TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/11 D3 317803-2/2008

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Veröffentlicht am 11.09.2008
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Spruch

D3 317803-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde der A.Z., geb. 00.00.1982, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.08.2008, FZ. 08 05.983-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs 1 AVG iVm § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 i.d.g.F. hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 10 Abs 3 AsylG 2005 i.d.g.F. ist die Durchführung der Ausweisung bis zum 15.11.2008 aufzuschieben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Die Antragstellerin ist am 01.01.2008 zusammen mit ihrem Ehemann und ihren drei gemeinsamen Kindern mit einem Taxi von Polen kommend, wo sie und ihre Familie am 25.12.2007 einen Asylantrag gestellt haben, nach Österreich eingereist. Die Asylwerberin stellte am 01.01.2008 in der Erstaufnahmestelle Ost einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 02.01.2008 wurde sie von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Traiskirchen einer Erstbefragung unterzogen.

 

Am 05.01.2008 richtete das Bundesasylamt an Polen ein Ersuchen um Wiederaufnahme der Antragstellerin gemäß Artikel 16 Abs 1 lit c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 (Dublin II VO) mit zweiwöchiger Antwortfrist - es lag ein Eurodac Treffer vor - welches am selben Tag elektronisch über DubliNET übermittelt wurde.

 

Die Mitteilung über die Führung von Konsultationen wurde der Asylwerberin gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG am 08.01.2008, sohin innerhalb der 20-Tagesfrist nach der Antragseinbringung, übermittelt.

 

Mit Mitteilung vom 09.01.2008 erklärte sich Polen gem. Art. 16 1 lit. c) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) für zuständig.

 

Am 15.01.2008 wurde die Asylwerberin einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Die gutachterliche Stellungnahme von Dr. I.H., Ärztin für Allgemeinmedizin und psychotherapeutische Medizin, hat ergeben, dass bei der Asylwerberin keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliege.

 

Am 07.02.2008 wurde die Antragstellerin einer niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, in Gegenwart eines Rechtsberaters, unterzogen und sind ihr unter anderem Länderfeststellungen zu Polen vorgehalten worden. Dem Bundesasylamt wurde eine Ambulanzkarte des Thermenklinikum Baden, Abteilung Innere Medizin vom 00.00.2008, und ein Arztbrief von Dr. med. M.K., Facharzt für Innere Medizin, vorgelegt.

 

Die nunmehrige Berufungswerberin brachte im Verfahren folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt vor: Im Lager Dembak in Polen sei es überfüllt gewesen und würde überall Müll herumliegen. Ihre Kinder seien in Polen krank gewesen, aber nicht ärztlich behandelt worden. In Polen sei es genauso gefährlich wie in Russland. Sie hätten in Polen nur sechs Tage verbracht und hätten gedacht, dass, da Polen noch nicht so lange bei der EU sei, die Russen die Auslieferung des Ehemanns der Berufungswerberin verlangen könnten, da nach diesem in seinem Heimatland gefahndet werde. Die Berufungswerberin sei außerdem bei der ersten Flucht nach Österreich von den tschechischen Behörden aufgegriffen und nach Polen zurückgeschickt worden. Dort habe man ihr gesagt, dass, wenn sie nochmals Richtung Österreich flüchte, sie nach Russland abgeschoben werden würde.

 

Das Bundesasylamt hat mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Artikel 13 iVm 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG eine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgesprochen und gemäß § 10 Abs 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung zulässig sei. Die Erstbehörde stellte hierbei fest, dass keine Gründe glaubhaft gemacht wurden, die ein zwingendes Selbsteintrittsrecht Österreichs begründen würden. Weiters wurde festgestellt, dass die Überstellung nach Polen keine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeutet.

 

Gegen diesen persönlich ausgefolgten Bescheid wurde durch die Berufungswerberin fristgerecht Berufung erhoben.

 

Die Berufung samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 27.02.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein.

