaft, insbesondere für Tätigkeiten im Rahmen einer Eigenjagd (Kontrolle von Forstwegen, Fütterungsstellen, Abhilfe gegen Wildverbiss) beantragt worden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Oktober 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 und § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge gegeben und damit die erstinstanzliche Versagung einer Beschäftigungsbewilligung bestätigt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage und des bisherigen Verfahrensverlaufes im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe eine Bewilligung für eine Saisonbeschäftigung (im Sinn von § 7 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz) beantragt. Hiezu werde mitgeteilt, dass das Kontingent in der Land- und Forstwirtschaft von 1500 Plätzen "seit Ende September 1997 auf Grund der Ernteeinsätze zur Gänze ausgeschöpft ist". Der Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 AuslBG sei deshalb erfüllt, weil "nachweislich eine österreichische Ersatzkraft angeboten wurde, die tatsächlich an einer Arbeitsaufnahme interessiert ist". Die regionale Geschäftsstelle Hartberg sei angewiesen worden, "einen Auftrag anzulegen und arbeitslose Österreicher zuzuweisen". Als Ergebnis dieser Bemühungen sei mit 26. September 1997 Herr W zugewiesen worden; dieser "wurde seitens des Dienstgebers anlässlich der persönlichen Vorsprache am 9. 10. 1997 in Vormerkung genommen". Der Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG liege deshalb vor, weil die (mit 262.246 festgesetzte) Bundeshöchstzahl für 1997 zum Stichtag Ende September 1997 mit 267.773 ausgeschöpft und demnach überschritten sei und die beantragte Arbeitskraft nicht bereits auf die Bundeshöchstzahl anzurechnen sei, keinen Arbeitslosengeldanspruch habe und auch die Voraussetzungen nach der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung nicht erfülle.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 23. Februar 1998, B 2812/97-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie entsprechend dem gestellten Eventualantrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Saisonarbeitskraft verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hat eine Beschäftigungsbewilligung für eine Saisonarbeitskraft in der Land- und Forstwirtschaft beantragt.
Nach § 7 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales nach Anhörung des betroffenen Landes im Falle eines kurzfristig auftretenden oder vorübergehenden zusätzlichen Arbeitskräftebedarfes, welcher aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotential nicht abgedeckt werden kann, für einen bestimmten Zeitraum durch Verordnung festlegen, dass Beschäftigungsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bis zu einer bestimmten Anzahl in einem Wirtschaftszweig, in einer Berufsgruppe oder in einer Region bis zu einer Laufzeit von sechs Monaten als Bewilligung für den Fremden gelten, für welchen sie dem Arbeitgeber ausgestellt wurden.
Für die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften hat somit § 7 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ein Verfahren zur Erlangung von "Saisonbewilligungen" vorgesehen.
Die im Grunde des § 1 Z. 5 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung anzuwendenden Verordnungen des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. II Nr. 36/1997 und 131/1997, jeweils über die Festlegung von Bewilligungen gemäß § 7 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes für die Beschäftigung von Ausländern in der Land- und Forstwirtschaft, sehen keine Rangfolge für die Erteilung der beschränkten Anzahl von Bewilligungen vor, insbesondere besteht keine bevorzugte Vergabe von Bewilligungen für Erntearbeiter oder für die Landwirtschaft.
