TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/11 C7 222761-0/2008

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Veröffentlicht am 11.09.2008
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Spruch

C7 222761-0/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HAT als Vorsitzende und den Richter Mag. FELSEISEN als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des M.O., geb. 00.00.1983, StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.05.2001, FZ. 01 01.928-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.08.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesasylamtes. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 31.01.2001, damals minderjährig, einen Asylantrag in Österreich. Er wurde hiezu am 16.02.2001 und am 27.03.2001 niederschriftlich einvernommen (As. 19 bis 21, 25 bis 39).

 

Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt vor: Nach dem Tod seines Vaters seien dessen Grundstücke unter seinen Brüdern aufgeteilt worden, der Beschwerdeführer selbst habe aber nichts bekommen. Der Onkel habe sich für den Beschwerdeführer eingesetzt und die Brüder aufgefordert, auch dem Beschwerdeführer ein Grundstück des Vaters zu übergeben. Als diese sich dagegen geweigert hätten, habe der Onkel eine gerichtliche Klage gegen die Brüder des Beschwerdeführers eingebracht. Als im Jahre 1998 zwei Personen im Heimatort des Beschwerdeführers ermordet worden seien, hätten die Brüder des Beschwerdeführers den Beschwerdeführer der Beteiligung an der Tat bezichtigt und der Onkel des Beschwerdeführers sei daraufhin in Haft genommen worden. Der Beschwerdeführer selbst sei nicht in Haft genommen worden und sei nach Karachi und später nach Europa geflüchtet.

 

2. Mit Bescheid vom 15.05.2001, Zahl: 01 01.928-BAT, wies das Bundesasylamt - ohne weitere Verfahrensschritte - den Asylantrag gemäß §§ 7, 8 AsylG ab.

 

Die Nationalität des Beschwerdeführers wurde festgestellt. Seine Identität konnte dagegen mangels vorgelegter Dokumente nicht festgestellt werden. Beweiswürdigend hielt das Bundesasylamt fest, dass dem Antragsteller die Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass jemand, dem eine derartige Straftat zur Last gelegt werde und nach dem gefahndet werde, in der Lage ist, das Land vom Flughafen Islamabad aus mit einem auf den eigenen Namen lautenden Reisepass zu verlassen. Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass sich für den Antragsteller kein Abschiebungshindernis nach Pakistan ergebe, weil eine landesweite allgemeine, extreme Gefährdungslage, in der jeder Asylwerber im Falle seiner Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde, nicht gegeben sei. Im Übrigen sei aus einer allfälligen Einbeziehung der Person des Beschwerdeführers in Ermittlungen bezüglich strafbarer Verhaltensweisen ohne Hinzutreten konkreterer Anhaltspunkte eine unmenschliche Behandlung oder Strafe nicht ersichtlich.

 

3. Der Bescheid wurde hinsichtlich des Spruchpunktes II. mit Berufung (nunmehr: Beschwerde) vom 05.06.2001 angefochten. Spruchpunkt I. ist in Rechtskraft erwachsen.

 

4. Vor dem Asylgerichtshof wurde am 20.08.2008 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Dabei gab der Beschwerdeführer (BF) auf Befragen durch die Richterin (VL) folgendes an:

 

"...

 

Der BF legt folgende Bescheinigungsmittel vor:

 

Auszüge aus dem Internet. Diese werden als Beilage ./A und Beilage ./B zum Akt genommen

 

BF: Diese beziehen sich im Allgemeinen auf Pakistan und auf meinen Bruder namens S.K..

 

VR: Ist Ihr Bruder in diesen Berichten namentlich erwähnt?

 

BF: Nein, aber er ist Mitglied von Al Qaeda.

 

VR: Ist Ihre dem bisherigen Verfahren zu Grunde gelegte Identität richtig? Auf § 119 Abs. 2 FPG wird hingewiesen.

 

BF: Ja.

 

VR: Waren Ihre Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren richtig und bleiben diese aufrecht ?

 

BF: Ich habe damals einen Fehler gemacht, den möchte ich heute korrigieren.

 

VR: Welcher Fehler war das?

 

BF: Der Dolmetscher hat damals weitergegeben, dass ich 4 Jahre alt war, als mein Vater gestorben ist. Ich hab ihm aber gesagt, dass ich damals 14 Jahre alt war.

 

VR: Wann haben Sie Pakistan verlassen?

 

BF: Im Jahr 2001.

 

VR: Wo haben Sie in Pakistan genau gelebt?

 

BF: Ich habe in der Stadt Rawal Pindi in der Nähe von M.. Näheres ist mir nicht erinnerlich, weil ich damals sehr jung war als ich Pakistan verlassen habe. Das liegt im Bundesstaat Punjab. Mein Onkel hatte dort auch ein Geschäft.

 

VR: Leben Ihre Familienangehörigen noch in Pakistan?

 

BF: Meine Eltern sind verstorben. Meine beiden Brüder leben noch in Pakistan. Schwestern habe ich nicht.

 

VR: Wo genau in Pakistan leben Ihre Brüder?

