TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/16 A2 247052-0/2008

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Veröffentlicht am 16.09.2008
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Spruch

A2 247.052-0/2008/12E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Vorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Ines Csucker über die Beschwerde des C. O., geb. 00.00.1984, StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.02.2004, Zl: 04 00.090-BAT nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.09.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002/idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Gambia reiste seinen Angaben nach am 02.12.2003 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 02.01.2004 einen Asylantrag. Er wurde hierauf am 02.02.2007 (Aktenseiten 21 bis 31 im Akt des BAA) in der Außenstelle Traiskirchen des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Sein damaliges Vorbringen wurde im nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes, vom 05.02.2004, Zl: 04 00.090-BAT, wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

2. Das Bundesasylamt hat den Asylantrag mit angefochtenem Bescheid vom 05.02.2004, Zl: 04 00.090-BAT, abgewiesen und unter einem festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Gambia zulässig sei.

 

Das Bundesasylamt traf keinerlei Feststellungen zur Lage in Gambia. Die geltend gemachten Fluchtgründe wurden der Entscheidung aufgrund von zeitlichen Widersprüchen und der undetaillierten Angaben des Asylwerbers nicht zu Grunde gelegt.

 

Zu Spruchpunkt II argumentierte das Bundesasylamt, dass sich aus der allgemeinen Lage in Gambia keine Gefährdung im Sinne des § 57 FrG ergebe.

 

3. Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes, richtet sich die fristgerecht beim Bundesasylamt eingebrachte Berufung (gilt nunmehr als Beschwerde). Im angeblich eigenhändig vom Beschwerdeführer in arabischer Sprache verfassten Beschwerdeteil wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer beim Bundesheer in Senegal gewesen sei. Er habe Probleme mit der senegalesischen Regierung bekommen, weil diese vermutet habe, dass er zu einer Terrorgruppe gehöre.

 

4. Auf Grund dieser Beschwerde wurde am 09.09.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof anberaumt, an der der Beschwerdeführer teilnahm. Das Bundesasylamt hatte seine Nicht-Teilnahme entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch ergänzende Parteienvernehmung des Beschwerdeführers (BF) und Erörterung der in das Verfahren eingeführten Länderberichte.

 

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

 

"(...)

 

VR befragt die Partei, ob diese psychisch und physisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen.

 

BF: Ich bin gesund und kann der Verhandlung folgen. Auf Wunsch des Bf. wird die Verhandlung in der Sprache Mandingo durchgeführt. Der Bf. gibt an, bereits einige Kenntnisse der deutschen Sprache zu haben.

 

VR befragt den BF, ob er die Dolmetscherin gut verstehe; dies wird bejaht.

 

Eröffnung des Beweisverfahrens.

 

VR weist den BF auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin und ersucht ihn, die Wahrheit anzugeben. Der BF wird aufgefordert nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und belehrt, dass unrichtige Angaben bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. Ebenso wird auf die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und dass auch mangelnde Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.

 

Der BF wird gemäß § 51 AVG iVm § 49 AVG belehrt. Es erfolgt eine Belehrung über die Geltendmachung von Kosten als Beteiligter (§ 51a AVG). Ferner wird dem BF eine Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG gegeben.

 

Da keine Einwendungen vorliegen, werden die für das Ermittlungsverfahren wesentlichen Aktenteile verlesen. Der VR erklärt diese Aktenteile zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zu Grunde liegenden Niederschrift.

 

Beginn der Befragung

 

VR: Ist Ihre dem bisherigen Verfahren zugrunde gelegte Identität richtig? Auf § 119 Abs. 2 FPG wird hingewiesen.

 

BF: Meine bisherigen Angaben zur Identität entsprechen der Wahrheit.

 

VR: Waren Ihre Aussagen damals im erstinstanzlichen Verfahren richtig und bleiben diese aufrecht ?

 

BF: Ich war nervös, habe aber wahrheitsgemäße Angaben getätigt. Verständigungsprobleme sprachlicher Art gab es nicht.

