D2 238900-2/2008/6E
D2 238901-2/2008/6E
ERKENNTNIS
1. Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Feßl als Einzelrichter über die Beschwerde der V.M., geb. 00.00.1972, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.06.2008, FZ. 08 02.946-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.08.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
2. Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Feßl als Einzelrichter über die Beschwerde des mj. M.I., geb. 00.00.1991, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.06.2008, FZ. 08 02.948-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.08.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die nunmehrige Beschwerdeführerin V.M. (in der Folge als 1. BF bezeichnet) ist gemeinsam mit ihrem Ehemann und drei Kindern (darunter auch der mj. M.I., in der Folge als 2. BF bezeichnet) am 13.09.2002 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Sie stellte am 04.11.2002 einen Asylerstreckungsantrag auf den Antrag ihres Mannes; als Fluchtgrund gab sie an, dass sie ihren Herkunftsstaat hauptsächlich wegen der Kinder verlassen hätten und man dort nicht mehr leben könne.
Mit Bescheid vom 17.06.2003 wies das Bundesasylamt den Asylerstreckungsantrag der 1. BF gem. § 10 iVm § 11 Abs. 1 AsylG 1997 ab, wogegen diese am 27.06.2003 das Rechtsmittel der Berufung einbrachte. Am 22.08.2005 fand eine Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat statt.
Mit Schreiben vom 20.03.2008 hat die 1. BF ihre Berufung vom 27.06.2003 zurückgezogen und am 31.03.2008 den gegenständlichen Antrag auf die Gewährung von internationalem Schutz beim Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, eingebracht.
Begründend führte sie dazu aus, dass sie schon seit mehr als fünf Jahren in Österreich sei und noch immer keine Papiere habe. Ihren Herkunftsstaat habe sie damals verlassen, da man dort um sein Leben fürchten müsse und ihr Zuhause zerstört worden sei. Ihr Mann sei zwar immer auf der Flucht gewesen, konkretes fluchtauslösendes Ereignis habe es aber keines gegeben (AS 25). Am 20.06.2008 wurde die 1. BF von einem Organwalter des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, neuerlich einvernommen, wobei sie im Wesentlichen angab, dass sie allein aufgrund der Probleme ihres Mannes ihre Heimat verlassen habe (AS 97).
Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid vom 24.06.2008, FZ. 08 02.946-BAI, abgewiesen und der nunmehrigen Beschwerdeführerin der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wurde ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr zugleich gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30.06.2009 erteilt (Spruchpunkt III.).
Hiergegen brachte sie am 09.07.2008 die gegenständliche Beschwerde ein (AS 275 ff.).
Für den mj. 2. BF brachte der Vater als gesetzlicher Vertreter am 04.11.2002 einen Erstreckungsantrag, bezogen auf seinen eigenen Asylantrag ein, welcher mit Bescheid vom 17.06.2003, FZ. 02 26.043-BAE, vom Bundesasylamt abgewiesen wurde (AS 43).
Gegen diese Entscheidung wurde am 27.06.2003 das Rechtsmittel der Berufung eingebracht (AS 53 ff.). Am 22.08.2005 fand eine Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat statt.
Mit Schreiben vom 20.03.2008 hat der 2. BF, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin, die Berufung vom 27.06.2003 zurückgezogen und am 31.03.2008 den gegenständlichen Antrag auf die Gewährung von internationalem Schutz beim Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, eingebracht.
Begründend führte er hiezu an, dass die Familie nun schon so lange in Österreich sei und bis jetzt noch immer keine Entscheidung bekommen habe; aus diesem Grund werde ein neuer Antrag gestellt. In seinem Herkunftsstaat könne man nicht leben. Auf dem Weg zur Schule sei er beispielsweise immer von russischen Militärs kontrolliert worden. Zudem sei sein Vater von den Russen gesucht worden und seien zwei seiner Geschwister ums Leben gekommen.
Am 20.06.2008 wurde der 2. BF von einem Organwalter des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck neuerlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, bis auf die Vorfälle am Schulweg keine persönlichen Probleme gehabt zu haben.
Der Antrag des 2. BF auf internationalen Schutz vom 31.03.2008 wurde mit Bescheid vom 24.06.2008, FZ. 08 02.948-BAI, abgewiesen und dem nunmehrigen Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm zugleich gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30.06.2009 erteilt (Spruchpunkt III.).
Hiergegen wurde am 09.07.2008 die gegenständliche Beschwerde eingebracht.
In den inhaltlich gleichlautenden Beschwerden wird im Wesentlichen eine Verfolgung aus Gründen der Sippenhaftung wegen Verfolgung des Vaters M.A. behauptet. Des weiteren wird auf die Verfolgung der tschetschenischen Rückkehrer verwiesen (unter Zitierung von Gutachten).
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 17.06.2003, FZ. 02 26.040-BAE, den Asylantrag des Ehemanns bzw. Vaters gem. § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. stellte die erstinstanzliche Behörde fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gem. § 8 AsylG 1997 nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm für den Fall des Eintritts der Rechtskraft der Spruchpunkte I. und II. gem. § 15 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 3 AsylG 1997 eine auf drei Monate befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde dazu aus, dass der Ehemann bzw. Vater der nunmehrigen Beschwerdeführer keine konkret gegen seine Person gerichteten staatlichen bzw. quasi-staatlichen Verfolgungen aus asylrechtsrelevanten Gründen vorzubringen vermochte, sondern vielmehr deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass der Grund, der ihn zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen habe, ausschließlich in der zum Zeitpunkt der Ausreise vorgelegen habenden allgemeinen (Bürgerkriegs-)Situation gelegen sei.
