A13 235.404-0/2008/7E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Singer als Vorsitzende und die Richterin Dr. Lassmann als beisitzende Richterin, im Beisein der Schriftführerin Fr. Csucker, über die Beschwerde des A.D., geb. 00.00.1976, Staatsangehörigkeit von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 10.02.2003, Zahl 02 14.077-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.09.2008, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gem. §§ 7, 8 AsylG 1997 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Verfahrensgang und Sachverhalt
I.1. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer stellte am 29.05.2002 beim Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, einen Asylantrag gem. § 3 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (in der Folge: AsylG 1997). Am 06.02.2003 fand vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Asylverfahren statt (Aktenseite 27 bis 35 des Verwaltungsaktes des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, [in der Folge: AS-BAI]).
Das Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, wies mit Bescheid vom 10.02.2003, Zahl: 02 14.077-BAI, den Asylantrag gem. § 7 AsylG 1997 ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria gem. § 8 AsylG 1997 für zulässig (AS-BAI 43 bis 79).
2. Gegen den oben genannten Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, richtet sich die dort fristgerecht eingelangte Berufung (nunmehr Beschwerde) wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit, in der der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, zu beheben, ihm gem. § 7 AsylG 1997 in Österreich Asyl zu gewähren, und festzustellen, dass seine Abschiebung in seinen Heimatstaat unzulässig sei (AS-BAI 83f).
3. Der Asylgerichtshof hat gemäß Artikel 151 Absatz 39 Ziffer 4 des Bundesverfassungsgesetzes (BVG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) idF. BGBl. I Nr. 2/2008, ab 01.07.2008 die beim UBAS anhängigen Verfahren weiterzuführen. An die Stelle des Begriffs "Berufung" tritt gem. § 23 des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, mit Wirksamkeit ab 01.07.2008 der Begriff "Beschwerde".
4. Der Asylgerichtshof führte in der gegenständlichen Rechtssache am 11.09.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer teilnahm.
I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens
1.2.1. Beweisaufnahme
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, beinhaltend die Niederschrift der Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, vom 06.02.2003 sowie die Berufung des Beschwerdeführers vom 28.02.2003, durch Einsichtnahme in die dem Verhandlungsprotokoll angeschlossenen, im Sachverhalt unter Punkt I.2.2. angeführten Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof.
1.2.2. Ermittlungsergebnis (Sachverhalt)
Der Asylgerichtshof geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
A.) Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen A.D., ist am 00.00.1976 in E., Nigeria, geboren, Staatsangehöriger von Nigeria und gehört der christlichen Religion penticostalen Bekenntnisses an.
Der Beschwerdeführer lebte seit 1995 bis zu seiner Flucht in Lagos und arbeitete dort seit 1997 in einer Autowerkstätte, welche ihm selbst und einem Freund gehörte.
Der Beschwerdeführer reiste am 29.05.2002 illegal nach Österreich ein.
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe (Verfolgung durch die "Moslembrüder" seines zu Tode gekommenen Geschäftspartners bzw. Verfolgung durch geschädigte Kunden) werden den Feststellungen nicht zugrunde gelegt. Ebenso wenig kann der genaue Reiseweg des Beschwerdeführers (Reise von Nigeria nach Österreich) festgestellt werden. Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria aus Gründen seiner ethnischen Zugehörigkeit oder Religion oder sonst aus in seiner Person gelegenen Gründen einer Gefährdung oder Beeinträchtigung ausgesetzt wäre.