 

VR: Waren Sie jemals in anderen europäischen Ländern außer in Österreich?

 

BF: Ich war immer nur in Österreich.

 

VR: Wollen Sie neue Beweismittel vorlegen?

 

BF: Neue Beweismittel gibt es nicht.

 

VR: Gibt es etwas Neues über Ihre Bedrohungssituation in Gambia?

 

BF: Genau weiß ich nicht, was mich in Gambia erwartet; ein Freund von mir sitzt aber weiterhin im Gefängnis und ist über sein Schicksal nichts bekannt.

 

VR: Haben Sie Kontakt zu jemandem in Gambia, insbesondere zu Familienangehörigen?

 

BF: Hauptsächlich habe ich Kontakt zu einem Freund, A., zuletzt im August 2008. Ich habe ihn angerufen, die Telefonnummer habe ich heute nicht dabei, aber hier in Österreich. Er ist jetzt Lehrer in der Schule, die wir gemeinsam besucht hatten. Damals hatte ich auch telefonischen Kontakt mit meiner Schwester. Diese besucht derzeit die S. School und lebt bei den Eltern ihres Mannes. Ihr Mann besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft und hält sich meines Wissens in Deutschland auf, nähere Umstände sind mir nicht bekannt. Über weitere Familienangehörige von mir ist mir ebenfalls nichts Näheres bekannt. Meine Eltern sind bereits verstorben und zwar 1994 mein Vater und 1995 meine Mutter. Auf Hinweis meiner diesbezüglichen unterschiedlichen Zeitangaben vor der Erstbehörde verweise ich auf meine angegebene Nervosität damals.

 

VR: Kennen Sie in Österreich jemanden aus Gambia, der Ihre Identität bestätigen könnte?

 

BF: Es gibt Leute hier aus Gambia bzw. aus B..

 

VR: Haben Sie sich seit Sie in Österreich sind jemals an das Konsulat von Gambia oder die Botschaft von Gambia in anderen europäischen Staaten oder an sonstige Behörden von Gambia gewandt?

 

BF: Nein.

 

VR: Wie kam es dazu, dass Sie in Gambia dieser Schülergruppe beigetreten sind? Schildern Sie bitte möglichst genau die näheren Umstände.

 

BF: Diese Schülerunion wurde in ganz Gambia gegründet aufgrund eines Vorfalls in der Foster Senior Secondary School. Dort geriet I. B. in einen Streit mit einem Lehrer, daraufhin wurde er vom Sicherheitsdienst so schwer geschlagen, dass er letztlich gestorben ist. Auf Nachfrage: Ich war in der Islamic School und nicht in derselben Schule wie B.. B. war allerdings ein Nachbar von mir in B. und spielte ich auch mit ihm im selben Fußballverein. Auf weitere Nachfrage gebe ich an, dass ich nicht dabei war, als B. vom Sicherheitsdienst geschlagen worden ist, ich war in meiner Schule.

 

VR: Wenn Sie von Sicherheitsdienst sprechen, was meinen Sie damit genau?

 

BF: Neben der Schule von B. befindet sich eine Feuerwehrstation, dort wurde er vom dortigen Wachpersonal geschlagen.

 

VR: Wann ist das vorgefallen Ihrer Erinnerung nach?

 

BF: Ich habe das Datum vergessen und weiß nur, dass es im Jahre 2000 war. Auf neuerliche Nachfrage: Es war wohl Anfang 2000.

 

VR: Wissen Sie Näheres über den Streit zwischen B. und dem Lehrer, der diese ganze Probleme ausgelöst hat?

 

BF: B. ist nicht mehr nach dem Streit nach Hause gekommen und habe ich nur erfahren, dass er verstorben ist. Daher weiß ich auch nichts Näheres darüber.

 

VR: Wann hat dann dieser Streik stattgefunden den Sie Ihrem Vorbringen nach wegen dieses Vorfalls mit B. organisiert haben!? Berichten Sie bitte Näheres über Ihre persönliche Wahrnehmung!