 

Mit Bescheid vom 07.03.2008, Zahl 317.803-1/2E-XIII/65/2008, wies der Unabhängige Bundesasylsenat die Berufung vom 25.02.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.02.2008, Zl. 08 00.016-EAST-Ost, gemäß §§ 5, 10 AsylG ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesasylamt zu Recht von der Zuständigkeit Polens ausgegangen sei. Zu Artikel 8 MRK wurde ausgeführt, dass wohl eine Beziehung zu der ebenfalls erwachsenen Schwester der Berufungswerberin bestehen würde, jedoch kein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis erkennbar sei, welches Österreich zu einem Selbsteintritt verpflichten würde. Nach ausführlicher Darlegung der Rechtsprechung des EMGR und des UBAS wurde festgehalten, dass die Qualifikation von Frau Dr. H. durch die Berufung nicht in Zweifel gezogen hätte werden können und dass deren Schlussfolgerung es liege keine psychische Belastung vor zutreffend sei, wobei auch hervorzuheben sei, dass nur eine die Überstellungsfähigkeit ausschließende psychische Störung überhaupt entscheidungsrelevant sei. Von Amts wegen seien keine Hinweise auf den fehlenden Zugang zur Krankenversorgung oder eine mangelnde Versorgung von Asylwerbern in Polen erkennbar. Auch aus der bis dahin komplikationslosen Schwangerschaft der Antragstellerin sei, zumal sie sich nicht im fortgeschrittenen Stadium befinde, kein Abschiebungshindernis erkennbar, sodass der Bescheid des Bundesasylamtes zu bestätigen gewesen sei.

 

Dieser Bescheid wurde am 7.3.2008 gemäß § 23 Abs 2 ZustellG im Akt hinterlegt und erwuchs damit in Rechtskraft.

 

Am 10.07.2008 stellte die Asylwerberin einen weiteren, ihren zweiten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 11.07.2008 wurde die Beschwerdeführerin von der Polizeiinspektion Traiskirchen im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung einvernommen. Sie habe gemeinsam mit ihrer Familie Österreich im Februar 2008 verlassen, da er seine baldige Abschiebung befürchtet habe. Bis zum 10.07.2008 seien sie ständig im Lager Katoviza in Polen gewesen. Hinsichtlich ihres Fluchtgrundes gab sie an, dass sie die Gründe ihres Gatten schon ausführlich geschildert habe. Zusätzlich wolle sie angeben, dass es während ihres letzten Aufenthalts in Polen am 7.7.2008 zu einem Übergriff auf ihren Gatten gekommen sei. Unbekannte hätten ihn in ein Auto zerren wollen, weshalb sie sich eingemischt habe. In dem Handgemenge sei ihre Hand in der Autotüre eingeklemmt worden und sei seitdem geschwollen. Polnische Frauen hätten ihr sodann geholfen. Ihr Gatte sei nach dieser Zeit nicht mehr im Lager gewesen und sie hätten vereinbart, dass sie wieder nach Österreich flüchten würden.

 

Am 18.07.2008 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei ihren Asylantrag wegen des Vorliegens einer entschiedenen Sache zurückzuweisen.

 

Am 28.07.2008 wurde die Antragstellerin von Frau Dr. I.H. untersucht. Diese stellte eine Anpassungstörung auf dem Boden einer extrovertierten Persönlichkeitsstruktur fest, verneinte jedoch das Risiko einer unzumutbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Falle der Überstellung nach Polen. Auf die sehr weit fortgeschrittene Schwangerschaft sei jedoch Rücksicht zu nehmen.

 

Am 31.07.2008 wurde die Asylwerberin im Beisein eines Rechtsberaters unter Beiziehung eines Dolmetschers der tschetschenischen Sprache zur Wahrung ihres Parteiengehörs hinsichtlich der Ausweisung nach

Polen, wie folgt einvernommen:

 

F: Haben Sie sich einer Rechtsberatung unterzogen?

 

A: Ja.

 

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren?

 

A: Ja.

 

Erklärung: Ihre Angaben sind Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren und Sie sind verpflichtet, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen. Diesen Angaben kommt in der Erstaufnahmestelle verstärkte Glaubwürdigkeit zu.

 

Alle persönlichen Daten und Vorbringen in diesem Verfahren unterliegen der österreichischen Gesetzgebung hinsichtlich Amtsverschwiegenheit und Datenschutz.

