TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/15 C13 219514-3/2008

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Veröffentlicht am 15.09.2008
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Spruch

GZ: C13 219.514-3/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. ROSENAUER als Einzelrichter über die Beschwerde des R.C., geb. 00.00.1974, StA Indien, vertreten durch Mag. Wilfried EMBACHER, Dr. Roland KIER, Dr. Thomas NEUGSCHWENDTNER, Univ.-Prof. Dr. Richard SOYER und Dr. Alexia STUEFER, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.08.2008, Zahl 08.06.226 - EAST Ost, gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG), iVm § 61 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entschieden:

 

Die Beschwerde wird gem. § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), brachte am 17.05.2000 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, Zahl 00 05.751-BAW vom 03.10.2000 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien festgestellt. Dagegen brachte der BF Berufung ein und zog im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung am 10.01.2001 seinen Asylantrag zurück. Der Bescheid des Bundesasylamtes wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat (in der Folge UBAS) mit Bescheid Zahl 219.514/0-IV/10/00 vom 06.02.2001 behoben.

 

Diesen ersten Antrag begründete der BF im Wesentlichen folgendermaßen:

 

Er wäre in A. als Händler tätig gewesen. Drei Monate nach Geschäftseröffnung wären öfters teils bewaffnete unbekannte Männer als Kunden in sein Geschäft gekommen und hätten Waren gekauft. Einige Monate lang hätten ihn die Männer aufgefordert, Waffen in seinem Geschäft zu verstecken. Er hätte abgelehnt. Die Personen wären aber immer wieder mit ihrer Forderung an ihn herangetreten und hätten ihn mit dem Umbringen bedroht. Sie hätten den BF auch davor gewarnt, die Polizei zu verständigen. Aus Angst vor dem Umbringen hätte der BF die Waffen letztendlich doch in seinem Geschäft versteckt.

 

1.2. Am 06.09.2001 brachte der BF beim Bundesasylamt neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, Zahl 01 20.269-BAW vom 11.03.2002 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien festgestellt. Dagegen brachte der BF Berufung ein und zog diese am 18.02.2005 zurück (der gegenständliche angefochtene Bescheid nennt in seiner Begründung irrtümlicherweise das Datum 28.03.2002), sodass der angefochtene Bescheid in Rechtskraft erwuchs.

 

Den zweiten Asylantrag begründete der BF im Wesentlichen damit, dass er sein Vorbringen aus dem Erstverfahren vollinhaltlich aufrechterhalte. Ergänzend gab er an, dass er noch immer gesucht werde.

 

1.3. Am 17.07.2008 hat der BF im Stande der Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel einen weiteren, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt. Er gab an, den Namen R.C. zu führen, Staatsangehöriger von Indien und am 00.00.1974 geboren zu sein.

 

Diesen dritten Antrag begründete der BF im Wesentlichen folgendermaßen:

 

Bei der niederschriftlichen Befragung beim Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel am 17.07.2008 (im Bescheid in der Begründung irrtümlich mit 30.06.2008 datiert) gab der BF im Wesentlichen an, dass er das Bundesgebiet seit seiner ersten Antragstellung nicht verlassen hätte. Zu den Fluchtgründen befragt gab er an, dass er keine Papiere hätte und aufgrund der neuerlichen Asylantragstellung Papiere bekommen würde. An den Fluchtgründen hätte sich aus dem Erstverfahren nichts geändert und auch neue Fluchtgründe würden nicht dazukommen. Er brachte weiters vor, dass er im Jänner 2005 eine österreichische Staatsbürgerin, Frau G.I., geheiratet habe und seit Jänner 2007 von ihr getrennt lebe. Der Beziehung entstammten keine Kinder.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 29.07.2008 gab der BF im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Punjabi vor einem Organwalter des Bundesasylamtes im Wesentlichen an, er könne über die Heiratsurkunde hinaus keine weiteren Beweismittel oder Dokumente vorlegen, die für sein Verfahren von Relevanz seien. In Bezug auf seine persönlichen Daten (Befragung vom 25.02.2002) hätte sich nichts geändert, er hätte alles richtig gesagt. Er habe mit seinen Eltern telefonischen Kontakt. Er stelle einen Asylantrag, weil er illegal hier sei und seinen Aufenthalt legalisieren möchte. Seine Gründe aus den beiden Erstverfahren bestünden noch immer, neue Gründe hätte er keine.

