D3 308737-2/2008/3E
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde des A.D., geb. 00.00.1984, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.07.2008, FZ. 08 04.648-EAST Ost, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 09.08.2008 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß Art. 18 B-VG zurückgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 08.11.2005 in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.11.2005 einen Asylantrag.
Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 16.10.2006, Zl. 05 19.038-BAE, wurde der Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, und dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
Da die Adresse des Berufungswerbers unbekannt und dessen Aufenthalt auch sonst nicht feststellbar war, wurde die Zustellung am 16.10.2006 durch beurkundete Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG vorgenommen. Der Bescheid wurde mangels Berufung am 31.10.2006 rechtskräftig.
Am 15.11.2006 wurde der Berufungswerber ohne Unterstand in Wien durch Sicherheitsorgane betreten und am selben Tag über ihn die Schubhaft verhängt.
Am 29.11.2006 stellte der Berufungswerber durch eine von ihm bevollmächtigte Vertreterin, Mag. N., einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und damit verbunden, einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wegen drohender Abschiebung.
Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 19.12.2006, Zahl: 05 19.038/1-BAE, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab. Der Antrag, dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsverfahren aufschiebende Wirkung beizulegen, wurde gemäß § 71 Abs. 6 AVG abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde am 02.01.2007 innerhalb offener Frist Berufung erhoben, wobei im Wesentlichen die Argumente des Wiedereinsetzungsantrages vom 29.11.2006 wiederholt wurden.
Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 01.02.2007, 308.737-C1/3E-VII/43/07, wurde die Berufung 19.12.2006, Zl. 05 19.038/1-BAE, gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG abgewiesen. Dieser Bescheid wurde gemäß § 23 Abs 2 ZustellG im Akt hinterlegt.
Am 23.05.2007 stellte der Asylwerber einen weiteren, seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.06.2007, Zl. 07 04.731-EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Antragsteller gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller am 3.8.2007 durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG zugestellt.
Am 13.08.2007 legte Mag. N. ihre Vollmacht zurück.
Gegen den Bescheid erhob der Antragsteller laut Faxdatum am 29.11.2006, die am selben Tag datierte Berufung.
Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 01.02.2007, 308.737-C1/7E-VII/43/07, wurde die Berufung 19.12.2006, Zl. 05 19.038/1-BAE, neuerlich gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG abgewiesen. Dieser Bescheid wurde an die Vertreterin des Beschwerdeführers am 16.6.2007 zugestellt.
Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.06.2007, 308.737-C1/5E-/II/43/07, wurde die Berufung vom 29.11.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.10.2006, Zahl: 05 19.038-BAE, gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Am 28.05.2008 stellte der Antragsteller seinen dritten, nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.07.2008, Zl. 08 04.648-EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Antragsteller gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
Am 23.07.2008 wurde der Bescheid gemäß § 23 Abs 2 ZustellG hinterlegt.
Am 31.07.2008 übernahm der Antragsteller eine Kopie des Bescheides von der Polizeiinspektion Breitenfurter Straße - AGM, Landespolizeikommando Wien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber am 09.08.2008 Beschwerde, welche er direkt beim Asylgerichtshof einbrachte, und beantragte die Beigebung eines Verfahrenshelfers zu deren näherer Begründung.
Mit Schreiben des Asylgerichtshofes 19.08.2008 wurde der Berufungswerber gebeten, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme zu seiner verspäteten Einbringung der Beschwerde abzugeben, wobei auch näher dargelegt wurde, warum der Asylgerichtshof von der Anwendbarkeit des AVG ausgehe. Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller am 21.08.2008 zugestellt.
Bis dato langte keine derartige Stellungsnahme ein.
Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter wie folgt festgestellt und erwogen:
Der Beschwerdeführer gab dem Bundesasylamt die Adresse seines Onkels, M.S., als Zustelladresse bekannt. Eine Zustellung des zurückweisenden Bescheids vom 18.07.2008 war jedoch nicht möglich, da sich der Antragsteller nach den gegenüber der Polizeiinspektion gemachten Angaben seines Onkels seit 14.02.2008 dort nicht mehr aufhalte, sondern nach Traiskirchen gebracht wurde.
Daraufhin hinterlegte das Bundesasylamt am 23.7.2008 den Bescheid gemäß § 23 Abs 2 ZustellG im Akt, da keine andere Abgabestelle des Antragstellers - zuletzt war er bis zum 18.02.2008 in der Roßauer Lände 7-9, 1090 Wien gemeldet - feststellbar war.
