Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §55 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des P in J, vertreten durch Dr. Hans Exner in Judenburg, Friedhofgasse 1, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 14. Juli 1994, Zl. 38/6-DOK/94, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1958 geborene Beschwerdeführer stand bis zur Erlassung des dritten in Folge ergehenden negativen Leistungsfeststellungsbescheides (für das Kalenderjahr 1994) der Leistungsfeststellungskommission beim OLG X. vom 10. April 1995 (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. April 2000, Zl. 95/12/0107, mit dem die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde; siehe auch das abweisende hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 94/12/0180, das die - zweite - negative Leistungsfeststellung für das Kalenderjahr 1993 betraf. Die erste negative Leistungsfeststellung für das Kalenderjahr 1992 hatte der Beschwerdeführer unbekämpft gelassen) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Seine letzte Dienststelle war das Bezirksgericht O. (im Folgenden kurz BG). Dort war er als Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechtspfleger für Grundbuchsachen, Beamter des Fachdienstes im Grundbuch, Leiter der Geschäftsabteilungen für Exekutionssachen und Zivilprozesssachen (letzteres bis 1. Mai 1994) sowie als Kostenbeamter, Inventar- und Materialverwalter tätig und mit der Bemessung der Zeugengebühr betraut.
Zu diesem BG war der Beschwerdeführer gegen seinen Willen mit Wirkung vom 1. Mai 1988 durch den im Instanzenzug erlassenen Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 28. März 1988 versetzt worden. Eine gegen die Versetzung erhobene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde blieb erfolglos. In der Folge kam es vermehrt zur Kritik der zuständigen Justizverwaltungsorgane an den Dienstleistungen des Beschwerdeführers (vgl. den Gesamtbericht des Revisors beim LG L. über die am 30. und 31. März 1989 beim BG nach §§ 281 ff Geo durchgeführten Geschäftsprüfung vom 19. April 1989). Dies führte zunächst zu einer förmlichen Ermahnung durch den Präsidenten des damaligen KG (ab der Novelle des GOG, BGBl. Nr. 91/1993 ab 1. März 1993 LG) L. gemäß § 81 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 und ab August 1991 zu mehreren Disziplinaranzeigen des Präsidenten des OLG X. an die zuständige Disziplinarkommission (DK). Die Disziplinaranzeigen beruhten zum Teil auf entsprechenden Berichten (Anzeigen) des Vorstehers des BG Dr. W., zum Teil auf weiteren Revisionsberichten. Parallel zu den Disziplinaranzeigen (vom 21. August 1991, 27. Dezember 1991, 28. Jänner 1992, 16. Februar 1993 und 29. April 1993) wurden die bereits oben erwähnten Leistungsfeststellungsverfahren für die Kalenderjahre 1992, 1993 und 1994 durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides lag (erst) der zweite negative Leistungsfeststellungsbescheid (für das Kalenderjahr 1993) vor.
Die dem Beschwerdeführer in den Disziplinaranzeigen vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen umfassen Sachverhalte, die sich (zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten) zwischen 1991 und 1993 ereignet haben.
Sie führten zum ersten Einleitungsbeschluss der DK vom 10. April 1992 (Einleitung des Disziplinarverfahrens zu 17 Punkten; Nichteinleitung zu 7 Fakten), der sich auf Vorwürfe aus der ersten und zweiten Nachtragsdisziplinaranzeige bezog. Über Ersuchen der DK vom 10. April 1992 war der Beschwerdeführer zu den 17 Vorwürfen des Einleitungsbeschlusses im Auftrag der Dienstbehörde (Präsident des OLG X) vom Präsidenten des KG L. Dr. E. am 27. Mai 1992 als Beschuldigter einvernommen worden. Nach dem Vernehmungsprotokoll vom 27. Mai 1992 bestritt der Beschwerdeführer im Einzelnen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Bei einer weiteren über Auftrag der DK von Präsident Dr. E. am 11. November 1992 am BG O. durchgeführten ergänzenden Einvernahme erklärte der Beschwerdeführer laut Niederschrift, er sei grundsätzlich nicht bereit, bei dieser Einvernahme Aussagen zu machen. Er werde dies nur vor der DK tun. Als Grund für die Aussageverweigerung gab er an, er habe vom Einvernahmetermin erst am 9. November 1992 erfahren.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 1992 fasste die DK einen zu den 17 Vorwürfen des Einleitungsbeschlusses deckungsgleichen Verhandlungsbeschluss (ohne Anberaumung eines konkreten Termins für die Durchführung der mündlichen Verhandlung) und gab dem Beschwerdeführer im Sinne des § 124 Abs. 3 BDG 1979 die Besetzung des zuständigen Senates 4 (Vorsitzender: MR Dr. A.; weitere Senatsmitglieder: Staatsanwalt Dr. B. und Amtsdirektor C.) sowie die Namen der Ersatzmitglieder bekannt.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 1992 gab der Beschwerdeführer der DK bekannt, dass er sich seit 8. Dezember 1992 auf Grund eines Schiunfalles im Krankenstand befinde, der voraussichtlich bis mindestens 19. Jänner 1993 (Abnahme des Gehgipses) dauern werde. Er ersuche um Berücksichtigung dieses Umstandes.
In seinem Schreiben vom 27. Jänner 1993 teilte der Beschwerdeführer der DK mit, dass sein Krankenstand bis 24. Jänner 1993 gedauert habe. Er lehnte in der Folge den Senatsvorsitzenden MR Dr. A. ab. Außerdem mache er noch einmal die Befangenheit des Präsidenten des KG L. Dr. E. im Zusammenhang mit den Einvernahmen am 27. Mai und 11. November 1992 geltend. Seine Einwände in diesem Zusammenhang, vor allem sein Ersuchen "um Einvernahme vor einem anderen Gericht", seien nicht protokolliert worden. Seine Aussageverweigerung bei seiner Einvernahme am 11. November 1992 begründete er damit, dass ihm keine Abschrift des Protokolls vom 27. Mai 1992 zur Verfügung gestanden sei. Unter derartigen Umständen seien korrekte Erhebungen nicht möglich gewesen.
Mit Verfügung vom 5. Februar 1993 ordnete der Vorsitzende der DK für 31. März 1993 die Durchführung (einer später wieder abberaumten) mündlichen Verhandlung an (wobei die Ladung dem Beschwerdeführer laut Rückschein am 11. Februar 1993 zugestellt wurde). Die Ladung enthielt den Hinweis, dass sich infolge einer teilweisen Änderung der Geschäftseinteilung der DK für das Jahr 1993 der zuständige Senat wie folgt zusammensetze:
Vorsitzender Staatsanwalt Dr. B.; weitere Senatsmitglieder:
Staatsanwalt Dr. D. und Oberrevident E. (Anmerkung: Dr. B. gehörte auch schon der früheren Besetzung an, während die übrigen Mitglieder neu sind). Gleichzeitig wurden auch die Ersatzmitglieder angeführt und der Beschwerdeführer auf sein Ablehnungsrecht im Sinn des § 124 Abs. 3 BDG 1979 hingewiesen. Davon machte er jedoch in der Folge keinen Gebrauch.