 

BF: Die Demonstration fand 2000 statt, an einem Montag und einem Dienstag, wir haben demonstriert und die Leute über die Situation aufgeklärt. Wir gelangten zur Polizeistation von B., die Polizei rief das Militär um Hilfe. Man forderte uns auf die Demonstration zu beenden; dies ist jedoch nicht erfolgt. Daher hat man begonnen die Demonstrationsteilnehmer zu verhaften. Ich und viele andere sind geflohen. Es gab dann eine Liste mit den Mitgliedern dieser Schülerunion und es sollten diese alle verhaftet werden.

 

VR: Wie viele Teilnehmer gab es ungefähr bei dieser Demonstration? Versuchen Sie bitte eine zahlenmäßige Angabe!

 

BF: Es waren sehr, sehr viele. Es kamen Schüler und Studenten aus ganz Gambia. Ich kann keine Zahl nennen.

 

VR: Wie war Ihre persönliche Rolle bei dieser Demonstration? Waren Sie eher einer von vielen; oder waren Sie an der Spitze der Demonstration, haben Sie zu den Demonstranten gesprochen?

 

BF: Ich war einer von denen, die diese Schülerunion gegründet haben und daher war ich vorne. Ich kann nicht genau sagen wie viele Leute vorne mit mir waren, es waren vielleicht 100.

 

VR: Was war das Ziel dieser Demonstration? Wie wollten Sie über die vergangenen Geschehnisse aufklären? Gab es Ansprachen? Versuchen Sie uns das bitte etwas näher zu schildern!

 

BF: Wir hatten Plakate und Fotos mit. Wir haben vorgeführt, wie hilflos B. war. Wir haben auch mit Megaphon gesprochen. Es gab auch Reden. Ich habe nicht gesprochen aber der Präsident unserer Union. Das war A. S.. Das ist jedoch nicht derselbe, mit dem ich jetzt telefonisch Kontakt habe. Ich habe meinen Freund auch nach dem Verbleib unseres damaligen Präsidenten gefragt und war ihm dieser nicht bekannt.

 

VR: Wie konnten Sie eigentlich vom Ort der Demonstration fliehen? Versuchen Sie bitte uns das möglichst anschaulich zu schildern! Sie waren ja Ihrem Vorbringen nach vorne in der ersten Reihe und daher wohl besonders gefährdet!

 

BF: Die Situation war tatsächlich sehr ernst. Es wurde auf uns geschossen und es wurden die Demonstranten auch mit Stöcken geschlagen. Man konnte niemand anderen mehr helfen, und musste nur danach trachten sich selbst zu retten. Die Mitglieder sowie ich trugen im Unterschied zu den anderen Demonstranten eine spezielle Uniform, das war eine blaue Kleidung. Ich habe diese ausgezogen und mich so unter die "normalen" Demonstranten gemischt, bin dann in ein großes Haus geschlichen und dort über ein Fenster weiter ins Freie gelangt.

 

VR: War es Ihnen wirklich möglich in dem ganzen Getümmel unerkannt Ihre Kleidung abzulegen? Können Sie das schildern?

 

BF: Ja, es ist mir gelungen.

 

VR: Wie lang waren Sie dann noch nach dem 00.00. in B.?

 

BF: Ich kann das nicht genau sagen, weil das schon so lange her ist.

 

VR: Können Sie die Zeitspanne vielleicht ungefähr einschränken? Waren es Tage, Wochen, Monate?

 

BF: Es war eine lange Zeit zwischen dieser Demonstration und meinem Fortgang aus B., aber ich kann es wie gesagt nicht näher einschränken.

 

VR: Wo haben Sie sich in der Zeit innerhalb von B. aufgehalten?

 

BF: Ich war die ganze Zeit bei einem Freund versteckt, der in der Nähe des Waldes wohnte. Auf Nachfrage: Ich war nie mehr zu Hause, hat mich aber meine Schwester fallweise bei diesem Freund besucht.

 

VR: Wie konnten Sie, wenn Sie versteckt waren erfahren, dass die Sicherheitsorgane nach Ihnen als Mitglieder Vereinigung gesucht haben? Was haben Sie genau erfahren?

