B2 246.189-0/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat gemäß §§ 61 Abs. 1, 75 Abs. 7 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 iVm § 66 Abs. 4 AVG 1991 durch die Richterin Mag. Barbara Magele als Vorsitzende und den Richter Dr. Karl Ruso als Beisitzer über die Beschwerde des B.A., geb. 00.00.1983, StA. Republik Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.01.2004, FZ. 03 14.705-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.09.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde von B.A. vom 22.01.2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.01.2004, FZ. 03 14.705-BAT, wird gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. Nr. 76/1997 AsylG idF BG BGBl. I Nr. 126/2002, abgewiesen
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 FPG BGBl. I Nr. 100/2005, wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von B.A. in die Republik Kosovo zulässig ist.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Gang des Verfahrens
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo und Angehöriger der albanischen Volksgruppe, ist am 22.05.2003 illegal in Österreich eingereist und hat am selben Tag einen Antrag gemäß § 3 AsylG eingebracht. Am 05.01.2004 wurde er vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Albanisch vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich befragt.
Dabei gab er an, dass seine Eltern und seine fünf Geschwister im Kosovo leben würden. Er habe aufgrund niedriger Entlohnung in einer wirtschaftlichen Notlage gelebt. In Österreich wolle er sich eine Existenz aufbauen und ein geordnetes Leben führen. Er habe weder Probleme mit Behörden gehabt, noch hätte er im Falle einer Rückkehr behördliche Nachstellungen zu befürchten. Er wäre aber neuerlich einer Notlage ausgesetzt.
2. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 07.01.2004, FZ. 03 14.705-BAT, den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach "Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo" gemäß § 8 AsylG zulässig ist.
Begründend wurde - nach Feststellungen zur Situation im Kosovo - im Wesentlichen ausgeführt, die Angabe des Asylwerbers, den Kosovo aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage verlassen zu haben, sei glaubhaft, würde jedoch die Gewährung von Asyl nicht rechtfertigen. Eine Gefährdung im Sinne des § 57 FrG sei auszuschließen.
3. Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Berufung erhoben und ausgeführt, die tatsächliche Lage im Kosovo sei desaströs und im Begriff, sich weiterhin zu verschlechtern. Es bestehe wieder Kriegsgefahr.
4. Am 03.09.2008 führte der Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der nunmehrige Beschwerdeführer sowie sein zwischenzeitlich bevollmächtigter Vertreter, RA Dr. Blum, teilnahmen (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 3Z). Das Bundesasylamt verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der Verhandlung.
In deren Verlauf wiederholte der Beschwerdeführer neuerlich, den Kosovo ausschließlich wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation verlassen zu haben, unter der auch seine im Kosovo verbliebene Familie (Eltern, Geschwister) leide. Er wisse nicht, wovon diese lebe, eine Landwirtschaft würde die Familie nicht besitzen. Auch Sozialleistungen würde sie nicht erhalten. In das Verfahren eingeführt wurden mehrere Berichte (Beilagen A - Q) zur Situation im Kosovo, zu denen der Beschwerdeführer selbst nicht Stellung nehmen wollte. Sein Vertreter erklärte diesbezüglich, der Beschwerdeführer gehe davon aus, im Falle einer Rückkehr weder eine Wohnmöglichkeit zu haben, noch eine Arbeit zu finden. Auch würde er keine Sozialhilfe erhalten, da aus Deutschland, der Schweiz und Österreich zurückkehrende Asylwerber seitens der kosovarischen Behörden erheblich benachteiligt und als nicht sozialbedürftig eingestuft würden. Eine Unterstützung durch die Verwandten sei nicht möglich.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den amtswegigen Ermittlungen gelangt der Asylgerichtshof nach unten angeführter Beweiswürdigung zu folgenden Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist ethnischer Albaner und Staatsbürger der Republik Kosovo (er wurde am 00.00.1983 in S. / Kosovo geboren und besitzt einen Personalausweis der UNMIK), wo er bis zu seiner Ausreise nach Österreich lebte und auch berufstätig war. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer und seine Familie von Verwandten unterstützt.
Die Familie (Eltern, fünf Geschwister) des Beschwerdeführers lebt in einer Wohnung in S.. Eine Tante des Beschwerdeführers lebt mit ihrer Familie in Österreich.
Im Falle einer Rückkehr besteht für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, seine Existenz durch neuerliche Aufnahme einer Berufstätigkeit - notfalls auch überbrückend durch Inanspruchnahme von Sozialleistungen - zumindest grundlegend zu sichern. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass er - wie es schon vor seiner Ausreise nach Österreich der Fall war - bei seiner Familie Unterkunft nehmen kann. Sollte dies nicht möglich sein, ist dem Beschwerdeführer als jungem gesundem Mann jedenfalls auch die (vorübergehende) Unterbringung in einer Notunterkunft zumutbar.
Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und hatte auch keinerlei Probleme mit Behörden oder Privatpersonen im Kosovo. Er hat seine Heimat 2003 ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen. Es gibt keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass er im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Kosovo einer Gefahr im Sinne des § 50 Abs 1 oder 2 FPG ausgesetzt sein könnte.
