S11 401.492-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichterin über die Beschwerde des R.A., geb. 1986, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.09.2008, Zahl: 08 05.706-EAST-Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 und 10 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Behörde ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt.
Der Beschwerdeführer reiste im April oder Mai 2008 schlepperunterstützt von Kabul/Afghanistan aus mit PKW, LKW und per Schiff nach Europa. Die genaue Reiseroute kann nicht festgestellt werden. Am 12.05.2008 wurde der Beschwerdeführer in Griechenland aufgegriffen, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde. Mit dem LKW, per Schiff und per Bahn reiste er weiter nach Österreich, wo er letztendlich am 02.07.2008 illegal einreiste und am selben Tag einen Asylantrag stellte.
Am 02.07.2008 fand vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Erstbefragung, sowie am 28.08.2008 eine Einvernahme vor dem Bundesasylamt in Gegenwart eines Rechtsberaters statt.
Am 08.07.2008 richtete das Bundesasylamt aufgrund eines EURODAC-Treffers vom 12.05.2008 an Griechenland ein Ersuchen um Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-Verordnung), welches am selben Tag elektronisch über DubliNET übermittelt wurde.
Am 10.07.2008 bestätigte der Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift den Erhalt der Mitteilung des Bundesasylamtes gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG, wonach beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Konsultationen mit Griechenland geführt würden. Die Mitteilung über die Führung von Konsultationen wurde dem Beschwerdeführer sohin innerhalb der 20-Tagesfrist nach der Antragseinbringung, übermittelt.
Gemäß Art. 8 Abs. 7 Dublin II-Verordnung gab Griechenland dem Aufnahmeersuchen durch Verschweigung statt, was gemäß Dublin II-Verordnung die Verpflichtung Griechenlands nach sich zieht, die Person aufzunehmen.
Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt vor: Er sei schlepperunterstützt von Kabul aus mittels PKW, LKW, und per Schiff und Zug über ein ihm unbekanntes Land, wo er sich sechs Tage aufgehalten habe und erkennungsdienstliche behandelt wurde, nach Österreich gereist. Er wolle nicht nach Griechenland zurück, da dort kein Asylwerber zugelassen wurde. Weitere Angaben zu seinem Aufenthalt in Griechenland machte er nicht.
2. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 01.09.2008, zugestellt am 02.09.2008, Zl: 08 05.706, den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 Abs. 1 iVm 18 Abs. 7 Dublin II-Verordnung Griechenland zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.
Die Erstbehörde traf in diesem Bescheid Feststellungen zum griechischen Asylverfahren, Refoulementschutz, der Ausweisung sowie zur Versorgung von Asylwerbern in Griechenland, eine Verletzung der Art. 3 und 8 EMRK durch eine Überstellung nach Griechenland konnten nicht gesehen werden. Der Beschwerdeführer habe keinerlei konkretes Vorbringen erstattet, dass Gründe für ein Selbsteintrittsrecht auch nur vermuten ließen, der Behörde lägen keine notorischen Informationen über Griechenland vor, die eine nähere Erhebung oder die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes bedingen würden.
3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 10.09.2008 per Fax Beschwerde erhoben. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass ein Verstoß gegen die amtswegige Ermittlungspflicht bestehe. Der Beschwerdeführer sei nicht über seine Erlebnisse in Griechenland befragt worden, er sei dort mehrmals Opfer von polizeilichen Übergriffen geworden, wobei er auch mit Knüppeln geschlagen worden sei. Der Beschwerdeführer übte allgemeine Kritik am griechischen Asylverfahren, ohne jedoch konkrete, ihn betreffende Ausführungen zu machen. Er befürchte, dass es aufgrund der Vorgehensweise Griechenlands zu einer Kettenabschiebung komme. Weiters sei das Parteiengehör verletzt worden, indem die Feststellungen über das griechische Asylverfahren erst im Bescheid des Bundesasylamtes getroffen wurden.
4. Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 15.09.2008 beim Asylgerichtshof ein.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Am 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in den jeweilig geltenden Fassungen nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden. Die Dublin II-Verordnung ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der
1. Säule der Europäischen Union (vgl. Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
2.1.1. Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs. 1 Dublin II-Verordnung) Kriterien der Art. 6 bis12 beziehungsweise 14 und Art. 15, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II-Verordnung zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.
2.1.1.1. Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit Griechenlands gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-Verordnung kraft vorangegangener erster Einreise in die Europäische Union besteht. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist diese im Verfahren nicht bestritten worden.
2.1.1.2. Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II-Verordnung - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.
2.1.2. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-Verordnung erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung zwingend geboten sei.
Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-Verordnung). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/ Liebminger, Dublin II VO, K13. zu Art 19 Dublin II-Verordnung).
Weiterhin hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.
Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II-Verordnung, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-Verordnung), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen hat, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-Verordnung umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat festgestellt, dass der Rechtsschutz des Gemeinschafts-rechtes regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs. 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt, Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
2.1.2.1. Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK
Es leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich. Die diesbezüglichen Ausführungen der Erstbehörde treffen zu, und sind in der Beschwerde auch nicht bestritten worden. Es liegen auch sonst keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11).
Vom Vorliegen eines dublinrelevanten Familien- oder Privatlebens war daher nicht auszugehen.
2.1.2.2. Kritik am griechischen Asylwesen
Die aktuellen auf Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation beruhenden Feststellungen des Bundesasylamtes zu Griechenland werden diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.
2.1.2.2.1. Im vorliegenden Fall beschränkt sich das Vorbringen auf allgemeine Kritik an der Situation in Griechenland. Der Beschwerdeführer selbst hat dort unbestritten bei seinem seinerzeitigen Aufenthalt keinen Asylantrag stellen wollen. Hinweise auf besondere individuelle Vulnerabilität sind ebenso nicht hervorgekommen. Eine Praxis systematischer Menschenrechtsverletzungen an Ausländern in Griechenland ist nicht notorisch.
2.1.2.2.2. Zur allgemeinen Kritik der Beschwerdeführerin an Griechenland ist unbestritten, dass UNHCR das Absehen von Überstellungen empfohlen hat und einige Berichte von NGO's ernste Kritik an verschiedenen Aspekten des griechischen Asylverfahrens und des Umgangs mit Asylwerbern üben. Dies hat auch zur Aufhebung bestimmter Bescheide des Bundesasylamts durch den UBAS beziehungsweise den Asylgerichtshof geführt, wenn sich diese Bescheide mit dieser Erkenntnislage nicht hinreichend auseinandergesetzt haben (siehe nur UBAS 05.05.2008, Zahl: 318.977-1/2E-XV/53/08), da jedenfalls bei bestimmten Vorbringen von einer Erschütterung der Regelvermutung des § 5 Abs 3 AsylG auszugehen war.
Im vorliegenden Fall hat sich (neben anderen aktuellen Quellen) aber die Erstbehörde auf das Ergebnis einer Fact Finding Mission der schwedischen Asylbehörde aus April 2008 gestützt, der die Beschwerde nicht substantiiert entgegentritt.
Zentral folgt daraus, dass bei Überstellungen nach der Dublin II-Verordnung ein tatsächlicher Zugang zum Asylverfahren besteht. Probleme des Zugangs zum Asylverfahren, wie sie sich etwa in anderen Berichten bei der Ersteinreise von Personen aus der Türkei nach Griechenland widerspiegeln, sind daher nicht relevant.