 

BF: Auch in Rawal Pindi. Die genauen Adressen kenne ich nicht, da ich keinen Kontakt zu meinen Brüdern habe. Ich wurde als Kleinkind von meinen Onkel adoptiert, da er keinen Sohn hatte und meine Brüder waren mit uns verfeindet. Das war auch der Grund, warum mein Onkel mich ins Ausland geschickt hat.

 

VR: Wie ist der Name Ihres Onkels, der Sie adoptiert hat?

 

BF: M.I..

 

VR: Lebt Ihr Onkel noch in Pakistan?

 

BF: Er ist im Jahr 2005 gestorben. Davor hatte ich noch Kontakt mit ihm.

 

VR: Woran ist er gestorben?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

VR: Haben Sie noch weitere Verwandte in Pakistan?

 

BF: Nein.

 

VR: Welches Geschäft hatte Ihr Onkel?

 

BF: Lebensmittelgeschäft.

 

VR: Haben Sie in diesem Lebensmittelgeschäft gearbeitet?

 

BF: Ja.

 

VR: Arbeiten Sie hier in Österreich?

 

BF: Nein, ich darf nicht.

 

VR: Wie ist der Name Ihres anderen Bruders?

 

BF: F.K..

 

VR: Wie war der Name Ihres verstorbenen Vaters?

 

BF: M.S..

 

VR: Warum haben Ihre Brüder einen anderen Namen als Sie?

 

BF: Ich war ein Adoptivkind und mein Onkel hat mir einen neuen Namen gegeben.

 

VR: Waren Ihre Brüder auch adoptiert?

 

BF: Nein.

 

VR: Ihr Vater hat S. geheißen und Ihre Brüder heißen K.?

 

BF: Die vollständigen Namen meiner Brüder sind M. S. K. und M. F.

K..

 

VR: Warum haben Sie vorher nicht die vollständigen Namen angegeben?

 

BF: Das ist das gleiche.

 

VR: Welche Schulbildung haben Sie?

 

BF: Ich habe die Schule 10 Jahre lang besucht.

 

VR: Sind Sie hier in Österreich auch in die Schule gegangen?

 

BF: Ich habe hier nur einen Deutschkurs besucht und ich habe die Fahrschule besucht.

 

VR: Wovon leben Sie in Österreich?

 

BF: Von Sozialhilfe.

 

VR: Warum haben Sie Pakistan verlassen?

 

BF: Wie gesagt waren meine Brüder mit mir verfeindet und haben mich bei der Polizei angezeigt. Das war eine falsche Anzeige wegen Mord. Mein Onkel organisierte die Ausreise, damit ich den Schikanen meiner beiden Brüder entgehen konnte. Meine Brüder haben mir sehr viele Probleme gemacht. Sie wohnten in der Nähe vom Haus meines Onkels und sind fast täglich zu uns gekommen, um mich zu schlagen. Ich kann Ihnen eine Narbe am Rücken zeigen. Das sind meine Fluchtgründe.

 

VR: Wie viele Brüder haben Sie?

 

BF: Ich habe 2 Brüder. Insgesamt sind wir 3.

 

VR: Hatten Sie sonst noch Geschwister?

 

BF: Nein.

 

VR: Hatte Ihr Onkel noch andere Kinder?

 

BF: Er hatte eine Tochter.

 

VR: Wie heißt sie?

 

BF: Sie heißt S.. Mehr weiß ich nicht.

 

VR: Wann wurden Sie adoptiert?

 

BF: Damals war ich sehr jung. Ich war im Kindergarten.

 

VR: Wie alt ist S.?

 

BF: Sie ist älter als ich. Sie besuchte damals die Schule, aber ich weiß nicht, wie alt sie damals war bzw. wie alt sie jetzt ist.

 

VR: Wissen Sie, wo S. lebt?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie verheiratet ist und nicht in Rawal Pindi lebt.

 

VR: Können Sie erklären, warum Sie beim BAA angegeben haben, dass Sie 4 Brüder haben?

 

BF: Das habe ich nicht gesagt.

 

VR: Was haben Sie gesagt?

 

BF: Ich habe gesagt, 3 Brüder. Mit mir sind wir insgesamt 3.

 

VR: Sie haben beim BAA angegeben, dass die Namen ihrer Brüder I., IF., Z., W. seien?

 

BF: Das sind meine Cousins.

 

VR: Sie haben gesagt, dass Sie keine weiteren Verwandten in Pakistan haben?

 

BF: Ich habe vorher keinen Kontakt zu diesen und habe sie daher nicht erwähnt. Wir haben uns damals nur zu Festtagen gesehen.

 

VR: Wer ist der Vater Ihrer Cousins?

 

BF: Ich kann mich an seinen Namen nicht erinnern. Ich habe nur zu ihm Großonkel gesagt.

 

VR: Wie ist der Familienname Ihrer Cousins?

 

BF: M..

 

VR: Warum haben Sie damals die Namen Ihrer Cousins angegeben?

 

BF: Als ich damals nach Verwandten gefragt wurde, habe ich Sie erwähnt

 

VR: Warum haben Sie nicht Ihre heute genannten Brüder erwähnt?