1.2. Zur Lage in der Republik Kosovo wird festgestellt:
1. Allgemeine Lage im Kosovo:
1. a. Allgemeines:
Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben - geschätzt - 2,1 Millionen Menschen, davon 92 Prozent ethnische Albaner, 5,3 Prozent Serben, 0,4 Prozent Türken, 1,1 Prozent Roma sowie 1,2 Prozent anderer Ethnien. Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch. Auf Gemeindeebene werden auch Bosnisch, Romanes und Türkisch als Amtssprachen in Verwendung sein. [A, Seiten 3-5]
1. b. Lageentwicklung:
1..b.1. Kosovo unter UN - Verwaltung
Am 24.03.1999 begann die NATO die Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit dem erklärten Ziel, "eine humanitäre Katastrophe zu verhindern (und) das Morden im Kosovo zu beenden". Im Juni 1999 rückten die unter Führung der NATO gebildeten KFOR-Einheiten in den Kosovo ein. Am 10.06.1999 wurde das Gebiet auf der Basis der Sicherheitsrats-Resolution 1244 der vorläufigen zivilen UN-Verwaltung "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK)" unterstellt. Völkerrechtlich gehörte der Kosovo aber nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. [B, Seite 2]
1. b.2. Statusverhandlungen
Der VN-Generalsekretär hat für die Verhandlungen zum Status des Kosovo den ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari zu seinem Sondergesandten ernannt. Ahtisaari hat am 21. Oktober 2005 die Statusgespräche begonnen. Nach anfänglicher Pendeldiplomatie zwischen Wien und Pri¿tina bzw. Belgrad begannen am 22. Februar 2006 direkte Gespräche zwischen beiden Delegationen. VN-Sondergesandter Ahtisaari hat am 02.02.2007 den Parteien einen Entwurf des Statuspakets übergeben. Abschließend hat sich der UN-Sicherheitsrat mit der Statuslösung befasst. In intensiven Verhandlungen bis Ende Juli 2007 konnte jedoch keine Einigung über einen Resolutionstext erzielt werden, und die Befassung des UN-Sicherheitsrates wurde zunächst auf Eis gelegt.
Unter Federführung einer "Troika" aus USA, Russland und EU begannen am 01.08.2007 neue Verhandlungen, die jedoch am 10.12.2007 endgültig scheiterten.
[C, Seite 7; B, Seite 2]
1. b.3. Wahlen
Am 17.11.2007 fanden Parlaments-, Kommunal- und Bürgermeisterwahlen, die ohne besondere Zwischenfälle abliefen, statt. Der mit der Wahlbeobachtung betraute Europarat hat bestätigt, dass die Wahlen entsprechend der internationalen und europäischen Standards verlaufen sind.
[A, Seite 28]
Am 9. Jänner 2008 hat das Parlament sowohl Präsident Fatmir Sejdiu in seinem Amt als auch das Kabinett von Ministerpräsident Hashim Thaci (Demokratische Partei des
Kosovo, PDK) bestätigt. Das neue Kabinett hat zwei Vizeministerpräsidenten und 15
Minister, sieben davon kommen der PDK, fünf dem Koalitionspartner
LDK
und drei den Minderheiten zu. [D]
1. b.4. Unabhängigkeit des Kosovo
Das kosovarische Parlament erklärte am 17.02.2008 gegen den Willen Serbiens seine Unabhängigkeit. Die Proklamation enthält neben dem Bekenntnis zur Verwirklichung des Ahtisaari-Plans für eine überwachte Unabhängigkeit eine Einladung an die EU, die Staatswerdung des Kosovo mit einer eigenen Mission zu begleiten, und an die NATO, ihre Schutztruppen im Land aufrechtzuerhalten.
Die einseitige Sezession ist völkerrechtlich und international umstritten. Gleichwohl haben mittlerweile über 30 Staaten, allen voran die USA und die Mehrzahl der EU-Staaten, den Kosovo förmlich anerkannt.
Das neue Staatswesen ist zwar formal souverän, die internationale Staatengemeinschaft wird jedoch weiterhin sowohl zivil als auch militärisch präsent sein. Die Außenminister der EU und die NATO haben sich verständigt, die KFOR nicht abzuziehen; rund 17.000 NATOSoldaten bleiben im Kosovo, darunter knapp 2.400 Deutsche. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Entsendung
einer ca. 2.000 Mann starken EU-Mission (EULEX) beschlossen. Sie soll die UN-Verwaltung (UNMIK) nach einer Übergangszeit ablösen. Rund 70 Experten sind für ein International Civilian Office (ICO) unter Leitung eines EU-Sondergesandten mit weitreichenden Befugnissen vorgesehen. Als Leiter von EULEX wurde der französische General und ehemalige KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon zum EU-Sondergesandten (EUSR) der Niederländer Pieter Feith bestellt. Noch ist offen, wann und wie die Befugnisse auf die EU übergehen sollen. Es fehlen klare Regelungen für den Wechsel der Zuständigkeiten.
UNMIK kann sich formal aber erst dann aus dem Kosovo zurückziehen, wenn die noch geltende UN-Resolution 1244 durch den Sicherheitsrat außer Kraft gesetzt wird.
Unter UNMIK-Verwaltung haben sich im Kosovo demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte (provisorische) Regierung. Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem bedarf an vielen Stellen noch der Verbesserung.
Eine kosovarische Polizei wurde aufgebaut, die sich bislang als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert hat. Der Transitionsprozess, d. h. die schrittweise Übertragung der Kompetenzen von UNMIK auf kosovarische Institutionen hat bereits begonnen. Nach dem vorliegenden Verfassungsentwurf ist die Republik Kosovo ein demokratisches, multiethnisch zusammengesetztes Staatswesen, das den Minderheiten starke Rechte zusichert. Der Entwurf enthält alle notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen oder Diskriminierung von Minderheiten. Nationale Identitäten, Kulturen, Religionen und Sprachen werden darin respektiert.
[B, Seiten 2-3]
Die Verfassung wurde am 15. Juni 2008 vom Parlament verabschiedet [E], welche am selben Tag in Kraft trat. [M]
Die serbische Staatsführung bezeichnete die Verfassung der abtrünnigen Provinz als "rechtlich nicht existent". Präsident Boris Tadic kündigte an, die Proklamation der Kosovo-Verfassung werde von Belgrad nicht als rechtsgültig anerkannt.
Der Kosovo bleibt unter internationalem Protektorat.