Da im konkreten Fall ein Asylverfahren noch nicht begonnen wurde, verbieten sich auch spekulative Erwägungen über dessen Ausgang und die Erfolgsaussichten des Beschwerdeführers. Die Kritik von UNHCR an der fehlenden Praxis der Gewährung subsidiären Schutzes kann daher bei der gegenwärtigen Entscheidungsfindung beispielsweise keine Rolle spielen. Nichtsdestotrotz hat der Gerichtshof mitberücksichtigt, dass in keiner der Quellen des vorliegenden Verfahrens Fälle angeführt wurden, in denen Asylwerber tatsächlich in ihre Herkunftsländer aus Griechenland abgeschoben wurden. So hat der britische Court of Appeal in der zeitlich nach der Veröffentlichung der UNHCR-Position (und unter ausdrücklicher Auseinandersetzung mit derselbigen) ergangenen Berufungsent-scheidung vom 14.05.2008 ([2008] EWCA Civ 464, Jawad NASSARI), in welcher eine Überstellung eines afghanischen Asylwerbers nach Griechenland im Einklang mit der im vorliegenden Erkenntnis des Asylgerichtshofes vertretenen Rechtsauffassung, abgewiesen wurde, ausgeführt: (Punkte 40-41, per Lord Justice Laws:
"There are clearly concerns about the conditions in which asylum-seekers may be detained in Greece. It is not however shown that they give rise to systemic violations of Article 3. As regards refoulement, Mr Nicol in a note dated 2 May 2008 submits that the earlier evidence taken together with the new UNHCR material shows "at the very least, a serious cause for concern as to whether the Greek authorities would onwardly remove the respondent to Afghanistan in breach of Article 3. I certainly accept that such evidence as there is, and in particular the recent UNHCR Paper, shows that the relevant legal procedures are to say the least shaky, although there has been some improvement. I have considered whether the right course would be to send the case back to the High Court for a fuller examination of the factual position. But in truth there are currently no deportations or removals to Afghanistan, Iraq, Iran, Somalia or Sudan, and as I understand it no reports of unlawful refoulement to any destination. That seems to me to be critical. I would accordingly hold, on the evidence before us, that as matters stand Greece's continued presence on the list does not offend the United Kingdom's Convention obligations. It follows that there is no case for a limited declaration of incompatibility relating only to Greece (...)"
Auch der von der Erstinstanz herangezogene Bericht des Schwedischen Migrationsamtes bestätigt, dass das reale Risiko einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch eine Kettenab-schiebung infolge Verstoßes gegen das Non-Refoulement Gebot nicht besteht. Dass gerade der Beschwerdeführer - bei dem Faktoren einer besonderen Vulnerabilität nicht bestehen - bei einer Rückkehr in eine aussichtslose Situation wegen Verweigerung der Unterbringung kommen würde, lässt sich aus der allgemeinen Berichtslage, bei aller Kritik an Einzelfällen, nicht ableiten.
2.1.2.2.3. Im Ergebnis hat die vorgenommene Prüfung somit nicht ergeben, dass allgemein Überstellungen nach Griechenland nicht vorgenommen werden dürfen. Dies entspricht der Rechtsansicht der Europäischen Kommission (vgl Pressemitteilung vom 09.04.2008), ebenso wie der zitierten englischen Judikatur. Explizit gegenteilige Judikatur ist zum Entscheidungszeitpunkt aus keinem Mitgliedstaat bekannt (die norwegische Position beinhaltet ja lediglich eine Aussetzung von Entscheidungen im Zusammenhang mit einer näheren Prüfung der Berichtslage). In Ermangelung sonstiger individueller Gründe und individuellen Vorbringens des Beschwerdeführers erweist sich daher in diesem Fall das von der Erstbehörde beigeschaffte Tatsachensubstrat als ausreichend und die individuelle Beweiswürdigung als zutreffend. Ein zwingender Grund zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts besteht daher in diesem Zusammenhang nicht.