 

BF: Meine Brüder haben seit 2003 Kontakte zu A1 Qaeda. Lesen Sie die vorgelegten Berichte dazu. Mein Onkel hat mir gesagt, ich soll niemandem über meine Brüder erzählen. Das sind keine guten Menschen und mein Onkel wollte mich von Ihnen fernhalten.

 

VR: Die Einvernahme beim BAA war 2001 und außerdem haben Sie die Probleme mit Ihren Brüdern sehr wohl als Ihre Fluchtgründe geschildert.

 

BF: Damals waren Sie kriminelle Personen und hatten noch keinen Kontakt zu A1 Qaeda. Als ich nach meinen Fluchtgründen gefragt wurde, musste ich es erzählen.

 

VR: Sie haben beim BAA auch angegeben, Sie hätten eine Schwester?

 

BF: Das sind alle Cousins und Cousinen. Die "Schwester" ist die Tochter meines Großonkels.

 

VR: Wie ist der Name Ihrer Cousine?

 

BF: N.. Mehr weiß ich nicht. Ich habe keinen Kontakt zu ihr.

 

VR: Haben Sie noch andere Cousins und Cousinen in Pakistan?

 

BF: Nein.

 

VR: Wie war der Name Ihrer Mutter?

 

BF: Sie heißt A..

 

VR: Wer ist B.S.?

 

BF: Die Frau meines Großonkels.

 

VR: Warum haben Sie beim BAA die Frau Ihres Großonkels als Ihre Mutter angegeben?

 

BF: Ich habe A. gesagt.

 

VR: Von wem haben Sie erfahren, dass Ihre Brüder bei A1 Qaeda sind?

 

BF: Von meinen Onkel. Ich glaube, dass meine Brüder meinen Onkel umgebracht haben.

 

VR: Woher wusste Ihr Onkel, dass Ihre Brüder bei A1 Qaeda sind?

 

BF: Mein Onkel wohnt im selben Ort. Die A1 Qaeda haben ihre Büros in unserer Ortschaft und mein Onkel hat gesehen, dass meine Brüder dort sitzen.

 

VR: A1 Qaeda hat Büros?

 

BF: Ja, viele. Nicht nur eines.

 

VR: Weswegen haben Sie Ihre Brüder bei der Polizei angezeigt?

 

BF: Es wurden 2 Männer getötet und meine Brüder haben mich als Täter angezeigt. Sie haben mich und meinen Onkel dermaßen gehasst, dass sie zu allem fähig waren, um uns zu schaden.

 

VR: Warum haben Ihre Brüder Sie so sehr gehasst?

 

BF: Meine Brüder wollten nicht, dass mein Onkel mich adoptiert. Mein Vater hat trotzdem mich zu meinem Onkel als Adoptivkind gegeben; deswegen haben sie mich so gehasst.

 

VR: Was hatten sie dagegen, dass Sie von Ihrem Onkel adoptiert wurden?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich war damals noch ein Kleinkind.

 

VR: Gab es noch andere Gründe für die Feindschaft Ihrer Brüder?

 

BF: Das wissen nur die älteren Personen. Es kann sein, dass es um die Erbschaft ging.

 

VR: Welche Erbschaft?

 

BF: Mein Vater und mein Onkel besaßen Länderein.

 

VR: Wem gehören diese Ländereien jetzt?

 

BF: Das weiß ich nicht. Vieles wurde von meinen Brüdern verkauft. Ich habe nichts bekommen. Mein Onkel meinte, dass ich ein ruhiges Leben im Ausland leben soll. Das ist mehr wert, als die Ländereien.

 

VR: Wer hat die Ländereien Ihres Onkels bekommen?

 

BF: Die Tochter.

 

VR: Warum nicht auch Sie?

 

BF: Ich bin nach Österreich gekommen und ich weiß nicht, was im Pakistan läuft.

 

VR: Haben Sie von Ihrem Vater keine Grundstücke bekommen?

 

BF: Nein.

 

VR: Hatten Sie oder Ihr Onkel ein Problem damit, dass Sie von Ihrem Vater nichts bekommen haben?

 

BF: Mein Onkel hat eine Anzeige gegen meine Brüder erstattet, weil er wollte, dass ich einen Anteil der Erbschaft bekommen soll, aber das ganze ist im Sand verlaufen.

 

VR: Was ist mit dieser Anzeige bzw. Klage passiert?

 

BF: Es ist nichts passiert und ich habe nichts bekommen. Mein Vater war bereits verstorben und meine Brüder haben behauptet, dass ich enterbt worden bin.

 

VR: Wann war das, als Ihr Onkel Klage gegen Ihre Brüder eingebracht hat?

 

BF: Als meine Brüder die Ländereien verkauft haben.

 

VR: Im welchen Jahr war das?

 

BF: Genau weiß ich es nicht, aber ich glaube es war im Jahr 1997 oder 1998.

 

VR: Wann ist Ihr Vater gestorben?

 

BF: 1996.

 

VR: Woran ist er gestorben?

 

BF: An Herzinfarkt.

 

VR: Wann wurden diese beiden Männer ermordet?

 

BF: 1998.