 

BF: Der Freund hat mir immer Informationen gegeben, er hieß "B", mit diesem habe ich jetzt keinen Kontakt mehr, weil ich seine Nummer nicht habe. Ich konnte dann einmal in der Nacht mit einem Lastfahrzeug nach B gelangen.

 

VR: Welche Informationen hat Ihnen B über Ihre Gefährdungen gegeben? Es muss ja eine ernste Entscheidung gewesen sein, Ihren Heimatort zu verlassen!?

 

BF: B hat mir gesagt, dass die Lage ernst ist. Es würden auch Autos in B. genau kontrolliert. Ich könnte verhaftet werden, wenn ich hinausginge. Ich habe mir aber gedacht, ich muss B. verlassen.

 

VR: Wie lange waren Sie dann ungefähr in B, bevor Sie Gambia verlassen haben?

 

BF: Ich war nur 3 oder 4 Nächte in B. Ich bin dann, wie ich schon ausgesagt habe, mit einem Schiff nach einen unbekannten Ort gefahren. Von dort bin ich weiter mit dem Zug und dann zur Landstraße gelangt, von wo man mich nach Traiskirchen verwies.

 

VR: Ihren bisherigen Zeitangaben nach müsste aber Ihre Reise von B nach Österreich 3 Jahre gedauert haben? Die Zeitangaben erscheinen generell ungenau.

 

BF: Ich habe Angst über meinen damaligen Aufenthalt näheres zu sagen. Ich kann aber bestätigen, dass ich Gambia 2000 verlassen habe.

 

Der Bf. wird neuerlich dahingehend aufgeklärt, dass er vollständige und wahrheitsgemäße Angaben in seinen Interesse tätigen sollte.

 

BF: Ich will es nicht sagen.

 

VR: Sie haben vor dem Bundesasylamt auf ausdrückliche Befragung angegeben, dass Sie nur eine Person namentlich kennen die an diesem Streik teilgenommen hat und verhaftet worden ist!? Da Sie an dieser Demonstration Ihren Angaben nach ja relativ führend teilgenommen haben, und aktiv waren, erscheint es etwas bedenklich, dass Sie diesbezüglich nicht mehr Namen nennen bzw. Angaben machen können!

 

BF: Wir waren einfach zu viele, es wurden viele verhaftet, ich kann aber nur den einen Namen nennen, I. K.. Dieser ging sogar in dieselbe Klasse wie ich und er befindet sich wie schon gesagt im Gefängnis.

 

VR: Was wissen Sie noch über das Schicksal von I.K.? Gab es zB eine Gerichtsverhandlung? Was wurde ihm vorgeworfen, in welchem Gefängnis befindet er sich?

 

BF: A. hat das letzte Mal nur gesagt, dass er nichts Neues von ihm wisse, er glaube, I.K. sei noch im Gefängnis und wisse nicht, ob sie ihn zwischenzeitig entlassen hätten. Näheres über ihn weiß ich nicht.

 

VR: Was würden Sie im Fall einer Rückkehr nach Gambia zum jetzigen Zeitpunkt befürchten? Man könnte ja die Auffassung vertreten, dass diese seinerzeitigen Vorfälle schon jahrelang vergangen sind und sich die Sicherheitsorgane nicht mehr darum kümmern!?

 

BF: Meine Angst ist, dass ich im Fall einer Rückkehr ins Gefängnis gesteckt würde. Ich weiß nicht, was mich dort erwartet. Wüsste ich es, wäre eine Rückkehr kein Problem.

 

VR: Wie stehen Sie zum Präsidenten zu Gambia? Wie ist Ihre politische Haltung?

 

BF: Mein Problem ist eigentlich kein politisches, weil es nur im Zusammenhang mit dieser Studentendemonstration stand. Natürlich ist es so, dass wenn man in Gambia öffentliche Probleme hat, man auch Probleme mit dem Präsidenten hat.

 

VR: Sie haben vor dem BAA angegeben, an der Demonstration mit Steinen bewaffnet gewesen zu sein. Können Sie mir dazu Näheres angeben?