Laut den Übergangsbestimmungen der Verfassung sind alle kosovarischen Institutionen verpflichtet, mit dem Internationalen Beauftragten, internationalen Organisationen und anderen Akteuren voll zu kooperieren, deren Mandat im Status Vorschlag des UNO-Vermittlers Ahtisaari definiert wurde. Auch die im Kosovo seit Juni 1999 stationierte NATO-geführte internationale Schutztruppe KFOR wird weiterhin das Mandat und die Befugnisse im Einklang mit einschlägigen internationalen Instrumenten genießen, die UNO-Resolution 1244 eingeschlossen.[N]
Ob die Letztverantwortlichkeit im Kosovo bei der EU oder der UNO liegen wird, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. [E]
1. b.4.1.Staatsangehörigkeit:
Das Staatsangehörigkeitsgesetz der Republik Kosovo trat am 15.06.2008 in Kraft [P]
Erlangung der Staatsbürgerschaft bei Vorliegen folgender Fakten:
CHAPTER II ACQUISITION OF CITIZENSHIP
Article 5 Modalities of the acquisition of citizenship
The citizenship of Republic of Kosova shall be acquired:
a) by birth;
b) by adoption;
c) by naturalization;
d) based on international treaties
e) based on Articles 28 and 29 of this Law.
Erlangung der Staatsbürgerschaft durch Geburt:
Acquisition of citizenship by birth
Article 6 Acquisition of citizenship by birth based on parentage
6.1 A child shall acquire the citizenship of Republic of Kosova by birth if on the day of his/her birth both of his/her parents are citizens of Republic of Kosova.
6.2 If on the day of the child's birth only one parent is a citizen of Republic of Kosova, the child
shall acquire the citizenship of Republic of Kosova under the following conditions:
a) the child is born in the territory of Republic of Kosova;
b) the child is born outside the territory of Republic of Kosova and one parent is stateless or has unknown citizenship;
c) the child is born outside the territory of Republic of Kosova and one parent has another citizenship but both parents agree in writing that the child shall acquire the citizenship of Republic of Kosova. This provision must be exercised prior to the child's fourteenth birthday.
Übergangsbestimmungen:
CHAPTER V TRANSITIONAL PROVISIONS
Article 28 The Status of habitual residents of Republic of Kosova
28.1 Every person who is registered as a habitual resident of Republic of Kosova pursuant to UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry shall be considered a citizen of Republic of Kosova and shall be registered as such in the register of citizens.
Article 29 Citizenship according to the Comprehensive Proposal for the Republic of Kosova Status Settlement
29.1 All persons who on 1 January 1998 were citizens of the Federal Republic of Yugoslavia and on that day were habitually residing in Republic of Kosova shall be citizens of Republic of Kosova and shall be registered as such in the register of citizens irrespective of their current residence or citizenship.
29.2 Provisions of paragraph 1 of this Article apply also to direct descendants of the persons referred to in paragraph 1.
29.3 The registration of the persons referred to in paragraphs 1 and 2 of this Article in the register of citizens shall take effect upon the application of the person who fulfills the requirements set out in this Article.
29.4 The competent body shall determine in sub-normative acts the criteria which shall constitute evidence of the citizenship of the Federal Republic of Yugoslavia and habitual residence in Republic of Kosova on January 1 1998.
29.5 The competent body shall use the criteria set for the in UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry to determine habitual residence in Republic of Kosova on January 1 1998
Exkurs:
REGULATION NO. 2000/13
UNMIK/REG/2000/13
17 March 2000
ON THE CENTRAL CIVIL REGISTRY
Section 3
HABITUAL RESIDENTS OF KOSOVO
The Civil Registrar shall register the following persons as habitual residents of
Kosovo:
(a) Persons born in Kosovo or who have at least one parent born in Kosovo;
(b) Persons who can prove that they have resided in Kosovo for at least a continuous period of five years;
(c) Such other persons who, in the opinion of the Civil Registrar, were forced to leave Kosovo and for that reason were unable to meet the residency requirement in paragraph (b) of this section; or
(d) Otherwise ineligible dependent children of persons registered pursuant to
subparagraphs (a), (b) and/or (c) of this section, such children being under the age of
18 years, or under the age of 23 years but proved to be in full-time attendance at a recognized educational institution.
Doppelstaatsbürgerschaft
Article 3 Multiple Citizenships
A citizen of Republic of Kosova may be the citizen of one or more other states. The acquisition and holding of another citizenship shall not cause the loss of the citizenship of Kosova. [O, P, Q]
1. c. Religionen
Im Kosovo sind Islam und Christentum mit verschiedenen Untergruppen vertreten.
Die Bevölkerung ist sehr religionstolerant, trotz verstärkter Versuche vor allem der arabischen Staaten den sehr pragmatischen Islam fundamentalistischer zu gestalten, war das in der breiten Bevölkerung nicht erfolgreich.
Der Vorstand der islamischen Gemeinde im Kosovo und der katholische Bischof treten in Eintracht gemeinsam auf (u.a. bei der Ausrufung der Unabhängigkeit am 17.02.2008 im Parlamentsgebäude).
Die verschiedenen religiösen Feste werden gemeinsam gefeiert, man gratuliert und besucht sich gegenseitig. Politiker nehmen öffentlich an den Feiern beider Religionsgemeinschaften teil (u.a. Präsident Sejdiu an der Christmette 2007).
Die freie Religionsausübung ist im Kosovo uneingeschränkt möglich, es besteht eine
gegenseitige Akzeptanz.
Selbst Personen, welche eine fundamentalistische Form des Islams sowohl im Erscheinungsbild (Vollbart, Pluderhose, Schleier) als auch in der strengen Anwendung des Islams (strikte Einhaltung der Gebote) praktizieren, sind im öffentlichen Leben akzeptiert, auch wenn sie von der Bevölkerung mit Argwohn betrachtet werden. [A, Seiten 5 und 6]
2. Sicherheitslage im Kosovo:
2. a. Lageentwicklung:
Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit Juni 1999 verbessert, mit den Unruhen Mitte März 2004 wieder punktuell eingetrübt (ohne auf das Niveau von 1999 zurückzufallen). Nach den Ausschreitungen im März 2004 gab es keine weiten Unruhen mehr.
Die Zahl der registrierten Delikte verringerte sich 2006 im Vergleich zum Jahr 2005 um ca. 5 % auf 64.165. Für 2006 lässt sich ein Rückgang der Delikte gegen Leib und Leben feststellen, während Eigentumsdelikte durchschnittlich um etwa 5 % zugenommen haben.
