TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/15 C2 304895-1/2008

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Veröffentlicht am 15.09.2008
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Spruch

GZ. C2 304895-1/2008/23E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Marth als Einzelrichter über die Beschwerde des D.A., geb. 00.00.1982, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.08.2006, FZ. 06 07.966-EAST Ost, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.06.2008 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung von D.A. vom 30.08.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.08.2006, Zahl: 06 07.966-EAST Ost, wird gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

I.1. Verfahrensgang

 

Die nunmehr berufende Partei hat am 30.7.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

 

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der unter i. bezeichnete Antrag der berufenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 21.8.2006, erlassen am selben Tage, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde die berufende Partei aus dem Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

 

Mit am 30.8.2006 zur Post gegebener Berufung wurde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid berufen.

 

Vom entscheidenden Richter des Asylgerichtshofes wurde - noch als Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates -am 20.8.2007, am 21.11.2007 und am 4.6.2008 jeweils eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung von einer Dolmetscherin bzw. einem Dolmetschers als auch bei den beiden letzt genannten Verhandlung - unter Beiziehung einer Sachverständigen abgehalten.

 

Im Verfahren vor dem Asylgerichtshof wurden folgende Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Berufungswerbers in das Verfahren als Beweismittel eingeführt:

 

Karte South Asia

 

Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, November 2006

 

Human Rights Watch, India, Jänner 2007

 

U.S. Department of State, India, März 2006

 

Amnesty International, India, 2007

 

Amnesty International Deutschland, ai Jahresbericht, Todesstrafe nicht abgeschafft, 01.01. bis 31.12.2006

 

U.S. Department of State, India, International Religious Freedom Report 2007, September 2007

 

Home Office, Country of Origin Information Report India, September 2007

 

Weiters wurden im Verfahren vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Asylgerichtshof folgende Beweismittel vorgelegt oder von Amts wegen beigeschafft:

 

Eine schriftliche Bestätigung der Mutter des Berufungswerbers über deren Verwandtschaft und die Fluchtgründe des Berufungswerbers;

 

Ein Gutachten der länderkundlichen Sachverständigen zu den in Indien gepflogenen Erhebungen;

 

Eine den Berufungswerber betreffende Bestätigung des Dr. med. S. bezüglich Behandlung wegen verschiedener Erkrankungen und

 

Zwei fachärztliche Gutachten der bestellten medizinischen Sachverständigen.

 

I.2. Feststellungen und Beweiswürdigung

 

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die oben erwähnten Beweismittel und auf den gesamten erstinstanzlichen Verwaltungsakt sowie auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei ist volljährig und indischer Staatsangehöriger.

 

Der Berufungswerber hat während des gesamten Verfahrens zum Geburtsdatum gleiche Angaben gemacht und wirkte bezüglich dieser Daten auch vor dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates glaubwürdig. Weiters ist dem Berufungswerber in den festgestellten Angaben zu glauben, weil er durch falsche Angaben keinen Vorteil hätte und im Verfahren nichts hervorgekommen ist, was gegen diese Annahme spricht. Auf das Alter des Berufungswerbers lässt zudem der in den mündlichen Verhandlungen vorgenommene Augenschein schließen. Die Staatsangehörigkeit des Berufungswerbers steht auf Grund seiner Angaben, seiner Sprachkenntnisse und seinem Wissen über seinen Herkunftsstaat fest.

 

Im Herkunftsstaat kommt es zu keiner systematischen Verfolgung von Gruppen, denen der Berufungswerber angehört.

 

Dies ergibt sich aus den oben angeführten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei. Insoweit der Berufungswerber angegeben hat einer Gruppe anzugehören, die im Herkunftsstaat verfolgt wird oder werden soll, siehe iii. und iv.

 

Die berufende Partei hat eine Verfolgung durch staatliche Organe nicht glaubhaft gemacht.