B.) Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Allgemein
Nigeria ist eine föderale Republik in Westafrika, bestehend aus 36 Bundesstaaten und mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 140 Millionen Menschen. 1960 wurde in Nigeria die Unabhängigkeit von Großbritannien proklamiert. Die nachfolgenden Jahre waren von interkulturellen sowie politischen Unruhen und Gewaltausbrüchen geprägt, als schließlich das Militär (durch Igbo- Offiziere) 1966 die Macht übernahm und die erste Republik beendete. Die ersten demokratischen Präsidentschaftswahlen - abgesehen von 1979 bis 1983, als Shehu Shagari mit der Hilfe von General Obasanjo die zivile Regierungsmacht übertragen bekam - fanden erst wieder im Jahr 1999 statt, bei denen Olusegun Obasanjo als Sieger hervorging und anlässlich der Wahlen 2003 als solcher bestätigt wurde. (1+2)
Gemäß der nach amerikanischem Vorbild entworfenen Verfassung von 1999, die am 29. Mai 1999 in Kraft trat, verfügt Nigeria über ein präsidiales Regierungssystem mit einem Senat (109 Abgeordnete) und einem Repräsentantenhaus (360 Abgeordnete). Darüber hinaus gewährleistet die Verfassung ein Mehrparteiensystem und alle 4 Jahre stattfindende Wahlen. Der Präsident verfügt generell über weit reichende Vollmachten und ist sowohl Staatsoberhaupt, Regierungschef als auch Oberbefehlshaber der Armee. (3)
Am 14. und 21. April 2007 fanden die letzten Wahlen statt, bei denen die amtierende "People¿s Democratic Party (PDP) überlegen als Sieger hervorging, und Umaru Yar ¿Adua zum Präsidenten gewählt wurde. Damit erfolgte erstmals seit der Unabhängigkeit Nigerias die Machtübergabe von einer zivilen Regierung auf die nächste. (4)
(1) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 1, von 11.03.2008 (www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100498.htm).
(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 10-19, von 13.11.2007 (www.homeoffice.gov.uk/rds/country-report.html).
(3) IDMC, "Nigeria: Institutional mechanisms fail to address recurrent violence and displacement", S. 1-4, von 29.10.2007 (www.internal-displacement.org).
(4) Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand September 2007, S. 5-7, von 06.11.2007.
II. Generelle Menschenrechtslage
Die Menschen- und Bürgerrechte sind im Grundrechtskatalog der Verfassung gewährleistet. Die Realität sieht allerdings anders aus; schlechte Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit, Korruption sowie die größtenteils mangelnde Ausbildung, Ausrüstung und Bezahlung der staatlichen Organe führen zu regelmäßigen Verletzungen der verfassungsrechtlich garantierten Rechte. (1)
In der nigerianischen Gesellschaft ist Gewalt ein alltägliches Phänomen, welche zumeist auch von Politikern zur Zielerreichung bewusst eingesetzt wird. Willkürliche Verhaftungen und Folter, sowie politisch motivierte Auftragsmorde durch Polizei und Militär sind keine Seltenheit. Die harschen Haftbedingungen und die schlechten Zustände in den Gefängnissen können lebensbedrohende Ausmaße annehmen. Selbstjustiz stellt daher in verschiedenen Landesteilen ein gravierendes Problem dar. Zu diesem Zweck wird hauptsächlich auf sog. "Vigilante Groups" (private Milizen, oft auch ethnisch motiviert) zurückgegriffen, welche durch die Regierungen einiger Bundesstaaten toleriert oder sogar aktiv unterstützt werden. (3)
Obwohl eine Verbesserung der Menschenrechtslage hinsichtlich ziviler und politischer Rechte seit 1999 festzustellen ist, wird nach wie vor von willkürlichen Ausschreitungen und Gesetzesverletzungen ausgehend von den nigerianischen Sicherheitskräften berichtet. Die Beschneidung essentieller Grundrechte, häusliche Gewalt, Diskriminierung der Frauen, Kindesmissbrauch sowie ethnisch, regionale und religiöse Diskriminierungen stellen in Nigeria wohl die signifikantesten und bislang sanktionslosen Rechtsverletzungen dar. (2)
(1) Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand September 2007, S. 5., von 06.11.2007.
(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 1, von 11.03.2007 (www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100498.htm).
(3) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 10-19, von 13.11.2007 (www.homeoffice.gov.uk/rds/country-report.html).