Die behauptete Verletzung des § 37 AVG durch Nichtvorhalt des Länderberichtes des Bundesasylamtes stellt nur dann einen Verfahrensmangel dar, wenn die Partei dadurch gehindert wird, ihrem materiellen Recht zum Durchbruch zu verhelfen (VwGH 16.10.1991, 91/03/0056;) Es ist daher festzustellen, ob eine eventuelle Verletzung des Parteiengehörs für die zu treffende Entscheidung wesentlich war. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde konkret darzutun, was er im Fall der Einräumung des Parteiengehörs vorgebracht hätte und zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde diesfalls hätte gelangen können (VwGH 20.04.1993, 92/07/0196; 21.02.1996, 96/21/0054; 27.01.2003, 2002/10/0227). Darüber hinaus kann dieser Mangel durch die Erhebung eines Rechtsmittels durch die mit der Berufung verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme geheilt werden. Im gegenständlichen Fall liegt eine verfahrensrelevante Verletzung des Parteiengehörs nicht vor. Selbst wenn man nicht von einer Heilung durch Beschwerdeerhebung ausgeht, ist das Vorbringen in der Beschwerde nicht geeignet ein anderes Entscheidungsergebnis herbeizuführen.
Dem Beschwerdeführer wurde am 28.02.2008 vorgehalten, dass beabsichtigt sei, ihn nach Griechenland auszuweisen. Er wurde aufgefordert, zur Vorgehensweise des Bundesasylamtes Stellung zu nehmen. Dazu gab er an, er wolle nicht nach Griechenland. Auf die folgende Frage, was der Ausweisung entgegenstehe, führte der Beschwerdeführer lediglich an, dass in Griechenland kein Asylwerber zugelassen würde. Übergriffe durch die Polizei oder sonstige Injurien wurden nicht einmal angedeutet. Es ist richtig, dass eine amtwegige Ermittlungspflicht besteht, diese endet jedoch dort, wo bestimmte Umstände nur durch ein Vorbringen der Partei bekannt werden können. In diesen Fällen ist nach ständiger Rechtssprechung des VwGH von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen (VwGH 26.06.1997, 95/18/1291). Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführer während der Einvernahme war jedoch keinerlei Hinweis auf polizeiliche Übergriffe zu entnehmen, denen die Erstbehörde verpflichtet gewesen wäre, nachzugehen.
Unabhängig davon gelangt der Asylgerichtshof - unbeschadet des in diesem Fall heranzuziehenden Neuerungsverbotes im Beschwerdeverfahren - zu der Ansicht, dass das stereotype und unsubstantiierte Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, "er sei mehrmals Opfer von polizeilichen Übergriffen gewesen und sei mit Knüppeln geschlagen worden", unglaubwürdig ist. Sollte es tatsächlich zu einschneidenden Vorfällen gekommen sein, hätte der Beschwerdeführer in der ersten Instanz ausreichend Gelegenheit zur Darlegung gehabt. Da er explizit gefragt wurde, was gegen eine Überstellung nach Griechenland spräche, ist nicht davon auszugehen, dass ihm derartige - sogar mehrere - einschneidende Erlebnisse zu diesem Zeitpunkt entfallen gewesen wären, hätten sie tatsächlich stattgefunden.
2.1.2.3. Medizinische Krankheitszustände;
Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Griechenland nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung sehr schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II-Verordnung zwingend auszuüben wäre.
Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.
Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.
Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.
Im vorliegenden Fall wurde das Vorliegen relevanter physischer oder psychischer Krankheitszustände seitens des Beschwerdeführers nicht behauptet.
Zusammengefasst stellt daher eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Griechenland keinesfalls eine Verletzung des Art. 3 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung dar.
2.1.2.4. Zusammenfassend sieht der Asylgerichtshof im Einklang mit der diesbezüglichen Sichtweise der Erstbehörde keinen Anlass, Österreich zwingend zur Anwendung des Art. 3 Abs. 2 VO 343/2003 infolge drohender Verletzung von Art. 3 oder Art. 8 EMRK zu verpflichten.
2.1.3. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.
2.2. Spruchpunkt II:
Die Erwägungen der Erstbehörde zu Spruchpunkt II waren vollinhaltlich zu übernehmen. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung nach Griechenland in Vollzug der Ausweisung aus Österreich erforderlich erschienen ließen. Diese erweist sich daher bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt als zulässig.
2.3. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.