TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/12 C4 318328-1/2008

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Veröffentlicht am 12.09.2008
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Spruch

C4 318.328-1/2008/2E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Schlaffer als Vorsitzenden und die Richterin Mag. van Best-Obregon als Beisitzer im Beisein über die Beschwerde des S.K., geb. 00.00.1986, StA.

Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.02.2008, Zahl:

07 02.267-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 3, 8, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 02.03.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde hiezu am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich befragt. Dabei gab er als Fluchtgrund an: "Mein älterer Bruder namens S.G. ist Mitglied einer extremistischen Gruppierung namens Babbar Khalsar. Aufgrund seiner Gesinnung wurde er von der Polizei gesucht und verfolgt. Nachdem mein Bruder die Flucht ergriff, wurde ich von Polizeibeamten schikaniert. Ich wurde drei Mal festgenommen, verhört und unter Androhung und Ausübung von Gewalt durch die Polizei aufgefordert den Aufenthaltsort meines Bruders zu nennen. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen bin ich geflüchtet."

 

In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer am 12.03.2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen, wobei er befragt zu seinen Fluchtgründen vorerst angab: "Ich habe bereits einiges im Zuge der Erstbefragung erzählt. Ich hatte ausreichend Zeit dafür. Ich möchte nichts mehr ergänzen." Im Laufe der Befragung konkretisierte er seine Fluchtgeschichte dahingehend, dass er nach dem Untertauchen seines Bruders drei Mal von der Polizei festgenommen worden sei, und zwar vom 00.10.2005 bis zum 00.10.2005, vom 00.11.2005 bis zum 00.11.2005 und vom 00.12.2005 bis zum 00.12.2005. Um seine Freilassung zu erwirken sei Lösegeld bezahlt worden. Er selbst habe nicht gewusst, dass sein Bruder ein Terrorist gewesen sei, er habe dies erst von der Polizei erfahren. Ende 2005 habe er sich entschlossen sein Heimatland zu verlassen, habe sich zunächst in B., J. und M. versteckt gehalten und sei schließlich von New Delhi aus geflüchtet.

 

Am 06.12.2008 fand vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers statt. Als Beweismittel legte der Asylwerber seinen indischen Führerschein vor. Diesen habe ihm sein Onkel geschickt, er sei 2004 oder 2005 in J. ausgestellt worden. Im Wesentlichen wiederholte er sein Fluchtvorbringen, gab jedoch abweichend von der ersten Einvernahme an, er sei vielleicht zwei oder drei Mal von der Polizei festgenommen, das erste Mal sei am 00. oder 00.10.2005 gewesen, an die anderen Daten könne er sich nicht mehr erinnern. Die Polizei habe ihm gesagt, sein Bruder hätte mit Diebstahl und Drogen zu tun gehabt und werde deshalb gesucht. Geflüchtet sei der Beschwerdeführer, weil er auch in M., wo er gerade in einem Sikh Tempel arbeitete, von der Polizei gesucht worden sei. Die Polizei habe ihm bei seiner letzten Festnahme gesagt, sie würde den Beschwerdeführer wieder erwischen und umbringen. Er sei genauso wie sein Bruder. Gegen Ende der Einvernahme gab der Asylwerber an, die Polizei würde denken, er arbeite mit seinem Bruder zusammen.

 

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 26.02.2008, Zahl: 07 02.267-BAW, den Antrag auf internationalen Schutz ab und erkannte dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies den Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus (Spruchpunkt III.).

