C8 318.827-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Felseisen als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Hat als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des S.K., geb. 00.00.1985, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.01.2008, FZ. 06 11.531-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Berufung des S.K. vom 27.02.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.01.2008, Zl. 06 11.531-BAW, wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 27.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er wurde hierzu am 27.10.2006 einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, in welcher er bezüglich seiner Fluchtgründe angab, seit dem Jahr 2004 Mitglied der Akali Dal (Simranjit Singh Mann) Partei zu sein und als solches an Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Regierung bzw. die Kongresspartei teilgenommen zu haben. Daher sei er von den Mitgliedern der Kongresspartei fälschlicherweise angezeigt worden und werde daher von der Polizei verfolgt.
In Folge wurde der Beschwerdeführer am 06.11.2006 und am 22.10.2007 in der Erstaufnahmestelle Ost und in der Außenstelle Wien des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.
Bei der ersten niederschriftlichen Einvernahme am 06.11.2006 führte der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe näher aus und gab an, dass er am 05.09.2006 einen Freund namens P.S. besucht habe und sein Vater ihn bei diesem Freund angerufen und ihm mitgeteilt habe, dass die Polizei bei ihm zu Hause gewesen sei und das Haus nach ihm durchsucht habe. Er sei dann in Folge nicht mehr nach Hause zurückgekehrt, sondern habe sich bis zu seiner Ausreise bei diesem Freund versteckt gehalten. Befragt, weshalb der Beschwerdeführer durch Mitglieder der Kongresspartei angezeigt worden sei, gab der Beschwerdeführer an, am 00.00.2006 an einer Demonstration der Akali Mann in H. Partei teilgenommen zu haben, welche von den Mitgliedern der Kongresspartei gewaltsam aufgelöst worden sei. Im Zuge von Auseinandersetzungen seien Geschäftslokale beschädigt worden und der Beschwerdeführer sei wegen Raufhandel und Sachbeschädigung angezeigt worden. An der Demonstration hätten etwa 150 Personen der Partei des Beschwerdeführers und 50 bewaffnete Mitglieder der Kongresspartei teilgenommen. Einige der Angreifer seien aus dem gleichen Dorf wie der Beschwerdeführer gekommen und diese hätten ihn erkannt und seinen Namen verraten. Zwei von ihnen hießen R. und B.. Die genauen Namen dieser Person könne er nicht nennen. Die Probleme des Beschwerdeführers hätten schon im Jahre 2005 begonnen, als er von diesen Mitgliedern der Kongresspartei unter Todesdrohungen aufgefordert worden sei, nicht mehr an Demonstrationen der Akali Dal teilzunehmen. Weiters gab der Beschwerdeführer an, im Jänner 2006 und im März 2006 bei der Polizei gewesen zu sein, jedoch wäre seine erste Anzeige dort nicht entgegengenommen worden und beim zweiten Mal sei ihm mit Festnahme gedroht worden, falls er die Polizeistation nicht verlasse. Befragt, weshalb sich der Beschwerdeführer nicht in einem anderen Landesteil Indiens niedergelassen habe, gab dieser an, dass die Kongresspartei sehr mächtig sei und ihn daher überall in Indien finden könne.
