S2 401.401-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde des F.S., geb. 00.00.1982,
StA: Irak, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.08.2008,
Zahl 08 05.062, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1 iVm 10 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 4/2008 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, StA: Irak, wurde nach illegaler Einreise in Deutschland über Österreich von der deutschen Polizei aufgegriffen und nach Österreich rücküberstellt. Hier stellte er am 10.06.2008 bei der Erstaufnahmestelle West den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er an, er sei Staatsangehöriger des Irak, und habe in Z. gelebt, habe den Herkunftsstaat am 27.04.2008 mit einem Taxi verlassen und sei - in näher dargestellter Weise - mit verschiedenen LKW und zuletzt mit einem PKW über die Türkei nach Deutschland gelangt. Von dort sei er von der Polizei zurück nach Österreich gebracht worden (AS 1f).
Vor dem Bundesasylamt East West schilderte der Beschwerdeführer am 17.06.2008 weiter, er sei von der Türkei über Griechenland illegal in die EU eingereist und sei über Italien und Österreich weiter nach Deutschland gelangt . Sein Ziel sei Norwegen gewesen (AS 61ff).
Die Erstbehörde leitete aufgrund dieser Angaben am 17.06.2008 ein auf Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: "Dublin II-VO") gestütztes Aufnahmeverfahren mit Griechenland ein (AS 73-91).
Dem Beschwerdeführer wurde am 18.06.2008 eine "Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG" ausgefolgt, wonach beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen; unter einem wurde ihm mitgeteilt, dass seit 17.06.2008 "Dublin Konsultationen" mit Griechenland geführt würden (AS 117/119).
Das diesbezügliche Aufnahmeersuchen blieb indes - jedenfalls bis 21.07.2008 - unbeantwortet, woraufhin Österreich den griechischen Behörden mit einem weiteren Schreiben des Bundesasylamtes vom 21.07.2008 mitteilte, dass aufgrund der unterbliebenen Antwort betreffend den Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 7 und Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO die Aufnahmeverpflichtung bei Griechenland liege (AS 127).
Im Verlauf einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 30.07.2008 (AS 147ff) bestätigte der Beschwerdeführer zunächst die Angaben aus der Erstbefragung und machte ergänzend - nach Vorhalt der Zuständigkeit Griechenlands - zusammengefasst folgende Angaben: Er wüsste gar nicht, ob er überhaupt in Griechenland gewesen sei, da er die Unterkunft in den 14 oder 15 Tagen nie verlassen habe. Lediglich der Schlepper habe behauptet, er wäre in Griechenland. Auf die Frage, was gegen eine Überstellung nach Griechenland spräche, brachte er vor, er habe im Irak von irakischen Flüchtlingen gehört, dass Griechenland die Menschenrechte nicht achte, die Flüchtlinge keine Verpflegung und Unterkunft bekämen und Griechenland versuche, die Flüchtlinge mit Gewalt außer Landes zu bringen.
In Bezug auf die Länderfeststellungen zu Griechenland (betreffend die Versorgung von Asylwerbern) meinte er, diese entsprächen nicht der Wahrheit. Über Befragen erklärte er, dass er gesund sei und keine Medikamente zu sich nehmen würde.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 18 Abs. 7 und 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO, Griechenland zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen, und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland zulässig sei.
Begründend wurde hervorgehoben, dass der Antragsteller keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht habe, dass er tatsächlich Gefahr liefe, in Griechenland Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder ihm eine Verletzung der in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Der Asylwerber leide weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit, noch an einer psychischen Erkrankung und er nehme keine Medikamente ein, wie der Beschwerdeführer selbst bei der Einvernahme am 17.06.2008 vor dem Bundesasylamt ausführte. Der Bescheid enthält eine ausführliche Darstellung zur Lage in Griechenland, zum Asylverfahren sowie zur Versorgung von Asylwerbern.