Die belangte Behörde stützt die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung für eine Saisonarbeitskraft nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ausschließlich darauf, dass die für diese besonderen Bewilligungen nach der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales (bzw. Arbeit, Gesundheit und Soziales) festgesetzte besondere Höchstzahl von
1.500 Bewilligungen Ende September 1997 "aufgrund der Ernteeinsätze" ausgeschöpft sei. Diese Begründung für die Versagung ist vor dem Hintergrund des Schreibens der belangten Behörde vom 11. September 1997 zu beurteilen, mit dem die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens (Berufungsverfahren) bekannt gegeben hatte, dass das Kontingent für die Land- und Forstwirtschaft von 1.500 Bewilligungen per 10. September 1997 erst mit 1.290 Bewilligung ausgenützt sei. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Bewilligung für eine Saisonarbeitskraft hätte im Zeitpunkt der genannten Verständigung nach dem damaligen Stand der Ausschöpfung der besonderen Höchstzahl für Saisonbeschäftigungen in der Land- und Forstwirtschaft demnach erteilt werden können. Sachliche Gründe für die Weigerung der belangten Behörde die Bewilligung zu erteilen, sind - abgesehen von der Kontingentausschöpfung im angefochtenen Bescheid nicht angeführt. Der Hinweis im Schreiben der belangten Behörde vom 11. September 1997 auf einen künftigen Bedarf an Bewilligungen für die Erntezeit bzw. die Landwirtschaft stellte keinen rechtmäßigen Versagungsgrund im Rahmen des vorliegenden Saisonkräftebewilligungsverfahrens dar. Ein kurzfristig (in der Zukunft) auftretender Arbeitskräftebedarf durfte nämlich nicht durch "Zurückbehalten von Bewilligungen" gedeckt werden, sondern dieser wäre allenfalls - wie dies im Jahr 1997 bereits einmal geschehen ist (vgl. die Verordnung BGBl. II Nr. 131/1997) - durch Erlassung einer weiteren Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales über zusätzliche Bewilligungen für die Land- und Forstwirtschaft zu decken gewesen. Die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin dadurch in ihrem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verletzt, dass sie dieser entgegen der Grundsätze der Zweckmäßigkeit und Raschheit des Verfahrens (vgl. § 39 Abs. 2 AVG) einen nach dem Gegenstand der in Behandlung stehenden Angelegenheit geradezu willkürlichen Vorhalt machte, was in besonders krasser Weise dazu führte, dass die nach den anzuwendenden Verordnungen beschränkte Anzahl an Beschäftigungsbewilligungen im Zeitpunkt der Entscheidung ausgeschöpft war.
Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 9. Juni 1999, B 1045/98, und vom 3. März 1995, VfSlg. 14.049/1995), darf eine Behörde ein von ihr selbst zu vertretendes Versäumnis (hier: die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung) dann nicht zum Nachteil des Antragstellers (hier: der Arbeitgeber) verwenden, wenn sie selbst die verpönte Lage herbeigeführt hat.
Hätte im Beschwerdefall die beantragte Beschäftigungsbewilligung für eine Saisonarbeitskraft per 11. September 1997 nach der damals gegebenen Ausschöpfung des Kontingents erteilt werden können und müssen, dann war es rechtswidrig, dass die belangte Behöre keine Bewilligung erteilte, sondern damit zugewartet hat, bis in anderen Fällen derartige Bewilligungen erteilt waren, um nach der dadurch herbeigeführten Ausschöpfung der verordneten Höchstzahl im angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 1997 die Versagung einer Bewilligung schließlich mit der seit Ende 1997 nunmehr eingetretenen Ausschöpfung der Höchstzahl begründen zu können. Die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung für eine Saisonarbeitskraft wurde somit im Beschwerdefall durch rechtswidrige behördliche Vorgangsweise herbeigeführt (vgl. hiezu sinngemäß auch schon das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 2000, Zl. 98/09/0202).
Soweit die belangte Behörde ihre rechtswidrige Vorgangsweise durch Heranziehung von (weiteren) Versagungsgründen (nach § 4 Abs. 1 und Abs. 7 AuslBG) zu rechtfertigen suchte, ist zu erwidern, dass die dabei geprüften Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 7 AuslBG nicht den Gegenstand des durch den Antrag der Beschwerdeführerin bestimmten Verwaltungsverfahrens betreffend die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine Saisonarbeitskraft bildeten. Die (für Dauerbeschäftigungen maßgebliche) Bundeshöchstzahl für das Kalenderjahr 1997 war ebenso unerheblich, wie auch die Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens mit dem Ziel, für einen gelernten Elektriker einen Dauerarbeitsplatz zu finden, keinen sachlichen Zusammenhang mit dem Bedarf der Beschwerdeführerin an einer Saisonarbeitskraft für die Land- und Forstwirtschaft erkennen lässt. Dass die im angefochtenen Bescheid genannte Person als Saisonarbeitskraft für die Land- und Forstwirtschaft vermittelt wurde, oder die Beschwerdeführerin sich geweigert habe, diese Arbeitskraft zu beschäftigen, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde zu berücksichtigen haben, dass die ihr zurechenbare Verzögerung der Bewilligung sich nicht gegen die Beschwerdeführerin richten darf, hätte diese bei rechtmäßiger Behandlung ihres Antrages doch längst eine Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Saisonarbeitskraft erhalten können.
Der angefochtene Bescheid war aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand zu Unrecht verzeichnete Umsatzsteuer.
Wien, am 4. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998090107.X00Im RIS seit
13.06.2001