TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/10 E5 312723-1/2008

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Veröffentlicht am 10.09.2008
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Spruch

E5 312.723-1/2008-8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Grabner-Kloibmüller als Einzelrichterin über die Beschwerde des O.K., geb. 00.00.1980, StA. Kosovo, vertreten durch RA Dr. OBERHOFER Andreas, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.05.2007, FZ. 06 02.590-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.03.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG idgF als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

 

I. Der Antrag auf internationalen Schutz von O.K. vom 03.03.2006 wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und O.K. der Status des Asylberechtigten nicht zuerkennt.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wird O.K. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo nicht zuerkannt.

 

III. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wird O.K. aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. 1.Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo reiste am 03.03.2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 03.03.2006 von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI Traiskirchen und ebenfalls am 03.03.2006 sowie am 15.02.2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.05.2007, FZ. 06 02.590-BAI in Spruchteil I unter Berufung auf § 3 Abs. 1 AsylG ab und stellte unter einem fest, dass der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt wird. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG auch nicht der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, zuerkannt. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo, ausgewiesen. Gegen diesen am 25.05.2007 dem Beschwerdeführer persönlich zugestellten Bescheid wurde mit Schreiben vom 06.06.2007 fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben.

 

Am 12.03.2008 wurde in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt, zu welcher der Beschwerdeführer unentschuldigt, trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Ladung an seinen rechtsfreundlichen Vertreter am 12.02.2008, nicht erschienen ist. In Abwesenheit des Beschwerdeführers wurde die aktuelle Lageentwicklung in der Republik Kosovo anhand vorliegender Länderdokumentationsunterlagen erörtert.

 

I.2. Sachverhalt:

 

I.2.1. Durch die vollzogene Trennung von Serbien und Montenegro in zwei souveräne Staaten, sowie die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo ergibt sich hier kein neuer relevanter Sachverhalt, zumal im erstinstanzlichen Bescheid die spruchgemäße Erledigung der Sache ausdrücklich auf die von der internationalen Gemeinschaft verwaltete Provinz Kosovo eingeschränkt wurde (im Sinne von VwGH 7. 6. 2000, 2000/01/0162; s auch VwGH 7. 9. 2000, 2000/01/0116; 21. 12. 2000, 2000/01/0126; 6. 3. 2001, 2000/01/0402; 18. 2. 2003, 2001/01/0325; 15. 5. 2003, 2002/01/0322; 13.10.2006, 2006/01/0125-7). Auch dürfte davon auszugehen sein, dass der Beschwerdeführer wie bisher auch die serbische Staatsbürgerschaft besitzt, da Serbien die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt, sodass sich im bisherigen Prüfungsumfang - wie schon bisher eingeschränkt auf den Kosovo - nichts ändert. Da der Beschwerdeführer aus dem Kosovo stammt, ist nunmehr seine Staatsangehörigkeit mit "Republik Kosovo" festzulegen.

 

Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Albaner an und ist katholischen Glaubens. Geboren wurde der Beschwerdeführer in B. in Österreich und lebte dort bis 1981. Danach kehrte er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern wieder in den Kosovo zurück, wo er die Grundschule besuchte, jedoch keine weitere Berufsausbildung absolvierte. Sein Vater blieb weiterhin als Gastarbeiter in Österreich. Im Kosovo lebte der Beschwerdeführer mit seiner Mutter und seinen Brüdern bis 1998 im Haus seines Onkels. Noch vor Ausbruch des Krieges flüchtete die Mutter des Beschwerdeführers mit drei seiner Brüder in die Schweiz, wo mittlerweile auch sein Vater aufhältig war. Kurz darauf floh auch der Beschwerdeführer mit einem weiteren Bruder in die Schweiz. Der dort von ihm gestellte Asylantrag wurde jedoch nach ca. einem Jahr negativ entschieden, weshalb der Beschwerdeführer mit seinem Bruder O.G. im Jahr 1999 wieder in den Kosovo in das Dorf D. zurückkehrte. Im Jahr 2003 erhielt der Beschwerdeführer ein Visum für die Schweiz, weshalb er sich bis 05.12.2005 wieder dort aufhielt. Danach kehrte er erneut in den Kosovo zurück, lebte wieder in dem Dorf D. und verdiente sich dort bis zu seiner Ausreise im Februar 2006 durch Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt. Sein Bruder O.G. ist nach wie vor im Kosovo aufhältig.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Kosovo eine asylrelevante - oder sonstige - Verfolgung oder Strafe maßgeblicher Intensität oder die Todesstrafe droht oder dem Beschwerdeführer im Kosovo die Existenzgrundlage völlig entzogen wäre. Es ergaben sich auch nach Prüfung gemäß Art. 8 EMRK im vorliegenden Fall keine gegen die vorgesehene Ausweisung bestehenden Hinderungsgründe.