Nach Erstattung der Nachtrags- Disziplinaranzeige vom 16. Februar 1993 ersuchte die DK am 15. März 1993 (unter gleichzeitiger Abberaumung der obgenannten Verhandlung) die Dienstbehörde um weitere Ermittlungen, insbesondere auch der Einvernahme des Beschwerdeführers zu den (neuen) Vorwürfen.
Laut Niederschrift der am 1. April 1993 durch den Präsidenten des KG. L. erfolgten Einvernahme des Beschwerdeführers zu dieser Nachtrags- Disziplinaranzeige verweigerte der Beschwerdeführer neuerlich die Aussage. Er beantragte, dass die Einvernahme durch einen Richter durchgeführt werde, der nicht aus dem Sprengel des OLG X. stamme. Für die Objektivität und Korrektheit des Verfahrens sei es besser, wenn nicht ein Richter aus dem Sprengel des OLG X. befasst werde. Er überlasse es "dem Disziplinargericht, mich direkt zu vernehmen oder durch einen Richter außerhalb des Sprengels" des OLG X. Er stelle keinen Antrag auf Vernehmung "nur vor dem Disziplinargericht".
In der Folge bezog die DK mit dem (ergänzenden) Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss vom 17. Juni 1993 13 weitere Anschuldigungen (aus den Nachtrags-Disziplinaranzeigen vom 16. Februar und 29. April 1993) in das bereits anhängige Disziplinarverfahren mit ein.
In seiner Eingabe vom 28. Juli 1993 nahm der Beschwerdeführer dazu Stellung. Er stellte zu den Anschuldigungspunkten "11 bis 13" des Ergänzungsbeschlusses (= Punkte 8 bis 10 des späteren Schuldspruches) den Antrag auf Einvernahme eines informierten Vertreters des LKH J. sowie seiner Mutter (Anmerkung: Da die Punkte 11 und 12 des Ergänzungsbeschlusses Fehlleistungen des Beschwerdeführers hinsichtlich bestimmter Amtstätigkeiten erfassen, kann sich der Beweisantrag seinem Inhalt nach nur auf Punkt 13 beziehen. Darin wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es trotz ausdrücklicher Weisung unterlassen, für seine Abwesenheit vom Dienst am 16. April 1993 eine den gesamten Zeitraum seiner Abwesenheit erfassende ärztliche Bestätigung vorzulegen und sei daher an diesem Tag ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen. Der Sache nach ging es um die Dauer einer Nachkontrolle des Beinbruches des Beschwerdeführers in der Ambulanz des LKH J. und die Frage, ob der Beschwerdeführer an diesem Tag noch teilweise Dienst hätte leisten können ).
Am 11. August 1993 wurde von der DK eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Aus dem umfangreichen Protokoll ist aus der Sicht des Beschwerdefalles hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer zu allen (damals noch) 27 Anschuldigungspunkten befragt wurde und zu einigen Vorwürfen auch Zeugen (insbesondere der Vorsteher des BG O. Dr. W.) einvernommen wurden. Zum Vorfall vom 16. April 1993 (ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst) gab der Beschwerdeführer auf die Frage des Vorsitzenden, weswegen er zu diesem Faktum die Einvernahme seiner Mutter als Zeugin beantragt habe, keine Antwort (Seite 20 der Niederschrift). Über Vorhalt des Vorsitzenden, warum er sich immer wieder auf seine Angaben vor dem Präsidenten des LG L. berufe, obwohl er sich zunächst gegen diese Einvernahme gewendet habe, habe der Beschwerdeführer zunächst nicht geantwortet, sondern etwas anderes erzählt. Auf den Vorhalt des Vorsitzenden, ob er nicht zuhöre, die Frage nicht verstehe oder nicht antworten wolle, gab der Beschwerdeführer an, er wolle antworten. Er habe sich deshalb gegen sein Einvernahme durch den Präsidenten des LG L. gewendet, weil er dessen Befangenheit eingewendet habe; er habe sich "vom Protokoll" keineswegs wegen dessen Inhalt distanziert (Seite 37 der Niederschrift). Zum Vorwurf, an bestimmten Tagen die Dienstzeit nicht eingehalten zu haben, weil er die Mittagspause überzogen habe (Anmerkung: von diesem Vorwurf wurde der Beschwerdeführer in der Folge freigesprochen), rechtfertigte sich der Beschwerdeführer dahingehend, er inspiziere gelegentlich nach Rückkehr vom Mittagessen die Gerichtstafel. Dies mache er zwei bis dreimal monatlich, wobei dies etwa 5 bis 10 Minuten dauere. Dies könnte den Eindruck erwecken, er hätte seine Mittagspause überzogen, doch gehöre das Kontrollieren der Gerichtstafel seines Erachtens zu seinen Dienstpflichten. Manchmal müsse er auch eine Partei in die Mittagszeit hinein betreuen. In solchen Fällen komme er aus der Mittagspause dann eben etwas später zurück. Auf den Vorhalt des Vorsitzenden, "dass der Disziplinarbeschuldigte seine Rechte kritisch vertrete, seine Pflichten aber offensichtlich lockerer sehe", gab dieser keine Antwort (Seite 38 der Niederschrift).
Laut Niederschrift (Seite 40) verzichteten der Beschwerdeführer und der Disziplinaranwalt auf die Verlesung des in Kurzschrift aufgenommenen Protokolls. Weiters wurde auf Seite 40 protokolliert, der Beschwerdeführer "zieht sohin seine Beweisanträge in ON 29 zurück" (Anmerkung: Dabei handelt es sich um die Eingabe des Beschwerdeführers vom 28. Juli 1993, in der der Beschwerdeführer zwei Beweisanträge gestellt hatte) sowie vermerkt: "Der Disziplinarakt und der Personalakt des Disziplinarbeschuldigten werden verlesen." Aus der Verhandlungsschrift geht auch hervor, dass zu den einzelnen Anschuldigungen jeweils der Inhalt der "Faktenmappe" in der Verhandlung dargestellt wurde.
Mit Bescheid vom 11. August 1993 erkannte die DK den Beschwerdeführer schuldig, er habe in O. (Ortsnamen werden in der Folge anonymisiert).