 

Der BF gab weiters an, er spreche nur ganz wenig Deutsch und habe keinen Deutschkurs besucht. Seinen Lebensunterhalt habe er durch legale Arbeit in den Jahren 2006 und 2007 und als Werbezettelverteiler ohne Anmeldung in der restlichen Zeit bestritten. Er sei seit Jänner 2008 nicht gemeldet, sei nicht Mitglied eines Vereines und habe auch keine Freunde hier. Er lebe seit Juli oder August 2007 von seiner Ehefrau getrennt und habe seit 6 Monaten keinen Kontakt mehr zu ihr. Er hätte im Fall der Rückkehr in sein Heimatland Probleme mit der Polizei, dies seit 1998.

 

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 vor dem Bundesasylamt gab der BF am 04.08.2008 vor einem Organwalter des Bundesasylamtes sowie im Beisein eines Rechtsberaters auf Nachfrage an, er habe in seinem Heimatland auch Probleme mit Terroristen. Seine Eltern hätten ihm immer wieder gesagt, dass er nicht zurückkehren solle, da er nach wie vor von der Polizei gesucht werde. Schließlich gab er an, er sei seit 8 Jahren in Österreich und habe viele Freunde hier. Er habe hier gearbeitet und könne ein wenig die Sprache. Er sei integriert und bitte daher, ihn nicht zurückzuschicken.

 

1.4. Das Bundesasylamt hat mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid Zahl 08 06.226 - EAST Ost vom 20.08.2008, übernommen vom BF laut Akteninhalt am 19.08.2008 (eines der beiden Daten ist wohl unrichtig, doch wird darin im gegenständlichen Verfahren keine besondere Relevanz erblickt, zumal die Fragen der Erlassung des Bescheides und der Rechtzeitigkeit der Beschwerdeeinbringung unbestritten sind), den Antrag auf internationalen Schutz vom 17.07.2008 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

 

Die Erstbehörde folgte beweiswürdigend in ihren Feststellungen zur Person des BF, zu den Vorverfahren, zu den vom BF angegebenen Gründen für seine neuerlichen Antragstellungen sowie zum Privat- und Familienleben im Wesentlichen den Angaben des BF sowie dem diesbezüglich widerspruchfreien Akteninhalt.

 

Festgestellt wurde weiters, dass keine Umstände, die einer Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich nach Nigeria (hier handelt es sich offenbar um einen Schreibfehler; gemeint war offenbar, auch in Übereinstimmung mit dem sonstigen Akteninhalt und mit dem Spruch: nach Indien) entgegenstünden, bestehen würden.

 

1.5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 04.09.2008, eingelangt am 05.09.2008 bei der Erstbehörde, Beschwerde erhoben. Darin wird beantragt, den Bescheid zu beheben und der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wird ausgeführt, dass der BF erst in seiner abschließenden Befragung am 04.08.2008 angegeben hätte, dass er "Probleme mit der Polizei" und "Probleme mit den Terroristen" hätte. Nähere Angaben dazu wären jedoch mangels Befragung durch die Behörde unterblieben. Er sei seit 8 Jahren in Österreich, hätte hier viele Freunde, hätte gearbeitet, spreche die Sprache und sei integriert. Weiters sei das Ermittlungsverfahren bezüglich der Feststellung der Sicherheitslage in Indien mangelhaft. So wurden zwei Ausschnitte aus Länderberichten von Human Rights Watch vom Jänner 2008 sowie des UK Home Office vom Jänner 2008 vorgelegt, aus denen der Schluss gezogen wurde, dass die von Terrorismus und Sicherheitskräften ausgehende Gefahr in Indien in den vergangenen drei Jahren, somit im entscheidungsrelevanten Zeitraum, massiv angestiegen sei. Schließlich sei das Verfahren auch in Hinblick auf das in Österreich geführte Privatleben mangelhaft geblieben, da lediglich die Ehe mit seiner österreichischen Gattin berücksichtigt worden sei.

 

1.6. Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 09.09.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

2. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

2.1. Zur Zurückweisung des Asylantrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des AsylG, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321). "Entschiedene Sache" i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; VwGH v. 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH v. 10.06.1998, Zl. 96/20/0266).

