TE AsylGH Beschluss 2008/09/17 D12 256684-3/2008

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Veröffentlicht am 17.09.2008
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Spruch

D12 256684-3/2008/2E

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl. I 2008/4, (AsylG) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, beschlossen:

 

Die Beschwerde von M. S., 00.00. geb., alias A. M., 00.00.1980 geb., vom 28.08.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.08..2008, Zl. 04 24.730-BAT, wird gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.

Text

BEGRÜNDUNG :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Berufungswerber, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation aus Dagestan, stellte am 08.12.2004 bei der Grenzkontrollstelle Gmünd einen Asylantrag.

 

Bei der Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Grenzkontrollstelle Gmünd am 08.12.2004 gab er als Fluchtgrund an, "Wir haben zuhause Probleme bezüglich unserer Religion". Weiters gab er zu seinen Personalien befragt an, den Namen A. M. zu führen und am 00.00.1980 geboren zu sein.

 

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, am 14.12.2004 nannte dieser den Namen M. S., als Geburtsdatum den 00.00.1979. Weiters gab er an, einen Inlandsreisepass zu besitzen, diesen wolle er aber noch nicht vorlegen. Zu seinen Fluchtgründen gab der Berufungswerber an, er und sein Cousin hätten wegen eines Mordes an einem Sportler, den sie jedoch nicht begangen hätten, von der Polizei eine Ladung bekommen. Sie hätten dieser Ladung Folge geleistet, seien jedoch von den Polizisten zusammengeschlagen worden. Sie würden des Mordes beschuldigt, da sie im Auto des Sohnes eines Abgeordneten zur russischen Duma mitgefahren und mit besagtem Sportler in eine Auseinandersetzung verwickelt gewesen seien. Als eine weitere Ladung der Polizei gekommen sei, hätte er sich versteckt und dann entschlossen, seine Heimat zu verlassen.

 

Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 17.12.2004 brachte der Berufungswerber, vor, dass er weiterhin Angst habe, die Namen der an dem Vorfall beteiligten Personen zu nennen. Er legte allerdings eine Kopie seines Reisepasses, die Kopie zweier Zeugenladungen und eines Zeitungsartikels über den behaupteten Vorfall vor.

 

2. Mit Bescheid des BAA vom 21.12.2004 zur Zahl 04 24.730-EAST Ost, welcher dem Berufungswerber am 23.12.2004 persönlich ausgefolgt wurde, wurde sein Asylantrag gemäß § 7 abgewiesen, gemäß § 8 Abs 1 ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist und der Berufungswerber gemäß § 8 Abs 2 "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber durch seinen rechtlichen Vertreter RA Dr. Binder fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung.

 

3. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 03.02.2005 wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Berufungswerbers, RA Dr. Binder, zugestellt.

 

4. Bei einer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 20.09.2006 machte der Berufungswerber erneut Angaben über den Vorfall mit den Autos, sowie über die beteiligten Personen.

 

5. Der Asylantrag des Berufungswerbers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.10.2006 zur Zahl 02 24.730- BAT gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs 1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 8 Abs 2 AsylG die Ausweisung des Berufungswerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation verfügt (Spruchpunkt III.).

 

In der Begründung des angefochtenen Bescheides werden die Einvernahmen des Berufungswerbers wörtlich wiedergegeben und festgestellt, es sei dem Berufungswerber nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen. Stichhaltige Gründe für eine Gefahr im Sinne des § 50 FPG oder gegen seine Ausweisung seien nicht gegeben.

 

Im Rahmen der rechtlichen Begründung zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides wird angeführt, dass der Antragsteller die behauptete Gefährdungslage nicht glaubhaft machen habe können, weshalb im gegenständlichen Fall die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und somit auch die Asylgewährung nicht möglich gewesen sei. Da keinerlei Abschiebungshindernisse festgestellt werden konnten, sei in Spruchpunkt II die Abschiebung des Antragstellers in die Russische Föderation für zulässig zu erklären und der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen gewesen. Zu Spruchpunkt III wurde ausgeführt, dass kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltberechtigten Fremden oder eine besondere Integration in Österreich vorliege. Die Ausweisung stelle daher keinen Eingriff in Artikel 8 EMRK dar, zumal auch sonst keine Bindung an Österreich ersichtlich sei.

 

Dieser Bescheid wurde an den Berufungswerber persönlich gerichtet, d. h. der Berufungswerber selbst wurde als Empfänger bezeichnet, wobei das im Akt enthaltene Bescheidkonzept auf Aktenseite 245 die handschriftliche mit einer Paraphe versehene Verfügung "+RSa an AW am 3.10." enthält und ein erster Zustellversuch am 04.10.2006 an der Meldeadresse des Berufungswerbersvorgenommen wurde. Dabei wurde der zweite Zustellversuch durch Einlegen in das Hausbrieffach angekündigt. Der zweite Zustellversuch erfolgte am 05.10.2006, wobei die Verständigung über die Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt wurde. Die Hinterlegung erfolgte beim Zustellpostamt mit Beginn der Abholfrist am 06.10.2006.