Nachfolgend detaillierte Zahlen zu ausgewählten Delikten:
[B, Seite 9]
2. b. Sicherheitsaspekte in Bezug auf UCK und AKSH:
Die kosovo-albanische Befreiungsarmee UÇK hat die im Juli 1999 gegenüber KFOR deklarierten großen Waffen abgegeben und sich am 21.09.1999 formell aufgelöst. Am 01.02.2000 wurde das zivile Hilfskorps "Kosovo Protection Corps" (KPC, alb. TMK "Kosovo Verteidigungs- Truppe") eingerichtet, um politisch neutral und multi ethnisch organisiert strikt zivile Aufgaben wie Katastrophenschutz, Such- und Rettungsdienste, Minenräumung, Wiederaufbau, humanitäre Hilfseinsätze etc. zu übernehmen. Insgesamt 5.000 (ca. 3.000 Aktive und 2.000 Reservisten) ehemalige Angehörige der UÇK, aber auch Angehörige von Minderheiten (etwa 10 % des KPC) sollten dadurch eine geregelte Tätigkeit im zivilen Bereich unter Steuerung und Aufsicht von UNMIK bzw. KFOR erhalten. Der zivile Charakter des KPC wird jedoch noch immer nicht von all dessen Mitgliedern vorbehaltlos akzeptiert. So tragen die Mitarbeiter des KPC militärische Rangbezeichnungen.
Mitglieder der Provisional Institutions of Self Government (PISG) haben die KPC öffentlich wiederholt als Nukleus einer künftigen KOS-Armee bezeichnet.
Seit 2002 macht die "Albanische Nationale Armee" (AKSh), vormals "Front für Albanische Nationale Einheit" (FBKSh), durch wiederholte großalbanische Propaganda in den Medien und durch die Übernahme der Verantwortung für den Sprengstoffanschlag auf die Eisenbahnlinie bei Zveçan/Zvecan im April 2003 auf sich aufmerksam. Eine akute Gefährdung der Sicherheitslage in der Region stellt diese bewaffnete Gruppierung, die Verbindungen zu ehemaligen und aktiven Mitgliedern des KPC und mutmaßlich auch zu Strukturen der organisierten Kriminalität hat, derzeit jedoch nicht dar. UNMIK hat diese bewaffnete Gruppierung als terroristische Organisation verboten, wodurch schon die reine Mitgliedschaft zu einer strafbaren Handlung wird. Auch 2006 verübte die AKSh vermutlich weitere kriminelle Handlungen. [C, Seite 8]
Laut den zur Verfügung stehenden Quellen wird durch die Gruppe keine zwangsweise Rekrutierung von Personen durchgeführt, auch sind keine Fälle von "Bestrafungen" bekannt.
"Verwarnungen", Ladungen und Drohungen tauchen immer wieder bei Asylwerbern in schriftlicher Form sowohl in Österreich als auch in Deutschland und der Schweiz auf, konnten aber bisher immer als Fälschungen eingestuft werden.
Personengruppen versuchen unter dem Deckmantel "AKSH" ihre kriminellen Tätigkeiten auszuüben (Straßenraub, etc), bzw. Druck auf politische Verantwortungsträger unter dieser Abkürzung durchzuführen.
Das Auftreten von diversen Gruppen passiert meist in der Nacht bei Stützpunkten auf der Straße, welche - wie oben angeführt - meist kriminellen Zwecken dienen.
Die beiden Verurteilungen (Fall ZVECAN und im März 2007 SOPI) zeigen, dass wirksamer Schutz durch die ho. Behörden besteht.
Zusätzlich sind bei Bedarf noch Unterstützungen durch KFOR und UNMIK Police im Anlassfall möglich. [A, Seite 40]
2.1. Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden:
Kosovo Police Service KPS /ShPK:
Die OSCE leitet in Vushtrri eine zentrale Aus -und Fortbildungsstätte für KPS.
Seit 1999 werden die verschiedenen Lehrgänge durch internationale Polizeitrainer aus verschiedenen Staaten ausgebildet. Inzwischen wird das Institut durch einen lokalen Direktor geleitet.
Neben der Ausbildung besteht ein Hauptaugenmerk auf Fortbildung. Immer wieder werden bei Kursen auch externe Experten eingeflogen, welche dann in ihrem Spezialgebiet die Kenntnisse weitergeben.
Nach der Ausbildung erfolgt die Aufteilung in die verschiedenen Regionen des Kosovo.
Von diesen wurden bis auf die Region MITROVICA alle bereits von UNMIK Police an KPS übergeben. UNMIK Police übt eine beobachtende Rolle aus, unterstützt und evaluiert die Arbeit von KPS.
Gesamtstand: 7.160 Beamte (30.11.2007)
davon serbische Ethnie: 716 Beamte = 10,0 Prozent
sonstige Minderheiten: 403 Beamte = 5,6 Prozent
[A, Seite 33]
KPS geht Anzeigen professionell nach. Beschwerden und Anzeigen gegen Angehörige von KPS werden sehr genau auch im Zuge von Disziplinarverfahren untersucht, Konsequenzen wie Suspendierungen, etc werden nach den bisherigen Erfahrungswerten fast rascher ausgesprochen als in Österreich. [F]
Sollte eine Person aus dezidierten Gründen kein Vertrauen in KPS haben, kann die Anzeige auch bei internationalen Polizeibeamten von UNMIK eingebracht werden, welche dann über die weitere Vorgangsweise entscheiden.
Wenden sich Personen an KFOR, versuchen diese, die Anzeige an eine dafür zuständige Stelle (KPS oder UNMIK) weiterzuleiten. KFOR hat keine Exekutivgewalt im Kosovo.
Als weitere Möglichkeit bietet sich eine direkte Anzeige bei der Justiz (Staatsanwalt) an, wo dann über die weitere Vorgangsweise entschieden wird.
Die Beamten von KPS tragen deutlich sichtbar ihre jeweilige Dienstnummer, wodurch eine Zuordnung ohne Probleme möglich ist. Die Tätigkeit ist in den Dienstberichten dokumentiert und transparent nachvollziehbar.