 

VR: Wer waren diese beiden Männer?

 

BF: Ich weiß es nicht. Ich habe sie nicht gekannt.

 

VR: Waren diese Männer aus Rawal Pindi?

 

BF: Ja.

 

VR: Warum haben Ihre Brüder Sie des Mordes beschuldigt?

 

BF: Meine Brüder wollten mich töten, damit sie mit mir nicht das Erbe teilen mussten.

 

VR: Wenn aus dieser Klage wegen der Grundstücke eh nichts geworden ist und Sie nichts bekommen haben, warum hätten Sie Ihre Brüder noch töten sollen?

 

BF: Sie haben mich und meinen Onkel so sehr gehasst, dass Sie meinen Onkel auch angezeigt haben. Die Polizei ist öfter zu uns gekommen. Deswegen schickte mich mein Onkel zu seinem Freund Karachi. Dort habe ich ca. 2 Jahre gelebt.

 

VR: Weswegen wurde Ihr Onkel angezeigt?

 

BF: Das war eine Gegenanzeige zu der Anzeige meines Onkels gegen meine Brüder wegen der Grundstücke. Meine Brüder haben auch die Polizei bestochen.

 

VR Was war das für eine Anzeige gegen Ihren Onkel?

 

BF: Meine Brüder haben in der Anzeige vorgebracht, dass mein leiblicher Vater sein Vermögen an die zwei Brüder vermacht hat und dass ich nur von meinem Onkel erbberechtigt bin.

 

VR: Das ist ja keine Anzeige?

 

BF: Das war eine Gegenanzeige bei der Polizei.

 

VR: Was ist auf Grund dieser Gegenanzeige passiert?

 

BF: Ich bin dann von Rawal Pindi weggegangen und habe von Karachi aus Kontakt mit meinem Onkel gehabt. Er hat mir erzählt, dass er die Anzeige gegen meine Brüder zurückziehen musste.

 

VR: Was ist auf Grund der Anzeige wegen Mordes passiert?

 

BF: Das weiß ich nicht. Die Polizei hat einmal meinen Onkel mitgenommen und Ihn befragt, aber mein Onkel hat der Polizei nicht erzählt, dass ich in Karachi bin. Später hat er dann meine Ausreise aus Pakistan organisiert.

 

VR: Warum hätten Sie diese Männer umbringen sollen?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich kenne diese Personen nicht. Ich weiß nicht, wo sie wohnhaft waren, wo sie ermordet wurden oder wann. Meine Brüder wollten mich einfach schikanieren und haben deswegen diese Anzeige erstattet.

 

VR: Welche Grund haben Ihre Brüder in der Anzeige genannt, warum Sie diese Männer ermorden hätten sollen?

 

BF: Ich war in Karachi, als mein Onkel mir erzählt hat, dass die Polizei ihn mitgenommen hat und befragt hat. Mehr dazu, weiß ich nicht.

 

VR: Wie haben Sie von der Anzeige Ihrer Person erfahren?

 

BF: Mein Onkel hat mir davon erzählt. Deshalb hat er mich auch nach Karachi geschickt.

 

VR: Wo waren Sie, als Sie davon erfahren haben?

 

BF: In unserem Geschäft.

 

VR: Wurden Sie von der Polizei befragt?

 

BF: Nein, noch bevor die Polizei gekommen ist, hat mein Onkel mich nach Karachi geschickt.

 

VR: Sie haben gesagt, die Polizei ist öfter vorbeigekommen. Aus welchem Grund?

 

BF: Wegen der Anzeigen wegen der Ländereien.

 

VR: Wie ist der Name Ihres Onkels in Karachi?

 

BF: Er heißt D.. Mehr weiß ich nicht.

 

VR: An welcher Adresse haben Sie in Karachi gelebt?

 

BF: Das ist ein Gebäude, wo ich im 2. Stock gelebt habe. Näheres weiß ich nicht.

 

VR: Haben Sie in Karachi gearbeitet?

 

BF: Nein.

 

VR: Beim BAA haben Sie ausgesagt, dass Sie erst nach der Verhaftung Ihres Onkels nach Karachi geflüchtet sind?

 

BF: Mein Onkel wurde bezüglich der Anzeige wegen der Ländereien mehrmals von der Polizei mitgenommen.

 

VR: Wie oft wurde er denn mitgenommen?

 

BF: Viele Male. Die Brüder haben die Polizei bestochen und in unserem Land kann man mit Geld viel erreichen.

 

VR: Warum sind Sie nicht in Karachi geblieben?

 

BF: Mein Onkel hat mir gesagt, dass mich meine Brüder früher oder später auch dort finden werden und töten werden. Ich solle das Land verlassen und mich in irgendeinem fernen Land niederlassen, wo mich meine Brüder nie finden werden.

 

VR: Haben Sie oder Ihr Onkel sich an die Polizei gewandt, weil Sie sich von Ihren Brüdern bedroht fühlten?

 

BF: Ja, wir waren öfter bei der Polizei, aber die Polizei schenkte uns kein Gehör.

 

VR: Wie oft waren Sie bei der Polizei?