II.1. Politische Betätigung
Die Verfassung von 1999 gewährleistet prinzipiell das Recht auf einen freien politischen Zusammenschluss, was auch von der Regierung in der Praxis respektiert wird. 2006 waren 46 Parteien bei der Nationalen Wahlkommission gemeldet (National Election Commission INEC). (1) Bei den Parlamentswahlen 2007 traten 43 Parteien an, 24 Parteien stellten Kandidaten für die Präsidentschaftswahl auf. (2) Oppositionelle Politiker werden toleriert und haben auch das Recht, ihre Ansichten öffentlich kund zu tun. Das Wahlrecht erlaubt es ebenso, aus einer Partei auszutreten und eine neue Partei zu gründen. Gelegentlich wird von kurzen Anhaltungen auf Grund von regierungskritischen Pressemitteilungen seitens der Opposition berichtet. (3) Die diesbezügliche Toleranz wird auch dadurch veranschaulicht, dass die nigerianische Parteienlandschaft generell von einer komplexen personellen Verflechtung zwischen der regierenden Partei und der Opposition geprägt ist. (1+2)
Dennoch kommt es auf Grund der einzelnen Machtbestrebungen immer wieder zu politisch motivierten Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Parteien, die hauptsächlich mit Hilfe von undemokratischen Mitteln, wie bewaffneten Kämpfen bis zum politischen Mord, einhergehen. Dazu werden in der Regel eigene "Gangs" herangezogen, deren Mitglieder öffentlich rekrutiert und von den Politikern bezahlt werden. Die verantwortlichen Organe bleiben zumeist von strafrechtlichen Konsequenzen verschont. Die neue Regierung von Präsident Yar'Adua hat aber erkennen lassen, dass sie sich dieser Themen annehmen will, zumal diese militanten Vereinigungen auch nach den eher problematischen Wahlvorgängen in der Regel existent bleiben. (1+3+5+6)
Bei den letzten Wahlen im April 2007 wurden ca. 200 bis 300 Personen Opfer von gewaltvollen Ausschreitungen. (1+6) Bis 30.03.2007 wurden von der "Nigerian Alliance for Peaceful Elections" in den Bundesstaaten Bayelesa, Bauchi, Benue, Rivers und Delta 51 Fälle von Tötungen, Kidnapping und Gefechten zwischen den einzelnen Anhängern berichtet. (1) Im Bundesstaat Katsina, aus dem Yar'Adua und sein Konkurrent Buhari stammen, kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen mit vier Toten. Militante Gruppen versuchten, die Wahlen zu sabotieren.
(4) Weder die Regierung noch die Polizei unternahmen ausreichende Maßnahmen, um dagegen vorzugehen oder die Initiatoren zur Verantwortung zu ziehen. (1) Die eigens eingerichteten Wahlgerichte sollten aber generell in der Lage sein, in angemessener Zeit über Klagen (vor allem Wahlanfechtungsklagen) entscheiden zu können. Schon in der Vergangenheit fällten sie Entscheidungen gegen die Regierung, die die Exekutive letztlich auch akzeptierte. (3)
Es gibt keine Berichte über politische Häftlinge in Nigeria. (2)
(1) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 58-59.
(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 8 u. 15-16.
(3) Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria. Stand September 2007, S. 6-8 u. 10.
(4) SZ, Perras Arne, von 23.04.2007.
(5) Human Rights Watch. Politics as War. The Human Rights Impact and Causes of Post-Election Violence in Rivers State, Nigeria. Vol. 20, No. 3(A), S. 13-15.
(6) AI Report 2008, Nigeria. S. 1-2.