Das Einbringen von Beschwerden ist jederzeit möglich, aufgrund der Sensibilisierung werden Beschwerden auch rasch behandelt und führen - wenn berechtigt - zu den entsprechenden Konsequenzen für den betroffenen Funktionsträger.
Missstände in der Verwaltung können auch beim Ombudsmann angezeigt werden.
Dieser strich bei einem persönlichen Gespräch hervor, dass Beschwerden gegen KPS von dieser Institution unverzüglich und effizient bearbeitet werden, was bei anderen Institutionen absolut nicht der Fall wäre. [G, Seiten 9-10]
UNMIK Police:
Seit August 1999 ist UNMIK Police im Kosovo präsent. Konkrete operative Aufgaben bestehen derzeit in der Region Mitrovica (noch nicht an KPS übergeben), in der Abteilung für Organisierte Kriminalität, im Interpol - Büro, bei Kriegsverbrechen und im Ordnungsdienst (Demonstrationen, etc).
Sonderfälle sind die Einheiten für Zeugenschutz, Transport von Häftlingen und Personenschutz.
Sonst hat UNMIK POLICE eine beobachtende Funktion von KPS eingenommen. UNMIK Police soll mit Ablauf der Übergangsfrist von 120 Tagen (über den Beginn
dieses Zeitraums gibt es noch keine Einigung bzw. keine definitive Aussage) durch EULEX ersetzt werden.
Gesamtstand: ca. 2.000 Beamte aus 42 Ländern (inkl. 7 aus Afrika)
Österreich: 22 Beamte
Kosovo Protection Corps KPC / TMK:
KPC / TMK wurde nach der Demilitarisierung der Kosovo Liberation Army KLA / UCK 1999 gegründet und wird in Ausrüstung, Training und Dienstversehung durch Kosovo Force KFOR unterstützt. Nach Ablauf der Übergangsphase von 120 Tagen nach Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeitserklärung soll KPC / TMK in eine Kosovo Security Force KSF / FSK übergeleitet werden. Die Schaffung der neuen
Einheit ist im Ahtisaari - Paket vorgesehen.
Derzeitiger Stand KPC / TMK:
Aktive: 2.906
Reservisten: 2.000
Minderheitenanteil: 6,6 Prozent, inklusive 1,4 Prozent Serben
KFOR:
KFOR hat eine Präsenz von ca. 16.000 Soldaten und gliedert sich in fünf Regionen, welche jeweils unter verschiedener Führung stehen, das Hauptquartier ist in Pristina. Das Vertrauen der Bevölkerung in KFOR ist im Vergleich mit anderen internationalen Institutionen am höchsten. KFOR führt auch im CIMIC Sektor immer wieder zahlreiche Projekte durch, mit welchen die Infrastruktur im Kosovo verbessert werden soll.
In Planung:
EULEX:
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgt die Vorbereitung dieser mittels Mandats des Rats der Europäischen Union vom 04.02.2008 errichteten ESVP - Mission durch EUPT (European Union Preparation Team).
Kommandant EULEX: Yves de KERMABON (F)
Stellvertreter: Roy REEVE (UK)
Polizei: Rainer KÜHN (D)
Gesamtstand: 1.900 Internationale
1.100 Nationale
Aufgabenbereich: Überwachung und Beratung der lokalen Polizei, Justiz, Justizwache und des Zolls.
Operative Aufgaben im Polizeibereich sollen analog der jetzt von UNMIK ausgeübten Tätigkeiten sein (Abteilung OK, Kriegsverbrechen, Zeugenschutz, Personenschutz, etc.)
KOSOVO SECURITY FORCE KSF / FSK
Die Übergangsphase von KPC / TMK zu KSF / FSK soll innerhalb von vier Monaten erfolgen, realistisch wurde ein Zeitrahmen von sechs Monaten angenommen.
Mitglieder von KPC / TMK können sich für die neue Einheit bewerben und müssen sich mit anderen Bewerbern einem Auswahlverfahren stellen.
Das Korps soll ebenfalls uniformiert, militärisch gegliedert und leicht bewaffnet sein. Der Aufgabenbereich wird jenem von KPC / TMK entsprechen. Eine Erhöhung der Mannstärke ist nur mit Zustimmung der internationalen Militärpräsenz (dzt. KFOR) möglich.
Oberbefehlshaber soll der Staatspräsident sein, die Eingliederung im neu geschaffenen Ministerium ("Verteidigungsministerium") erfolgen und der Kommandant über Vorschlag des Ministers mit Zustimmung des Premierministers und Entscheidung durch den Staatspräsidenten ernannt bzw. abberufen werden.
Die Ausbildung der Mitglieder soll in einer privaten Universität (Amerikanische Universität Kosovo AUK) erfolgen, es soll keine Militärakademie eingerichtet werden.
Kein Einsatz ist im Rahmen einer Grenzsicherung geplant.
Aktive: 2.500
Reservisten: 800
Minderheitenanteil: analog der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung
Die Sicherheitssituation ist derzeit stabil mit Ausnahme Nordkosovo. Bisher verlief die Phase seit der Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeit durch den Kosovo überraschend ruhig.
Für den Großteil der Bevölkerung im Südkosovo und auch in den anderen serbischen Gemeinden außerhalb des Brennpunktes Mitrovica gestaltet sich das Leben völlig normal und ist in keiner Weise von mangelnder Sicherheit betroffen.
[A, Seite 33-36]
2.2. Kosovo - Albaner
Der UNHCR wies bereits im Januar 2003 darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Kosovo - Albaner, die während der Kosovo - Krise geflohen waren, nach Hause zurückgekehrt ist.