Am 31.07.2008 übernahm der Antragsteller eine Kopie des Bescheid von der Polizeiinspektion Breitenfurter Straße - AGM, Landespolizeikommando Wien.
Am 08.09.2008 langte beim Asylgerichtshof eine mit 05.08.2008 datierte, am 08.09.2008 gefaxte Beschwerde des Antragstellers gegen den zurückweisenden Bescheid ein.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs 3 Z 1 lit c und Z 2 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG und über die mit dieser Entscheidung verbundene Ausweisung.
Welches Verfahrensrecht der AsylGH anzuwenden hat, ergibt sich aus § 23 AsylGHG, der eine sinngemäße Anwendung des AVG vorsieht, soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005 und dem VwGG nichts anderes ergibt. Die Anwendung dieser Bestimmungen bedarf somit der unmissverständlichen Klarstellung im jeweiligen Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung, zumal der Gesetzgeber es auch unterlassen hat, die sinngemäße Anwendung des VwGG im Gegensatz zum AVG anzuordnen. Das VwGG enthält im 3. Unterabschnitt eigene Sonderbestimmungen für das Verfahren in Grundsatzentscheidungen (§§ 71 - 78 VwGG), auf welche auch der Gesetzgeber verweist, wo er den Anwendungsbereich des VwGG in Asylsachen absteckt (RV vgl AB 371 BlgNR 23. GP, EB zu § 23 AsylGHG).
Würde man nunmehr die Anwendung des VwGG über die genannten Fälle hinaus bejahen, stünde dies auch im Widerspruch zum Bestimmtheitsgebot in Art 18 B-VG und zum Rechtstaatsprinzip, welches eine klare Regelung der anzuwendenden Bestimmungen erfordert, sodass für den Einzelnen von vornherein klar erkennbar ist, nach welchen Regelungen sein Vorbringen beurteilt werden wird.
Es war auch die Absicht des Gesetzgebers ein gemeinsames Verfahrensrecht für beide Instanzen des Asylverfahrens zu schaffen, was ebenso für eine Anwendung des AVG spricht (vgl AB 371 BlgNR 23. GP, EB zu § 23 AsylGHG). Hinzu treten weitere historisch-teleologische Überlegungen, nämlich dass der Gesetzgeber mit der Einrichtung des AsylGH die Dauer der Asylverfahren verkürzen wollte. Dieses Ziel würde jedoch durch die Geltung einer sechs-wöchigen Beschwerdefrist, wie sie im VwGG vorgesehen ist, unterlaufen werden. Schließlich ist zu bemerken, dass der AsylGH im Gegensatz zum VwGH zu einer reformatorischen und nicht bloß kassatorischen Entscheidung berufen ist, wofür das VwGG keine entsprechenden Regelungen bereithält.
Der AsylGH hat somit das AVG mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, anzuwenden (vgl auch AsylGH 18.07.2008, B10 319231-2/2008; 21.07.2008, A5 201528-2/2008; 04.08.2008, D14 400545-1/2008; 11.08.2008, D7 257526-2/2008; 27.08.2008, C10 311544-2/2008; 27.08.2008, C4 317887-1/2008).
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist eine Beschwerde binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, wobei aber die Einbringung bei der Beschwerdeinstanz fristwahrend ist. Die Beschwerdefrist beginnt mit der rechtmäßigen Zustellung des Bescheides beginnt.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Die Tage des Postlaufes werden gemäß § 33 Abs. 3 AVG in die Frist nicht eingerechnet.
Der Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.07.2008 wurde dem Beschwerdeführer am 23.7.2008 gemäß § 23 Abs 2 ZustellG rechtswirksam zugestellt, zumal ein Zustellversuch an der vom Beschwerdeführer angegebenen Zustelladresse scheiterte und auch sonst keine Zustelladresse feststellbar war. Dass dem Beschwerdeführer eine Kopie des Bescheides am 31.07.2008 ausgefolgt wurde, ändert nichts am Beginn des Fristenlaufes mit der Zustellung am 23.7.2008. Der angefochtene Bescheid erwuchs daher am 07.08.2008 in Rechtskraft. Die mit 05.08.2008 datierte, aber erst am 09.08.2008 via Fax eingebrachte Beschwerde ist daher als verspätet zurückzuweisen.
Da das vom Asylgerichthof anzuwendende AVG keine Regelungen über die Verfahrenshilfe kennt, war der Antrag auf Verfahrenshilfe zurückzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.