 

I.2.2. Zur Lage in der Republik Kosovo wird festgestellt:

 

Unter der UNMIK-Verwaltung haben sich demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte provisorische Regierung. Die kosovoserbische Minderheit nimmt bislang allerdings nur eingeschränkt am politischen Leben teil. Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem ist an vielen Stellen noch verbesserungsbedürftig. Eine kosovarische Polizei (noch unter UNMIK-Aufsicht) wurde aufgebaut, die sich bislang im regionalen Vergleich als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert hat (AA 5).

 

Die UNO-Mission im Kosovo (UNMIK) werde ihre Aufgaben entsprechend der UNO-Resolution 1244 weiter verrichten, bis vom UNO-Sicherheitsrat nicht anders entschieden sei. Mit diesen Worten hat ein Sprecher von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon laut Belgrader Medienberichten Behauptungen zurückgewiesen, wonach im Kosovo die Übertragung der Befugnisse von der UNMIK auf die EULEX-Mission der Europäischen Union bereits begonnen habe. "Die UNO-Mission im Kosovo steckt in keiner Transitionsphase", sagte Barton Warma weiter gegenüber der Tageszeitung "Politika". "Wir haben ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates aus den 90er Jahren, im Kosovo zu sein, bis der UNO-Sicherheitsrat anders entscheidet." Auch sei die UNO-Verwaltung weiterhin für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität im Kosovo verantwortlich und werde diese Aufgabe auch weiterhin wahrnehmen, fügte der Sprecher hinzu (APA vom 29.02.2008). Die Ordnungskräfte haben -mit KFOR-Unterstützung - die Lage weitestgehend unter Kontrolle. Die Lage in den albanisch dominierten Gebieten ist als normal zu bezeichnen, in den serbischen Enklaven kam es zu vereinzelten Sicherheitsvorfällen.

 

Die Sicherheitslage hat sich seit den Unruhen im März 2004 weitgehend beruhigt, sie ist jedoch weiterhin nicht stabil. Das Gewaltpotential bleibt hoch (AA 5). Menschenrechte werden im Kosovo im Allgemeinen beachtet. Es kam aber zu einigen Fällen politisch oder ethnisch motivierter Tötungen und Gewalt bzw Ablehnung gegenüber Minderheiten (USDOS, Einleitung). Grundsätzlich gewährleisten KPS, UNMIK, KFOR und KPC für den überwiegenden Teil der Bevölkerung einen ausreichenden Sicherheitsstandard und kann insbesondere KPS als gut funktionierend angesehen werden (VB 6ff, UKHO 3.8.6. ua). Es besteht ein effizienter Beschwerdemechanismus gegen Fehlverhalten von KPS (VB 11). Delikte gegen Leib und Leben sind im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, Eigentumsdelikte leicht gestiegen (VB 12f). Im Justizwesen sind derzeit 359 örtliche Richter und Staatsanwälte aus allen ethnischen Gruppen tätig. Beobachter stellen noch erhebliche Ausbildungsdefizite bei den lokalen Richtern und Staatsanwälten fest. Zusätzlich haben 27 internationale Richter für besondere Aufgaben (Kriegsverbrechen, organisierte Kriminalität, Terrorismus etc.) ihre Tätigkeit aufgenommen (Stand August 2007) (AA 10). Repressionen gegenüber Minderheiten haben seit 2004 ständig abgenommen, gewalttätige Auseinandersetzungen erfolgen zumeist innerhalb der einzelnen Ethnien (AA 5). Die UCK ist formell aufgelöst, die AKSh (Albanische Nationale Armee) stellt keine Bedrohung der allgemeinen Sicherheitslage dar, fallweise werden kriminelle Aktivitäten in ihrem Namen begangen (AA 8), zwangsweise "Rekrutierungen" sind nicht bekannt (VB 14f; VB vom 21.02.2007).