"1. als Vorsteher der Geschäftsstelle des
Bezirksgerichtes O. von 1992 bis 20.1.1993 Personalakten nicht
ordnungsgemäß geführt,
2. als Kostenbeamter vom 1.10.1991 bis 20.1.1993 in
über 60 Verfahren Gebühren und Kosten nicht zeitgerecht berechnet
und in 13 Verfahren die zeitgerechte Übersendung vollstreckbarer
Ausfertigungen von Zahlungsaufträgen an die Einbringungsstelle
unterlassen,
3. als Grundbuchsrechtspfleger vom 11.2.1992 bis
20.1.1993 von 32 angefallenen Anmeldungsbögen 28 nicht erledigt,
4. als Kanzleibeamter im Verfahren C 216/91 a am
15.6.1992 Ladungen nicht abgefertigt, sodass die am 12.6.1992 für
den 26.6.1992 anberaumte Tagsatzung zur mündlichen
Streitverhandlung nicht stattfinden konnte,
5. im Verfahren C 212/91b das am 3.6.1992 in der
Kanzlei eingelangte Urteil erst am 1.7.1992 abgefertigt,
6. im Verfahren C 169/91i vom 18.11.1991 bis 31.8.1992
die Klagsrückziehung nicht ADV-mäßig erfasst,
7. im Verfahren 1 C 91/92b den am 24.6.1992 erlassenen
Zahlungsbefehl erst am 21.7.1992 abgefertigt und die
Abbuchungsermächtigung im ADV-C-Register nicht erfasst,
8. im Verfahren C 83/91 d bis 7.1.1993 die
Berufungsrückziehung nicht im ADV-C-Register erfasst,
9. im Verfahren E 2.005/91 vom 20.11.1991 bis
31.12.1992 die Zustellung des Beschlusses über die Einstellung des
Versteigerungsverfahrens unterlassen,
10. es trotz ausdrücklicher Weisung unterlassen, für
seine Abwesenheit vom Dienst eine den gesamten Zeitraum seiner
Abwesenheit erfassende ärztliche Bestätigung vorzulegen und ist
daher am 16.4.1993 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen,
11. im Oktober und November 1991 in der Strafsache
U 10/91 des Bezirksgerichtes O. wiederholte Weisungen des
Vorstehers, ein Gesuch um Stundung von Gebühren bzw. Kosten
vorzuerledigen, nicht befolgt,
12. als Leiter der Geschäftsabteilung für
Zivilprozesssachen des Bezirksgerichtes O. im Verfahren C 136/91m
die Verfügung vom 24.10.1991, eine Ladung im ADV-Mahnverfahren
sowie eine Gleichschrift des Beweisbeschlusses anzufertigen, nicht
beachtet, weswegen die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung
verlegt werden musste; er hat auch der Ladung zu der neuerlichen
Tagsatzung trotz entsprechender Verfügung die Gleichschriften des
Beweisbeschlusses nicht angeschlossen,
13. als Verwalter der Amtsbücherei des
Bezirksgerichtes O. trotz mehrfacher Weisungen bis zum 12.12.1991
Mängel in der Führung der Amtsbücherei nicht beseitigt, wobei
diese Mängel insbesondere falsche oder fehlende Eintragungen im
Fortsetzungskatalog, falsche oder fehlende Signaturen und die
Nichteinordnung von Ergänzungslieferungen betrafen,
14. am 13.11.1991 im Akt Jv 372/91, am 25.11.1991 im
Akt E 34/91, am 9.12.1991 im Akt E 424/90 und am 16.10.1991 im Akt
Jv 46/91 je des Bezirksgerichtes O. Amtsvermerke vorgenommen, in
denen er das Verhalten des Vorstehers des Bezirksgerichtes O. in
ungehöriger und teils beleidigender Weise kritisiert hat,
15. am 7.10.1991 im Akt Jv 21/89 des Bezirksgerichtes
O. in einem Amtsvermerk den Wahrheitsgehalt einer Mitteilung des
Präsidenten des Landesgerichtes L. angezweifelt,
16. am 23.10.1991 ein Gespräch mit dem Vorsteher des
Bezirksgerichtes O. über dienstliche Angelegenheiten verweigert
und entgegen der Weisung des Vorstehers dessen Arbeitszimmer
verlassen,
17. am 24.10.1991 erklärt, er nehme schriftliche
Weisungen des Vorstehers nur mehr im Beisein seines Rechtsanwaltes
entgegen,
18. am 11.11.1991 die Weisung des Vorstehers des
Bezirksgerichtes O. die Vernichtung von Altpapier durchzuführen, nicht zeitgerecht befolgt,
19. im November 1991 im Verfahren C 162/91k des Bezirksgerichtes O. die Ladung zu einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung so verspätet abgefertigt, dass die Tagsatzung neuerlich ausgeschrieben werden musste, und
20. am 12.12.1991 auf die Weisung des Vorstehers des Bezirksgerichtes, dass er Weisungen des Vorstehers, die andere Bedienstete des Bezirksgerichtes O. ihm mündlich überbringen, zu befolgen habe, erklärt, er werde schriftlich bekannt geben, ob er diese Weisung annehme, und sich schließlich geweigert, diese Weisung zu befolgen."
Er habe hiedurch als Bediensteter des BG O. seine Dienstpflichten nach den §§ 43 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1, 48 Abs. 1 und 51 Abs. 1 BDG 1979 vernachlässigt und dadurch Dienstpflichtverletzungen nach § 91 BDG 1979 begangen.
Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 werde er zu einer Geldstrafe von S 50.000,-- verurteilt.
Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 habe er einen Beitrag von S 2.000,-- zu den Verfahrenskosten zu leisten.
Hingegen wurde der Beschwerdeführer von insgesamt 10 weiteren Vorwürfen freigesprochen.
Die DK gründete den von ihr angenommenen, zu den 20 dem Beschwerdeführer angelasteten Fakten detailliert dargestellten Sachverhalt auf den Inhalt der Personalakten des Beschwerdeführers, teilweise auch auf seine Angaben vor der DK und - hinsichtlich seiner Auslastung - sowohl auf das Betriebliche Informationssystem der Justiz als auch auf der Personalinformationssystem des Bundes. Zu den einzelnen dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Pflichtverletzungen gründeten sich die Tatsachenfeststellungen auf die im erstinstanzlichen Bescheid ausführlich dargestellte Beweiswürdigung.