 

BF: Wir hatten die Steine ursprünglich nicht mitgenommen, sondern sie nur, als wie wir dann angegriffen, wurden zu Selbstverteidigung genommen.

 

VR: Haben Sie mit den Steinen jemanden verletzt?

 

BF: Bevor ich flüchtete, habe ich auch Steine aufgehoben und Steine auf die Angreifer geworfen, damit diese zurückweichen.

 

VR: Haben Sie gesehen, dass Sie jemanden mit den Steinen getroffen haben?

 

BF: Ja, mit diesen Steinen haben wir Polizisten und Soldaten verletzt.

 

VR: Sie selber auch?

 

BF: Ich habe das selber nicht gesehen. Ich habe einen Stein aufgenommen, geworfen, bin zurückgewichen um mir einen neuen Stein zu nehmen. Ich habe schon gesehen, dass bei den von uns angegriffenen Personen Blut geflossen ist. Ich weiß jetzt aber nicht, ob das von meinen Steinwürfen war.

 

VR: Ihrer jetzigen Darstellung nach sind Sie ja ursprünglich unbewaffnet und friedlich zu dieser Demonstration gekommen, wie fügt sich das mit Ihrer Aussage vor der Erstbehörde, Sie wären Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen?

 

BF: Nein, ich habe sicherlich nicht von einer bewaffneten Gruppierung gesprochen, weil wir wie gesagt in friedlicher Absicht gekommen sind.

 

Auf Nachfrage: Die Berufung in arabischer Sprache habe ich selbst verfasst. Mein Anwalt riet mir, über meine Fluchtgründe zu schreiben und ich habe das gemacht. Es sind dort dieselben Ausführungen wie in der heutigen Verhandlung bzw. im sonstigen Verfahren.

 

VR: Haben Sie in Österreich jemals schwere Krankheiten gehabt, bzw. waren Sie in Spitalsbehandlung?

 

BF: Nein, ich hatte und habe keine schweren Krankheiten.

 

VR: Hatten Sie in Österreich Probleme mit den Sicherheitsbehörden? Es liegt gegen Sie eine strafrechtliche Verurteilung vor.

 

BF: Ja, die Verurteilung entspricht der Wahrheit. Diese Probleme sind aber jetzt vorbei.

 

Informativ gebe ich an, dass ich eine Lebensgemeinschaft mit der hier anwesenden Vertrauensperson führe.

 

Folgende Erkenntnisquellen werden der beschwerdeführenden Partei genannt und deren Inhalt erörtert:

 

*) USDOS Human Rights Report, Gambia, 11.03.2008

 

*) UK Home Office, BIA, COI Keya Documents 04.04.2008; OGN 29.08.2007

 

*) Freedom House, Gambia 2008

 

*) BAA-Staatendokumentation, 28.05.2007

 

*) aktuelle Medienberichte und länderkundliche Unterlagen (als Hintergrundinformation)

 

Der VR bringt dem BF nachfolgende - vorläufige - Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des BF unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Asylgerichtshof vorliegenden Informationsunterlagen (siehe oben) zur Kenntnis:

 

Die Menschenrechtslage in Gambia hat sich insbesondere im Zusammenhang mit einem Putschversuch 2006 verschlechtert. Politische Gegner (oder als solche geltende Personen wie manche Journalisten) des Präsidenten können in Einzelfällen Opfer von Misshandlungen durch Staatsorgane werden, beziehungsweise müssen mit Verfolgung rechnen. Von einer pauschalen existenzbedrohenden Verfolgung aller Oppositioneller kann aber nicht gesprochen werden. Religionsfreiheit ist im Allgemeinen gewährleistet. Meinungsfreiheit und politische Freiheiten (Mehrparteienstaat mit im Wesentlichen freie Wahlen) sind zwar gegeben, aber zum Teil in der Praxis eingeschränkt. Es existiert eine medizinische Grundversorgung, Probleme bestehen bei der Behandlung von AIDS oder anderer komplexer Krankheitsbilder.