(http://thereport.amnesty.org/eng/regions/africa/nigeria)
II.2. Religionsfreiheit - Problem Christen/Moslems
Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und verbietet, eine bestimmte Religion als Staatsreligion einzuführen. Es besteht auch grundsätzlich die Möglichkeit zu einem anderen Glauben zu konvertieren, seinen Glauben öffentlich zu manifestieren und auch zu unterrichten. Die Anzahl der Christen und Moslems in Nigeria ist relativ gleichmäßig verteilt. Im Norden dominieren die Etnien der Hausa-Fulani und die Kanuri, welche sich größtenteils zum moslemischen Glauben bekennen. Die Angehörigen der beiden größten Konfessionen lebten in den letzten 50 Jahren auch im Norden (außer in Kaduna State) meistens friedlich nebeneinander und vermischten sich zunehmend durch interreligiöse Ehegemeinschaften. In den südlichen und östlichen Bundesstaaten leben hauptsächlich Christen (oft zugehörig zu den Yoruba und Igbo). Traditionelle (Natur-) Religionen spielen nach wie vor eine große Rolle und werden landesweit praktiziert. (4)
Die Regierung achtet prinzipiell darauf, die unterschiedlichen Konfessionen gleich zu behandeln und finanziert unter anderem Gotteshäuser und Wallfahrten von sowohl Christen als auch Moslems. Dennoch werden bestimmte Glaubensausrichtungen in gewissen Bundesstaaten Nigerias - abhängig vom jeweiligen Bekenntnis der Mehrheit der Bewohner - von den dortigen Regierungen eindeutig favorisiert. Aus diesem Grund führte der neu gewählte Präsident Yar'Adua im Juni 2007 einen interreligiösen beratenden Ausschuss ein, in welchem hohe Repräsentanten sowohl von Moslems als auch von Christen repräsentiert sind. Dieser Ausschuss soll zukünftige Konflikte und Spannungen zwischen Angehörigen beider Religionen möglichst bereits im Vorfeld vermeiden. (4)
Die Verfassung bietet prinzipiell die Möglichkeit, die Gerichte in den einzelnen Bundesstaaten entweder nach dem Common Law oder nach dem Customary Law einzurichten. Im Jänner 2000 führten die nördlichen zwölf Bundesstaaten (Sokoto, Kebbi, Niger, Kano, Katsina, Kaduna, Jigawa, Yobe, Bauchi, Borno, Zamfara und Gombe) das Sharia-Strafrecht wieder ein, wodurch erstinstanzliche Sharia Gerichte somit auch strafrechtliche Befugnisse in unterschiedlichen Ausmaßen erhielten (von Folter bis zur Todesstrafe). Bisher ist seit der Einführung der Sharia Gesetzgebung ein Fall bekannt, bei dem die Todesstrafe (an einem Moslem) tatsächlich vollstreckt wurde. In Anbetracht der generellen Religionsfreiheit und als Gewährleistung des Rechtes ist das letztinstanzliche Rechtsmittel allerdings an das säkulare nigerianische Bundesberufungsgericht in Abuja zu richten. In der Realität wird dieser Instanzenzug aber zumeist von der lokalen Bevölkerung aus Unkenntnis und Tradition nicht ausgeschöpft. (1+2)
Christen unterliegen zwar generell der säkularen Gerichtsbarkeit und es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, die Sharia Gesetze an Christen anzuwenden; in einigen nördlichen Bundesstaaten wird aber dennoch eine unterschiedslose Anwendung der Sharia auf Moslems und Christen praktiziert. Dadurch kommt es naturgemäß auch bei Christen zu teilweise groben Einschnitten im öffentlichen Leben, wie etwa das Verbot des gemischten Schulunterrichts, Geschlechtertrennung in Bussen usw. In Kano wird öffentlicher Alkoholgenuss mit hohen Geld- und sogar Gefängnisstrafen sanktioniert. Es liegen allerdings keine Berichte vor, die eine entsprechende Bestrafung von Christen belegen würden. (2) Im Bundesstaat Kadina sind Christen systematischen Benachteiligungen z. B. beim Zugang zu öffentlichen Ämtern, sowie allgemein bei staatlichen Leistungen, ausgesetzt. (1)
Kritik an der Sharia Gesetzgebung wird zumeist als direkte Kritik am Islam verstanden. (3)
Andererseits wird berichtet, dass Christen sogar die Möglichkeit der Unterwerfung unter die Sharia Rechtssprechung eingeräumt wird, wenn die Anwendung des zivilen Rechts ein höheres Strafausmaß zu erwarten ließe. Ebenso haben auch nördliche Bundesstaaten Fonds eingerichtet, um christliche Wahlfahrten nach Jerusalem oder die Errichtung von Kirchen zu ermöglichen. (2)