Bei seiner zweiten niederschriftlichen Einvernahme am 22.10.2007 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein Fluchtvorbringen bzw. konkretisierte es. Weiters gab er an, zu seiner Familie in Indien nunmehr keinen Kontakt mehr zu haben, da kurze Zeit nach seiner Ausreise aus Indien ein Bub, einer der Mitstreiter des Beschwerdeführers, getötet worden sei und seine Familie keine weiteren Schwierigkeiten mehr bekommen wollte und auch die Schwestern des Beschwerdeführers nicht in Gefahr bringen wollte. Befragt, was passieren würde, falls der Beschwerdeführer nach Indien zurückkehrt, brachte dieser vor, dass er dort getötet werden würde, falls seine Feinde, nämlich die Angehörigen der Kongresspartei, herausfinden würden, dass er in Indien sei. Diese hätten außerdem Verbindungen zur Polizei sowie zu renommierten Leuten. In seinem Gebiet seien es vor allem B.S. und R., welche die Partei unterstützen würden. Er sei von B.S. schon im Jahr 2004, kurz nachdem er der Partei beigetreten sei, bedroht worden, als er auf dem Heimweg von der Schule war. Weitere Namen von Parteimitgliedern der Kongresspartei konnte der Beschwerdeführer nicht nennen. Danach schilderte der Beschwerdeführer die schon bei seiner ersten Einvernahme erwähnte Veranstaltung vom 00.00.2006 eingehend. Es habe darüber auch zahlreiche Zeitungsartikel gegeben. Am Ende der Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer eine Frist bis zum 20.11.2007 eingeräumt, in welcher dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, Beweismittel bezüglich dieser Veranstaltung bzw. zu seiner Identität beizubringen.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.01.2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG der Status des subsidiären Schutzberechtigten im Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.
Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet (Seiten 21 ff des Erstbescheides):
Der Beschwerdeführer habe bei seiner ersten Einvernahme das aktuellste und beherrschende Ereignis, nämlich dass einer der Mitstreiter des Beschwerdeführers kurz vor dieser Einvernahme getötet worden sei, gar nicht erwähnt, sondern dies erst in seiner zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt angeführt, was als eine Steigerung des Asylbegehrens zu werten sei. Weiters habe der Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Sachverhalte nur vage dargestellt. Der Beschwerdeführer habe weiters angegeben, dass die Vorfälle bei der Demonstration am 00.00.2006 in allen Zeitungen erwähnt worden seien, jedoch nach Recherchen des Bundesasylamtes in keiner lokalen Ausgabe unabhängiger Zeitungen diese Vorfälle verzeichnet gewesen seien. Außerdem konnten im Vorbringen des Beschwerdeführers auch einige Widersprüche, insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt allfälliger weiterer Sachverhalte festgestellt werden. Weiters wies der Beschwerdeführer grobe Wissenslücken über jene Partei, für welche er angeblich "rekrutiert" habe, auf, weshalb klar erkennbar sei, dass der Beschwerdeführer nie in derartiger Verbindung mit der Partei gestanden sei. Letztendlich wurde auch angeführt, dass im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers auch eine effektive Schutzgewährung durch staatliche Sicherheitsorgane möglich sei und dass Gewalttaten und Übergriffen in Indien nachgegangen werde.
Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass aufgrund der mangelnden Glaubhaftmachung der Fluchtgründe auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG ausgegangen werden könne. Auch bestehe kein Hinweis auf das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände", welche eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien unzulässig machen könnten.
Zu Spruchpunkt III legte die Erstbehörde dar, dass der Beschwerdeführer über keine familiären Beziehungen in Österreich verfügt.
Der Bescheid erwuchs mangels rechtzeitiger Erhebung einer Berufung am 09.02.2008 in Rechtskraft.
Mit Schriftsatz vom 27.02.2008 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob Berufung ohne weitere Begründung.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.03.2008, Zahl 05 11.531-BAW, wurde dem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 71 Abs.1 Z 1 AVG 1991 stattgegeben.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Berufungsschriftsatzes.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG trat das Asylgesetz 2005, BGBl I 100/2005, mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 trat - mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 - mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft (§ 73 Abs. 2 AsylG).
Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde am 27.10.2006 gestellt; das Asylgesetz 2005 (AsylG) ist sohin anzuwenden.
2. Das Bundesasylamt hat mit dem Beschwerdeführer insgesamt zwei Einvernahmen durchgeführt und ihn konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
In der Berufung werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens keine Argumente entgegensetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen der Berufungsbehörde geboten hätte. Der Sachverhalt stellt sich somit auch unter Berücksichtigung der Berufungsschrift weiterhin als geklärt dar.
Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.