 

Begründend führte das Bundesasylamt aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei aus näher dargestellten Gründen, insbesondere aufgrund zahlreicher aufgetretener Widersprüche in seinen Aussagen, unglaubwürdig.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Asylwerbers fristgerecht das Rechtsmittel der "Berufung" (nunmehr "Beschwerde") und führt darin aus, der Bescheid werde in seinem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Es drohe dem Beschwerdeführer in Indien asylrelevante Verfolgung. Er wiederholte sein bisheriges Vorbringen, wobei er nun abermals angab, sein Bruder sei Mitglied der terroristischen Organisation Babbar Khalsar gewesen. Sie hätten ihn beschuldigt, selbst Mitglied der Babbar Khalsa zu sein und deshalb nicht den Aufenthaltsort seines Bruders bekannt zu geben. Aus diesem Grund hätten sie ihn verschiedener Straftaten beschuldigt. Die Polizei in Indien unterliege keinen rechtsstaatlichen Regeln und habe einen breiten Ermessensspielraum. Dem Amtsmissbrauch der Behörden - beispielsweise in Form von Lösegeldforderungen - werde vom indischen Staat nicht Einhalt geboten. Der indische Staat scheine nicht in der Lage bzw. gewillt zu sein, gegen Verfolgung vorzugehen.

 

Bezüglich der von der Erstbehörde aufgezeigten Widersprüche führt der Beschwerdeführer aus, diese seien konstruiert. Vermeintliche Widersprüche würden sich aus der Natur der Sache ergeben. Verschiedene Einvernahmen, bei denen der Beschwerdeführer aus dem freien Gedächtnis erzählte, seien niemals dazu geeignet, haargenau und wortgetreu denselben Inhalt zu Tage zu fördern. Ein "Gedächtnisprotokoll" zeichne sich dadurch aus, dass die Schwerpunkte je nach Assoziation unterschiedlich gelagert seien, dass gewisse Eindrücke andere überlagern und je andere Reize andere Assoziationen auslösen würden. Im Grunde würden sich die Interviews inhaltlich entsprechen. Von Steigerungen des Vorbringens könne keine Rede sein, denn keine Einvernahme habe einen schwerwiegenderen Sachverhalt dargestellt als den schon vorher genannten.

 

Die von der belangten Behörde herangezogenen Länderinformationen seien einseitig und tendenziös. Um ein anderes Licht auf die Verhältnisse in Indien zu werfen zitiert der Beschwerdeführer im Folgenden Passagen aus dem "Human Rights Watch Country Summary India, January 2008". Aus den angeführten Gründen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt sei.

 

Bezüglich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Indien führte der Beschwerdeführer aus, er sei Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und falle daher unter den Schutz von Art. 33 Z 1 GFK. Sollte er abgeschoben werden, liefe er jedenfalls Gefahr, unmenschlicher Behandlung unterworfen zu werden. Seine Abschiebung sei auch gemäß Art. 2, 3 und 5 EMRK sowie gemäß Art. 3 UNO-Folterkonvention unzulässig.

 

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gab der Beschwerdeführer an, er habe sowohl gegen die Abweisung des Asylantrages als auch gegen die Abschiebung fristgerecht ein Rechtsmittel erhoben, weshalb die ihm erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung weiterhin gültig sei. Die Ausweisung erfolge daher auf einer rechtswidrigen Grundlage, nämlich auf der fälschlichen Ansicht der Erstbehörde, es würde kein Aufenthaltstitel mehr vorliegen.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet das sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits Gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Das Bundesasylamt hat sowohl betreffend Spruchteil I., Spruchteil II. als auch betreffend Spruchteil III. in der Begründung des Bescheides vom 26.02.2008, Zahl: 07 02.267-BAW, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof als Rechtsmittelbehörde schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses. (vgl. VwGH 08.06.1983, 83/10/0016, 21.10.1999, 97/20/0633, 26.04.2005, 2004/03/0145)

 