 

Eine ihn selbst betreffende Verfolgung durch staatliche Organe hatte der Berufungswerber explizit in Abrede gestellt, auch wenn seine Mutter - deren Glaubwürdigkeit durch die Unterstützung der offensichtlich unwahren Fluchtgeschichte des Berufungswerbers erheblich gelitten hat - in der schriftlichen Bestätigung, die schon von ihrer Natur einer Beurteilung auf die Glaubwürdigkeit hin - wenn man von der Beurteilung des Inhalts der Bestätigung unter Bedachtnahme auf die Erhebungsergebnisse absieht - nicht zugänglich ist, da der persönliche Eindruck fehlt, angab, dass der Vater des Berufungswerbers öfter von der Polizei geschlagen worden sei. Dies alleine reicht aber nicht hin, um eine wahrscheinliche Verfolgung durch staatliche Organe zu begründen, wenn diese vom Berufungswerber explizit in Abrede gestellt worden ist, wie dies hier der Fall ist. Der Berufungswerber hatte schließlich zu Beginn der Verhandlung angegeben, dass ihn die Polizei nicht unterstützt hätte, Probleme hätte er mit dieser jedoch nicht gehabt. Erst als er merkte, dass seine ursprüngliche Fluchtgeschichte durch die Erhebungen der Sachverständigen widerlegt wurde, steigerte er sein Vorbringen und gab an, im Herkunftsstaat Probleme mit der Polizei zu haben. Auf Grund der nicht erklärbaren und nicht schlüssig erklärten Steigerung dieses Vorbringens und auf Grund seiner durch die Widerlegung seiner ursprünglichen Fluchtgeschichte extrem beeinträchtigten Glaubwürdigkeit, sind diese Angaben aber nicht geeignet, eine Verfolgung durch staatliche Stellen glaubhaft zu machen.

 

Da eine andere Verfolgung durch staatliche Organe weder von Amts wegen - trotz entsprechender Erhebungen durch den Rechtsanwalt, ob der Berufungswerber im Falle seiner Rückkehr verhaftet werden würde - hervorgekommen ist noch behauptet wurde, wurde eine solche nicht glaubhaft gemacht.

 

Die berufende Partei hat eine Verfolgung durch Privatpersonen nicht glaubhaft gemacht.

 

Vor dem Bundesasylamt hatte der Berufungswerber zusammengefasst angegeben, dass sein älterer Bruder S.S. von seinem Onkel J.S. bzw. von einem Sohn des Onkels am 3.1.2006 im Zuge eines Grundstücksstreits getötet worden sei. Da dieser Onkel ein Mitglied der Kongresspartei sei, hätte er Einfluss auf die Polizei und diese hätte dem Berufungswerber und seiner Familie nicht geholfen; als man den Berufungswerber dann auch mit dem Umbringen bedroht hätte, sei er am 15.3.2006 ausgereist.

 

Diese Gründe sind aber nicht glaubhaft gemacht worden; im Gegenteil, sie wurden durch die amtswegigen Ermittlungen widerlegt.

 

So konnte der von der Sachverständigen beauftragte Rechtsanwalt den Bruder des Berufungswerbers lebend vorfinden, dieser ist verheiratet und hat eine Tochter. Er arbeitet gemeinsam mit seinem Vater, der auch der Vater des Berufungswerbers ist, als Bauer am Land der Familie. Weiters hat der Rechtsanwalt durch Befragung des Vaters des Berufungswerbers herausgefunden, dass dieser ein Einzelkind ist und der Onkel, der den Berufungswerber bedroht hätte, lediglich ein Onkel 2. Grades sei, mit dem es laut den vorliegenden schriftlichen Aussagen der Familie keinen Grundstücksstreit gebe.

 

Der Berufungswerber trat dem Gutachten zwar insoweit entgegen, als er anführte, dass die vom Rechtsanwalt befragten Personen gar nicht seine Familienangehörigen seien und auch die Angaben über das Dorf nicht richtig wären. Allerdings war er nicht in der Lage diese Behauptung glaubhaft zu machen bzw. gar zu beweisen. Die als verlässlich bekannte Sachverständige, die regelmäßig in der Lage ist, nach den Angaben der jeweiligen Berufungswerber - soweit diese, was hier der Fall ist, ausreichend sind - die Familien zu finden, hatte eine Familie gefunden, die an der vom Berufungswerber angegebenen Adresse lebt, die einen den Namen des Berufungswerbers führenden Sohn hat, der sich im Ausland befindet und deren zweiter Sohn den vom Berufungswerber angegebenen Namen seines getöteten Bruders trägt. Es ist insoweit nicht zu erkennen, wie es sich hierbei um eine falsche Familie handeln soll.

 

Daher wurde die Fluchtgeschichte des Berufungswerbers nicht nur nicht glaubhaft gemacht, sondern durch die amtswegigen Erhebungen widerlegt.