In rechtlicher Hinsicht habe der Beschwerdeführer durch die zu 1. bis 9., 11. bis 13. sowie 18. und 19. festgestellten Verhaltensweisen seine dienstlichen Aufgaben, teilweise sogar nach förmlichen Ausstellungen durch den Präsidenten des LG L., nicht erfüllt. Obwohl dem Beschwerdeführer als ausgebildetem Grundbuchspfleger die intellektuellen Fähigkeiten zur Leitung einer Geschäftsabteilung jedenfalls zur Verfügung stehen sollten, habe er bei seinen Tätigkeiten häufig jede Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit, aber auch den nötigen Fleiß vermissen lassen, sodass er es neben Unzukömmlichkeiten im gerichtsinternen Bereich zu Situationen habe kommen lassen, die geeignet gewesen seien, das Vertrauen der rechtsschutzsuchenden Bevölkerung in die Tätigkeit des BG O. zu gefährden. Insgesamt erwecke der Beschwerdeführer den Eindruck, in fachlicher Hinsicht nicht sehr sattelfest zu sein. Anstatt durch entsprechenden Einsatz zu versuchen, seine Unsicherheiten zu beseitigen, initiiere er unnötige Auseinandersetzungen, die er dann zum Vorwand nehme, ihm aufgetragene Aufgaben nicht zu erledigen bzw. zur Begründung seiner Minderleistung heranzuziehen. Dieses Verhalten erreiche die Grenze der Arbeitsverweigerung, wenn der Beschwerdeführer meine, Weisungen seines Vorgesetzten grundsätzlich an die Schriftform binden zu können oder nur "in Anwesenheit eines Rechtsanwaltes" entgegennehmen zu müssen. Sein Versuch der Rechtfertigung, arbeitsmäßig überlastet zu sein, gehe angesichts des weit unterdurchschnittlichen Geschäftsanfalls beim BG O. ins Leere, und zwar selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beschwerdeführer einen durchaus unterschiedlichen Geschäftsanfall zu bewältigen habe, sodass er fachlich einen relativ großen Arbeitsbereich überblicken müsse, ohne sich in den einzelnen Sparten ohne weiteres entsprechende Routine erwerben zu können. Dennoch wäre es dem Beschwerdeführer im Hinblick auf den absolut geringfügigen Anfall leicht möglich gewesen, sich korrekt und kooperativ zu verhalten. Die von ihm zu vertretenden Fehlleistungen bzw. Untätigkeiten ließen aber seine gegenüber den Dienstpflichten gleichgültige und oft sogar ablehnende Einstellung erkennen. Mit dieser Haltung verstoße er überdies gegen seine Verpflichtung, den Vorsteher des BG O. zu unterstützen und dessen Weisungen zu befolgen. Seine ablehnende Haltung zu dieser Dienstpflicht zeigten insbesondere auch die zu 14. bis 17. und zu
20. dargestellten Pflichtverletzungen. Die ungehörigen und beleidigenden Äußerungen gegenüber dem Vorsteher des BG als seinem Vorgesetzten in parteiöffentlichen Akten seien geeignet, dem Ansehen der Justiz und dem Vertrauen der Parteien auf einen geordneten Gerichtsbetrieb empfindlich zu schaden. Mit dem zu 10. dargestellten Verhalten habe der Beschwerdeführer ferner in gravierender Weise gegen die in § 48 Abs. 1 BDG 1979 verankerte Pflicht zur dienstlichen Anwesenheit und gegen das in § 51 leg. cit. festgelegte Rechtfertigungsgebot im Abwesenheitsfall verstoßen.
In der Folge begründete die DK die Strafbemessung sowie auch die Freisprüche näher.
Das Disziplinarerkenntnis der DK wurde nach zwei erfolglosen Zustellversuchen des Zustellorgans am 4. März 1994 hinterlegt und am 14. März 1994 vom Beschwerdeführer behoben.
In seiner Berufung vom 14. März 1994 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe noch keine Protokollabschrift von der am 11. August 1993 durchgeführten Verhandlung erhalten. Er führte dann weiter Folgendes aus:
"Weiters mache ich Verfahrensmängel geltend. Auf meinen Antrag meine Mutter als Zeugin zu vernehmen wurde nicht eingegangen.
Auch auf meine während des Verfahrens gemachten Einwände der Befangenheit wurde nicht eingegangen.
Ich beantrage daher die Entscheidung der Disziplinarkommission ... aufzuheben."
Die Niederschrift des Verhandlungsprotokolls wurde dem Beschwerdeführer laut Rückschein am 18. März 1994 zugestellt. Weitere Einwendungen hat er in der Folge nicht erhoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Juli 1994 wies die belangte Behörde die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Gleichzeitig sprach sie aus, dass dem Beschwerdeführer aufzuerlegende Kosten im Berufungsverfahren nicht erwachsen seien.
Nach Darstellung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses begründete die belangte Behörde näher, warum sie trotz der äußerst knappen Ausführungen von einem begründeten Berufungsantrag und damit einer zulässigen Berufung ausgehe. Inhaltlich komme ihr aber keine Berechtigung zu. Der allgemein gehaltene Vorwurf von Verfahrensmängeln gehe angesichts des mit großer Umsicht geführten Verfahrens und des umfangreichen, mit Genauigkeit auf jedes Detail eingehenden Bescheides der DK ins Leere. Jeder der gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe sei eingehend geprüft und einer schlüssigen Beweiswürdigung unterzogen worden. Dies folge auch daraus, dass er letztlich in zehn Punkten freigesprochen worden sei, und zwar in sieben Punkten mangels an Beweisen und in drei Punkten nach eingehender rechtlicher Erörterung aus dem Grund, weil die davon erfassten Verhaltensweisen nach Auffassung der DK keine Dienstpflichtverletzung darstellten. Die belangte Behörde pflichte der DK daher sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung in allen Punkten bei. Dies umso mehr, als es die Berufung selbst - von zwei Vorwürfen abgesehen - verabsäume, die behaupteten Verfahrensmängel darzulegen.
Zu den Berufungsargumenten im Einzelnen führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei in der mündlichen Verhandlung vor der DK ausdrücklich befragt worden, weshalb er seinen Antrag, seine Mutter als Zeugin zu vernehmen - dieser Antrag betreffe den unter Punkt 10 des Schuldspruches der DK erfassten Vorfall - gestellt habe. Er habe darauf keine Antwort gegeben. Am Schluss der Verhandlung habe er daraufhin seine sich auf dieses Faktum beziehenden Beweisanträge (ON 29 des Aktes der DK), und damit auch den hier monierten Antrag zurückgezogen. Ein Beweisantrag, über den zu entscheiden gewesen wäre, sei somit nicht vorgelegen. Damit fehle auch dem in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwurf eines Verfahrensmangels jede Grundlage.
Der Vorwurf der Befangenheit sei, soweit er sich auf Einwendungen im Verfahren vor der DK beziehe, gegenstandslos geworden: auf Grund einer Änderung der Geschäftsverteilung sei an die Stelle des vom Beschwerdeführer abgelehnten seinerzeitigen Vorsitzenden (MR. Dr. A) Staatsanwalt Dr. B. getreten, der vom Beschwerdeführer nicht wegen Befangenheit abgelehnt worden sei. Dessen ungeachtet habe der die Ablehnung enthaltene Schriftsatz ON 17 des Aktes der DK (= Eingabe des Beschwerdeführers vom 28. Jänner 1993) die Anführung wichtiger Gründe, die geeignet gewesen wären, die volle Unbefangenheit eines Verwaltungsorgans in Zweifel zu ziehen (§ 7 Abs. 1 Z 4 AVG) vermissen lassen. Es sei auch der belangten Behörde nicht ersichtlich, worin die behauptete Befangenheit von MR Dr. A. hätte bestehen sollen.