In seiner Beweiswürdigung hat das Bundesasylamt richtigerweise gravierende Widersprüche im Vorbringen des Asylwerbers aufgezeigt. Insbesondere wurde aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer schon bei der Erstbefragung eindeutig angab, er sei von der Polizei zum Aufenthaltsort seines Bruders befragt worden, da dieser Mitglied der extremistischen Gruppierung Babbar Khalsar sei, bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 12.03.2007 wiederholte der Beschwerdeführer sein diesbezügliches Vorbringen und stellte über Befragen sogar fest, dass er selbst kein Mitglied der Gruppierung sei, wogegen er im Widerspruch dazu am 06.12.2007 angab, sein Bruder werde wegen "Diebstählen und Drogen" gesucht. Angesprochen auf diese Widersprüche in seiner Aussage vermochte der Beschwerdeführer keine schlüssige Erklärung zu geben. Er beschränkte sich lediglich darauf zu behaupten: "Der Dolmetscher in Traiskirchen veranlasste mich dazu, Babbar Khalsar zu sagen, weil man ja irgendwas schreiben muss." Wie schon die Erstbehörde dazu richtig ausführte, ist es unmöglich, dass diese Aussage vom Dolmetscher veranlasst wurde, hat der Beschwerdeführer doch sowohl am 02.03.2007 als auch am 12.03.2007 eindeutig von der Babbar Khalsar gesprochen und zu diesem Thema sogar weitergehende Fragen beantwortet. Zweifel, dass der Dolmetscher entgegen seinen Verpflichtungen, die Aussagen der Asylwerber präzise und wortgetreu zu übersetzen, gehandelt habe, vermochte der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, vielmehr stellt sich diese Aussage des Beschwerdeführers bloß als Reaktion auf den entsprechenden Vorhalt dar, ohne dass sie den Tatsachen entspricht. Dies zeigt sich auch in eindeutiger Weise in den Ausführungen in der Beschwerde, da dort plötzlich wieder von der Babbar Khalsa die Rede ist, was aber völlig im Widerspruch zur Reaktion auf den Vorhalt bei der Einvernahme vom 06.12.2007 ist, nämlich dass der Dolmetscher in Traiskirchen ihn dazu veranlasst habe, Babbar Khalsar zu sagen, weil man ja irgendwas schreiben müsse. Zwar versucht der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde seine widersprüchlichen Angaben zu kombinieren, indem er angibt, die Babbar Khalsar finanziere sich durch den Schmuggel und Besitz von Drogen und Waffen. Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich von Anfang an diesen Zusammenhang zwischen der extremistischen Gruppierung und den von ihr allenfalls begangenen Straftaten hinweisen wollen, so ist wiederum nicht nachvollziehbar, warum die Babbar Khalsar dann eigenmächtig vom Dolmetscher in Spiel gebracht worden sein sollte, diese Reaktion auf den entsprechenden Vorhalt wäre diesfalls völlig unerklärlich.

 

Während der Beschwerdeführer zu Beginn des Verfahrens noch behauptete, von der Polizei lediglich nach dem Aufenthaltsort seines Bruders befragt worden zu sein, ohne selbst einer Beschuldigung ausgesetzt gewesen zu sein, geht er im Laufe der Einvernahmen langsam dazu über, die angeblich gegen ihn gerichteten Vorwürfe der Polizei immer weiter zu verstärken. In der Beschwerdeschrift ist schließlich sogar davon die Rede, die Polizei habe den Beschwerdeführer der Mitgliedschaft der Babbar Khalsar und verschiedener Straftaten - wie eben den Schmuggel und Besitz von Drogen und Waffen - beschuldigt. Noch am Beginn seiner Einvernahme am 06.12.2007 bezogen sich diese Beschuldigungen ausschließlich auf seinen Bruder. Würde jedoch ein derartiger Vorwurf gegen den Beschwerdeführer bestehen, so ist davon auszugehen, dass er einen solchen bereits zu Beginn seines Verfahrens erwähnt, zumal kein plausibler Grund zu erkennen ist, weswegen er davon erst derart spät spricht, als jener, dass er etwas für seinen Antrag gewinnen wollte, ohne dass sein diesbezügliches Vorbringen jedoch den Tatsachen entspricht.