3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, die samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt am 05.09.2008 beim Asylgerichtshof einlangte. Darin wird nunmehr vorgebracht, dass nicht gemäß § 28 AsylG binnen 20 Tagen entschieden worden sei, da der Asylantrag am 10.06.2008 eingegangen, die Mitteilung über Konsultationen mit Griechenland aber erst am 18.07.2008 ergangen sei. Des Weiteren verweist die Beschwerde auf das UNHCR Papier vom 15. April 2008, das empfehle, keine Asylwerber nach Griechenland abzuschieben. Das Bundesasylamt hätte es außerdem verabsäumt, eine begründete Gefahrenprognose abzugeben, die sich auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers beziehen würde und die die Beurteilung über das mögliche Bestehens eines "real risk" beinhalten hätte sollen. Da das Verfahren hätte zugelassen werden sollen, sei die Ausweisung wegen fehlender Grundlage rechtswidrig. Schließlich wird beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
In einer Beschwerdeergänzung vom 04.09.2008 führt der Beschwerdeführer aus, dass Griechenland seiner Überstellung nicht zugestimmt und einem Ersuchen um Verfahrensgarantien nicht entsprochen habe. Es sei nicht sichergestellt, dass der Beschwerdeführer in Griechenland versorgt und ein faires Asylverfahren erhalten würde. Außerdem bemängelt die Beschwerde, das Bundesasylamt sei mit keinem Wort auf das Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer reiste - versteckt in verschiedenen Kraftfahrzeugen - von seinem Herkunftsstaat Irak kommend über die Türkei illegal in Griechenland ein, begab sich - ohne Kontaktnahme mit griechischen Behörden - innerhalb der EU weiter nach Österreich bis Deutschland, wo er aufgegriffen und nach Österreich zurück überstellt wurde. Hier stellte er am 10.06.2008 bei der Erstaufnahmestelle West den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten, er leidet an keiner Krankheit.
2. Die Feststellungen zum Reiseweg ergeben sich aus dem plausiblen in der Einvernahme vom 17.06.2008 erstatteten eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers. Das erst über Vorhalt der Zuständigkeit Griechenlands erstattete Vorbringen, das die Einreise in die EU im Wege von Griechenland in Frage stellt, wird als Schutzbehauptung qualifiziert, da davon auszugehen ist, dass ein erwachsener Reisender bei einem mehrtägigen Zwischenstopp in einem fremden Land sehr wohl erkennen kann, wo er sich aktuell befindet, und es nahe liegt, dass der Asylsuchende bei seiner ersten Einvernahme - noch ohne Sorge, dass der Zwischenstopp in Griechenland rechtliche Folgen haben könnte - bei dieser Einvernahme noch seine Wahrnehmungen wahrheitsgemäß wieder gegeben hat.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Mit 01.01.2006 ist das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge idgF anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz im Juni 2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 zur Anwendung gelangt.
3.2. Zur Frage der Zuständigkeit eines anderen Staates (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
a) Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin II-VO dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.
Art. 10 Abs. 1 Dublin II-Verordnung lautet: "Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 18 Abs. 3 genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts."
Art. 18 Dublin II-VO lautet:
"(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde.
......
(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Art 17 Abs 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedsaat alle Anstrengungen, um sich an die vorgegebene Frist zu halten. [...] in jedem Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. [...]
(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw. der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen."
Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes, wonach der Beschwerdeführer aus einem Drittstaat kommend illegal die Grenze Griechenlands überschritten hat, er von dort weiter nach Österreich gereist ist, und er auch keine "Familienangehörigen" (iSd Art 7 iVm Art 2 lit i Dublin II-VO) in Österreich hat, kommt nach der Rangfolge der Kriterien der Dublin II-VO deren Art. 10 Abs. 1 als zuständigkeitsbegründende Norm in Betracht. Durch die Nichtbeantwortung des entsprechenden Aufnahmeersuchens durch Griechenland ist auch davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wurde.
Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben. Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, dass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die wegen Verfristung ergebende Zuständigkeit des Mitgliedstaates aus diesem Grund wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte. Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei (VwGH 23.11.2006, 2005/20/0444; Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff).
b) Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05, festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs 2 Dublin II-VO zwingend geboten sei.
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II-VO).
Des Weiteren hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile"- Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen. Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II-VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO², K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs. 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären. Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
aa) Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK: Es leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich. Es liegen auch sonst keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11). Dies wurde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
bb) Mögliche Verletzung des Art. 3 EMRK: Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer unter diesem Gesichtspunkt in seiner Einvernahme vom 30.07.2008 und in der Beschwerde die schlechte Versorgungslage für Asylsuchende in Griechenland eingewendet und in der Beschwerde Belege für dieses Vorbringen genannt.