Mit dem Feststehen des Mangels einer auch nur behaupteten Befangenheit seitens der DK müsse der Berufung aber auch in diesem Punkt von vornherein der Erfolg versagt werden. Die Rechtsprechung zu § 7 AVG gehe davon aus, dass Befangenheit lediglich die Hemmung einer unparteiischen Entscheidung (Hervorhebung im Original) durch unsachliche Motive bedeute. Das Tätigwerden des vom Beschwerdeführer ebenfalls als befangen abgelehnten Präsidenten des LG L. Dr. E als Vernehmungsorgan im Zusammenhang mit den Einvernahmen vom 27. Mai und 11. November 1992 sei - wie sich aus dem Zusammenhang ergebe - nicht als das eines Verwaltungsorgans im Stadium der Entscheidungsfindung zu werten. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer zu allen Vorwürfen, die dem gegen ihn ergangenen Schuldspruch zu Grunde lägen, eingehend in der mündlichen Verhandlung vor der - jedenfalls auch von ihm nicht als befangen abgelehnten - DK nochmals vernommen und das Ergebnis dieser Vernehmung der Entscheidungsfindung der DK primär zugrundegelegt worden sei. Selbst bei Annahme tatsächlich gegebener Befangenheit (die im vorliegenden Fall ohnedies der Grundlage entbehre) und der Einflussnahme eines befangenen Organs auf die Entscheidung könnte diese Befangenheit eines Verwaltungsorgans aber nur dann mit Erfolg als Verfahrensmangel geltend gemacht werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen die Entscheidung erster Instanz ergäben. Dass dies hier nicht der Fall sei, sei bereits dargelegt worden.
Es folgen in der Begründung Darlegungen zur Strafbemessung. Es sei auch der Ausspruch der DK über den auferlegte Beitrag zu den Verfahrenskosten unbedenklich (wird näher ausgeführt).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Rechtslage
1. Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979
Im 9. Abschnitt (§§ 91 ff des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979) werden nähere Bestimmungen über das "Disziplinarrecht" getroffen. Paragraphenzitate ohne ausdrückliche Angabe des Gesetzeszitates beziehen sich auf das BDG 1979. Das BDG 1979 wird nur dort ausdrücklich als Zitat angeführt, wo Verwechslungsgefahr besteht.
Gemäß § 91 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.
Disziplinarstrafen sind nach § 92 Abs. 1 1. der Verweis,
2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage, 3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage, 4. die Entlassung.
Nach § 105 Z 1 sind - soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist -, auf Disziplinarverfahren das AVG mit Ausnahme von einigen taxativ aufgezählten Paragraphen, die aber im Beschwerdefall keine Rolle spielen, anzuwenden. § 15 AVG ist von der Anwendung nicht ausgenommen.
Gemäß § 107 Abs. 2 ist auf Verlangen des Beschuldigten ein Beamter des Dienststandes von der Dienstbehörde als Verteidiger zu bestellen.
§ 123 regelt die Einleitung. Nach dem letzten Satz des Abs. 1 dieser Bestimmung (in der Stammfassung, BGBl. Nr. 333/1979) sind notwendige Ermittlungen von der Dienstbehörde im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen.
§ 124 betrifft den Verhandlungsbeschluss und die mündliche Verhandlung.
Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluss) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden (§ 124 Abs. 1 erster Satz).
Im Verhandlungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen (§ 124 Abs. 2 erster Satz).
Nach Abs. 3 (erster und zweiter Satz) dieser Bestimmung ist im Verhandlungsbeschluss dem Beschuldigten die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekannt zu geben. Der Beschuldigte hat das Recht, binnen einer Woche nach Zustellung des Verhandlungsbeschlusses ein Mitglied des Senates ohne Angabe von Gründen ablehnen.
Die Abs. 13 und 14 (ebenso wie der Abs. 15 eingefügt durch die BDG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 287) des § 124 lauten:
"(13) Über die mündliche Verhandlung ist eine vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterfertigende Verhandlungsschrift aufzunehmen. Sie ist vor der Beratung des Senates zu verlesen, wenn die Parteien nicht darauf verzichtet haben. Wird gegen die Aufnahme der Verhandlungsschrift in Kurzschrift oder auf Schallträger kein Einwand erhoben, so ist dies zulässig. Vor der Beratung des Senates ist die in Kurzschrift aufgenommene Verhandlungsschrift zu verlesen oder es ist die Aufnahme des Schallträgers wiederzugeben, wenn die Parteien nicht darauf verzichtet haben. Aufnahmen in Kurzschrift oder auf Schallträger sind spätestens binnen einer Woche in Vollschrift zu übertragen. Der Schallträger ist mindestens drei Monate ab der Übertragung aufzubewahren.
(14) Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Verhandlungsschrift sind bis spätestens unmittelbar nach der Verlesung (Wiedergabe) zu erheben. Wenn den Einwendungen nicht Rechnung getragen wird, sind diese in die Verhandlungsschrift als Nachtrag aufzunehmen. Die Verkündung des Erkenntnisses gemäß Abs. 12 ist am Ende der Verhandlungsschrift zu protokollieren. Auf die Verhandlungsschrift ist § 14 Abs. 3, 4 letzter Satz und 5 AVG nicht anzuwenden."
Die gleichfalls durch die BDG - Novelle 1988 eingefügte Bestimmung des § 125a lautet (in dieser im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung):
"Absehen von der mündlichen Verhandlung
§ 125a. (1) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission kann Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend geklärt ist und die Parteien nicht ausdrücklich in der Berufung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt haben.
(2) Ungeachtet eines Parteienantrages kann die Disziplinaroberkommission von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Berufung zurückzuweisen, die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen oder ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist."
2. AVG
Die nach § 124 Abs. 14 BDG hier geltenden Teile des § 14 AVG lauten:
"§ 14. (1) Mündliche Anbringen von Beteiligten sind erforderlichenfalls ihrem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift festzuhalten. Niederschriften über Verhandlungen (Verhandlungsschriften) sind derart abzufassen, dass bei Weglassung alles nicht zur Sache Gehörigen der Verlauf und Inhalt der Verhandlung richtig und verständlich wiedergegeben wird.
(2) Jede von der Behörde aufgenommene Niederschrift hat außerdem zu enthalten:
1. Ort, Zeit und Gegenstand der Verhandlung und, wenn schon frühere darauf bezügliche Verhandlungen vorliegen, erforderlichenfalls eine kurze Darstellung des Standes der Sache;
2. die Benennung der Behörde und die Namen des Leiters der Amtshandlung und der sonst mitwirkenden amtlichen Organe, der anwesenden Beteiligten und ihrer Vertreter sowie der etwa vernommenen Zeugen und Sachverständigen;
3. die eigenhändige Unterschrift des die Amtshandlung leitenden Organs.