In den Jahren 2001 bis 2004 kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems in Plateau State und Kano State. 2001 forderten gewaltvolle Gefechte in Jos, der Hauptstadt von Plateau State, auf beiden Seiten mehr als 1000 Todesopfer. Ursprünglich handelte es sich um einen ethnischen Konflikt, der jedoch in eine Art Religionskrieg ausartete, so dass der damalige Präsident Obasanjo den Notstand ausrief. (3)
Am 11.05.2004 attackierten und verwüsteten in Kano Moslems Häuser und Kirchen von Christen, da diesen die Verantwortung für den Tod etlicher Moslems in Yelwa angelastet wurde. Das Einschreiten der Polizei forderte noch mehr Opfer, da sich die Sicherheitskräfte zum Teil aktiv an den Kämpfen beteiligten. (3)
Im Februar 2006 kam es im Zuge der Veröffentlichung der Mohammed Karikaturen im Norden und Südosten des Landes - Onitsha und Maiduguri (sowie in Enuga, Bauchi, Potiskum, Kotangora, Katsina und anderen) zu gewalttätigen, zumeist blutigen Protesten. Moslems und Christen attackierten einander wiederholt. Mehr als 900 Tote und Verletzte sowie enorme Sachschäden waren die Folge. Mehr als 100 Personen wurden verhaftet. (3)
Es ist aber nicht von einer generellen Diskriminierung auf Grund der religiösen Zugehörigkeit seitens der nigerianischen Regierung auszugehen. Religiöse Auseinandersetzungen wurzeln zudem hauptsächlich in wirtschaftlichen, sozialen und ethnischen Konflikten. (1+2)
(1) Dt. AA, S. 13-15 u. S. 21.
(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 12.
(3) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 42-50 u. S. 70-77.
(4) USDOS International Religious Freedom Report 2007, S.1-5.
V. Sicherheitskräfte
Die Sicherheitsorgane waren wesentliche Stützen der früheren Militärregime. Aber auch die Zivilregierungen blieben auf Grund des stets gefährdeten Gewaltmonopols auf Militär, Staatsschutz (SSS), Polizei, sowie auf paramilitärische Verbrechensbekämpfungseinheiten (RRS),angewiesen. Der SSS ist weiterhin für die innere Sicherheit zuständig, hat jedoch an Bedeutung verloren und wurde verkleinert. Die RRS blieben ebenfalls in nur reduzierten Umfang erhalten, setzen sich nunmehr aber ausschließlich aus Polizisten und nicht mehr aus Soldaten zusammen. (1)
Die nigerianische Polizei ist korrupt und darüber hinaus nicht in der Lage, gewaltvolle Übergriffe von Banden und privaten Milizen effektiv einzudämmen. Die Polizei verantwortet zudem selbst zahlreiche Menschenrechtsverletzungen. Gelderpressung an Straßensperren und willkürliche Verhaftungen stehen an der Tagesordnung. Polizisten sind meistens nur mangelhaft ausgebildet und schlecht ausgerüstet. Auf Grund der schlechten Bezahlung blüht die Korruption. Trotz der erfolgten Aufstockung des Personals seit dem Jahr 2005 besteht nach wie vor eine große Unterbesetzung und schlechte Ausbildung der Polizisten. Die stark bewaffneten privaten Milizen sind der Polizei grundsätzlich überlegen. Das generelle Misstrauen in die Polizei sowie das Unvermögen, effektvoll gegen die alltägliche Kriminalität vorzugehen, veranlassten viele Nigerianer, sich an private, bewaffnete Einrichtungen zu wenden. (2)
Polizeiliche Einsätze sind oft mit unnötigen Gewaltakten verbunden. Die hohe Zahl an außergerichtlichen Tötungen tragen zur generellen Kritik an der nigerianischen Polizei bei. (2)
Eine willkürliche Strafverfolgung durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität etc. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Das System benachteiligt aber Ungebildete und Arme massiv. Eine angemessene Wahrung ihrer Rechte ist ihnen auf Grund fehlenden Geldes und fehlender Kenntnisse elementarer Verfahrensrechte nicht möglich. (1)
Die Polizeiführung versucht gegenzusteuern und veranstaltete 2006 Menschenrechtskurse für mehrere hundert Polizisten, die mit einem Examen und einer feierlichen Diplomvergabe endeten. (1)
(1) Dt. AA, S.8-9 u. S. 14.