 

Da eine andere Verfolgung durch Privatpersonen weder von Amts wegen hervorgekommen ist noch behauptet wurde, wurde eine solche nicht glaubhaft gemacht.

 

Im Falle einer Verbringung der berufenden Partei in deren Herkunftsstaat droht dieser kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK.

 

Die berufende Partei ist hinreichend gesund, sodass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Das ergibt sich aus dem Gutachten der Sachverständigen für innere Medizin, die aus internistischer Sicht keine Erkrankung feststellen konnte.

 

Allerdings besteht eine leichte seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule (siehe Gutachten des Sachverständigen für Orthopädie), die den Berufungswerber allerdings - obwohl behandlungspflichtig - in keine hoffnungslose Lage bringen würden, da diese einerseits nicht die von der Judikatur geforderte Intensität erreichen, um im Hinblick auf Art. 3 EMRK relevant zu sein und andererseits der Berufungswerber in Indien zumindest Zugang zu schmerzstillenden Medikamenten haben wird, was sich aus den Länderberichten und dem Amtswissen ergibt, und die Erkrankung schließlich nicht lebensbedrohend ist. Aus diesem Grund konnte auch eine letzte Abklärung der Fußheberschwäche unterbleiben. Daher droht der berufenden Partei und auf Grund des Bestehens einer flächendeckenden medizinischen Grundversorgung, die im Herkunftsgebiet des Berufungswerbers Punjab einen höheren Standard hat als etwa in ärmeren Teilen Indiens und wo alle notwendigen Medikamente verfügbar sind (siehe etwa den oben zitierten Bericht des Auswärtigen Amtes) keine Lebensgefahr oder hoffnungslose Situation in Indien auf Grund seiner Erkrankungen.

 

Die berufende Partei ist jung, männlich und arbeitsfähig und wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes - wenn auch nicht gutes - Auskommen zu sichern, und daher nicht in eine hoffnungslose Lage kommen. Darüber hinaus kann sie auf die Unterstützung der Familie zählen. Dies alles ergibt sich aus dem Gutachten der Sachverständigen, nach dem die Familie hinreichend selbsterhaltungsfähig ist und aus den Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei.

 

Eine nicht asylrelevante Verfolgung der berufenden Partei, die das reale Risiko einer Verletzung der Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK darstellen würde, hat diese nicht glaubhaft gemacht (siehe hiezu iii.).

 

Es besteht kein reales Risiko, dass die berufende Partei im Herkunftsstaat einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen wird.

 

Auf Grund der Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei steht fest, dass es in diesem Staat die Todesstrafe gibt. Dass die berufende Partei einem bestehenden realen Risiko unterliegen würde, hat sich jedoch auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht ergeben und wurde von der berufenden Partei auch nicht behauptet.

 

Dem Berufungswerber steht eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

 

Selbst wenn den Berufungswerber Verfolgung durch Private drohen würde, wäre er in der Lage, innerhalb Indiens vor dieser Verfolgung zu fliehen. Dies ergibt sich aus der einheitlichen Berichtslage und aus dem Umstand, dass er selbst vor dem Bundesasylamt angegeben hatte, nicht landesweit von der Polizei gesucht zu werden, sodass er jedenfalls unbehelligt einreisen könnte. Nicht einmal die Polizei ist mangels Meldewesens und Ausweispflicht in der Lage, eine Person, die in Indien verzieht zu finden, wenn es sich nicht um einen landesweit gesuchten Kriminellen handelt. Die Fahndung nach Menschen wird durch das Fehlen eines indienweiten Meldesystems und durch das Fehlen einer Ausweispflicht erheblich erschwert. Um so weniger besteht eine reale Gefahr, dass eine Privatperson ihren indienweit verzogenen Feind finden kann. Die Einreise nach Indien ist dem nach seinen eigenen Aussagen nicht zur Verhaftung ausgeschriebenen Berufungswerber jedenfalls möglich.

 

Da die berufende Partei, sie ist jung, männlich und arbeitsfähig, in Indien jedenfalls ein Fortkommen hat, ist es ihr auch zumutbar einer allfälligen Verfolgung durch die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu entgehen.