(4) In dem einmal Niedergeschriebenen darf nichts Erhebliches ausgelöscht, zugesetzt oder verändert werden. Durchstrichene Stellen sollen noch lesbar bleiben.
§ 15 AVG lautet:
"Soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, liefert eine gemäß § 14 aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt zulässig."
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen
1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht beschwert, dass
a) sein Antrag, das Verfahren an ein anderes Gericht zu übertragen, mehrfach nicht protokolliert bzw. soweit dies der Fall gewesen sei (Protokoll vom 1. April 1993) übergangen worden sei (insbesondere im Verfahren vor der DK - siehe näher unten unter 2.1.1.).
b) sein Anspruch auf einen objektiven unbefangenen Richter durch die DK nicht erfüllt worden sei (siehe dazu näher unten unter 2.2.1),
c) im Verfahren bei der DK fälschlich protokolliert worden sei, dass er einen Beweisantrag zurückgezogen habe (siehe dazu näher unten unter 2.3.1.),
d) bezüglich seiner persönlichen Auslastung verschiedene Eingaben von ihm nicht behandelt worden seien (siehe dazu näher unten unter 2.4.1.) und
e) er durch die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei (2.5.1.)
2.1.1 Zum Beschwerdepunkt unter 1.a bringt der Beschwerdeführer vor, er habe mehrfach im Disziplinarverfahren den Wunsch geäußert, dass das Verfahren "aus der Einflusssphäre des Landesgerichtes L..." genommen und einem anderen Gericht bzw. einer anderen Behörde übertragen werde. Seine diesbezüglich mehrfach gestellten Anträge seien nicht protokolliert worden bzw. wenn sie - wie im Protokoll vom 1. April 1993 - festgehalten worden seien, übergangen worden.
2.1.2. Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Dieses Vorbringen richtet sich offenbar gegen die Einbindung des Präsidenten des LG. L. Dr. E. in das vorliegende Disziplinarverfahren. Die von ihm im Auftrag der DK nach Erlassung des ersten Einleitungsbeschlusses, aber vor Fassung des sich darauf beziehenden Verhandlungsbeschlusses durchgeführten Einvernahmen des Beschwerdeführers vom 27. Mai und 9. November 1992 gründen sich letztlich auf § 124 Abs. 1 Satz 1. Die im Verdachtsbereich für die Fassung des Verhandlungsbeschlusses zur ausreichenden Klärung des Sachverhaltes für die Formulierung der Anschuldigungspunkte im Sinn des § 124 Abs. 2 notwendigen Ermittlungen - die endgültige Klärung hat erst in der mündlichen Verhandlung vor der DK zu erfolgen - sind auch in diesem Fall (ungeachtet der von § 123 Abs. 1 letzter Satz abweichenden Formulierung) von der Dienstbehörde durchzuführen (in diesem Sinn Kucsko/Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 2. Auflage, Seite 425 unter Hinweis auf die EB zur RV zum BDG 1977, 500 Blg NR 14. GP, Seite 89). Die am 1. April 1993 erfolgte Einvernahme des Beschwerdeführers (zu den Nachtrags-Disziplinaranzeige vom 16. Februar 1993) fand hingegen vor der Erlassung des sich darauf (u.a.) beziehenden (zweiten) Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses vom 17. Juni 1993 statt; sie findet letztlich ihre Grundlage in § 123 Abs. 1 letzter Satz.
Dass die an sich für den Beschwerdeführer zuständige Dienstbehörde (das war nach § 2 Z. 6 lit c in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z. 22 DVV 1981 der Präsident des OLG X.) eine nachgeordnete Dienststelle (hier: den Präsidenten des KG L., zu dessen Sprengel das BG. O gehört) mit der tatsächlichen Durchführung der im Auftrag der DK anzustellenden Ermittlungen beauftragt, ist unbedenklich.
Im Vorbringen des Beschwerdeführers selbst wird der Grund für seinen "Verlegungswunsch" nicht genannt. Aus der Anführung seines in der Niederschrift vom 1. April 1993 protokollierten Antrages lässt sich aber entnehmen, dass er sich davon die Durchführung eine objektiven und korrekten Verfahrens erwartet hat. Damit wird der "Verlegungswunsch" (jedenfalls im inhaltlich unbestritten gebliebenen Vorbringen vom 1. April 1993) mit einer vom Beschwerdeführer offenbar vermuteten Befangenheit, und zwar nicht bloß des ihn einvernehmenden Präsidenten des KG. L, sondern aller Richter im Sprengel seiner Dienstbehörde (= OLG X.), begründet. Sollte ein derart umfassender Befangenheitseinwand auch der Beschwerde (wenn auch nunmehr offenkundig auf das LG. L eingeschränkt) zu Grunde liegen, ist er schon deshalb untauglich, weil die bloße Zugehörigkeit zu einer bestimmten Behörde keine Befangenheit begründet. Sollte sich der Einwand in der Beschwerde hingegen primär gegen den Präsidenten des KG (jetzt LG) L. richtet, bleibt die Beschwerde jede konkrete Angabe schuldig, worauf sich die im Ergebnis behauptete Befangenheit gründen soll. Gerade die Angabe der Gründe wäre aber in der Beschwerde erforderlich gewesen, behauptet der Beschwerdeführer doch, dass mehrere in diese Richtung von ihm gestellte Anträge nicht protokolliert worden seien. Mangels eines substantiierten Vorbringens lässt sich schon deshalb das Zutreffen der im Ergebnis behaupteten Befangenheit nicht prüfen, sodass dieses Beschwerdevorbringen (einschließlich des Vorwurfs der unterbliebenen Protokollierung solcher Einwände) der Beschwerde nicht zum Erfolg verhilft (vgl. in diesem Zusammenhang auch die ähnlichen Einwendungen des Beschwerdeführers im Leistungsfeststellungsverfahren - siehe dazu die Ausführungen in den hg. Erkenntnissen vom 29. März 2000, Zl. 94/12/0180, und vom 28. April 2000, Zl. 95/12/0107).
Im Übrigen ist die belangte Behörde auf den in der Berufung enthaltenen Befangenheitsvorwurf (über das nunmehrige Beschwerdevorbringen hinaus) im umfassender Weise eingegangen (zur Frage, ob dies auch ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zulässig war, siehe unten unter 2.5.2.)
2.2.1. Zum Beschwerdepunkt 1.b führt der Beschwerdeführer aus, es habe während der Verhandlung vor der DK ständig Einschüchterungen und Verunglimpfungen gegeben (z.B. Vorhalt, der Beschwerdeführer wäre nur auf seine Rechte, nicht aber auf seine Pflichten bedacht gewesen). Die Schriftführerin habe ständig über seine Ausführungen gelacht. Außer der Mittagspause habe es bei der mündlichen Verhandlung vor der DK keine Erholungspause gegeben; die Verhandlung habe bis 17 Uhr gedauert. Viele gestellten Fragen hätten mit dem Verfahren nichts zu tun gehabt. Daher seien seine "Ansprüche auf einen objektiven unbefangenen Richter" durch die DK nicht gewahrt worden.