 

Zutreffend erkannte die Erstbehörde einen weiteren wesentlichen Widerspruch im Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beantwortung der Frage, wann, wie oft und auf welche Weise die angeblichen Festnahmen durch die Polizei stattgefunden hätten. Während der Beschwerdeführer am 12.03.2007 zu den Zeitpunkten der Festnahmen noch dezidiert angibt: "Das erste Mal am 00.10.2005 bis zum 00.10.2005, das zweite Mal vom 00.11.2005 bis 00.11.2005 und das dritte Mal vom 00.12.2005 bis zum 00.12.2005.", vermag er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, etwa ein halbes Jahr später aus unerfindlichen Gründen keine detaillierten Angaben mehr zu machen. Darauf angesprochen, versucht er abermals den Dolmetscher ins Spiel zu bringen indem er behauptet: "Ich habe das dort auch nicht genau gesagt, vielleicht hat der Dolmetsch das dann ohne mein Wissen angegeben." Aus dieser Behauptung lässt sich für den Beschwerdeführer nichts gewinnen, ist sie doch - wie schon das Bundesasylamt treffend ausgeführt hat - nicht nachvollziehbar. Zweifel an der Richtigkeit des Protokolls vermochte der Beschwerdeführer nicht auszulösen, ebenso wenig daran, dass der Dolmetscher seinen Verpflichtungen, die Aussagen der Asylwerber präzise und wortgetreu zu übersetzen, entsprechend gehandelt habe.

 

Die Abläufe der Festnahmen selbst wurden vom Beschwerdeführer äußerst vage geschildert und lassen nicht darauf schließen, dass er sie tatsächlich so erlebt hätte. Besonders schwerwiegend ist in diesem Zusammenhang, dass der Asylwerber zu seinen angeblichen Haftzeiten nichts Konkretes anzugeben vermag ("Können Sie diesen Ablauf genau darstellen?" - "Nein, so war es."). Richtigerweise geht schon die Erstbehörde davon aus, dass sich solche Ereignisse - sollten sie tatsächlich stattgefunden haben - derartig im Gedächtnis verankern, dass dazu irgendwelche Details genannt werden müssten.

 

In Bezug auf das fluchtauslösende Erlebnis, nämlich das Auftauchen der Polizei im Tempel in M., liegen ebenfalls Widersprüche vor, wenn der Beschwerdeführer nach der einen Aussage beim Eintreffen der Polizei anwesend gewesen sei, nach einer anderen Aussage, er nicht anwesend gewesen sei. Auch ist die Aussage "Der Priester hat mir gesagt, dass ich den Tempel verlassen soll, weil mich die Polizei sucht, wie das genau war, weiß ich nicht." jedenfalls zu unkonkret, als dass sie dazu geeignet wäre, diesen angeblichen Vorfall glaubhaft zu machen.

 

Die eben aufgezeigten Widersprüche lassen es nicht zu, das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als glaubhaft zu erachten und können entgegen den Beschwerdebehauptungen diese gravierenden Widersprüche nicht auf die "Natur eines Gedächtnisprotokolls" zurückgeführt werden, ebenso wenig erklärt dies das gänzliche Fehlen von Erinnerungen an Details.

 

Aus der allgemeinen Situation allein lässt sich entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid betreffend die allgemeine Situation wird nochmals verwiesen - keine asylrelevante bzw. im Bereich des § 8 Abs. 1 AsylG relevante Verfolgungsgefahr betreffend den Asylwerber erkennen. Daran vermögen auch die in der Beschwerde zitierten Quellen zur Situation in Indien nichts zu ändern, da nicht aufgezeigt wurde und auch überhaupt kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass bereits jeder mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in Indien in asylrelevanter Weise bzw. im Bereich des § 8 Abs. 1 AsylG bedroht wäre.

 

Mit Abweisung des Asylantrages kommt dem Asylwerber kein Aufenthaltsrecht (mehr) zu und es bestehen auch keinerlei sonstige Gründe, die gegen eine Ausweisung sprächen. Wie das Bundesasylamt treffend festgestellt hat, geht der Beschwerdeführer zwar einer regelmäßigen Tätigkeit als Zeitungszusteller nach, verfügt jedoch darüber hinausgehend über keine besonderen Bindungen zum Bundesgebiet.

 

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zweifelsfrei nicht den Tatsachen entspricht, weshalb weder die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten noch des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Betracht kommt, und auch keine Hinweise dafür bestehen, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe. Es bestehen auch keine Gründe, die gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers nach Indien sprächen.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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