TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/12 A10 401112-1/2008

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Veröffentlicht am 12.09.2008
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Spruch

A10 401.112-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde von D.M., geb. 00.00.1987, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.08.2008, GZ 08 06.474-EWEST, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

 

Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.01.2004 einen (ersten) Asylantrag ein.

 

Bei seiner Einvernahme am 28.02.2005 gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass er zur Volksgruppe der Ijaw gehöre. Sein Vater sei bei ethnisch bedingten Unruhen im Bundesstaat Delta ermordet worden. Im Fall seiner Rückkehr drohe ihm dasselbe Schicksal.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.05.2006, GZ 04 00.549-BAW, wurde I. der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen, II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, und III. der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine Verfolgung durch Itsekiri wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Ijaw aus näher dargelegten Gründen nicht glaubwürdig sei, weiters in derartigen Fällen eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vorhanden wäre sowie dass etwaige gegen ein Refoulement sprechende Gründe nicht vorliegen. Dieser Bescheid wurde durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs mit Ablauf des 06.07.2006 in Rechtskraft.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2004 wurde der Beschwerdeführer nach § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt. Sodann wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2008 nach § 28a SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt. Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit zur Verbüßung seiner Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Klagenfurt.

 

In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer in der Strafhaft am 24.07.2008 den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.07.2008 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung an, er habe sein Heimatland verlassen müssen, weil Mitglieder einer anderen Volksgruppe ihn hätten töten wollen, nachdem sein Vater gegen diese gekämpft habe. Sein Vater und seine Schwester seien von diesen ermordet worden. Er sei auf Grund von sieben kleinen Narben an seinem linken Oberarm als Angehöriger seiner Volksgruppe auch für seine Verfolger erkennbar.

 

Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 06.08.2008 gab der Beschwerdeführer an, er habe im Jahr 2003 seine Heimat verlassen, weil seine ganze Familie ermordet worden sei, nachdem sein Vater gegen eine andere Volksgruppe gekämpft habe. Nach seiner Ausreise habe sich die Situation in der Heimat verschlechtert. Er habe im Internet und im Fernsehen seine Probleme weiterverfolgt und festgestellt, dass die rivalisierenden Kämpfe zwischen den Volksgruppen noch anhielten. Seit seiner ersten Antragstellung habe er Österreich nicht verlassen. Er wolle nicht nach Afrika zurück, weil er dort getötet würde. Persönliche Beziehungen in Österreich habe er nicht.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der (zweite) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und II. der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 23 AsylGHG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Aus § 69 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass eine neue Sachentscheidung nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern auch im Falle desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln ausgeschlossen ist, die bereits vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, aber erst nachträglich hervorgekommen sind. Demnach sind aber auch Bescheide, die - auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen - in Rechtskraft erwachsen sind, verbindlich und nur im Rahmen des § 69 Abs. 1 AVG einer Korrektur zugänglich. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des über den ersten Antrag absprechenden Bescheides entgegen.

 

Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des zweiten Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Denn das Vorbringen zu dem zweiten Antrag enthält keinen glaubhaften asylrelevanten Kern, der sich auf den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens am 06.07.2006 bezöge. Der Beschwerdeführer behaupte in diesem zweiten Verfahren wiederum eine Bedrohung durch die Mörder seiner Familie. Die Behauptungen des Beschwerdeführers, insbesondere dass die Unruhen zwischen den Volksgruppen noch andauerten und dass er durch das Erkennungsmerkmal am Arm der Gefahr einer Verfolgung seitens der Mitglieder der verfeindeten Volksgruppe ausgesetzt sei, weisen keinen glaubhaften Kern auf, sondern stellen vielmehr nur schlichte Behauptungen und Befürchtungen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem bereits im Vorverfahren als unglaubwürdig beurteilten Fluchtvorbringen dar. Im Übrigen kann auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen werden.

 

Auch zur Entscheidung über den subsidiären Schutz wird auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen, dass nach dem 06.07.2006 keine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Diese Feststellungen stehen auch im Einklang mit der aktuellen Dokumentation des Asylgerichtshofes, wonach insbesondere die allgemeine Lage für Rückkehrer nach Nigeria keine reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt. Auch die Beschwerde vermochte diesen Feststellungen nicht in substanziierter Weise entgegenzutreten und eine dem Beschwerdeführer drohende reale Gefahr aufzuzeigen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Auch zur Ausweisungsentscheidung wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Den Feststellungen der Erstbehörde, dass kein Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben vorliegt, trat die Beschwerde nicht konkret entgegen.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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