2.2.2. Dieses erstmals in der Beschwerde enthaltene Vorbringen, mit dem der Beschwerdeführer im Ergebnis die Befangenheit der Mitglieder der DK begründet, fällt unter das Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG und ist daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich. Der Beschwerdeführer hat die hier vorgebrachten konkreten Umstände auch nicht ansatzweise in seiner Berufung geltend gemacht, obwohl sie ihm spätestens nach Übermittlung des Verhandlungsprotokolls im März 1994 bekannt sein mussten.
2.3.1. Zum Beschwerdepunkt 1.c macht der Beschwerdeführer a) geltend, das Ergebnis der Vernehmung der von ihm beantragten Zeugen sei unrichtig im Protokoll festgehalten worden. Er habe den Antrag auf Zeugeneinvernahme nie zurückgezogen, sondern im Gegenteil seine Anträge aufrecht erhalten. Einem (namentlich genannten) Mitglied der DK seien diese Umstände auch bekannt.
b) Bereits bei den vorangegangenen Einvernahmen seien die Termine durch den Präsidenten des KG (LG) L. beim BG so angesetzt gewesen, dass es dem Beschwerdeführer zeitlich nicht möglich gewesen sei, sich mit seinem Rechtsvertreter in Verbindung zu setzen. c) Ein Verfahrensfehler dürfte auch darin gelegen sein, dass ihm die Entscheidung und Protokollabschrift (gemeint wohl von der mündlichen Verhandlung vor der DK) erst nach sieben Monaten zugestellt worden sei. Das Verfahren habe sich durch zwei Jahre dahingeschleppt; es habe mehrere Anzeigen gegeben. d) Mehrere Zustellungen seien an ihn während seines Krankenstandes (in der Zeit vom 7. Dezember 1992 bis 22. Jänner 1993 wegen eines Beinbruches) erfolgt. e) Während des Verfahrens seien auch verschiedene von ihm gemachte Äußerungen und Rechtfertigungen übergangen worden, insbesondere dass er während seiner Arbeit laufend vom Richter Dr. W. behindert worden sei, dass die Arbeitsbedingungen demnach für ihn unzumutbar gewesen seien und dass es vor allem Kommunikationsprobleme zwischen ihm und diesem Richter wegen dessen deutsch-nationaler Äußerungen gegeben habe. Dr. W habe immer wieder unhaltbare Verdächtigungen und Anschuldigungen gegen ihn geäußert. f) Mehrfach sei auch sein Anspruch auf Vertretung durch ein Organ der Personalvertretung abgelehnt worden.
2.3.2. Auch dieses Vorbringen stellt zur Gänze eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.
Davon abgesehen ist zusätzlich zu den einzelnen Punkten Folgendes zu bemerken:
Ad a) Dem Beschwerdeführer wurde das Protokoll von der mündlichen Verhandlung vom 11. August 1993 - wenn auch nach Erhebung seiner Berufung - über sein (nachträgliches) Verlangen am 18. März 1994 zugestellt. Da er im Sinn des § 124 Abs. 14 Satz 1 keine rechtzeitigen Einwendungen gegen die Verhandlungsschrift erhoben hat - unbestritten ist geblieben, dass er mit der Aufnahme der Verhandlungsschrift in Kurzschrift einverstanden war und auf deren Verlesung verzichtet hat - lieferte sie nach dem nach §§ 105 Z. 1 und 124 BDG 1979 nicht ausgeschlossenen § 15 AVG vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung. Es wäre dem Beschwerdeführer aber der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges (nach § 15 letzter Satz AVG) freigestanden. Er hat aber auch nach der Zustellung der Verhandlungsschrift im (Berufungs)Verfahren vor der belangten Behörde die nunmehr behaupteten Fehler der Protokollierung nicht geltend gemacht und im Sinn der ihn bei einem solchen Vorbringen treffenden Beweislast keine konkreten Gründe zur Entkräftung der Beweiskraft der Niederschrift vorgebracht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1994, Zl. 94/11/0132).
Ein solches Vorgehen wäre auch bezüglich seiner in der Berufung erhobenen Verfahrensrüge (Nichtberücksichtigung seines Antrages, seine Mutter als Zeugin zu vernehmen) geboten gewesen, musste der Beschwerdeführer doch nach Zustellung der Verhandlungsprotokolls diesem entnehmen, dass er zum einen auf eine ausdrückliche Frage, was er mit diesem Antrag zum Vorfall vom 16. April 1993 (= Schuldspruch Punkt 10) bezwecke, keine Antwort gegeben und zum anderen, dass er (nach dem Protokoll) seine Beweisanträge (mangels Einschränkung war damit - wie sich aus dem Zusammenhang ergibt - auch der seine Mutter betreffende Antrag gemeint) zurückgezogen habe. Damit war dem Beschwerdeführer aber auch erkennbar, dass bei Zutreffen der Protokollierung das Schicksal dieser Verfahrensrüge besiegelt ist (keine Berücksichtigung dieses Beweisantrages durch die DK wegen dessen Zurückziehung), es sei denn, er würde im Berufungsverfahren in Ergänzung seiner Berufung das Zutreffen dieser Protokollierung durch konkretes Vorbringen bestreiten. Keinesfalls konnte aber - jedenfalls bei der im Beschwerdefall gegebenen Fallkonstellation -
die in seiner Berufung erhobene Verfahrensrüge für sich allein auch als eine Bestreitung der laut Protokollierung erfolgten Zurückziehung dieses Beweisantrages gewertet werden noch lag in dieser Beziehung wegen der vollen Beweiskraft des Verhandlungsprotokolls ein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor. Trotz der dazu bestehenden Möglichkeit hat der Beschwerdeführer von einer Ergänzung seiner Berufung in dieser Richtung nicht Gebrauch gemacht.