Die Sicherheitslage hat sich im Allgemeinen für Angehörige der albanischen Mehrheitsbevölkerung in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Nicht zuletzt die größere Effizienz der lokalen Polizei "KPS" und eine Verbesserung des lokalen Gerichtswesens haben dazu beigetragen, die Situation (für ethnische Albaner) zu verbessern. Zudem haben aber auch das - für Nachkriegssituationen typische - allgemeine Chaos und die relative Normenungebundenheit, die in der Gesellschaft vorherrschte nachgelassen und ein mehr geregeltes gesellschaftliches Leben ist an deren Stelle getreten. Gegenwärtig gibt die allgemeine Sicherheitslage für ethnische Albaner, d.h. Angehörige des nunmehrigen Mehrheitsvolkes in Kosovo, bis auf genau definierte Ausnahmen zu Besorgnissen keinen Anlass mehr. [L, Seiten 4-5]
Im Positionspapier des UNHCR vom Juni 2006 wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo - Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo - Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, Kosovo - Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden sowie Opfer von Menschenhandel) gibt, die mit ernsten Problemen, einschließlich pyhsischer Gefahr, konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden. [H, Seite 9] .
Katholische Albaner sind im politischen wie wirtschaftlichen Leben voll integriert und sind keinerlei Benachteiligungen durch die mehrheitlich moslemischen Albaner ausgesetzt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es für eine Diskriminierung bzw.
Verfolgung der katholischen Albaner im Kosovo durch die mehrheitlich moslemische
Bevölkerung keine Anhaltspunkte gibt. Auch sind keine Einzelfälle von Übergriffen bekannt geworden. Katholische Albaner sind keiner Verfolgung bzw. besonderen Gefährdung aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ausgesetzt. [I, Seiten 13-15]
3. Rückkehrfragen: Wirtschaft, Grundversorgung und Gesundheitssystem im Kosovo
3. a. Wirtschaft:
Trotz der Unabhängigkeit ist die wirtschaftliche Lage in der rohstoffreichen Region weiterhin äußerst prekär. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 1.100 Euro/Kopf ist der Kosovo Schlusslicht in Europa. Die Arbeitslosigkeit beträgt über 40 Prozent. Das Land hat mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren die jüngste Bevölkerung Europas und die höchste Geburtenrate. Ein Drittel der Einwohner ist jünger als 14 Jahre. Jährlich drängen 36.000 junge Leute neu auf den Arbeitsmarkt.
[B, Seiten 2-3]
3. b. Grundversorgung/Sozialwesen
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Bevölkerung des Kosovo ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen. [C, Seite 17]
Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe, die von den "Municipalities" ausgezahlt wird, sich allerdings auf sehr niedrigem Niveau bewegt. Sie beträgt für Einzelpersonen 35 Euro monatlich und für Familien (abhängig von der Zahl der Personen) bis zu 75 Euro monatlich. [C, Seite 17]
Im Jahr 2007 erhielten insgesamt 37.170 Familien mit einer gesamten Anzahl von 161.049 Personen Sozialunterstützung.
Die Kriterien für die Sozialhilfe sind entsprechend geregelt und auch im Verwaltungsweg durchsetzbar.
Kategorie I:
Alle Familienmitglieder sind Abhängige (eingestuft als nicht arbeitsfähig oder für Arbeit nicht verfügbar und tatsächlich nicht arbeitstätig):
1. Personen über 18 Jahre mit dauernder oder schwerer Behinderung und damit
verbundener Arbeitsunfähigkeit;
2. Personen mit 65 Jahren oder älter;
3. Personen mit Behinderung, mit 65 Jahren oder älter oder Kinder unter 5 Jahren, welche eine Vollaufsicht benötigen;
4. Kinder bis zu 14 Jahren;
5. Personen zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr (inklusive), welche eine höhere
Schule besuchen;
6. Elternteile mit Kindern unter 15 Jahren;
Kategorie II:
Zumindest ein Familienmitglied ist arbeitsfähig und beim Arbeitsamt ("Entin e Punsimit") als "arbeitslos" gemeldet und die restlichen Familienmitglieder sind "Abhängige" (siehe Kategorie I) oder auch als arbeitslos gemeldet.
a) zumindest ein Kind unter 5 Jahren od.
b) ein Vollwaisenkind unter 15 Jahren mit Vollaufsicht
c) Grundbesitz nicht über 50 Ar (1/2 Hektar)
Generell wird Sozialhilfe auf die Dauer von bis zu sechs Monaten bewilligt und bedarf dann eines neuen Antrags.
Überprüfungen der Fakten werden durch Bedienstete des Ministeriums für Soziales und Arbeit vor Ort durchgeführt. Bei bestimmten Kriterien wie Eigentum (Qualität des Hauses, Fahrzeuge, Arbeitstätigkeit im Ausland, etc) kann aufgrund der gesetzlichen Kriterien der Anspruch gestrichen werden.
Es gibt die Möglichkeit einer Berufung, wenn Sozialhilfe nicht gewährt wird.
[A, Seiten 9-10]
Die Sozialleistungen reichen alleine oft nicht zur Abdeckung der Grundbedürfnisse
Der Zusammenhalt der Familien besonders im ländlichen aber auch im städtischen Bereich sichert das wirtschaftliche Überleben, verbunden mit Unterstützungszahlungen von Verwandten aus dem Ausland. Zusätzliche Einnahmequellen bestehen in der Landwirtschaft bzw. durch die Erledigung von Gelegenheitsarbeiten vor allem in der Baubranche.
Unterstandslosigkeit ist im Kosovo im Gegensatz zu westlichen EU-Staaten äußerst selten auftauchendes Problem. So ist die Zahl der tatsächlich unterstandslosen Personen in Pristina - immerhin geschätzte 600.000 Einwohner verschwindend gering (geschätzte 20 Personen!), im ländlichen Bereich gar nicht vorhanden. [A, Seite 13]
Selbst wenn keine eigene Unterkunft zur Verfügung steht, so funktioniert im Kosovo das "Auffangbecken" Familie trotz aller widrigen, vor allem schweren wirtschaftlichen, Umstände nach wie vor. Soll heißen, dass durch diese Familienbande kein derartiger Kosovare einem Leben auf der Straße ausgesetzt wäre. Es finden sich allein schon aufgrund der im Kosovo vorherrschenden "zahlreichen" Verwandtschaftsverhältnisse immer noch irgendwelche Möglichkeiten der Unterbringung und Unterstützung solcher Personen.