 

F: Haben Sie Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

 

A: Nein.

 

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

 

A: Nein.

 

F: Sie haben bereits im Jänner 2008, unter der Zahl 08 00 015, einen Asylantrag gestellt, der wegen Verfahrenszuständigkeit Polens für Ihr Asylverfahren rechtskräftig zurückgewiesen wurde. Die Ausweisung nach Polen konnte nicht durchgeführt werden, zumal Sie sich dieser durch Untertauchen entzogen haben. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

 

A: Ich will hier bleiben. Ich bin im 7 Monat schwanger.

 

F: Wie geht es Ihnen zurzeit mit der Schwangerschaft?

 

A: Dem Grunde gut, aber es ist beschwerlich.

 

Vorhalt: Sie haben am 16.07.2008 eine Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes gem. §29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass, seitens des Bundesasylamtes die Absicht besteht, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Es ist auch weiterhin beabsichtigt, Ihre Ausweisung aus Österreich nach Polen zu verfügen. Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesasylamtes Stellung zu beziehen. Möchten Sie eine Stellungnahme abgeben?

 

A: Ich wäre nicht nach Österreich gekommen, wenn es in Polen sicher wäre. Ich würde gerne in Polen bleiben, wenn es für mich und meinem Mann in Polen sicher wäre. In Polen wurde mein Mann bedroht, es waren Kadirov Leute, sie haben meinem Mann 10 Tage Zeit gegeben um nach Tschetschenien zurückzugehen.

 

F: Wann und wie haben Sie Österreich verlassen und warum?

 

A: Ich bin mit dem Zug Ende Feber nach Frankreich mit meiner Familie gefahren. Ich wollte nicht nach Polen, wir haben einen negativen Bescheid bekommen.

 

F: Wo waren Sie seitdem aufhältig und wie lange genau?

 

A: Ich war zuerst ca. eineinhalb Monate in Frankreich in Marseille und dann haben Sie mich von Frankreich nach Polen gebracht.

 

F: Waren Sie auch in einem anderen europäischen Land?

 

A: Nein, nur in Frankreich.

 

F: Wurden Ihnen außer in Polen und in Österreich noch in einem anderen Land die Fingerabdrücke abgenommen?

 

A: Ja, in Frankreich.

 

V: Sie wurden am 29.02.2008 in Frankreich erkennungsdienstlich behandelt, das bestätigt das Ergebnis des Eurodacabgleiches Ihrer Fingerabdrücke. Was sagen Sie dazu?

 

A: Ja, das stimmt, ich wurde von Frankreich dann wieder nach Polen gebracht.

 

F: Kann es sein, dass Sie gar nicht in Polen waren, sondern von Österreich nach Frankreich gereist sind und nunmehr auch von Frankreich nach Österreich gekommen sind?

 

A: Doch ich war in Polen.

 

V: Ihre Angaben waren heute unglaubwürdig und auch im ersten Verfahren wurden Ihre Angaben von beiden Instanzen als unglaubwürdig eingestuft. Was sagen Sie dazu?

 

A: Ich sage aber die Wahrheit.

 

F: Haben Sie wegen dieser angeblichen neuen Vorfälle mit Ihrem Gatten in Polen bei der Polizei oder irgendwo anders eine Anzeige gemacht?

 

A: Es wurde auch meine Hand verletzt, als mein Mann bedroht wurde und ich war beim Lagerarzt in Polen. Aber ich war nicht bei der Polizei. Dieser Vorfall hat sich in der Nähe des Flüchtlingslagers in Polen ereignet. Man kann aber die Verletzung zurzeit nicht mehr sehen. Wann sich dieser Vorfall mit den Kadirov Leuten ereignet hat, weiß ich nicht mehr.

 

Anmerkung: An der Hand der AW konnte keine Verletzung festgestellt werden, da man nichts mehr sehen kann.

 

F: Haben Sie diesen Vorfall sonst jemanden gemeldet?

 

A: Nur dem Lagerleiter.

 

Mit Bescheid vom 05.08.2008, Zahl: 08 05.983-EAST-Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz vom 10.07.2008 gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies die Asylwerberin gemäß § 10 Absatz 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen aus.