 

Die Ortschaft D. gehört zur katholischen Pfarre in P.. Insgesamt beträgt die Zahl der Katholiken in der Gemeinde G. über 7.500 Personen. In den Jahren 2001, 2003 und 2004 kam es zu Mordfällen in D., die nicht aufgeklärt werden konnten. Vermutliches Motiv war in den überwiegenden Fällen ein versuchter Raub. Seit 2004 kam es in D. zu keinen weiteren gravierenden Problemen. Die Sicherheitslage kann in D. als dezeit stabil und sicher bezeichnet werden (VB vom 14.11.2007).

 

Personen, denen Zusammenarbeit mit Serben (nach 1990) in qualifizierter Form vorgeworfen wird (unter Umständen auch deren nahen Angehörigen) kann im Einzelfall ernste Gefahr drohen (UNHCR vom Juni 2006), in einer Mehrzahl der Fälle wird auch hier von Schutzfähigkeit der Sicherheitsorgane auszugehen sein (UKHO 3.10.).

 

Einschränkungen der Religionsfreiheit sind nicht bekannt geworden (AA 10). Im Kosovo ist es auch nicht ungewöhnlich, dass Katholiken und Muslime in einer Familie zu finden sind. Es gibt zwar Spannungen zwischen Muslimen und den katholischen Gemeinden, die aber durch das gemeinsame Erbe abgeschwächt werden. Kosovaren christlichen Glaubens sind heute keinen Diskriminierungen durch die muslimische Mehrheitsbevölkerung ausgesetzt (BAMF 31).

 

Die Wirtschaftslage bleibt weiterhin prekär (hohe Arbeitslosigkeit), als positives Zeichen ist das Wachstum der legalen Privatwirtschaft zu nennen (AA 5, VB 27f). Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet; im Jahr 2006 erhielten ca. 175.000 Personen Sozialhilfe, deren Erlangung im Verwaltungsweg durchsetzbar ist (AA 5, VB 25f). Auch im Jahr 2006 gab es zahlreiche freiwillige und zwangsweise Rückkehrer in den Kosovo (AA 16). Seit Juli 2004 können in Absprache mit UNMIK wieder Angehörige der Minderheiten der Türken, Bosniaken, Gorani und Torbesh und in Abstimmung mit UNMIK ab Mai 2005 auch wieder Ashkali und Ägypter zwangsweise in den Kosovo rückgeführt werden (Ashkali und Ägypter jedoch weiterhin nur nach individueller Prüfung der Sicherheitslage durch UNMIK) (AA 24). Existentielle Rückkehrgefährdungen aus wirtschaftlichen/medizinischen Gründen bestehen in der Regel nicht

(AA, VB, UNHCR, BAA).

 

Die medizinische Grundversorgung, einschließlich psychischer Erkrankungen und posttraumatischer Belastungsstörungen (ausgenommen schwere Fälle oder solche, die längeren stationären Aufenthalt erfordern) ist gegeben. Nach Auskunft des PISG Gesundheitsministeriums stehen im öffentlichen Gesundheitswesen acht Zentren für geistige Gesundheit und in fünf Krankenhäusern Abteilungen für stationäre Psychiatrie inklusive angeschlossener Ambulanzen zur Behandlung von psychischen Erkrankungen und posttraumatischen Belastungsstörungen zur Verfügung. Stationäre psychiatrische Abteilungen mit angeschlossenen Ambulanzen existieren in den Krankenhäusern in Pristine/Pri¿tina, Mitrovicë/Mitrovica (Nord), Pejë/Pec, Prizren und Gjakovë/Dakovica. Im Universitätsklinikum in Prishtinë/Pri¿tina sind die psychiatrische Abteilung mit 72 Betten und die neurologische Abteilung mit weiteren 52 Betten sowie sechs Intensivplätzen ausgestattet (AA 18ff). In Abkehr von seinem letzten Positionspapier zählt UNHCR chronisch Kranke oder Schwerkranke, darunter auch die an PTBS erkrankten Personen, in seinem Bericht vom Juni 2006 nicht mehr zu der Gruppe besonders verwundbarer Personen ("vulnerable persons") (AA 23).

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die erstinstanzlichen Akte unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, den bekämpften Bescheid, den Beschwerdeschriftsatz, durch öffentlich mündliche Verhandlung der Beschwerdesache sowie durch Berücksichtigung nachstehender Länderdokumentationsunterlagen:

 

(Dt.) Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Kosovo (Kosovo) vom 29.11.2007 (AA).