Sollte die für einen AW extreme Situation der "Nichtunterstützung" seitens seiner Familie auftreten, welche allerdings sehr unwahrscheinlich ist, so finden sich im Kosovo nach wie vor einzelne internationale und nationale humanitäre Organisationen ("Mutter Teresa", das "Rote Kreuz", die "Caritas"...), die humanitäre Hilfe ermöglichen.
Weiters sind zahlreiche NGO's im Kosovo tätig, die eine zusätzliche Möglichkeit darstellen, bei auftretenden Problemen welcher Art auch immer entsprechende Unterstützung zu erhalten. Der Zugang zu deren Büros oder eine direkte Kontaktaufnahme ist für alle Personen im Kosovo möglich. [K]
Im Allgemeinen ist festzuhalten, dass ethnische Albaner im Kosovo nicht Gefahr laufen zu verhungern oder in ihrer Existenz gefährdet zu sein. Die Solidarität in der Großfamilie in Zusammenspiel mit Schwarz- oder Gelegenheitsarbeiten, möglicher Sozialhilfe und humanitärer Hilfe verhindern im Allgemeinen ein vollkommenes Abgleiten kosovo- albanischer Familien. [ J, Seite 3]
Es sind in den erörterten Berichten keine Fälle dokumentiert, dass aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage Personen tatsächlich lebensgefährdend in ihrer Existenz bedroht waren oder aktuell sind.
3. c. Gesundheitswesen:
Durch die Entwicklungen während der neunziger Jahre wurde auch der Gesundheitssektor des Kosovo sehr in Mitleidenschaft gezogen. Die Wiederherstellung der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung ist nach wie vor prioritär, schreitet aber aufgrund fehlender Ressourcen nur langsam voran. 2007 stieg das Budget des PISG Gesundheitsministeriums um 2 Mio. Euro auf 51 Mio. Euro an.
Die Versorgung bei Operationen im Kosovo bessert sich stetig, ist aber in der invasiven Kardiologie (z.B. Herzoperationen bei Kleinstkindern), in der Neurochirurgie sowie in der chirurgischen Orthopädie noch eingeschränkt. Die Möglichkeiten, komplizierte operative Eingriffe vorzunehmen, sind zurzeit noch begrenzt. Dennoch wurden im Jahr 2007 bereits mehrere Patienten mit ausländischer Unterstützung im Universitätsklinikzentrum in Prishtinë/Pri¿tina am offenen Herzen operiert. Die Kardiologie dort befindet sich derzeit im Ausbau. Ein Koronarangiograph zur verbesserten Diagnostik wurde angeschafft, bislang jedoch noch nicht in Betrieb genommen. Auch in der Therapie von Krebspatienten bestehen
trotz Verbesserungen gerade im privaten Gesundheitssektor weiterhin Probleme, so sind z.B. Bestrahlungen nach wie vor nicht durchführbar.
Das Gesundheitsministerium verfügt derzeit über einen Fonds, um medizinische Behandlungen im Ausland durchzuführen. Im Frühjahr 2006 wurde es dadurch einigen Patienten, vor allem Kindern mit Herz- oder Tumorerkrankungen, ermöglicht, behandelt zu werden. Auch Nichtregierungsorganisationen wie Nena Theresa führen regelmäßig Spendensammlungen durch, um Behandlungen im Ausland finanzieren zu können
Am 15.12.2006 haben das Gesundheitsministerium der Republik Albanien und das (PISG) Gesundheitsministerium des Kosovo ein Memorandum of Understanding geschlossen, in dem Kosovaren Möglichkeiten zur Behandlung auf dem Gebiet der Kardiochirurgie, Neurochirurgie und Onkologie (Radiotherapie) im Universitätsklinikzentrum "Nenë Terezë" in Tirana eröffnet werden.
Nach Auskunft des PISG Gesundheitsministeriums stehen im öffentlichen Gesundheitswesen acht Zentren für geistige Gesundheit und in fünf Krankenhäusern Abteilungen für stationäre Psychiatrie inklusive angeschlossener Ambulanzen zur Behandlung von psychischen Erkrankungen und posttraumatischen Belastungsstörungen zur Verfügung. Stationäre psychiatrische Abteilungen mit angeschlossenen Ambulanzen existieren in den Krankenhäusern in Pristine/Pri¿tina, Mitrovicë/Mitrovica (Nord), Pejë/Pec, Prizren und Gjakovë/Dakovica. Im Universitätsklinikum in Prishtinë/Pri¿tina sind die psychiatrische Abteilung mit 72 Betten und die neurologische Abteilung mit weiteren 52 Betten sowie sechs Intensivplätzen ausgestattet.
Die Zentren für geistige Gesundheit (Mental Health Care Centre, MHC) befinden sich u.a. in den Städten Pejë/Pec, Prizren, Ferizaj/Uro¿evac, Gjilan/Gnjilane, Gjakovë/Djakovica, Mitrovicë/Mitrovica (Süd) und Prishtinë/Pri¿tina.
Ferner gibt es das Kosovo Institute for Mental Health Recovery (KIMHR), Centre for Stress Management and Education (CSME) in Gjakovë/Djakovica, "One to One" Psychosocial Centres in Pejë/Pec und Prizren (vgl. auch "National Plan for Psycho-Trauma", März 2006).
Die stationären Behandlungsmöglichkeiten für Psychiatriepatienten sind aber weiterhin äußerst begrenzt, da auch die Dauertherapieeinrichtung in Shtime/¿timlje ständig ausgelastet ist.
Die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen im öffentlichen Gesundheitswesen ist nicht gänzlich kostenfrei, je nach Behandlung im ambulanten Bereich sind zwischen 1 Euro und 4 Euro zu zahlen, für einen stationären Aufenthalt sind es täglich 10 Euro. Bestimmte Personengruppen, wie z.B. Invalide und Empfänger sozialhilfeähnlicher Leistungen, chronisch Kranke, Kinder bis zum 10. Lebensjahr und Personen über 65 Jahre, sind jedoch von diesen Zahlungen befreit.