 

BF: Mein Onkel hat mich ein oder zweimal mitgenommen, aber er selbst war öfter bei der Polizei.

 

VR: In welchen Jahren war das?

 

BF: Das ganze fing nach dem Tod meines Vaters an. Er starb 1996 und ich war 1997 bei der Polizei.

 

VR: Wurden Sie jemals in irgendeiner Angelegenheit von der Polizei befragt?

 

BF: Ja.

 

VR: Wann und warum?

 

BF: Meine Brüder haben mich wegen Diebstahls in ihrem Geschäft angezeigt. Ich wurde von der Polizei verhaftet und es gab auch ein Gerichtsverfahren, in dem ich schuldig gesprochen wurde und ich musste 10 000 Rupien an das Gericht zahlen.

 

VR: Wann war das, dass Sie verurteilt wurden?

 

BF: Ich war damals Schüler. Das Jahr weiß ich nicht.

 

VR: Was sollen Sie gestohlen haben?

 

BF: Geld.

 

VR: Wie viel Geld?

 

BF: 5 000 Rupien. Aber es war eine Falschanzeige, und ich habe nichts gestohlen. Ich war damals Schüler und habe nach der Schule meinen Onkel in seinem Geschäft besucht und ihm geholfen.

 

VR: War es das gleiche Geschäft?

 

BF: Nein.

 

VR: Wer hat die 10 000 Rupien bezahlt?

 

BF: Mein Onkel.

 

VR: Sie wurden zu einer Geldstrafe verurteilt. Ist das richtig?

 

BF: Ja. Das war eine ungerechte Strafe. Ich war unschuldig.

 

VR: Möchten Sie zu der Verurteilung noch etwas angeben?

 

BF: Dazu möchte ich nur sagen, dass meine Brüder die Polizei bestochen haben. Damit haben sie fabrizierte Beweise vor Gericht vorgelegt.

 

VR: Bei welchem Gericht fand diese Verhandlung statt?

 

BF: In Rawal Pindi.

 

VR: Wie groß ist Rawal Pindi?

 

BF: Es ist eine große Stadt bei Islamabad.

 

VR: Gibt es in Rawal Pindi nur ein Gericht?

 

BF: Nein.

 

VR: Bei welchem Gericht fand die Verhandlung statt?

 

BF: Rawal Pindi.

 

VR: Bei welcher Polizeistation waren Sie und Ihr Onkel?

 

BF: Rawal Pindi. Das ist eine große Polizeistation.

 

VR: Hat Ihr Onkel gegen Ihre Verurteilung Berufung erhoben?

 

BF: Nein, dass Gericht hat schon bewiesen, dass ich der Dieb bin. Wenn mein Onkel die Geldstrafe nicht bezahlt hätte, hätte ich eine Haftstrafe bekommen

 

VR: Beim BAA haben Sie angegeben, dass Sie zu 15 Tagen Haft und einer Geldstrafe von

 

10.000 Rupien verurteilt wurden?

 

BF: Das war die Anhaltung bei der Polizei.

 

VR: Sie wurden wegen eines Diebstahls 15 Tage in Haft behalten? Warum wurden Sie freigelassen?

 

BF: Ich wurde direkt von der Polizeistation zu Gericht gebracht, wo ich verurteilt wurde. Während der Polizeianhaltung wurde ich misshandelt und geschlagen und unter Druck gesetzt, dass ich die Tat gestehen soll.

 

VR: Hätte Ihr Onkel keine Kaution zahlen können?

 

BF: Meine Brüder haben die Polizei bestochen und sie hätten mich eh sowieso nicht freigelassen.

 

VR: Woher wissen Sie, dass Ihre Brüder die Polizei bestochen haben?

 

BF: Das hat mir mein Onkel erzählt. Er hat auch gesagt, dass die Brüder mit der Bestechung erreicht hätten, dass die Polizei falsche Beweise vorbereitet hat und mein Onkel bei der Polizei kein Gehör fand.

 

VR: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Pakistan zurückkehren müssten?

 

BF: Ich habe Angst vor meinen Brüdern und ich bin der Meinung, dass sie etwas mit dem Tod meines Onkels zu tun hatten. Mein Onkel hat mir vor seinen Tod gesagt, dass meine Brüder ihn weiterhin schikanieren

 

VR: Könnten Sie sich nicht wegen Ihrer Probleme mit Ihren Brüdern an die Polizei wenden?

 

BF: Das haben wir eh versucht, aber es hat nichts genutzt. Außerdem sind meine Brüder seit 2003 wegen ihrer Kontakte zu A1 Qaeda noch mächtiger geworden.

 

VR: Denken Sie nicht, dass die pakistanische Polizei A1 Qaeda-Anhänger oder Mitglieder verhaften würde?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass die Polizei in Pakistan bestechlich ist und meine Brüder viel Macht haben, um alles erreichen zu können.

 

VR: Welche Beweise wurden damals bei der Gerichtsverhandlung fabriziert, wie Sie es formuliert haben?

 

BF: Es wurden Zeugen vorgeführt.

 

VR: Welche Zeugen waren das?