 

UK Home Office, Operational Guidance Note Republic of Serbia (including Kosovo) vom 12.02.2007 (UKHO).

 

US State Department, Serbia, Country Report on Human Rights Practices 2006, Abschnitt Kosovo, 06.03.2007 (USDOS).

 

Kosovo, Bericht des Verbindungsbeamten des BMI, Pichler, vom 31.03.2007 (VB).

 

Auskunft des VB zu "AKSH" vom 21.02.2007 (VB vom 21.02.2007).

 

UNHCR Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo Juni 2006, (UNHCR vom Juni 2006).

 

Auskunft des VB zu Behandlungsmöglichkeit von Tuberkulose vom 03.02.2008 (VB vom 03.02.2008).

 

APA, Übertragung von UNMIK-Befugnissen auf EULEX-Mission nicht begonnen, 29.02.2008, (APA vom 29.02.2008).

 

(Dt.) Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Lage der Religionsgemeinschaften, Dezember 2007 (BAMF).

 

Auskunft des VB zur Sicherheitslage in D. vom 14.11.2007 (VB vom 14.11.2007).

 

I.3. Beweiswürdigend wird ausgeführt:

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Identität des Beschwerdeführers sowie hinsichtlich seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet und des Datums seiner Asylantragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem vom Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten, auf seinen Namen ausgestellten Personalausweis, ausgestellt am 00.00.2006 (AS 19) und der UNMIK-Karte, ausgestellt am 00.00.2001 (AS 17).

 

Die Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren.

 

Was hingegen die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe betrifft, so ist Folgendes auszuführen:

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Zum einem konnte die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde behauptete "gefährliche Situation in seinem Heimatdorf D." nicht festgestellt werden, zum anderen konnte der Beschwerdeführer keine hinreichend konkrete und individuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund glaubhaft machen.

 

Der Beschwerdeführer führte in seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt aus, dass in seinem Heimatdorf viele Morde durch maskierten Männern verübt und unter anderem auch sein Cousin und sein Nachbar im Dezember 2005 von diesen angeschossen worden seien. Aus Furcht vor diesen Männern habe nach 22:00 Uhr niemand mehr das Haus verlassen und sei der Beschwerdeführer aufgrund dieser Unsicherheit im Februar 2006 auch ausgereist. Gleichzeitig führte er aber aus, dass er persönlich nie bedroht oder angegriffen worden sei.

 

Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer daher keinerlei konkrete Aussagen zu einer möglichen, ihm drohenden Verfolgung getätigt. Er beschränkte sich lediglich darauf auszuführen, die Situation sei "allgemein gefährlich" gewesen und dass er deshalb Angst um sein Leben gehabt habe. Dass es bei den Übergriffen durch die maskierten Männer jemals zu einer konkreten Bedrohung oder zu einem tatsächlichen Übergriff auf den Beschwerdeführer gekommen wäre, wurde dagegen nicht behauptet. Er hat somit weder näher ausgeführt, was unter den Worten "etwas antun" zu verstehen ist noch lässt sich die Absicht einer Umsetzung dieser Behauptung aus dem bisherigen Vorbringen ableiten, weil es zu keinerlei Übergriffen gekommen war. Die bloß vage, nicht näher konkretisierte Befürchtung des Beschwerdeführers, die maskierten Männer könnten auch ihm etwas antun bzw. ihn ermorden, ist nicht geeignet, eine Verfolgungsbehauptung zu begründen, weil es sich dabei um keine konkreten bzw substantiierten Ausführungen handelt, aus welchen eine Gefährdung für den Beschwerdeführer in dem Sinn abgeleitet werden könnte, dass ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Beschwerdeführers konkret und unmittelbar drohte (vgl. zur Unmittelbarkeit VwGH 26.02.2002, 2000/20/0517, und zur Intensität VwGH 31.01.2002, 99/20/0531).