 

In der Begründung des Bescheides wurden die oben zusammenfassend wiedergegebene Einvernahme im ersten Verfahren und die schon vollinhaltlich wiedergegebene Einvernahme im gegenständlichen Verfahren dargestellt und anschließend allgemeine Feststellungen zum Asylverfahren in Polen, zur Versorgung von Asylwerbern und zum Refoulement von Tschetschenen getroffen.

 

In der Beweiswürdigung wurde anschließend ausgeführt, dass hinsichtlich des Feststehens der Identität der Antragstellerin auf das erste Verfahren verwiesen werde. Die Feststellungen hinsichtlich des ersten Verfahrens würden sich aus der Aktenlage ergeben. Dass die Zustimmungserklärung Polens aus dem ersten Verfahren noch aufrecht sei, würde sich daraus ergeben, dass am 13.03.2008 eine schriftliche Mitteilung an Polen ergangen sei, wonach die Überstellung auf Grund des Untertauchens der Antragstellerin ausgesetzt werde. Da sich zwischenzeitig keine Änderung ergeben hätte, welche einen Zuständigkeitswegfall Polens bewirken würden und sich die relevante Lage in Polen nicht verändert habe, sei Polen nach wie vor für die Prüfung des Asylantrages zuständig. Die Antragsstellerin habe sich insofern widersprochen, als dass sie bei der Polizei angegeben habe, nur in Polen gewesen zu sein, in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt jedoch ausgeführt habe, dass sie zumindest 1,5 Monate in Frankreich gewesen sei. Aufgrund der Widersprüche und unplausiblen Angaben seien die Angaben daher als unglaubwürdig zu qualifizieren gewesen.

 

In der rechtlichen Begründung wurde zu Spruchpunkt I. nach ausführlicher Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Rechtssprechung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Asylwerberin keine Änderung der maßgeblichen Sachlage, weder im Hinblick auf den Sachverhalt, noch in der Rechtslage, glaubhaft habe machen können und eine solche Änderung auch nicht von Amts wegen erkennbar sei.

 

Zu Spruchteil II. führte das Bundesasylamt aus, dass die Ausweisung grundsätzlich notwendig sei, um den rechtswidrigen Aufenthalt zu beenden und dass diese, da die gesamte Familie davon betroffen sei und eine Änderung der Bindungen an Österreich nicht vorgebracht worden sei, zulässig sei.

 

Gegen den Bescheid des Bundesasylamts richtet sich die gegenständliche, fristgerecht am 02.09.2008 eingebrachte Beschwerde, in welcher auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren des Bundesasylamtes mangelhaft gewesen sei, zumal es verabsäumt worden sei auf ihr individuelles Vorbringen einzugehen. Die Einvernahme habe nur 20 Minuten gedauert und sie sei auch nicht nach Verwandten in Österreich befragt worden. Die lediglich textbausteinartige Beweiswürdigung könne die Anforderungen an ein ordentliches Ermittlungsverfahren nicht erfüllen. Überdies habe sie Angst nach Polen zurückzukehren, da einer ihrer Verwandten nach Russland ausgeliefert worden sei und dort inhaftiert worden sei. Eine Überstellung nach Polen würde auch einen Eingriff in Artikel 8 MRK bewirken, da sie ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Schwester pflege. Diese würde sie finanziell unterstützen. Schließlich sei von einer generellen Traumatisierung aller Tschetschenen auszugehen, welche auch in ihrem Fall vorliege. Sie würde regelmäßig Medikamente einnehmen und es sei zu befürchten, dass es im Falle seiner Abschiebung zu einer Retraumatisierung kommen würde. Als Beweis wurde dazu laut Beschwerde ein Gutachten von Dr. E., Verein Hemayat, vorgelegt. Der psychotherapeutische Kurzbericht ist jedoch von Dr. U. unterzeichnet.

 

Am 08.09.2008 langten die Beschwerde und die Verwaltungsakten beim Asylgerichtshof ein.