(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 24-27.
VII. Innerstaatliche Fluchtalternative
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil Nigerias auszuweichen. Vereinzelt kann dies allerdings zu wirtschaftlichen Problemen führen, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Der familiäre Rückhalt und die Dorfgemeinschaft spielen in Nigeria eine große Rolle, um wirtschaftlich Fuß zu fassen.
In Nigeria gibt es keine Bürgerkriegsgebiete und Bürgerkriegsparteien. (1)
(1) ) Dt. AA, S. 18.
VIII. Situation der Rückkehrer
Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass abgeschobene Asylwerber bei ihrer Rückkehr nach Nigeria auf Grund des Ersuchens um Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben. (1)
Ein Gesetz, welches die Ausreise nach Nigeria verbietet, existiert nicht. (2)
Für gewöhnlich werden die Rückkehrer nach dem Grund ihres Asylersuchens befragt. Die Befragung dauert in der Regel 15 bis 20 Minuten. Von längeren Anhaltungen - außer in Zusammenhang mit im Ausland verübten Drogendelikten - ist nichts bekannt.
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden, befinden sich aber zumeist in einem sehr desolaten Zustand. (1)
(1) ) Dt. AA, S. 23-24.
(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 179.
1.3. Beweiswürdigung:
1.3.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtsache vorliegenden Akten des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, und des Asylgerichtshofes.
1.3.2. Die Feststellungen zur Identität (Name und Alter), Staatsangehörigkeit und Herkunft des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren.
1.3.3. Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ergeben sich aus den angeführten und in der mündlichen Verhandlung erörterten Erkenntnisquellen.
1.3.4. Der Asylgerichtshof kommt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Asylrelevanz zu versagen ist.
Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 06.02.2003 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er hätte zusammen mit seinem muslimischen Freund, A.H., eine Autowerkstätte betrieben. Bei einem Arbeitsunfall wäre sein Geschäftspartner Mitte Mai 2002 schwer verletzt worden, und wäre er auf dem Weg ins Spital verstorben. Seine Familienangehörigen und seine "Moslembrüder" hätten daraufhin die Autoreparaturwerkstätte niedergebrannt, da sie geglaubt hätten, der Beschwerdeführer hätte seinen Geschäftspartner getötet, um die Werkstätte für sich alleine zu haben. Der Beschwerdeführer wäre sodann für 2 Tage nach Lagos zu einem Freund und sodann in sein Heimatdorf E. in der Nähe der Stadt U. in Edo State gefahren, wo er jedoch eines Tages gesehen hätte, wie Leute in Moslemkleidung auf das Dorf zugekommen wären. Daraufhin hätte er gewusst, dass diese nach ihm suchen würden und hätte sich ins Nachbardorf Ek. begeben, hierauf nach Lagos, wo sein "Referend" ihn zum Flughafen gebracht hätte. Außerdem fürchtete der Beschwerdeführer die Haftung für 7 verbrannte Fahrzeuge.