 

Soweit der Beschwerdeführer seine Ausreise auf die allgemein schlechte Sicherheitslage in seinem Heimatdorf D. zurückführte, war festzustellen, dass sich aus den von Amts wegen im Wege der Vertretungsbehörde vor Ort von dem Verbindungsbeamten der ÖB Pristina ermittelten Tatsachen keinerlei Anhaltspunkte dafür ableiten ließen, dass diese Gefahrensituation tatsächlich vorliegt. Dem vorgelegten Erhebungsbericht vom 14.11.2007 ist - entgegen der Ausführungen des Beschwerdeführers - zu entnehmen, dass es seit dem Jahr 2001 zu lediglich drei Mordfällen in D. gekommen ist, wobei zwei davon aus kriminellen Motiven (ein Mordopfer überraschte die Täter bei einem Einbruch; ein weiteres kam bei einem Raubversuch ums Leben) und einer aus Vergeltung (ein Sohn rächte den Mord an seinem Vater) verübt wurde. Weiters ist dem Bericht zu entnehmen, dass es vereinzelt zu Einbrüchen kommt, die dadurch begünstigt werden, dass D. in der Nähe der albanischen Grenze liegt und zahlreiche Bewohner aufgrund ihrer Berufstätigkeit im Ausland - vorwiegend in der Schweiz - als finanziell besser gestellt gelten. Demnach handelt es sich nicht um ethnisch motivierte Übergriffe, sondern um rein kriminelle Handlungen, die - wie dem Erhebungsbericht vom 14.11.2002 ebenfalls zu entnehmen ist - von den Sicherheitsbehörden vor Ort auch verfolgt werden. Durch diesen Bericht wird somit auch bestätigt, dass, selbst wenn der Beschwerdeführer Opfer einer Straftat in der geschilderten Form geworden wäre oder werden würde, effektive Schutzgewährung durch die nationalen und internationalen Sicherheitsorgane im Kosovo gewährleistet wäre und das reale Risiko einer Gefährdung im Fall einer Rückkehr in den Kosovo sehr gering erscheint.

 

Ganz abgesehen davon, dass die vom Beschwerdeführer geschilderte Häufigkeit der Übergriffe nicht mit dem Ermittlungsergebnis des Verbindungsbeamten übereinstimmt, wonach es nach dem Mordfall im Jahr 2004 zu keinen gravierenden Problemen mehr gekommen ist, kann auch aus den vereinzelt vorkommenden Einbrüchen keine asylrelevante Verfolgung abgeleitet werden, zumal das gesamte Geschehen in keinem Zusammenhang mit einem in der GFK aufgezählten Anknüpfungspunkte steht. Diesen Ermittlungsergebnissen stand alleine die vage Vermutung des Beschwerdeführers gegenüber, dass auch er einem solchen Übergriff zum Opfer fallen und möglicherweise dabei ermordet werden könnte, was für sich alleine gesehen jedoch nicht geeignet ist, die Plausibilität der Ermittlungsergebnisse, die mit großer Deutlichkeit auf eine zufriedenstellende Sicherheitslage hinweisen, in Zweifel zu ziehen.

 

Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, wird als weiteres Indiz dafür gewertet, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist, zumal er sonst jede sich bietende Möglichkeit nützen würde, die ihm drohende Gefahrensituation zu schildern, um einer möglichen Rückkehr zu entgehen.

 

Im Zusammenhang mit den verübten Straftaten ist weiters auszuführen, dass ein alles umfassender präventiver staatlicher Schutz gegen gewalttätige Übergriffe von nichtstaatlichen Akteuren aus kriminellen oder sonstigen Motiven heraus realistischerweise nicht erwartet und dementsprechend auch im Rahmen des Asyl- und Flüchtlingsrechts nicht verlangt werden kann, zumal dies die Kräfte eines jeden Staates übersteigen würde. Auch allein aus dem Umstand, dass es im Heimatdorf des Beschwerdeführers vereinzelt zu solchen Vorfällen kam, kann noch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Sicherheitskräfte im Kosovo nicht in der Lage sind, grundsätzlich Schutz vor solchen Übergriffen zu bieten. Darüber hinaus kann auch aus der Tatsache, dass die oben erwähnten Mordfälle unaufgeklärt geblieben sind, keine Schutzunfähigkeit abgeleitet werden, zumal die Aufklärung einer Straftat insbesondere von Umständen abhängt, die auch von den Strafverfolgungsorganen nicht beeinflussbar sind, wie zB das Vorhandensein verwertbarer Spuren, Aussagen von Zeugen bzw. überhaupt deren Bereitschaft zur Aussage, im Ergebnis zumeist für den Erfolg der Ermittlungen ausschlaggebend sind.