 

Es erfolgte jedoch keine Zustellung an den Rechtsvertreter des Berufungswerbers, RA Dr. Binder.

 

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch den Rechtsvertreter des Berufungswerbers mit undatiertem Schriftsatz, eingelangt am 17.10.2006, ausgeführte rechtzeitige Berufung, in der der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides entgegengetreten und erneut ausgeführt wurde, der Berufungswerber und sein Cousin seien im Zuge der Ermittlungen bezüglich des Todes des Sportlers von der Polizei, auch unter Anwendung von Foltermethoden einvernommen und danach erneut geladen worden. Die Angaben des Berufungswerbers seien sehr wohl detailliert gewesen, er habe auch die Namen der beteiligten Personen genannt.

 

7. Am 08.01.2007 legte eine Mitarbeiterin der Caritas, K. H., im Auftrag des Berufungswerbers als Faxmitteilung vier Ladungen der Bezirkspolizei des K.- Bezirkes bezüglich des Berufungswerbers vor, die den Eltern des Berufungswerbers zugeschickt worden seien. Weiters gab sie bekannt, dass die Originale sich in ihrem Handakt befänden und jederzeit auf Verlangen vorgelegt werden könnten.

 

Mit Schreiben des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 06.02.2007 wurde der Berufungswerber aufgefordert, binnen 2 Wochen die Originale vorzulegen sowie bekanntzugeben, ob das nach der Aktenlage bestehende Vertretungsverhältnis zu Dr. Binder nach wie vor aufrecht sei, bzw. wer nunmehr mit der Vertretung beauftragt sei. Diese Aufforderung wurde dem Berufungswerber zu Handen von Mag. K. H. zugestellt.

 

Am 16.02.2007 legte der Berufungswerber die Originaldokumente vor und teilte mit, dass er nicht mehr durch RA Dr. Binder, sondern nunmehr durch Mag. K. H., Caritas Wien, vertreten werde. Eine Vollmacht würde umgehend übermittelt.

 

Am 19.02.2007 langte ein Schreiben von RA Dr. Binder namens des Berufungswerbers ein, in welchem erneut bekanntgegeben wurde, dass die Dr. Binder erteilte Vollmacht erloschen sei und nunmehr sämtliche Schriftstücke dem Berufungswerber an seine Adresse zuzustellen seien.

 

8. Die Berufung gegen diesen Bescheid wurde vom UBAS am 15.04.2008 gem. § 63 Abs 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen, da keine rechtmäßige Zustellung und somit kein Bescheid vorlag.

 

9. Am 15.05.2008 langt ein Fax der Caritas beim UBAS ein, mit dem Inhalt, dass zu keiner Zeit ein Vollmachtsverhältnis mit Mag. K. H. zum Beschwerdeführer bestand.

 

10. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 11.08.2008, Zl. 04 24.730-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.), dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 1997 auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat die Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gleichzeitig die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 ausgesprochen wurde (Spruchpunkt III).

 

Dieser Bescheid wurde am 14.08.2008 - rechtswirksam zugestellt. Mit Schriftsatz vom 28.08.2008, welcher am 29.08.2008 via Telefax an das Bundesasylamt übermittelt wurde, brachte der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren gegen abweisende Bescheide, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind und in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichthofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 Abs.1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes

 

oder soweit in Abs. 3 vorgesehen, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG,

 

und die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 41 Abs.7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

 

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist eine Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Nach § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß § 33 Abs. 1 und 2 AVG wird der Beginn und Lauf der Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, so ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist. Die Tage des Postenlaufes werden gemäß § 33 Abs. 3 AVG in die Frist nicht eingerechnet. Zur Wahrung der Frist genügt es, dass der Postenlauf vor Ablauf des letzten Tages der Frist in Gang gesetzt wird, d.h., dass die Berufung der Post zur Beförderung - an die richtige Stelle - übergeben wird (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 8. Auflage 2003, Rz 237; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage 2004, S. 130ff).

 

Der bekämpfte Bescheid des Bundesasylamtes wurde am 14.08.2008 rechtswirksam durch Hinterlegung am Postamt 1020 Wien zugestellt. Zustelladresse war die Grosse Sperlgasse 4, 1020 Wien, der Beschwerdeführer ist dort als obdachlos gemeldet, mit der Wohnsitzqualität als Abgabestelle. Beginn der Abholfrist war der 14.08.2008. Die Rechtsmittelfrist gemäß § 63 Abs. 5 AVG endete somit am 28.08.08. Die vorliegende Beschwerde wurde erst danach, nämlich am 29.08.2008 per Fax beim Bundesasylamt - und daher verspätet - eingebracht.

 

Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines Beschwerdeschriftsatzes datiert mit 28.08.2008, den 20.08.2008 als Zustellungstag angibt, übersieht der Beschwerdeführer, dass die Zustellung gem. § 17 Abs 3 ZustellG nicht mit der Abholung des Schriftstückes vom Postamt, sonder mit Beginn der Abholfrist - dies war der 14.08.08 - beginnt.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG war über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes im Senat zu entscheiden. Es handelt sich hiebei um keine zurückweisende Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 AsylG.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Fristversäumung
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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