 

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.1.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162;

10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58;

03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens i.S.d. § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Antragsteller auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH v. 20.03.2003, Zl. 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321); in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; 04.04.2001, Zl. 98/09/0041; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH v. 16.07.2003, Zl. 2000/01/0237, mwN).

 

Die Prüfung der Fluchtgründe war Gegenstand der vorangegangenen abgeschlossenen Rechtsgänge. Im Rahmen des dem rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.03.2002 vorangegangenen Rechtsganges wurde das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen in Hinblick auf dessen Wahrheits- bzw. Glaubhaftigkeitsgehalt untersucht und letztlich abschließend beurteilt.

 

Der BF behauptet im nunmehrigen Rechtsgang keine weiteren - allenfalls geänderten - Sachverhaltselemente, welche nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Rechtsganges entstanden wären. Die maßgeblichen Gründe, die den BF zum vormaligen Zeitpunkt zum Verlassen ihres Heimatlandes bewogen haben mögen, haben sich daher seit seiner Asylantragstellung vom 06.09.2001 nicht verändert und liegt seinem neuerlichen Asylantrag in Wahrheit derselbe Sachverhalt (derselbe behauptete Fluchtgrund) zugrunde wie zum Zeitpunkt des Erstantrages.

 

Der BF begehrt faktisch die Auseinandersetzung mit seinen bereits in seinen vorangegangenen - rechtskräftig beendeten - Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründen. Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 - 4, 69 und 71 AVG, nicht erfolgen.

 

Wie die erstinstanzliche Behörde nach beweiswürdigender Auseinandersetzung mit den neuen Behauptungen des BF zutreffend ausgeführt hat, brachte dieser im neuerlichen Asylverfahren keine weiteren asylrelevanten Gründe vor, bzw. ergab sich kein neuer objektiver Sachverhalt. Die nunmehr durch den BF in der letzten Einvernahme vom 04.08.2008 und weiter ausführend in der Beschwerdeschrift aufgestellten Behauptungen bezüglich Verfolgung durch die Polizei oder bezüglich Problemen mit Terroristen in Indien vor über 8 Jahren stellen keinen neuen objektiven Sachverhalt dar; vielmehr hätten dem BF diese Umstände bereits während der vorangegangen Rechtsgänge seines Asylverfahrens bekannt sein müssen. Der BF hatte bereits in diesen Verfahren ausreichend Gelegenheit, der Wahrheit entsprechende Angaben zu machen und alle Fluchtgründe anzugeben. Aber auch die Beschwerde enthält kein über bloße unsubstantiierte Behauptungen hinausgehendes konkretes Vorbringen bezüglich allfälliger neuer, bisher nicht geltend gemachter Fluchtgründe, sondern stellt das Vorbringen des BF nur eine - nicht belegte und allgemein gehaltene - Fortsetzung des bereits in den Vorverfahren als unwahr beurteilten Fluchtvorbringens dar. Im Gegenteil muss das nunmehrige Vorbringen bezüglich Problemen mit Polizei und Terroristen als bloßer Versuch gewertet werden, nach 8 Jahren des Aufenthaltes in Österreich, ohne dass ein Asylgrund vorläge, eine Ausweisung hintanzuhalten.

 

Der Erstbehörde ist daher in ihrer Argumentation beizutreten, dass die diesbezüglichen Angaben des BF nicht geeignet sind, einen geänderten Sachverhalt herbeizuführen bzw. das Fluchtvorbringen des BF anders zu beurteilen. Beim nunmehrigen Vorbringen des BF handelt es sich somit im entscheidungsrelevanten Kern um dasselbe Vorbringen, über welches bereits mit Bescheid vom 11.03.2002 rechtskräftig abgesprochen wurde; die Rechtskraft dieser Entscheidung steht einer neuerlichen inhaltlichen Entscheidung entgegen.