Gegen diesen Bescheid wurde mit dem am 27.06.2003 eingebrachten Schriftsatz fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) erhoben, welche am 22.09.2003, 20.01.2004 und 27.01.2004 jeweils ergänzt wurde.
Der Unabhängige Bundesasylsenat hat am 22.08.2005, der Asylgerichtshof als dessen Nachfolgebehörde am 21.08.2008 in einer öffentlich-mündlichen Verhandlung ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung sowie durch Einsichtnahme in diverse Berichte und Schriftstücke. Die Beschwerdeführer V.M. und M.I. führten im Wesentlichen aus, dass sie keine eigenen Fluchtgründe haben und nur wegen ihres Ehemanns bzw. Vaters das Heimatland verlassen haben.
Der Asylgerichtshof hat über die nunmehr entscheidungsgegenständlichen Beschwerden erwogen wie folgt:
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (in der Folge: AsylGHG) nimmt der Asylgerichtshof mit 1. Juli 2008 seine Tätigkeit auf. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Aus den bereits im Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 12.08.2008, GZ. C5 251212-0/2008/11E, dargelegten Gründen ist § 75 Abs. 7 AsylG 2005 - samt weiteren auf das Verfahren des Asylgerichtshofs bezogenen Bestimmungen des AsylG 2005 - auch auf Verfahren, die laut § 75 Abs. 1 AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 (AsylG) fortzuführen sind, sinngemäß anzuwenden. Die Entscheidung hat demnach gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 durch den Einzelrichter zu erfolgen.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Die Asylgewährung in den gegenständlichen Fällen wurde vom Bundesasylamt jeweils im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass eine Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat nicht vorliege. Da sich die Verfolgungsbehauptungen letztlich nur auf den Ehegatten bzw. Vater beziehen und eine Verfolgung der Beschwerdeführer aus dem Vorbringen nicht abzuleiten ist, kann dieser Argumentation im Ergebnis nicht entgegengetreten werden. In der vor dem Asylgerichtshof durchgeführten Verhandlung bestätigten die Beschwerdeführer, dass sie das Heimatland ohne eigene Fluchtgründe nur wegen des Ehemannes bzw. Vaters verlassen hätten. Insoweit in den Beschwerden auf eine angebliche Sippenhaftung wegen Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie verwiesen wird, dies im Hinblick auf die angebliche Verfolgung des Vaters M.A., ist darauf zu verweisen, dass dieser seine Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte (siehe das ihn betreffende Erkenntnis vom heutigen Tag zu GZ. D2 238903-0/2008/29E), weshalb auch dieser behaupteten Sippenhaftung die Grundlage entzogen ist.
Was die politische und menschenrechtliche Situation in der Russischen Föderation, insbesondere in Tschetschenien betrifft, legt der Asylgerichtshof die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen (jeweils S. 7 - 30 der angefochtenen Bescheide) zugrunde, die schlüssig begründet sind und sich auf die im Einzelnen bezeichneten Berichte stützen. Den Beschwerdeführern, die sich gegen diese Feststellungen im Wesentlichen unter Hinweis auf ein Gutachten von Univ.-Prof. H. und Dr. L. stützen und die Verfolgung aller ethnischen Tschetschenen behaupten, ist entgegenzuhalten, dass gerade deren Gutachten "Tschetschenische Rückkehrer und Repatriierte als widersprüchlich und nicht beweiskräftig erachtet wurde (siehe VwGH 19.12.2007, Zl. 2006/20/0768 und VwGH 19.12.2007, Zl. 2006/20/0771). Eine Verfolgung aller ethnischen Tschetschenen im Falle der Rückkehr ist demnach nicht belegt.
Das Bundesasylamt ist demnach zu Recht davon ausgegangen, dass die nunmehrigen Beschwerdeführer in eigener Person die Voraussetzungen der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK hinsichtlich der 1. BF und des 2. BF) nicht erfüllen, dies auch im Hinblick darauf, dass keine generelle Verfolgung tschetschenischer Rückkehrer aus ethnischen Gründen stattfindet.
Mit dem am heutigen Tage zu GZ. D2 238903-0/2008/29E, ergangenen Erkenntnis hat der Asylgerichtshof die Berufung (nunmehr: Beschwerde) des M.A. gegen die Abweisung seines Asylantrages durch das Bundesasylamt abgewiesen. Unstrittig ist, dass die 1. BF die Ehegattin und der 2. BF der minderjährige Sohn des M.A. sind, welche schon ipso iure ein Familienleben im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 miteinander führen.
Da jedoch dem genannten Angehörigen der nunmehrigen Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten in Österreich nicht gewährt wurde, konnte der Ehegattin sowie den minderjährigen Söhnen dieser Status im Rahmen der Bestimmungen des Familienverfahrens (§ 34 AsylG 2005 idgF) auch nicht gewährt werden.
Ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sämtliche Beschwerdeführer (weiterhin) den Status des subsidiär Schutzberechtigten genießen.