 

Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar, weshalb es dem Beschwerdeführer prinzipiell nicht zumutbar sein sollte, sich mit einem strafrechtlich relevanten Problem an die lokalen nationalen sowie internationalen Sicherheitseinrichtungen zu wenden. Hinweise darauf, dass diese generell nicht willens oder faktisch nicht dazu in der Lage wären, ethnischen Albanern in der Provinz Kosovo wirksamen Schutz vor kriminellen Übergriffen durch Privatpersonen zu bieten oder derartige kriminelle Handlungen auch nur ansatzweise dulden, liegen unter Heranziehung der zitierten aktuellen Länderberichte, insbesondere des Erhebungsberichtes des Verbindungsbeamten der ÖB Pristina vom 14.11.2007, nicht vor. Der Beschwerdeführer hat auch nicht behauptet, dass ihm aus asylrelevanten Gründen behördlicher Schutz verweigert worden sei und besteht auch unter Zugrundelegung aktueller Dokumentationsunterlagen kein Anhaltspunkt für eine Duldung von Übergriffen oder für eine mangelnde Bereitschaft bzw. Fähigkeit der Sicherheitskräfte, Schutz zu gewähren.

 

Den Ausführungen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer allein aufgrund der Zugehörigkeit zur albanischen Volksgruppe und zum katholischen Glauben, einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei, ist zu entgegnen, dass es in den erörterten Berichten, die eine Vielzahl verschiedenster Quellen beinhalten, keine Hinweise dafür gibt, dass ethnische Albaner in Gebieten, in welchen sie der Mehrheitsbevölkerung angehören, gehäuft Opfer von Übergriffen sind. Für den einzelnen ethnischen Kosovo-Albaner, besteht im Vergleich zu anderen Staaten, wie etwa auch Österreich, kein Sicherheitsdefizit. Vielmehr kann er vor eventueller privater Bedrohung effektiven Schutz erhalten, zumal die drei Sicherheitskörper UNMIK, KPS und KFOR, deren Sicherheitsstandards als hoch bewertet werden, als geeignete behördliche Interventionsstelle anzusehen sind. Was die Religionszugehörigkeit betrifft so ist den Länderfeststellungen weiters zu entnehmen, dass Einschränkungen der Religionsfreiheit nicht bekannt sind und Kosovaren christlichen Glaubens heute keinen Diskriminierungen durch die muslimische Mehrheitsbevölkerung ausgesetzt sind.

 

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt nach Ansicht des Asylgerichtshofes daher keine aktuelle Bedrohung im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers vor. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer weder eine Bedrohung durch die staatlichen Behörden des Kosovo glaubhaft machen konnte noch ausreichend dargetan hat, dass die Bedrohungen durch Privatpersonen von den staatlichen Behören geduldet werden oder keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht vorhanden ist. Selbst wenn man davon ausginge, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers den Tatsachen entspreche, wäre festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht der konkreten Gefahr einer Verfolgung aus einem in der GFK aufgezählten Grund ausgesetzt war bzw. im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsprognose auch pro futuro nicht ausgesetzt sein wird.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

II.2.1. Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

II.2.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Der Beschwerdeführer vermochte nämlich eine asylrelevante Verfolgung zu keinem Zeitpunkt des Asylverfahrens anzugeben.

 

Sonstige Gründe zum Verlassen des Herkunftsstaates, insbesondere irgendeine staatliche Repression, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Gefährdung im Sinn des Art. 3 EMRK kann demnach nicht erkannt werden.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

II.3.1. Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers ist Folgendes auszuführen:

 

Zur Auslegung des § 8 AsylG iVm § 50 FPG 2005 (Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1.

Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge:

FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Art. 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechenden Bestimmungen" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG.) ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

II.3.2. Wie bereits oben ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, in der Republik Kosovo, einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

Unter Berücksichtigung der getroffenen Würdigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde.

 

Der Beschwerdeführer hat sich bis zu seiner Ausreise nach Österreich seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten verdient und ist nicht ersichtlich, warum ihm dies nicht wieder möglich sein sollte. Dazu kommt, dass einer seiner Brüder nach wie vor im Kosovo lebt und dieser den Beschwerdeführer in der Anfangszeit sicherlich bei der Wohnungs- und Arbeitssuche unterstützen kann. Dem Beschwerdeführer würden im Falle seiner Rückkehr keine "außergewöhnlichen Umstände" wie etwa Hungertod, unzureichende medizinische Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens drohen und bestehen auch keine Hinweise dafür, dass er in eine aussichtslose Lage geraten würde. Der Asylgerichtshof verkennt auch nicht, dass die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat wahrscheinlich schlechter sein wird, als in Österreich, aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art. 3 EMRK nicht tangiert ist.