 

BF: Der Polizist von diesem Markt und der Sicherheitsmann von diesem Markt.

 

VR: Was arbeiten Ihre Brüder?

 

BF: Ein Bruder wechselt Geld und der andere macht gar nichts und gesellt sich mal in die eine Polizeistation oder die andere.

 

VR: Wie alt sind Ihre Brüder?

 

BF: Sie sind älter als ich und sind Familienväter. Ich glaube, sie sind 20 Jahre älter als ich.

 

VR: Wenn der eine Bruder Geld wechselt und der andere nichts tut, was ist dann mit diesem Geschäft, in dem Sie Geld gestohlen haben sollen?

 

BF: Mein Onkel hat mir erzählt, dass die Brüder das Geschäft verkauft haben.

 

VR: Wie lautet die Adresse des Geschäftes ihres Onkels?

 

BF: Es ist in S. auf der M..

 

VR: Wer führt jetzt das Geschäft?

 

BF: Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Kontakt zu meiner Tante und Ihrer Tochter.

 

Die Verhandlung wird für 10 min unterbrochen.

 

VR: Waren oder sind Sie schwer krank oder waren Sie im Spital?

 

BF: Ja, ich wurde an der Lunge operiert und war auch stationär im Spital. Ich habe die Befunde dabei.

 

BF legt verschiedene Befunde bzw. ärztliche Bescheinigungen vor, diese werden als Beilage ./C zum Akt genommen.

 

VR: Wann wurden Sie operiert?

 

BF: 2003. Ich weiß es nicht genau, aber das steht auf den Befunden.

 

VR: Warum wurden Sie an der Lunge operiert?

 

BF: Mir wurde gesagt, dass ich Wasser in der Lunge hatte.

 

VR: Müssen Sie noch zu Kontrolluntersuchungen deswegen oder ist das erledigt?

 

BF: Seit 2 Jahren nicht mehr. Normalerweise hätte ich gar keine Operation haben müssen, aber sie haben wahrscheinlich geglaubt, dass sie an mir, weil ich Asylwerber bin, herumexperimentieren können. Wegen dieser Operation kann ich keine Gewichte heben.

 

VR: Was hat die Lungenoperation mit Gewichte heben zu tun?

 

BF: Sie haben mir da alles durchgeschnitten. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die Narbe zeigen.

 

VR: Haben Sie sonstige Beschwerden?

 

BF: Nein.

 

VR: Gibt es noch irgendetwas, das Sie vorbringen möchten?

 

BF: Ich möchte noch vorbringen, dass ich niemanden in Pakistan habe und was soll ich dort machen? Es wird mir auch niemand dort helfen. Ich habe hier die Sprache gelernt und auch einen Führerschein gemacht. Ich wollte arbeiten, aber ich habe keine Arbeitserlaubnis.

 

VR: Was ist mit Ihrer Tante, der Frau Ihres Onkels, wo lebt diese?

 

BF: Ich weiß es nicht, ich habe keinen Kontakt zu ihr. Ich weiß nur, dass sie das Geschäft verkauft hat.

 

VR: Wie ist der Name Ihrer Tante?

 

BF: Habe ich Ihnen das nicht schon erzählt?

 

VR wiederholt ihre Frage.

 

BF: Ich nenne sie immer Tante.

 

VR: Können Sie den Namen Ihrer Tante nicht angeben?

 

BF: Ich weiß ihren Namen nicht, entweder habe ich Tante oder "Ammi" (= Mutter auf Urdu) gesagt. Ich habe so viel Stress, dass ich mich an die Namen der Verwandten nicht erinnern kann.

 

VR: Wie lange haben Sie bei Ihrem Onkel und Ihrer Tante gelebt?

 

BF: Ich war 3 oder 4 Jahre alt, als ich zu meinem Onkel gezogen bin. Damals ging ich in den Kindergarten.

 

VR: Haben Sie keinen Kontakt mehr zu Ihrer Tante?

 

BF: Das letzte Mal, dass ich von meinem Onkel kontaktiert worden bin, war 2005. Danach bekam ich überhaupt keine Nachricht von ihm. Ich bin mir sicher, dass er verstorben ist, sonst hätte er mich schon kontaktiert.

 

VR: Sie wissen gar nicht, ob Ihr Onkel gestorben ist?

 

BF: Mein Herz sagt mir, dass mein Onkel verstorben ist und dass die Brüder ihre Hand im Spiel haben. Wenn mein Onkel noch am Leben wäre, hätte er mich sicherlich kontaktiert. Es sind nun 3 Jahre, dass ich nichts von ihm gehört habe.

 

VR: Von wem wissen Sie, dass das Geschäft verkauft wurde?

 

BF: Mein Onkel hat gesagt, dass er das Geschäft verkauft hat. Mein Onkel wollte die Stadt verlassen, um Abstand zu meinen Brüdern zu gewinnen. Ich weiß nicht, ob er tatsächlich Rawal Pindi verlassen hat, aber wenn er noch am Leben wäre, hätte er mich sicherlich kontaktiert.

 

VR: Haben Sie Ihrem Onkel irgendwann einmal geschrieben?

 

BF: Nein, wir haben nur telefoniert.