Auch für die Medikamente, die auf der "essential drugs list" des Gesundheitsministeriums aufgeführt sind, wird nun eine Eigenbeteiligung von bis zu 2 Euro erhoben. Allerdings kam es kam es in der Vergangenheit im Universitätsklinikzentrum in Pri¿tina zu finanziellen Engpässen mit der Folge, dass auch stationäre Patienten die benötigten Medikamente, Infusionen, etc. zum vollen Preis privat in Apotheken erwerben mussten, obwohl sie auf der "essential drugs list" aufgeführt sind.
Viele der im öffentlichen Gesundheitswesen beschäftigten Ärzte betreiben zusätzlich eine privatärztliche Praxis. Der medizintechnische Standard dort ist oft erheblich höher als der im öffentlichen Gesundheitssystem. Weil es an einer Gebührenordnung fehlt, werden die Behandlungskosten zwischen Arzt und Patient frei vereinbart.
Kosovaren nutzen teilweise auch die Möglichkeit, eine für sie kostenpflichtige medizinische Behandlung in Mazedonien durchführen zu lassen. Soweit Kosovaren gültige serbische bzw. ehemals serbisch-montenegrinische Personaldokumente (Personalausweis oder Reisepass) besitzen, können sie theoretisch auch in das übrige Serbien reisen, um sich dort, allerdings auf eigene Kosten, medizinisch behandeln zu lassen. Aufgrund der politisch-ethnischen Situation ist dies allerdings keine allgemein gültige Lösung, sondern beschränkt sich auf Einzelfälle (Faktoren: ethnische Zugehörigkeit der Person/ethnische Situation am Behandlungsort/ Sprachkenntnisse etc.).
Es gibt insgesamt sechs Dialysezentren (Prishtinë/Pri¿tina, Prizren, Pejë/Pec, Gjilan/Gnjilane, Gjakovë/Dakovica, Mitrovicë/Mitrovica). Insgesamt sind derzeit im Kosovo 100 Dialysegeräte verfügbar. Die Versorgung erfolgt ohne Ansehen der Person oder der Ethnie.
Die Kapazitäten sind knapp, die Dialysegeräte müssen derzeit bereits im Drei-, teilweise auch schon im Vierschichtbetrieb mit verkürzten Zeiten gefahren werden. Aktuell sind gleichwohl alle Behandlungsintervalle (auch tägliche) möglich und kein neuer Patient wird abgewiesen.
Neben den Apotheken in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen existieren im Kosovo nach Presseberichten ca. 350 privat betriebene Apotheken. Nach Aussagen der "Vereinigung der Apotheker im Kosovo" (SHFK) werden nur 125 dieser Apotheken von ausgebildeten Pharmazeuten geleitet. Im Bedarfsfall können nahezu alle erforderlichen Medikamente über die Apotheken aus dem Ausland bezogen werden. [C, Seiten 18-20]
Im Kosovo existiert grundsätzlich eine funktionierende Grundversorgung im Gesundheitswesen, allerdings liegt die Gesundheitsversorgung wie auch die Möglichkeiten zur Behandlung bestimmter Krankheiten, nicht auf dem Niveau westeuropäischer Staaten.
Für bestimmte Personengruppen ist die Gesundheitsversorgung kostenlos; allerdings werden seitens des medizinischen Personals gewisse "Aufmerksamkeiten" erwartet. Diese "Aufmerksamkeiten" haben jedoch - in der Regel für Angehörige der albanischen Volksgruppe - keine existenzbedrohenden Ausmaße. [L, Seite 12]
2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person und zu den Fluchtgründen ergibt sich aus dem zur Gänze glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt vom 05.01.2004 und in der Berufungsverhandlung vom 03.09.2008.
2.2.Die Feststellungen zur allgemeinen Situation im Kosovo stützen sich auf das in der mündlichen Verhandlung eingebrachte und erörterte Berichtsmaterial aus folgenden Quellen, angesichts deren Seriosität und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen die Verfahrensparteien auch nicht entgegen getreten sind, kein Zweifel hinsichtlich ihrer Richtigkeit besteht:
Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI (Beilage A)
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008 (Beilage B)
Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007 (Beilage C)
APA 09.01.2008: Kosovos neue Führungsspitze von Parlament bestätigt (Beilage D)
UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations
Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008 (Beilage E)
Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 22.10.2006, Zahl 154/07 an das BAE (Beilage F)
Kosovo - Bericht 31.03.2007 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI (Beilage G)
UNHCR Positionspapier vom Juni 2006 (Beilage H)
Violeta Demaj: Katholische Albaner im Kosovo. Gutachten erstellt im Juli 2006
Beilage I)
Stephan Müller, Zusatzgutachten zu BW NN (313.084), 14.09.2007 (Beilage J)
Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 12.11.2007, Zahl 536/07 an das BAE (Beilage K)
Stephan Müller, Allgemeines Gutachten zur Situation im Kosovo, 15.02.2007 (Beilage L)
Constitution of the Republic of Kosovo.
http://www.gazetazyrtare.com/egov/index.php?option=com_content&task=view&id=130&Itemid=54 (Beilage M)
APA 10.06.2008: Der Kosovo will Heimat aller seiner Bürger sein (Beilage N)
Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 06.03.2008, Zahl 156/08 an das BAL (Beilage O)
Regulation no. 2000/13, 17 March 2000 On the Central Civil Registry
(Beilage P)
Law on Citizenship of Kosova
http://www.assembly-kosova.org/?krye=laws&lang=en&ligjid=243 (Beilage Q)
Violeta Demaj: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh. 07.05.2007
Commission of the European Communities: Kosovo Under UNSCR 1244 2007
Progress Report, COM(2007) 663 final, 06.11.2007
Home Office, Operational Guidance Note Kosovo, 22.07.2008
UN Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations
Interim Administration Mission in Kosovo. S/2008/211, 28.03.2008
Nochmals ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren wiederholt betont hat, den Kosovo ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben. Auch wurde den umfassenden, in der Verhandlung am 03.09.2008 vorgelegten Berichten zur allgemeinen Lage im Kosovo nur insoweit entgegen getreten, als der Vertreter des Beschwerdeführers lediglich behauptete, der Beschwerdeführer werde aufgrund seines Aufenthalts in Österreich im Kosovo keine Soz