B4 244.299-0/2008/6E
B4 318.225-1/2008/5E
B4 318.226-1/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerden (1.) der G.A., geb. 00.00.1967,
(2.) des M.A., geb. 00.00.1989, sowie (3.) des A.M., geb. 00.00.1995, alle ungeklärter Staatsangehörigkeit, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2003, Zl. "02 08.760-BAT, 02 08.761-BAT, 02 08.762-BAT", zu Recht erkannt:
Den Beschwerden wird stattgegeben und (1.) G.A., (2.) M.A. sowie
(3.) A.M. gemäß §§ 10, 11 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG), durch Erstreckung Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass (1.) G.A.,
(2.) M.A. sowie (3.) A.M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 4.4.2004 für sich und als gesetzliche Vertreterin des Zweit- und Drittbeschwerdeführer für diese den Antrag, das M.M., ihrem Ehemann und Vater der Zweit- und Drittbeschwerdeführer, aufgrund dessen Asylantrag zu gewährende Asyl gemäß § 10 AsylG auf sie zu erstrecken.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt die Asylerstreckungsanträge der Beschwerdeführer gemäß §§ 10, 11 Abs. 1 AsylG ab. Begründend führte es aus, dass es mit Bescheid vom 27.10.2003, Zl. 02 08.759-BAT, ua. den Asylantrag des M.M. abgewiesen habe und diesem daher kein Asyl gewährt worden sei.
3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Berufung.
II. Der Asylgerichtshof hat über die nun als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in der Folge so bezeichnete) Berufung erwogen:
1. Festgestellt wird:
1.1. Mit in dem zur GZ B4 244.296-0/2008 geführten Verfahren ergangenen Erkenntnis vom heutigen Tag hat der Asylgerichtshof der Beschwerde des M.M. stattgegeben und ihm gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt.
Dies ergibt sich aus der Einsichtnahme in den genannten Verfahrensakt des Asylgerichtshofes.
1.2. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Ehefrau des M.M., die Zweit- und Drittbeschwerdeführer seine (zumindest im Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährigen) Kinder.
Dies ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführer; auch das Bundesasylamt ging von diesem Sachverhalt aus.
2. Rechtlich folgt:
2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1.7.2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieser gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2.1.2. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."
Die Beschwerdeführer haben ihre Asylerstreckungsanträge vor dem 1.5.2004 gestellt; die Verfahren waren am 31.12.2005 anhängig; sie sind daher grundsätzlich nach dem Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 zu führen.
2.1.3. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Da im Verfahren über die Berufung des M.M. vor dem 1.7.2008 eine mündliche Verhandlung, an der auch die Beschwerdeführer als Beteiligte teilgenommen haben, vor einem Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates stattgefunden hat, das zum Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, ist davon auszugehen, dass dieses auch die gegenständlichen Verfahren als Einzelrichter fortzuführen hat.
2.2. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls.
Gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. können Asylerstreckungsanträge frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat. Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist im Asylerstreckungsverfahren bezüglich des Zulässigkeitskriteriums der Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt des Asylerstreckungsantrages abzustellen (Vgl. VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2001/01/0429).
Gemäß § 11 Abs. 1 leg.cit. hat die Behörde aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikels 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Asyl durch Erstreckung kann sohin lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig ist, einem der in § 10 Abs. 2 AsylG genannten Angehörigen des Asylwerbers aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt wurde und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikels 8 der EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
3. Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass M.M. ein Familienleben mit den Beschwerdeführern in einem anderen Staat möglich wäre und in Hinblick auf die Beschwerdeführer auch keine Asylausschlussgrund hervorgekommen ist, war den Beschwerdeführern vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen Asyl durch Erstreckung zu gewähren.
Gemäß § 12 AsylG war Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass den Beschwerdeführern damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.