Bei einer Zusammenschau der zur Verfügung stehenden Berichte zur Lage der Asylwerber in Griechenland kommt der Asylgerichtshof jedoch zu dem Ergebnis, dass derzeit keineswegs in allen Fällen eine Überstellung von Asylwerbern nach Griechenland unzulässig und daher ohne weiteres das Selbsteintrittsrecht auszuüben wäre. Es ist vielmehr eine Einzelfallprüfung vorzunehmen:
Zwar empfiehlt das UNHCR-Positionspapier vom 15.04.2008 betreffend die Rückkehr von Asylwerbern nach Griechenland aufgrund der Dublin-Verordnung den Regierungen, derzeit von einer Rückführung von Asylwerbern nach Griechenland Abstand zu nehmen, weil das griechische Asylwesen mehrere schwere Mängel aufweise, etwa eine unzureichende Personalausstattung der Asylbehörden, eine Praxis der automatischen Inhaftierung der Asylwerber, Einvernahmen in einer unverständlichen Sprache, fehlende Rechtsbelehrung und mangelhafte Versorgung. Die nach dieser Empfehlung des UNHCR entsandte Delegation des schwedischen Migrationsamtes kommt hingegen in ihrem Bericht vom 07.05.2008 zu dem Schluss, dass in Griechenland bei Erwachsenen - zum Unterschied von unbegleiteten Minderjährigen - sowohl die Prüfung von Asylanträgen als auch die Aufnahme von Asylwerbern generell gesehen auf einem akzeptablen Niveau steht. Wesentlich ist für den Asylgerichtshof auch der Umstand, dass in keinem der vorliegenden Berichte Fälle genannt werden, in denen Asylwerber tatsächlich aus Griechenland in ihre Herkunftsländer abgeschoben worden wären, sodass die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch eine Kettenabschiebung unter Verstoß gegen das Refoulementverbot nicht besteht. Auch die zuständigen Organe der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten teilen diese Einschätzung (z. B. Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 09.04.2008;
englischer Court of Appeal 14.05.2008, EWCA Civ 464, Jawad NASSARI;
belgischer Aliens Litigation Council, 10.04.2008, Nr. 9796;
norwegisches Arbeits- und Sozialministerium, 21.07.2008).
Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Griechenland ein und stellte dort noch keinen Asylantrag. Er leidet nach den getroffenen Feststellungen an keiner Krankheit, ist erwachsen und auch sonst ist im Verfahren keine besondere Verletzlichkeit des Beschwerdeführers hervorgekommen. Nach den zutreffenden Länderfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid haben Asylwerber, welche im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens nach Griechenland überstellt werden, also Personen, die in Griechenland noch nie um Asyl angesucht haben, nach erfolgter Überstellung den vollen Zugang zum Asylverfahren. Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Zustimmung Griechenlands nicht ausdrücklich, sondern durch Verfristung erfolgte, gibt keinen Grund zu der Annahme, dass Griechenland dem Beschwerdeführer auf rechtswidrige Weise etwa den Zugang zu einem Asylverfahren verweigern könnte. Da im konkreten Fall ein Asylverfahren noch nicht begonnen wurde, verbieten sich auch spekulative Erwägungen über dessen Ausgang oder über die Erfolgsaussichten des Beschwerdeführers.
Soweit der Beschwerdeführer in seinen Schriftsätzen Kritik an der allgemeinen Situation der Asylwerber in Griechenland übt und dazu auf verschiedene Berichte verweist, fehlt es an einem konkreten Bezug zu seiner Person, zumal etwa die Probleme beim Zugang zum Asylverfahren, die bezüglich der aus der Türkei illegal nach Griechenland einreisenden Personen berichtet werden, bei einer Überstellung von Wien nach Athen nicht bestehen.
Auch ist zum Entscheidungszeitpunkt aus keinem Mitgliedstaat explizit gegenteilige Judikatur bekannt. Auch die norwegische Position beinhaltet lediglich eine Aussetzung von Entscheidungen im Zusammenhang mit einer näheren Prüfung der Berichtslage. Wie im beschwerdegegenständlichen Bescheid bereits ausgeführt, führt nun auch Norwegen nach einer eingehenden Prüfung wieder Dublin Verfahren mit Griechenland durch. Ausgenommen von der Effektuierung von Überstellungen sind lediglich Familien mit Kindern. In Ermangelung sonstiger individueller Gründe und individuellen Vorbringens des Beschwerdeführers erweist sich daher in diesem Fall das von der Erstbehörde beigeschaffte Tatsachensubstrat als ausreichend und die individuelle Beweiswürdigung als zutreffend. Griechenland ist ein Staat mit rechtsstaatlichen Einrichtungen und Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Ein zwingender Grund zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts besteht in diesem Zusammenhang daher nicht.
Im Ergebnis stellt daher eine strikte Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs und die damit verbundene Überstellung des Beschwerdeführers nach Griechenland kein "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK oder des Art. 8 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO dar.
Der Vollständigkeit halber wird in Entgegnung des insofern unzutreffenden Beschwerdevorbringens (im ersten Schriftsatz) angemerkt, dass die in § 28 AsylG vorgesehene 20-tägige Frist im Zulassungsverfahren eingehalten wurde, da dem Beschwerdeführer - wie oben unter I. ausgeführt - die "Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG" bereits am 18.06.2008, nicht erst am 18.07.2008, ausgefolgt wurde.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.
3.3. Zur Ausweisung des Beschwerdeführers nach Griechenland (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Zu diesem Spruchpunkt sind im Beschwerdefall keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG ersichtlich, zumal weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch der Beschwerdeführer in Österreich über Verwandte verfügt. Darüber hinaus sind auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG zu sehen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.