 

VR fragt den BF um seine Stellungnahme zu dieser Beurteilung.

 

BF: Ich kann nur sagen, dass Gambia meine Heimat ist. Ich habe aber wegen meines geschilderten Problems große Angst. Ich weiß einfach nicht, was mich dort erwartet. Im Falle einer Rückkehr, könnte ich nur hoffen, dass mir nichts Schlimmes geschieht.

 

Auf Nachfrage: Ich gehöre der Volksgruppe der Mandingo an, bin weiterhin dem moslemischen Glauben zugehörig und nicht verheiratet.

 

Keine Fragen des Beisitzers.

 

VR gibt rechtlich bekannt, dass die Frage der Ausweisung gegenständlich nicht vom Asylgerichtshof zu entscheiden ist.

 

VR fragt den BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will:

 

BF: Ich habe mein Problem geschildert und ersuche um Hilfe. Sonst habe ich nichts zu ergänzen.

 

VR fragt den BF, ob er den Dolmetscher gut verstanden habe; dies wird bejaht.

 

Schluss des Beweisverfahrens.

 

(...)".

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Feststellungen

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Gambia. Darüber hinaus kann seine Identität und Herkunft nicht festgestellt werden. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt.

 

2.2. Zum Herkunftsstaat Gambia:

 

Zur Lage in Gambia werden die in der Verhandlung vorgehaltenen entscheidungsrelevanten Feststellungen aus den in der Verhandlung vorgehaltenen Quellen zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

3. Beweiswürdigung:

 

Der Asylgerichtshof hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt sowie durch die am 09.09.2008 durchgeführte mündliche Verhandlung Beweis erhoben.

 

3.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich im Zweifel aus den diesbezüglich konsistenten Angaben des Beschwerdeführers in seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt und der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof. Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass sich aus der angeblich eigenhändig verfassten Beschwerdeschrift Zweifel an der behaupteten Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben könnten (aufgrund der kursorischen Erwähnung gänzlich anderer auf Senegal bezogener Fluchtgründe) jedoch wird in diesem Schreiben nicht ausdrücklich behauptet, der Beschwerdeführer sei tatsächlich senegalesischer Staatsbürger, sodass dieses Schreiben lediglich im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der behaupteten Fluchtgründe zu würdigen ist (siehe unten Punkt 3.2.). Die genaue Identität des Beschwerdeführers konnte in Ermangelung jedweder Dokumente und der erörterten sonstigen Unglaubwürdigkeit seiner Angaben somit nicht festgestellt werden.

 

3.2. Die Angaben zu den Fluchtgründen sind für den Asylgerichtshof nicht glaubwürdig.

 

3.2.1. Die Aussage des Asylwerbers stellt im Asylverfahren zweifellos das Kernstück dar. Hierbei ist es nach Ansicht des VwGH Sache des Asylwerbers, entsprechende, seinen Antrag untermauernde Tatsachenbehauptungen aufzustellen und diese glaubhaft zu machen.

 

Die Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe im allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

 