 

Der Asylgerichtshof hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs 3 Z 1 lit c und Z 2 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG und über die mit dieser Entscheidung verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Ist - wie im vorliegenden Fall - Sache im Sinn des § 66 AVG der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht und hat demnach entweder das Rechtsmittel abzuweisen oder den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlG 2066A/1951; VwGH 17.12.1965, 929/65; VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; VwGH 30.5.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel Verwaltungsverfahren2, 1433). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (vgl. VwGH 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Die Rechtskraft eines ergangenen Bescheides steht der meritorischen Entscheidung über einen neuerlichen Antrag nur dann nicht entgegen und berechtigt daher die Behörde nur dann nicht zur Zurückweisung des Antrages, wenn in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt eine Änderung eingetreten ist. Dabei kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 24.03.1993, Zl 92/12/0149; 10.06.1998, Zl 96/20/0266). Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", das heißt durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt. Die durch den Bescheid entschiedene Sache (i.S.d. § 8 AVG) wird konstituiert durch die Relation bestimmter Fakten (die den Sachverhalt bilden) zu bestimmten Rechtsnormen (die den Tatbestand umschreiben) [vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, (1998), Anm 12 zu § 68 AVG]. Die Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564). Eine Modifizierung des Vorbringens, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern.

 

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 21.10.1999, ZI 98/20/0467).

 

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren aufgrund des selben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ergibt, auch im Falle des selben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des rechtskräftig gewordenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (VwGH vom 16.01.1990, Zl 89/08/0163; VwGH vom 30.09.1994, Zl 94/08/0183; Walter-Thienel a.a.O.). Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG und der dazu ergangenen Judikatur ergibt, setzt eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes, der unter Umständen das Vorliegen einer entschiedenen Sache hindert, voraus, dass es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (VwSlg 15.445A/1928, VwGH vom 18.12.1996, Zl 95/20/0672; Walter-Thienel Verwaltungsverfahren², 1492 mit weiteren Hinweisen) und nicht um Tatsachen, die erst nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sind.

 

Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH war zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob der Bescheid, welcher die entschiedene Sache begründen soll, ordnungsgemäß zugestellt wurde, da ohne ein solche der Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen kann und diese eine Vorrausetzung der entschiedenen Sache darstellt (VwGH 28.02.2008, 2005/01/0473-6). Da die Asylwerberin am 7.3.2008 weder im ZMR noch im GVS mit einer aktuellen Adresse aufschien, auch sonst keine Abgabestelle bekannt war und die Antragstellerin über keinen Zustellbevollmächtigten verfügte, bedingte die somit rechtmäßige Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Absatz 3 ZustellG die Zustellung. Der Bescheid erwuchs damit in Rechtskraft.

 

Das Bundesasylamt ist zutreffender Weise davon ausgegangen, dass Polen nach wie vor zur Prüfung des gegenständlichen Asylantrags zuständig sei, da sich die Überstellungsfrist auf Grund des Untertauchens der Beschwerdeführerin, worüber Polen mit Schreiben vom 13.03.2008 auch in Kenntnis gesetzt wurde, auf 18 Monate verlängerte (Artikel 19 Abs 4 Dublin-II-VO).

 

Im Verfahren ist somit nunmehr zu prüfen, ob sich die persönliche Situation der Beschwerdeführerin oder die Verhältnisse im Zielstaat seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens derart geändert haben, dass eine neuerliche Prüfung iSd § 5 AsylG durchzuführen gewesen wäre.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann(vgl. VwGH E vom 24.02.2000, Z 99/20/0173; 21.10.1999, Z 98/20/0467; 24.03.1993, Z 92/12/0149). Die belangte Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin auseinander zu setzen.

 

Das Bundesasylamtamt hat sich mit dem neuen Vorbringen, dass die Antragstellerin nach Polen zurückgekehrt sei und der Gatte der Asylwerberin dort erneut Probleme gehabt habe, in der Beweiswürdigung auseinandergesetzt und kam zu dem Schluss, dass dieses auf Grund der dürftigen und hinsichtlich ihres Aufenthaltes in Frankreich widersprüchlichen Angaben der Antragstellerin unglaubwürdig sei. In der Beschwerde wurde bemängelt, dass das Bundesasylamt auf diesen Vorfall nicht eingegangen sei. Das Bundesasylamt hat sich entgegen der Ansicht der Beschwerde mit dem Vorbringen wie dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, wenn auch nur kurz, aber konkret auseinandergesetzt.