Seitens der erstinstanzlichen Behörde wurde ein ordnungsgemäßes und mängelfreies Verfahren geführt und hat sich diese detailliert mit den Aussagen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Es ist den diesbezüglichen Angaben der Erstinstanz zu folgen, wonach die Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig bewertet werden. Die diesbezügliche Beweiswürdigung wird zum Gegenstand dieses Erkenntnisses erhoben.
Des Weiteren ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer angab, nur von "anderen Leuten" gehört zu haben, dass seine Werkstätte niedergebrannt worden sei. Es ist unglaubwürdig und nicht überzeugend, dass sich der Hälfteeigentümer einer Firma nicht mit eigenen Augen überzeugt, ob und wieviel Schaden seine Werkstätte durch einen angeblichen Brand davongetragen hat.
Weiters wird die Aussage, wonach der Beschwerdeführer in seinem Heimatdorf Leute in Moslemkleidung gesehen hätte, die auf sein Dorf zugekommen wären, woraufhin er gewusst hätte, dass diese nach ihm suchen würden und er daraufhin sofort davongelaufen wäre, als höchst unglaubwürdig und unsubstantiiert eingestuft.
In diesem Sinne wies die Erstbehörde zu Recht darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer schon in seiner Einvernahme in Widersprüche verstrickt hat, als er einmal angab, nach dem Tod des Geschäftspartners zur Polizei gegangen zu sein, um Anzeige wegen der Brandstiftung zu machen, das andere Mal er angab, sofort in seine Wohnung gefahren zu sein.
In der vor dem erkennenden Gericht stattgefundenen mündlichen Verhandlung am 11.09.2008 zeigte sich der Beschwerdeführer gänzlich unkooperativ. Aufgefordert, seine Fluchtgründe darzulegen, gab er nur an, im Februar 2003 seine Befragung gehabt zu haben und damals bereits alles dargelegt zu haben, warum er nach Österreich gekommen sei. Wie im Protokoll der mündlichen Verhandlung ersichtlich, wurde er mehrmals auf seine Mitwirkungsverpflichtung im Asylverfahren ausdrücklich aufmerksam gemacht und auch auf die Rechtsfolgen dieser Weigerung hingewiesen. Der Beschwerdeführer begründete sein Vorgehen im Wesentlichen nur damit, dass er all das schon früher gesagt habe, als er um Asyl angesucht habe. Da der Beschwerdeführer solcherart keinen hinreichenden Grund für die Nichtbeantwortung der Fragen angeben kann, kommt das erkennende Gericht zum Ergebnis, dass er seine Obliegenheit zur Mitwirkung am Beschwerdeverfahren verletzt hat. Diese mangelnde Mitwirkung wertet das erkennende Gericht dahingehend, dass der Beschwerdeführer der ergänzenden Befragung zu den vorgebrachten Fluchtgründen ausweicht, dies im Hinblick darauf, dass sein Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Der Beschwerdeführer vermeidet die ergänzende Befragung offenbar deshalb, weil dadurch Widersprüche bzw. Erinnerungslücken offenbar werden könnten, aus welchen sich die Unwahrheit seines Vorbringens eindeutig ableiten ließe. Dass es dem Beschwerdeführer darum geht, eine neuerliche Befragung zu den Fluchtgründen und damit allenfalls verbunden Widersprüche und Ungereimtheiten zu vermeiden, ergibt sich auch daraus, dass er in der mündlichen Verhandlung ausschließlich die Beantwortung der auf seine Fluchtgründe bezogenen Frage verweigerte, während er die sonstigen Fragen der vorsitzenden Richterin (etwa zu seiner Person, seinen Lebensumständen) durchwegs beantwortete.
Es ist nach den Erfahrungen der Asylbehörden und des erkennenden Gerichts davon auszugehen, dass ein tatsächlicher Flüchtling im Sinne der GFK keine sich bietende Möglichkeit auslässt, um seine Fluchtgründe und die dafür maßgeblichen Umstände auf Nachfrage durch die entscheidende Instanz darzulegen (VwGh B 07.06.2000, Zahl 2000/01/0205). Insbesondere auch, als der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 03. März 2003 ausdrücklich eine öffentliche, mündliche Verhandlung beantragt hat, um Widersprüche aufzuklären und seine Glaubwürdigkeit darzulegen.