 

Der Beschwerdeführer hat schließlich auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Davon, dass praktisch jedem, der in die Republik Kosovo abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene, kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht die Rede sein.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

II.4.1. Ist ein Asylantrag abzuweisen und wurde gemäß § 8 Abs 1 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG). Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH vom 15.10.2004, Zl. G 237/03, VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u. a.). Gemäß Artikel 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung uns seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne der zitierten Bestimmung schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammen leben. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marcks, EGMR 23.04.1997, 10 ua).

 

II.4.2. Im vorliegenden Fall ergab sich - unter Bezugnahme auf die gemachten Angaben des Beschwerdeführers -, dass es keine weiteren Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich gibt. Der Beschwerdeführer konnte - gestützt auf seine eigenen Angaben - demgemäß kein spezielles Nahe- bzw Abhängigkeitsverhältnis glaubhaft machen, welches eine - im Lichte der Rechtsprechung des EGMR - ausreichende Beziehungsintensität begründet würde, die im konkreten Einzelfall auch höher zu bewerten wäre als die entgegenstehenden öffentlichen Interessen.

 

Hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit des Eingriffes in das Recht auf Privatleben des Beschwerdeführers ist im Hinblick auf die Judikatur des VwGH auszuführen, dass aufgrund der relativ kurzen Dauer des Aufenthaltes in Österreich (seit Anfang 2006) nicht von einer nachhaltigen Integration, die schwerer als das öffentliche Interesse wiegen würde, ausgegangen werden kann (siehe VwGH vom 16.06.2000, Zl. 97/21/0349 zur Erlassung eines Bescheides betreffend die Ausweisung eines Fremden bei einer Aufenthaltsdauer von ca. zweieinhalb Jahren).

 

Nach der jüngsten Rechtsprechung des EGMR (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi

v. the United Kingdom, 21878/06 bzgl. einer ugandischen Staatsangehörigen die 1998 einen Asylantrag in UK stellte) ist im Hinblick auf die Frage eines Eingriffes in das Privatleben maßgeblich zwischen niedergelassenen Zuwanderern, denen zumindest einmal ein Aufenthaltstitel erteilt wurde und Personen, die lediglich einen Asylantrag gestellt haben und deren Aufenthalt somit über die gesamte Dauer bis zur Entscheidung im Asylverfahren unsicher war, zu unterscheiden (im Falle der Beschwerdeführerin Nnyanzi wurde die Abschiebung nicht als ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Privatleben angesehen, da von einem grundsätzlichen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer effektiven Zuwanderungskontrolle ausgegangen wurde).

 

Zu verweisen ist auch auf die jüngste Rechtsprechung des VfGH vom 29.11.2007, Zl. B 1958/07-9 wonach in einem ähnlich gelagerten Fall (der Berufungswerber aus dem Kosovo hielt sich mit seiner Familie im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch den UBAS etwa zwei Jahre in Österreich auf - siehe UBAS vom 15.10.2007, Zahl:

301.106-C1/7E-XV/53/06) die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde. Der VfGH führte aus, dass der belangten Behörde aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht entgegen getreten werden könne, wenn sie schon angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes davon ausgehe, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse an der Achtung des Privat- und Familienlebens überwiegt.

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes fällt somit unter Zugrundelegung dieser Kriterien die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung zu Lasten des Beschwerdeführers aus, dies insbesondere im Hinblick darauf, dass sich zum Entscheidungszeitpunkt der Beschwerdeführer insgesamt weniger als drei Jahre in Österreich aufhält. Aufgrund der relativ kurzen Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich kann somit nicht von einer nachhaltigen Integration, die schwerer als das öffentliche Interesse an der Effektuierung der negativen Asylentscheidung wiegen würde, ausgegangen werden. Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung angezeigt lassen erschiene, liegen gleichfalls nicht vor.

 

Im Ergebnis war daher auch Spruchpunkt III rechtmäßig.

 

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Diskriminierung, Familienverband, Glaubhaftmachung, kriminelle Delikte, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Verfolgung, Religion, Sicherheitslage, staatlicher Schutz, Volksgruppenzugehörigkeit, Zukunftsprognose
Zuletzt aktualisiert am
23.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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