 

Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass selbst wenn man von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens ausgehen würde, für die Antragstellerin damit nichts gewonnen wäre, da es sich bei Polen um einen Rechtsstaat mit funktionierender Staatsgewalt handelt. Sie hätte sich somit an die Polizei in Polen wenden können und von dieser Schutz erhalten können. Überdies bestünde für die Antragstellerin die Möglichkeit sich in ein anderes Lager verlegen zu lassen, womit sie sich dem Zugriff dieser Personen ebenfalls entziehen könnte.

 

Auch im Hinblick auf Artikel 3 MRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung der Asylwerberin nach Polen zu einem unzulässigen Eingriff führen würde, zumal ein solcher schon im ersten Verfahren verneint wurde. Es ist nichts hervorgekommen, womit diese Beurteilung in Frage gestellt hätte werden können. Die Beschwerdeführerin wurde, wie schon im ersten Verfahren, von Frau Dr. H., einer Spezialistin mit längjähriger Erfahrung, untersucht, die wohl eine Anpassungstörung feststellen konnte, jedoch keine Bedenken hinsichtlich der Überstellung der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht äußerte. Der erkennende Gerichtshof gibt dem Gutachten von Frau Dr. H. den Vorzug, da sie auf Grund ihrer Tätigkeit besonders qualifiziert ist und die Gutachterin des vom Beschwerdeführer vorlegten Berichtes von der These einer generellen Traumatisierung aller Tschetschenen ausgeht. Selbst wenn man dem Befundbericht von Dr. U. den Vorzug geben würde, wäre der Antragsstellerin damit nicht geholfen, da die Überstellung eines psychisch Kranken nach der schon im Erstverfahren ausführlich dargelegten Rechtsprechung des EGMR nur in ganz besonderen Einzelfällen unzulässig wäre. Wie aus dem Bescheid des Bundesasylamtes erkennbar ist, besteht in Polen jedoch auch eine psychologische Grundversorgung, was in der Beschwerde nicht angezweifelt wurde. Auch wenn Dr. U. ausführt, dass durch die Überstellung der Asylwerberin die Gefahr einer Retraumatisierung bestehe, geht sie von einer bloßen Verschlechterung, nicht jedoch von einer lebensbedrohenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus. Es war somit insgesamt kein neuer Sachverhalt erkennbar, der die zurückweisende Entscheidung im Hinblick auf Artikel 3 MRK unzulässig machen würde. Auf den durch ihre fortgeschrittene Schwangerschaft bedingten Zustand der Beschwerdeführerin war jedoch im Rahmen eines Aufschubes iSd § 10 Abs 3 AsylG Rücksicht zu nehmen (dazu unten).

 

Die erkennende Behörde kann auch keine Anhaltspunkte dafür finden, dass durch die Rückschiebung der Beschwerdeführerin nach Polen eine Verletzung von Art 8 MRK drohen würde. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und minderjährigen Kindern und Ehegatten, sondern auch verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern oder weiter entfernten Verwandten, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Die Kernfamilie der Beschwerdeführerin hat, wie diese, in Österreich um Asyl angesucht. Ihre ersten Asylanträge wurden genauso wie der der Antragstellerin gemäß § 5, 10 AsylG abgewiesen. Die nunmehrigen Anträge wurde dementsprechend ebenso gemäß § 68 AVG zurückgewiesen und sie gemäß § 10 AsylG nach Polen ausgewiesen. Die Beschwerden dagegen blieben erfolglos. Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben ist daher insoweit nicht erkennbar, da die Beschwerdeführerin mit ihrer gesamten Familie nach Polen ausgewiesen wurde.