Auch zum übersetzten Lagebericht Nigerias wollte der Beschwerdeführer keine Äußerung abgeben.
Auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Flucht sind nicht überzeugend, insofern als er angab, in einer Kiste in einem Frachtflugzeug geflogen zu sein. Im Besonderem erscheint es auch nicht glaubhaft, dass er keine Beobachtungen der Umgebung gemacht hätte, und an einer Straße eine unbekannte Frau mit ihrem PKW angehalten hätte, um ihn für ca. 2 Stunden Autofahrt mitzunehmen.
Zusammenfassend kommt das erkennende Gericht daher zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers bereits aufgrund von dessen absoluter Unglaubwürdigkeit die Asylrelevanz zu versagen ist.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Anzuwendendes Recht
In der ggst. Rechtssache sind gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, iVm. § 44 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 idF der AsylG-Novelle 2003 BGBl. I Nr. 101/2003, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) anzuwenden, zumal der Asylantrag des Beschwerdeführers am 30.11.2002 und damit vor dem relevanten Stichtag 01.05.2004 gestellt wurde.
Weiters anzuwenden sind die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 (WV), des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, und des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, in der jeweils geltenden Fassung.
II.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides
1. Gemäß § 7 AsylG 1977 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBI. Nr.55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Als Flüchtling iSd. der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes diese Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
2. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der spezifischen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgungsstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.
3. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre eines Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der in Anspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind, sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.09.1997, 95/01/0454; 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.02.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt wurden, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber auch außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss den Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).
4. Das Beschwerdegericht kommt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Asylrelevanz zu versagen ist. Seine Angaben sind aus dem oben unter Beweiswürdigung dargelegten Überlegungen nicht glaubwürdig.
5. Aber selbst bei Unterstellung, der Beschwerdeführer hätte wahrheitsgetreue Angaben gemacht und liefe in seiner Heimat tatsächlich Gefahr, von Moslems oder geschädigten Kunden verfolgt zu werden, so muss ihm entgegen gehalten werden, dass es ihm durchaus möglich wäre, allfälligen Schwierigkeiten durch einen Ortswechsel innerhalb des Staates Nigeria zu begegnen, so zB durch Aufenthaltnahme in der Millionenstadt Lagos und Umgebung, wo über 12 Mio. Menschen wohnen, dies insbesondere im Hinblick darauf, dass in Nigeria kein staatliches Meldewesen besteht.
Im Hinblick auf das grundsätzlich funktionierende Polizei- und Justizsystem besteht auch kein Anhaltspunkt, dass der Beschwerdeführer dort keinen staatlichen Schutz gegen allfällige Übergriffe fanatischer Moslems erlangen könnte. Es ist demnach vom Vorliegen einer so genannten inländischen Fluchtalternative auszugehen und kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (siehe die in Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997, E.235 ff wiedergegebene Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofs). Demnach war der Beschwerde hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages der Erfolg zu versagen.
II.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides
1. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrages - von Amts wegen vorzunehmen.
2. § 8 AsylG verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.
Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, die Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde und für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen einer internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansicht bedroht wäre (Art. 33 Z1 der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls der Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf den Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Verfahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.
Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.
Das Vorliegen der Voraussetzung des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits geprüft und verneint.
Der Asylgerichtshof hatte somit zu klären, ob im Falle der Verbringungen des Beschwerdeführers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragssteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffend, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert der Angaben dazutun ist (VwGH 26.06.1997, 95/18/1291; 17.07.1997, 97/18/0336).
Diese Mitwirkungspflicht des Antragsstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht auf Amtswegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993; 93/17/0214).
Es sind sohin während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, die auf die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK oder darauf deuten würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in eine ausweglose und die Existenz bedrohende Lage geraten würde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.