 

VR: Haben Sie seine Telefonnummer?

 

BF: Das war nur das Festnetz vom Geschäft und das Geschäft gibt es nicht mehr.

 

BR: Keine Fragen.

 

Folgende Erkenntnisquellen werden der beschwerdeführenden Partei genannt und deren Inhalt erörtert:

 

Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan", Stand April 2007

 

UK Home Office, Border & Immigration Agency (BIA), Pakistan Country Report, January und April 2008

 

US Department of State, Pakistan, Country Report on Human Rights Practices - 2007, 11.03.2008

 

Christian Brüser, Gutachten Pakistan, Februar 2008, Allgemeiner Teil

 

Konrad Adenauer Stiftung, Parlamentswahlen 2008, Pakistans Demokratie im Vormarsch? Juni 2008

 

The Guardian, Musharaff was the last to read the writing on the wall, 19.08.2008

 

The Guardian, Musharaff opponents meet to discuss presidency, 19.08.2008

 

The Guardian, What next for the lost ally of the west?, 19.08.2008

 

Der VR bringt dem BF nachfolgende - vorläufige - Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des BF unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Asylgerichtshof vorliegenden Informationsunterlagen (siehe oben) zur Kenntnis:

 

Bei den Parlaments- und Regionalwahlen am 18. Februar 2008 ging die PPP als stärkste politische Kraft hervor. Auch die PML-N schnitt sehr gut ab, während die Musharraf-loyale PML-Q starke Verluste hinnehmen musste und sich nur im Regionalparlament von Belutschistan als stärkste Kraft behaupten konnte. In der Nord West Frontier Province (NWFP) wurde die Awami National Party (ANP) zur stärksten Kraft.

 

Die siegreichen Parteien PPP und PML-N bilden die Regierungskoalition. Am 18.08.2008 ist Präsident Musharraf zurückgetreten. Die weiteren Entwicklungen müssen abgewartet werden, jedoch kann auch aufgrund der notorischen jüngsten Ereignisse um Präsident Musharraf nicht davon ausgegangen werden, dass in Pakistan eine Situation herrscht oder entstehen könnte, in der die Staatsgewalt zusammengebrochen wäre oder systematische schwere Menschenrechts-verletzungen zu erkennen wären. Es wurden nun jedenfalls auch Verhandlungen zwischen den maßgeblichen politischen Kräften mit dem Ziel einer friedlichen Neuaufteilung der Macht aufgenommen.

 

Abgeschobene Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen einer Asylantragstellung nicht mit staatlichen Maßnahmen zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter konnte nicht festgestellt werden.

 

Die Möglichkeiten, sich in Pakistan eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. Selbst für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Lagerarbeiter, LKW-Beifahrer, Tellerwäscher oder Abfallsammler ihren Lebensunterhalt zu sichern.

 

Dass es möglich ist, sich auch als Neuankömmling z.B. in einer Stadt wie Karatschi (ca. 16 Millionen Einwohner) niederzulassen, zeigen die Zigtausend afghanischen Flüchtlinge, die sich dort dauerhaft niedergelassen haben und aktiv am Wirtschaftsleben der Stadt teilnehmen.

 

In den staatlichen Krankenhäusern kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen, schwierige Operationen gehören allerdings nicht dazu. Die Grundversorgung mit Medikamenten ist sichergestellt.

 

VR fragt den BF um seine Stellungnahme zu dieser Beurteilung.

 

BF: Es herrscht große Armut in meinem Land. Die Regierung verspricht vieles. Aber sobald die Wahlen vorbei sind, vergessen sie die Wahlversprechen. Ich kann nicht nach Pakistan zurückkehren, weil ich nicht wüsste, was ich dort anfangen soll. Nun lebt auch mein Onkel nicht mehr. Ich habe Angst vor meinen Brüdern, wo soll ich denn hin? Ich bin bereits so lange in Österreich.

 

VR: Ich habe noch eine Frage. Hat Ihnen Ihr Onkel nichts Näheres über diese Anzeige wegen Mordes Ihre Person betreffend erzählt?

 

BF: Nein, er hat nur gesagt, dass ich wieder unschuldig hinter Gitter kommen würde, so wie damals bei der Diebstahlsanzeige. Mehr hat er sich dazu nicht geäußert.

 

VR: Haben Sie ihn nicht näher gefragt?

 

BF: Nein, er hat nur gesagt, dass ich aus Pakistan aufgrund dieser Anzeige flüchten soll. Sonst würden mich auch meine Brüder dort nicht in Ruhe leben lassen.

 

VR: Konnten Sie alles vorbringen, haben Sie alles verstanden?

 

BF: Ja. Ich möchte noch angeben, dass ich glaube, dass meine Brüder auch in die verschiedenen Bombenexplosionen involviert sind. Falls ich irgendeinen Beweis dazu finden kann, werde ich Ihnen diesen vorlegen. Vielleicht finde ich irgendeinen Bericht im Internet.

 

..."

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Feststellungen

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan. Seine Identität wird entsprechend seinen Angaben festgestellt.

 

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe werden als unglaubhaft gewertet und der Entscheidung nicht zugrunde gelegt.