Ad b) Nach den vorgelegten Verwaltungsakten war der Beschwerdeführer nur im Verfahren vor der DK in der Zeit vom 31. Juli 1992 (Einlangen der Bevollmächtigungsanzeige bei der DK) bis zum 4. Jänner 1993 (Einlagen der Auflösung der Bevollmächtigung) anwaltlich vertreten. In diesen Zeitraum fiel seine am 11. November 1992 durchgeführte (zweite) Einvernahme durch den Präsidenten des KG L., bei der der Beschwerdeführer (nach seinen Angaben wegen zu später Information über den Termin bzw. wegen nicht erfolgter Übermittlung des Protokolls der ersten Einvernahme) im Ergebnis keine Aussage machte, jedoch darauf hinwies, er werde nur vor der DK aussagen. Da der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der DK am 11. August 1993 zu allen Anschuldigungspunkten befragt wurde, auch dazu Stellung nahm oder jedenfalls nehmen konnte und die DK in ihrem Disziplinarerkenntnis die in der mündlichen Verhandlung erörterten Unterlagen verwertete, ist dieses Vorbringen auch aus diesem Grund nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Ad c und d) Der Beschwerdeführer hat die Relevanz der objektiv (trotz ihres Umfanges) jedenfalls verspäteten Fertigstellung und Übermittlung der Verhandlungsschrift sowie der angeblich mehrfachen Zustellung behördlicher Schriftstücke während seines durch einen Schiunfall bedingten Krankenstandes (Dezember 1992/Jänner 1993) nicht dargetan. Im Übrigen erfolgte nach den in den vorgelegten Akten befindlichem Rückscheinen während dieser Zeit nur die Zustellung des ersten Verhandlungsbeschlusses der DK vom 21. Dezember 1992, der vom Beschwerdeführer am 29. Dezember 1992 übernommen wurde. Offenbar veranlasste ihn diese Zustellung zu seinem Schreiben vom 30. Dezember 1992, mit der er die DK von seinem unfallbedingten Krankenstand in Kenntnis setzte (eingelangt am 5. Jänner 1993). Nach diesem Zeitpunkt erfolgten an den Beschwerdeführer während seines Krankenstandes keine weiteren Zustellungen behördlicher Schriftstücke der DK.
Ad e) In der mündlichen Verhandlung vom 11. August 1993 wurde der Vorsteher des BG O. Dr. W. eingehend als Zeuge vernommen. Hinweise auf Äußerungen wie sie der Beschwerdeführer nunmehr vorbringt finden sich nicht. Der Beschwerdeführer hat auch trotz Kenntnis des Verhandlungsschrift im Berufungsverfahren die Vollständigkeit des Protokolls nicht mit konkreten Behauptungen in Zweifel gezogen (vgl. dazu auch die Ausführungen oben unter a).
Ad f) Ein Anspruch gegenüber den Disziplinarbehörden, im Disziplinarverfahren durch ein Organ der Personalvertretung vertreten zu werden, besteht nach § 107 BDG 1979 nicht. Ein sich allenfalls aus § 9 Abs. 4 lit. d des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) ergebender Anspruch (der dort geregelte Anspruch des Bediensteten auf Vertretung in einer "Einzelpersonalangelegenheit" steht nach der Rechtsprechung der PVAK unter der Einschränkung des § 2 Abs. 2 PVG) richtet sich in der Regel gegen den Dienststellenausschuss, also ein Organ der Personalvertretung, nicht aber gegen den Dienstgeber bzw. dessen Organe (so schon das hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 94/12/0180)
2.4.1. Zum Beschwerdepunkt 1.d führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, es hätten seine Eingaben zu seiner Arbeitsauslastung geprüft werden müssen bzw. auch inwieweit er seinen Aufgaben durch verschiedene Behinderungen nicht habe nachkommen können.
2.4.2. Auch dieses Vorbringen enthält eine unbeachtliche Neuerung. In der Begründung des Disziplinarerkenntnisses der DK finden sich umfangreiche Ausführungen zu diesem Thema, die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht bekämpft wurden.
2.5.1. Schließlich bringt der Beschwerdeführer in Ausführung des Beschwerdepunktes 1.e vor, es würden in Verfahrensfragen hilfsweise die allgemeinen Bestimmungen über das Verwaltungsverfahren, demnach das AVG, aber auch "in Disziplinarsachen mit Strafkompetenz die Bestimmungen des VStG", insbesondere dessen § 51e (wobei die belangte Behörde dem dort genannten unabhängigen Verwaltungssenat gleichzusetzen sei) bezüglich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung anzuwenden sein. Durch die nicht öffentliche Entscheidung der belangten Behörde seien offensichtlich Verfahrensvorschriften verletzt worden.
2.5.2. Dem ist Folgendes zu erwidern:
Die Verfahrensbestimmungen des VStG finden im Disziplinarverfahren nach § 105 Z 1 BDG 1979, der die Anwendbarkeit des AVG (mit bestimmten Ausnahmen) anordnet, keine Anwendung. Der (ausnahmsweise) Entfall der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ist in § 125a BDG 1979 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der BDG-Novelle 1988) geregelt.
Die belangte Behörde hat keine mündliche Verhandlung abgehalten. Strittig ist, ob sie sich dabei auf § 125a Abs. 1 berufen konnte.
Die in der Berufung erhobene allgemeine Verfahrensrüge entbehrte jeglicher auch nur konkreter Andeutung, wodurch sich der Beschwerdeführer durch das Verfahren vor der DK verletzt erachtet haben könnte. Sie boten keinen Anlass zu weiteren Klärung des Sachverhaltes.
Die beiden "konkreten" Einwendungen in der Berufung betrafen die Vorwürfe a) die DK sei auf seine im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Antrag, seine Mutter als Zeugin zu vernehmen, nicht eingegangen und habe b) seine im erstinstanzlichen Verfahren vor der DK erhobenen Einwände der Befangenheit nicht behandelt.
Was das unter a) genannte Berufungsvorbringen betrifft, das sich seinem Inhalt nach nur auf den Schuldspruch unter Punkt 10 bezog, konnte dieses Vorbringen von der belangten Behörde aus den oben unter 2.3.2. unter a) dargelegten Überlegungen (mangels Bestreitung der Richtigkeit der Verhandlungsschrift durch Anbieten eines Gegenbeweises) unbedenklich an Hand der Aktenlage behandelt werden.
Für das unter b) genannte Berufungsvorbringen, das die belangte Behörde sowohl auf die Einbindung des Präsidenten des KG L. in das Disziplinarverfahren vor der DK als auch auf den Vorsitzenden des erkennenden Senates der DK im Jahr 1992, MR Dr. A, der allerdings auf Grund einer Änderung der Geschäftseinteilung ab 1993 an weiteren Beschlüssen dieses Senates unbestritten nicht mehr mitwirkte, bezog, gilt dies aus den oben unter 2.1.2. dargelegten Überlegungen.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf Grund der Berufung und der im Berufungsverfahren dem Beschwerdeführer übermittelten und in diesem Verfahrensabschnitt unbestritten gebliebenen Verhandlungsschrift nach § 125a Abs. 1 von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand nahm, da unbestritten auch die zweite Tatbestandsvoraussetzung nach dieser Bestimmung erfüllt ist.
3.1. Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
3.2. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. April 2001
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Unmittelbarkeitsprinzip Gegenüberstellungsanspruch Fragerecht der Parteien VwRallg10/1/2 Verhältnis zu anderen Materien und Normen DienstrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1994090274.X00Im RIS seit
22.02.2002