 

Der berufenden Partei steht in Österreich kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechtes zu.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei hat keine relevanten Familienangehörigen in Österreich.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof bzw. dem Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Die berufende Partei besucht in Österreich keine Schulen, Kurse oder Universitäten. Sie nimmt nicht am sozialen Leben teil und kann auch nicht deutsch. Die berufende Partei hat keine Arbeit in Österreich.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof bzw. dem Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Die berufende Partei hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof bzw. dem Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Die berufende Partei hat keine Verwandte oder Freunde in Österreich. Die Beziehungen sind zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich die berufende Partei ihrer unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst war.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof bzw. dem Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Die berufende Partei ist in Österreich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt. Die berufende Partei ist illegal in das Bundesgebiet eingereist.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof bzw. dem Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

II.

 

II.1.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch genannten Bescheides

 

Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter; ebenso entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 durch Einzelrichter, wenn im vor dem 1.7.2008 anhängigen Verfahren bereits vor diesem Zeitpunkt eine Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat stattgefunden hatte; dies ist im vorliegenden Verfahren der Fall, sodass der erkennende Richter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig war.

 

Gemäß § 3 AsylG 2005 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

 

Die berufende Partei konnte keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende Verfolgung glaubhaft machen. Eine solche ist auch nicht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Selbst wenn die berufende Partei durch Private verfolgt werden würde, stünde ihr eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Daher war die Berufung gegen Spruchpunkt I abzuweisen.

 

II.2.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt II des im Spruch genannten Bescheides

 

Zur Anwendbarkeit der relevanten Rechtsvorschriften und zur Zuständigkeit des entscheidenden Senates siehe oben II.1. i. und ii..

 

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz im Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG 2005 in Erledigung des Eventualantrages auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bescheidmäßig festzustellen, ob dem Antragsteller der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Dieser ist dann zuzuerkennen, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nicht zulässig ist.

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die berufende Partei nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht ihr im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr hat die berufende Partei weder glaubhaft gemacht noch ist diese von Amts wegen hervorgekommen oder der Behörde bekannt. Selbiges gilt für die reale Gefahr der Todesstrafe unterworfen zu werden. Daher war die Berufung im Hinblick auf Spruchpunkt II abzuweisen.

 

II.3.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt III des im Spruch genannten Bescheides

 

Zur Anwendbarkeit der relevanten Rechtsvorschriften und zur Zuständigkeit des entscheidenden Senates siehe oben II.1. i. und ii..

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, mit einer Ausweisung zu verbinden, sofern diese nicht gemäß § 10 Abs. 2 AsylG unzulässig ist.

 

Es konnte nicht festgestellt werden bzw. es wurde von der berufenden Partei auch gar nicht behauptet, dass dieser ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt.

 

Ein Eingriff in das Privatleben liegt im Falle einer Ausweisung immer vor. Dieser ist allerdings nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht schwerwiegender als das öffentliche Interesse Österreichs an einer Ausweisung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Ordnung im Fremdenpolizei- und Zuwanderungswesen. Dies ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der Integration des Fremden, der sich seit 30.7.2006 im Bundesgebiet aufhält, aber niemals einen anderen als einen vorübergehenden, asylrechtlichen Aufenthaltstitel hatte. Der VwGH hat im Erkenntnis vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 festgehalten, dass ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet (regelmäßig) keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet. Daher war festzustellen, ob der Berufungswerber auf Grund seiner besonders stark erfolgten Integration eine Ausnahme von dieser Regel darstellen würde. Da der Berufungswerber aber weder Verwandte noch freundschaftliche Beziehungen im Bundesgebiet hat, illegal eingereist und auf Dauer nicht selbsterhaltungsfähig ist, konnte trotz des Fehlens von Verurteilungen oder schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen keine besondere, über das Regelmaß hinausgehende Integration erkannt werden. Daher ist eine Verletzung des Rechts auf Privatleben durch die Ausweisung nicht zu erkennen.

 

Dass die Ausweisung einen Eingriff in das Familienleben der berufenden Partei darstellen könnte, hat sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens - auch unter Zugrundelegung der Aussagen der berufenden Partei - nicht ergeben. Es kann daher auch keine Verletzung dieses Rechts erkannt werden.

 

Die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt III war daher abzuweisen.

 

II.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, gesteigertes Vorbringen, gesundheitliche Beeinträchtigung, Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, innerstaatliche Fluchtalternative, Intensität, Lebensgrundlage, medizinische Versorgung, non refoulement, private Verfolgung, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
12.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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