 

Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Pakistan in seinem Recht auf das Leben gefährdet wäre, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre oder willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre.

 

Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidet, welche einer Abschiebung nach Pakistan entgegenstehen könnte.

 

1.2. Zum Herkunftsstaat Pakistan:

 

Zur Lage in Pakistan werden aufgrund der in der Verhandlung vorgehaltenen Quellen und der notorischen jüngsten Entwicklungen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen getroffen:

 

Bei den Parlaments- und Regionalwahlen am 18. Februar 2008 ging die PPP als stärkste politische Kraft hervor. Auch die PML-N schnitt sehr gut ab, während die Musharraf-loyale PML-Q starke Verluste hinnehmen musste und sich nur im Regionalparlament von Belutschistan als stärkste Kraft behaupten konnte. In der Nord West Frontier Province (NWFP) wurde die Awami National Party (ANP) zur stärksten Kraft.

 

Am 18.08.2008 ist Präsident Musharraf zurückgetreten. Am 25.08.2008 verließ der Chef der PML-N, Nawaz Sharif, die Koalition mit der PPP, weil diese die vom damaligen Präsidenten Musharraf entlassenen Richter nicht wieder einsetzte. Am 26.08.2008 stellte der PPP-Vorsitzender Asif Ali Zardari die Wiedereinsetzung der der Richter in Aussicht, wenn Sharif in die Regierung zurückkehrt. Bei den Präsidentschaftswahlen am 06.09.2008 wurde Asif Ali Zardari zum neuen Präsidenten Pakistans gewählt. Die weiteren Entwicklungen müssen abgewartet werden, jedoch kann auch aufgrund der notorischen jüngsten Ereignisse nicht davon ausgegangen werden, dass in Pakistan eine Situation herrscht oder entstehen könnte, in der die Staatsgewalt zusammengebrochen wäre oder systematische schwere Menschenrechtsverletzungen zu erkennen wären.

 

Abgeschobene Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen einer Asylantragstellung nicht mit staatlichen Maßnahmen zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter konnte nicht festgestellt werden.

 

Die Möglichkeiten, sich in Pakistan eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. In der Regel wird es jedoch selbst für unqualifizierte, aber gesunde Menschen möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Lagerarbeiter, LKW-Beifahrer, Tellerwäscher oder Abfallsammler ihren Lebensunterhalt zu sichern.

 

Dass es möglich ist, sich auch als Neuankömmling z.B. in einer Stadt wie Karatschi (ca. 16 Millionen Einwohner) niederzulassen, zeigen die Zigtausend afghanischen Flüchtlinge, die sich dort dauerhaft niedergelassen haben und aktiv am Wirtschaftsleben der Stadt teilnehmen.

 

In den staatlichen Krankenhäusern kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen, schwierige Operationen gehören allerdings nicht dazu. Die Grundversorgung mit Medikamenten ist sichergestellt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1 Der Asylgerichtshof hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt sowie durch die am 20.08.2008 durchgeführte mündliche Verhandlung Beweis erhoben.

 

2.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Einvernahme vor der Erstbehörde und den Ausführungen in der Verhandlung im Einklang mit dem Akteninhalt.

 

2.3. Die Aussage des Asylwerbers stellt im Asylverfahren zweifellos das Kernstück dar. Hierbei ist es nach Ansicht des VwGH Sache des Asylwerbers, entsprechende, seinen Antrag untermauernde Tatsachenbehauptungen aufzustellen und diese glaubhaft zu machen.

 

Die Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

 

Wie schon im Bescheid des Bundesasylamtes festgestellt wurde, konnte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft machen. Dieser Eindruck wurde auch in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof bestätigt, insbesondere aufgrund seiner widersprüchlichen Aussagen zu den Namen seiner Brüder bzw. Cousins und anderer Verwandter sowie der Unfähigkeit, den Namen seiner Tante bzw. Adoptivmutter zu nennen, zumal er sein Fluchtvorbringen eben auf die Verfolgung durch seine Brüder (wegen seiner Adoption durch seinen Onkel) stützte. Insofern müssen auch die Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen in Pakistan als unglaubwürdig bezeichnet werden. Auch erscheint die behauptete Verfolgung wegen einer Mordanzeige durch seine Brüder nicht plausibel, dies angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer dazu keine näheren Angaben machen konnte und sich auch die geschilderten Umstände als nicht nachvollziehbar darstellen.

 

2.4. Die Feststellungen zum Herkunftsstaat Pakistan gründen sich auf die in der mündlichen Verhandlung genannten und erörterten Quellen sowie hinsichtlich der Auflösung der Regierungskoalition und der Wahl Zardaris zum pakistanischen Präsidenten auf die aktuelle Tagespresse. Den in das Verfahren eingeführten Quellen konnte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

4.1. Spruchpunkt II:

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrags zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrags - von Amts wegen vorzunehmen.

 

Zur Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBL I 2003/101 iVm § 50 FPG 2005 (Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1. Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Art. 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechenden Bestimmungen" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG) ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Berufungswerber betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG idF BGBL I 2003/101 zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtssch

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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