3.2.2. Der Verlauf der Verhandlung bestätigte im Ergebnis die Einschätzung des Bundesasylamtes über die mangelnde Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf seine Fluchtgründe:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zu zeitlichen Abläufen (abgesehen vom Datum der angeblichen Demonstration) vage und unbestimmt sind. So war er nicht in der Lage anzugeben, wie viele Tage, Wochen oder Monate er sich nach den Ereignissen anlässlich der Demonstration in B. bei einem Freund versteckt gehalten habe. Befragt zu seinen weiteren Aufenthaltsorten in Gambia, erklärte er lediglich, dass er nur kurze Zeit in B gewesen sei, bis er sich auf die Reise nach Österreich begeben habe ("Ich war nur 3 oder 4 Nächte in B. Ich bin dann, wie ich schon ausgesagt habe, mit einem Schiff nach einen unbekannten Ort gefahren. Von dort bin ich weiter mit dem Zug und dann zur Landstraße gelangt, von wo man mich nach Traiskirchen verwies"). Im Hinblick darauf, dass sich die Demonstration im April 2000 ereignet haben soll und dem behaupteten Einreisedatum in Österreich (Dezember 2003) hätte die Reise somit annähernd 3 Jahre gedauert. Auf Vorhalt dieser zeitlichen Ungereimtheiten führte der Beschwerdeführer vor dem Asylgerichtshof aus, über seinen Aufenthalt nach dem Verlassen Gambias im Jahr 2000 nicht Näheres sagen zu wollen. Bei dieser Aussage blieb der Beschwerdeführer auch nach Belehrung über die Bedeutung vollständiger und wahrheitsgemäßer Angaben in seinem Asylverfahren. Nach Ansicht des Asylgerichtshofes spricht auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nicht über den langen Zeitraum zwischen dem fluchtauslösenden Ereignis und seiner Einreise in Österreich äußern will - in Zusammenschau mit den weiteren Widersprüchen und Implausiblitäten (siehe unten) - dafür, dass er eine Fluchtgeschichte konstruierte.

 

Neben den erwähnten zeitlichen Ungereimtheiten ergaben sich Widersprüche auch dadurch, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt erklärte, Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen zu sein, diese Aussage jedoch im Rahmen der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof, ohne eine nachvollziehbare Begründung dafür zu liefern, bestritt.

 

Als zentral für den Befund der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers stellen sich jedoch dessen vage Ausführungen zu den eigentlichen Fluchtgründen dar. Hätte er tatsächlich an einer Demonstration von Studenten in einer relativ führenden Position teilgenommen ("Ich war einer von denen, die diese Schülerunion gegründet haben und daher war ich vorne.") müsste der Beschwerdeführer zahlreiche Namen von Mitgliedern der Teilnehmer der Demonstration nennen können. Entgegen dieser Annahme konnte er jedoch auch in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof lediglich einen Namen nennen. Darüber hinaus behauptete der Beschwerdeführer einerseits, dass die Demonstranten die Leute über das Schicksal des vom Sicherheitsdienst getöteten I. B. aufgeklärt hätten, andererseits war er nicht in der Lage die Hintergründe die zum Tod dieses Schülers geführt haben sollen, detailliert zu schildern ("...habe ich nur erfahren, dass er verstorben ist. Daher weiß ich auch nichts Näheres darüber."). Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich wegen des Todes eines mit ihm befreundeten Schülers eine Studentenorganisation mitbegründet und an der Ausrufung eines Streiks mitgewirkt, so wäre zu erwarten, dass er sowohl detaillierter über die Organisation und deren am Streik teilnehmenden Mitglieder, als auch über die Umstände des Todes des Schülers berichten könnte.

 

Des Weiteren ist auf die eigenhändige Beschwerdeschrift des Beschwerdeführers zu verweisen. Im Rahmen der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof bestätigte der Beschwerdeführer ausdrücklich die Beschwerde selbst verfasst zu haben (die Formulierung des 1. und 2. Teiles der Übersetzung der Beschwerde legen zwar nahe, dass die Beschwerde nicht vom Beschwerdeführer selbst verfasst wurde, jedoch ist dies für den Asylgerichtshof letztlich nicht verifizierbar). Entgegen den weitern Behauptungen des Beschwerdeführers sind darin jedoch nicht dieselben Ausführungen wie in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof und in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt enthalten, sondern tauschte er das Vorbringen zu seinen Fluchtgründen in dem Schreiben dagegen gänzlich aus (angebliche Probleme mit der senegalesischen Regierung) und ist darin überhaupt kein Bezug zu einer asylrelevanten Verfolgung in Gambia ersichtlich.

 

Selbst, wenn die Angaben des Beschwerdeführers zu einer Teilnahme an einer Studentendemonstration, anlässlich derer es zu einigen Verhaftungen gekommen sei, zuträfen, hat er im Übrigen jedenfalls (worauf in eventu hingewiesen wird) nicht plausibel machen können, warum ihm deshalb heute eine aktuelle individuelle asylrelevante Gefahr drohen könnte; erwähnte er doch in der Verhandlung ausdrücklich, dass sein Problem kein politisches sei, weil es nur im Zusammenhang mit dieser seinerzeitigen anlassbezogenen Studentendemonstration stand.