 

Hinsichtlich der in Österreich als anerkanntem Flüchtling lebenden Schwester der Beschwerdeführerin ist zu bemerken, dass das Vorliegen eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses zu dieser schon im ersten Verfahren geprüft und verneint wurde. Dass ein solches nunmehr bestehen würde, ist nicht erkennbar, zumal die Asylwerberin in der Beschwerde ausführt, dass sie wohl finanziell unterstützt werde, jedoch nicht bei ihrer Schwester lebe. Überdies hat die Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme im gegenständlichen Asylverfahren die Frage nach in Österreich lebenden Familienangehörigen - die Behauptung in der Beschwerde dahingehend nicht befragt worden zu sein widerspricht dem von der Beschwerdeführerin unterzeichneten Protokoll vom 31.07.2008 - verneint, woraus erkennbar ist, dass keine enge Bindung besteht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Alters oder einer Krankheit besonders auf die Hilfe ihrer Familienangehörigen angewiesen wäre - die Beschwerdeführerin ist auch nicht zum ersten Mal schwanger und kann auf die Unterstützung ihres Gatten vertrauen-, sodass insgesamt in der Ausweisung nach Polen keine Verletzung von Art 8 MRK erkannt werden kann.

 

Da sohin nicht ersichtlich ist, dass ein neuer Sachverhalt bzw. eine neue Rechtslage vorliegt, hat das Bundesasylamt den neuerlichen Asylantrag zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Bei der Setzung einer solchen Aufenthalts beendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs. 1 EMRK). In seinem Erkenntnis vom 29. September 2007, Zahl B 1150/07-9, führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass das öffentliche Interesse an einer Ausweisung höher wiege, als das Interesse eines Fremden an der Fortsetzung seines Privatlebens, wenn dieses sich bloß auf die lange Aufenthaltsdauer, verursacht durch rechtswidrigen Aufenthalt bzw. aussichtslose Anträge, stütze. Eine Verletzung von Art 8 MRK sei nicht denkbar, wenn die belangte Behörde das Interesse an einer geregelten Einreise und der Befolgung österreichischer Gesetze höher bewerte, als den langjährigen tatsächlichen Aufenthalt im Inland.

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus dem vorangehenden Entscheidungsteil ergibt, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Es liegt kein Aufenthaltstitel, wonach ein rechtmäßiger Aufenthalt nach dem Asylgesetz gegeben ist, vor. Es liegt auch kein sonstiger Aufenthaltstitel vor und ergibt sich somit der rechtswidrige Aufenthalt des Fremden. Zur Beendigung dieses rechtswidrigen Aufenthaltes ist daher grundsätzlich eine Ausweisung geboten. Ein Eingriff in das Privat- oder Familienleben durch die Ausweisung wurde schon in der Begründung zu Spruchteil I. verneint, sodass die Ausweisung der Antragstellerin nach Polen zu verfügen war.

 

§ 10 Abs 3 AsylG sieht für den Fall, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist. Nach der Regierungsvorlage kommen als Gründe für einen Aufschub "etwa eine fortgeschrittene Schwangerschaft, Spitalsaufenthalt oder vorübergehender sehr schlechter Gesundheitszustand in Frage."

 

Da die Beschwerdeführerin im neunten Monat schwanger ist und in kürze die Geburt ihres Kindes erwartet, war der durch die Schwangerschaft bedingten gesundheitliche Situation durch die Gewährung eines Aufschubes Rechnung zu tragen. Gemäß der Rechtsprechung des Unabhängigen Bundesasylsenates, die sich an den Zeiten des Mutterschutzes orientiert, war die Ausweisung für einen Zeitraum von ungefähr zwei Monaten nach Geburt des Kindes - Geburtstermin ist der aufzuschieben (UBAS 6.3.2007, 309.813-1/3E-VI/17/2007; 14.11.2007, 315.579-1/2E-XIII/65/07).

 

Aufgrund des schlüssig begründeten Bescheides der Erstbehörde in Zusammenhalt mit dem Berufungsvorbringen kann von der Durchführung einer Berufungsverhandlung gemäß § 67d AVG in Verbindung mit § 41 Abs 7 AsylG 2005 abgesehen werden.

 

Auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war angesichts der Verfahrensergebnisse nicht weiter einzugehehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Ausweisung aufgeschoben, Familienverfahren, gesundheitliche Beeinträchtigung, Glaubwürdigkeit, Identität der Sache, medizinische Versorgung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache, Schwangerschaft, staatlicher Schutz, Überstellungsfrist, Überstellungsrisiko (ab 08.04.2008)
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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