 

Es liegt somit keine Änderung des Sachverhaltes vor, weshalb das Bundesasylamt zu Recht den Folgeasylantrag wegen entschiedener Sache i. S.d. § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen hat. Sollte der BF zum Ausdruck bringen wollen, dass sich im Herkunftsstaat Indien dadurch, dass sich in einzelnen Landesteilen durch einzelne Fälle von Befugnisüberschreitung durch die Polizei oder durch Fälle von Terrorattentaten maßgebliche Änderungen ergeben hätten, welche für sich alleine bereits einen neuen asylrelevanten Sachverhalt bewirken würden, so entspricht dies nicht dem Amtswissen. Die Feststellungen der Erstbehörde im angefochtenen Bescheid über die Situation in Indien basieren auf unbedenklichen seriösen Quellen, denen im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass Indien ein Staat auf demokratischer Basis mit rechtsstaatlichen Einrichtungen ist. Sollte die Beschwerde auf das Vorbringen abzielen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Indien konkret durch drohende Polizeiübergriffe oder drohende Terrorattentate in eine besondere konkrete Gefahr gebracht würde - was im übrigen im Vorbringen des BF nicht dezidiert ausgesprochen ist -, so könnte dem im Hinblick auf die vorliegenden Berichte über die Situation in Indien nicht beigepflichtet werden.

 

2.2. Zur Entscheidung über die Ausweisung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt, oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (in der Folge EMRK) darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl. I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem. Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wird auf die Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Bescheides erhoben.

 

2.2.1. Dass der BF darüber hinaus über relevante familiäre Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK im Bundesgebiet verfügen würde, ist nicht erkennbar. Solches wurde vom BF selbst auch während mehrerer Einvernahmen nicht behauptet.

 

Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift kamen Umstände, die auf eine besondere Integration in Österreich hinweisen würden, im Verfahren trotz ausreichender Möglichkeiten für den BF, diese vorzubringen, nicht hervor. Im Gegenteil wurden solche in Einvernahmen negiert. Soweit in der Beschwerdeschrift derartige Bindungen angesprochen werden, so wird selbst in dieser keinerlei konkretes substantiiertes Vorbringen erstattet. Das Vorbringen bezüglich eines Freundeskreises in Österreich steht im Widerspruch zu Teilen des Akteninhaltes, da der BF in Einvernahmen zunächst angegeben hatte, er verfüge über keine Freunde in Österreich. Aber auch wenn die Letztversion die richtige sein sollte, so hätte dies keine maßgebliche Relevanz für die Begründung von Hindernissen gemäß Art. 8 EMRK, die einer Ausweisung entgegenstehen würden. Ähnliches gilt bezüglich der Sprachkenntnisse des BF, worüber ebenfalls widersprüchliche Aussagen gemacht wurden, die der Glaubwürdigkeit des BF in diesen Punkten nicht zuträglich sind. Dies gilt auch für seine Aussagen bezüglich des Zeitpunktes der Trennung von seiner Ehefrau, für die der BF widersprüchlich verschiedene Daten angab. Unverändert blieb seine Aussage lediglich hinsichtlich des Umstandes, dass er von seiner Ehefrau seit längerer Zeit getrennt lebe und mit ihr keinen Kontakt mehr habe.

 

Da sohin im gegenständlichen Verwaltungsverfahren die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, nämlich die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache, vorliegt, weiters keine Umstände hervorgekommen sind, die diese Ausweisung unzulässig erscheinen ließe, nämlich weder ein nicht auf das AsylG 2005 gestütztes Aufenthaltsrecht noch familiäre Beziehungen, die eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirken könnten (§ 10 Abs. 2 leg. cit.), sowie auch kein Anhaltspunkt für einen Aufschub der Durchführung der Ausweisung vorliegt (§ 10 Abs. 3 leg. cit.), war auch der Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt der Erfolg versagt.

 

2.2.2. Dass eine Ausweisung aus Gründen im Sinne des Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) unzulässig wäre, hat sich im Verfahren ebenfalls nicht ergeben. Es ist auch keine konkrete Gefahr hervorgekommen, dass dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Indien Polizeiübergriffe oder Terrorattentate drohen würden.

 

In Summe überwiegen somit die öffentlichen Interessen an der vom Bundesasylamt ausgesprochenen Ausweisung gegenüber den Interessen des BF, zumal sich auch der über mehr als 8 Jahre dauernde Aufenthalt des BF in Österreich zum Teil auf keinen gültigen Aufenthaltstitel und zum Teil lediglich auf einen aus seiner Asylantragstellung erfließenden Aufenthaltstitel gründet, weshalb die Beschwerde somit auch hinsichtlich Spruchpunkt II vollinhaltlich abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

2.3. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt erscheint und sich insbesondere in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem BF zu erörtern.

Schlagworte
Ausweisung, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
07.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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