 

Vollständigkeitshalber ist ferner zu erwähnen, dass eine Gesamtschau der Angaben vor den Asylbehörden, zeigt, dass diese insgesamt vage und unbestimmt waren. Auch die Darstellung vor dem Asylgerichtshof war in keinem Bereich detailreich und engagiert. Da die Verhandlung in der Muttersprache des Beschwerdeführers Mandingo durchgeführt wurde und die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht wesentlich ausführlicher waren als bei der in Englisch durchgeführten Einvernahme vor dem Bundesasylamt, kann dies schließlich jedenfalls nicht mit mangelnder sprachlicher Kompetenz erklärt werden.

 

Angesichts des im Asylverfahren gültigen Maßstabs für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit, vgl nur EGMR 10.07.2007, Rs 34081/05 ACHMADOV, Natalia BAGUROVA : "The Court acknowledges that, due to the special situation in which asylum seekers often find themselves, it is frequently necessary to give them the benefit of the doubt when it comes to assessing the credibility of their statements and the documents submitted in support thereof. However, when information is presented which gives strong reasons to question the veracity of an asylum seeker's submissions, the individual must provide a satisfactory explanation for the alleged inaccuracies in those submissions (see, among others, Collins and Akasiebie v. Sweden (dec.), application no. 23944/05, 8 March 2007 and Matsiukhina and Matsiukhin v. Sweden (dec.), no. 31260/04, 21 June 2005)" ist zusammenfassend festzuhalten, dass die dargestellten Widerspüche und Implausibilitäten die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers so massiv in Zweifel ziehen, dass sein Vorbringen zu den Fluchtgründen den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden konnte.

 

3.3. Die Feststellungen zum Herkunftsstaat Gambia gründen sich auf die genannten als unbedenklich erachteten objektiven und aktuellen Quellen. Den in das Verfahren eingeführten Quellen konnte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Aus den herangezogenen Berichten ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass im Falle einer Abweisung eines Asylantrages nach individueller Prüfung einer Rückführung zwingende allgemeine humanitäre Hindernisse entgegenstehen.

 

4. Rechtliche Würdigung

 

4.1. Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes

 

4.1.1. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden behauptet, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

 

4.1.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichthofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Erachtet nämlich die Behörde - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers bezüglich der behaupteten Verfolgung grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380). Selbst bei Zutreffen der geschilderten seinerzeitigen Ereignisse ergäbe sich jedoch kein hinreichender Aktualitätsgehalt und erschiene ferner der überwiegende politische Bezug fraglich (siehe hier die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof, wonach er bei dieser Demonstration selbst an Gewaltakten beteiligt war), worauf hier nur vollständigkeitshalber hingewiesen wird.

 

4.2. Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes:

 

4.2.1. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (vormals § 57 FrG 1997, nunmehr § 50 FPG 2005); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Zur Auslegung des § 8 AsylG iVm § 50 FPG 2005 ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den § 50 FPG entsprechenden Bestimmungen des FrG 1997 heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

 

4.2.2. Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

4.2.3. Wie bereits oben unter II.3. ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr in Gambia einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

4.2.4. Unter Berücksichtigung der unter II.3. getroffenen Würdigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde. Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen als gesichert angenommen werden. Als jungem, gesundem Erwachsenen kann auch die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden.

 

Der Beschwerdeführer hat schließlich auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Davon, dass praktisch jedem, der nach Gambia abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene, kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht die Rede sein.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

Sohin war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

 

Für eine Entscheidung über die allfällige Zulässigkeit einer Ausweisung des Beschwerdeführers ist der Asylgerichtshof im gegebenen Zusammenhang (keine erstinstanzliche Entscheidung darüber entsprechend der seinerzeitigen Rechtslage) nicht zuständig.

Schlagworte
aktuelle Gefahr, Demonstration, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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