3. Der Asylgerichtshof als Berufungsbehörde schließt sich daher den auch hinsichtlich der rechtlichen Subsumtion nicht zu beanstandenden Ausführungen des Bundesasylamtes, einschließlich der länderkundlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. VwGH 25.03.1999, Zl. 98/20/559, VwGH 30.11.2000, Zl. 2000/20/0356).
Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen ist anzumerken, dass das Bundesasylamt diese insbesondere auch auf verschiedene Berichte des Auswärtigen Amtes und des UK Home Office gründete - zu aktuelleren Berichten haben sich keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben - , welche bereits für sich genommen, auch im Hinblick auf die mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens, eine taugliche und ausreichende Entscheidungsgrundlage für den vorliegenden Fall bilden.
Die Berufungsbehörde geht wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist; dies insbesondere aufgrund des widersprüchlichen Vorbringens hinsichtlich der Probleme mit den Mitgliedern der Kongresspartei und der mangelnden Kenntnisse über die Partei, für welche er gemäß seinen eigenen Angaben tätig war. Zudem erweisen sich die Ausführungen des Beschwerdeführers - trotz wiederholten Nachfragens des einvernehmenden Organs - als wenig detailreich. Ebenso folgt der Asylgerichtshof der ersten Instanz, als es nicht nachvollziehbar erscheint, dass in keiner der lokalen Zeitungen über die vom Beschwerdeführer erwähnte Demonstration trotz gegenteiliger Behauptungen des Beschwerdeführers berichtet wurde und der Beschwerdeführer auch selbst keine diesbezüglichen Artikel oder sonstige etwaige Beweismittel vorgelegt hat.
Ferner ist in eventu festzuhalten, dass - wie schon von der Erstbehörde erwähnt - die Probleme mit den Mitgliedern der Kongresspartei örtlich auf das Heimatdorf des Beschwerdeführers und das umliegende Gebiet beschränkt wären und - auch angesichts der Größe und der Bevölkerungsdichte Indiens - nicht davon auszugehen wäre, dass der Beschwerdeführer an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen Indiens ebenfalls derartigen Schwierigkeiten durch die genannten Personen ausgesetzt sein würde, er sich somit durch Verlegung seines Aufenthaltes an einen anderen Ort bzw. eine andere Region Indiens, beispielsweise nach Delhi, der behaupteten Verfolgung entziehen könnte. Die Aussage, wonach er nirgends anders in Indien leben könnte, insbesondere deshalb, weil er woanders in Indien auf sich alleine gestellt wäre und zu Hause sicherer sei, da ihn dort seine eigenen Parteileute unterstützen könnten, reicht nicht aus, um das Bestehen einer internen Fluchtalternative zu verneinen.
Dem Bundesasylamt ist ferner dahingehend zuzustimmen, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr Gefahr liefe, in Indien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden und daher kein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG vorliegt. Auch besteht in Indien bezogen auf den Gesamtstaat derzeit keine exzeptionelle Situation, wodurch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK gegeben wäre. Eine ausnahmsweise andere Situation hat der Beschwerdeführer nicht belegen können. Ebenso wenig sind auf die Person des Beschwerdeführers bezogene "außergewöhnliche Umstände" ersichtlich. Ebenso kann der Meinung des Bundesasylamtes gefolgt werden, als diese keine Unzumutbarkeit hinsichtlich der Existenzsicherung in seinem Heimatland erkennen lässt, zumal der Beschwerdeführer gesund und volljährig ist. Überdies besteht durch seine im Herkunftsstaat lebenden Verwandten ein soziales Bezugsnetz, eine Wohnmöglichkeit und ein Einkommen durch die Landwirtschaft.
Auch die Ausweisungsentscheidung in Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides ist zu bestätigen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunke. Hinweise auf eine sonstige außergewöhnliche Integration in Österreich sind nicht erkennbar, dies auch unter Berücksichtigung einer zum Entscheidungszeitpunkt beinahe zweijährigen Aufenthaltsdauer. Auch die Arbeit als Zeitungszusteller mag an der mangelnden Integration in Österreich nichts zu ändern.
4. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt aus der Aktenlage geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.