E3 255.299-0/2008-11E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. FAHRNER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde der
I. G., geb. 00.00.1987, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2004, FZ. 03.35.512-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.09.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 10, 11 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und SACHVERHALT
1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige aus dem Iran, armenische Christin und zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährig, reiste gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem minderjährigen Bruder am 15.11.2003 illegal in das Bundesgebiet ein und hat - vertreten durch ihre gesetzliche Vertreterin - am selben Tag einen Antrag gem. § 10 Abs. 1 AsylG 1997 auf Erstreckung des einem Angehörigen, nämlich ihrer Mutter, aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls gestellt.
1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2004, Zahl:
03.35.512-BAL, wurde der Asylerstreckungsantrag gemäß § 10 iVm § 11 Abs.1 AsylG abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass der Asylantrag der Mutter abgewiesen worden war.
1.3. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist "Berufung" (nunmehr: "Beschwerde") erhoben.
1.4. Am 08.09.2008 wurde vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher die Beschwerdeführerin und ihre Mutter teilnahmen. Das Bundesasylamt ist der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben.
1.5. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, sowie ergänzende Einvernahme der Beschwerdeführerin und ihrer Mutter als Parteien.
1.6. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.
Gemäß § 61 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge AsylG 2005) sind "Alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt." Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I 126/2002 zu führen.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Asylerstreckungsantrag - vertreten durch ihre gesetzliche Vertreterin - vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach AsylG 1997 zu führen. Anzuwenden war sohin das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2. Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes idF BGBl. I Nr. 126/2002 lauten wie folgt:
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 1997 begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls.
Gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. können Asylerstreckungsanträge frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 11 Abs. 1 leg.cit. hat die Behörde aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikels 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Fremde, die einen Asylerstreckungsantrag eingebracht haben, können gemäß § 11 Abs. 2 leg.cit. im Verfahren über den Asylantrag ihres Angehörigen aus Eigenem alles vorbringen, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Wird der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, so gelten die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge, sofern der Betroffene nach Belehrung über die Folgen nicht ausdrücklich darauf verzichtet, als Asylanträge. Die Behörde hat über diese Anträge unverzüglich zu entscheiden; im Falle eines Verzichtes sind Asylanträge dieser Fremden innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft der die Asyler-streckungsanträge abweisenden Entscheidung unzulässig.
Bringen Fremde einen Asylerstreckungsantrag während eines bereits anhängigen Verfahrens gemäß § 7 AsylG 1997 ein, ist mit der Erledigung dieses Antrages gemäß § 11 Abs. 3 leg.cit. zuzuwarten, bis die Entscheidung über ihren Asylantrag ergangen ist. Asyl durch Erstreckung darf ihnen erst gewährt werden, wenn ihr Asylantrag rechtskräftig zurückgewiesen oder abgewiesen wurde.
Gemäß § 11 Abs. 4 leg.cit. treten Bescheide, mit denen Angehörigen durch Erstreckung Asyl gewährt wurde, außer Kraft und Asylerstreckungsanträge werden gegenstandslos, wenn den Angehörigen gemäß § 7 leg.cit. Asyl gewährt wird.
Asyl durch Erstreckung kann sohin lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig ist, einem der in § 10 Abs. 2 AsylG 1997 genannten Angehörigen des Asylwerbers aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt wurde und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikels 8 der EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
3. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag wurde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.09.2008 - die Beschwerde der Mutter der Antragstellerin, Frau P. G., gemäß §§ 7, 8 Absatz 1 AsylG abgewiesen und wurde Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides ersatzlos behoben. Daraus folgt zwingend, dass die verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen die Abweisung des Asylerstreckungsantrages nicht berechtigt ist.
Da der Asylantrag der Mutter der Asylerstreckungswerberin rechtskräftig abgewiesen wurde, handelt es sich bei ihr um keinen anerkannten Flüchtling und besteht keine Möglichkeit, ein Asylrecht auf Angehörige zu erstrecken.
Die gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 1997 geforderte Voraussetzung, nämlich die einen Angehörigen i. S. d. Abs. 2 dieser Bestimmung betreffende Asylgewährung, liegt nicht vor, sodass der Beschwerdeführerin folglich auch durch Erstreckung kein Asyl gewährt werden konnte.
Sohin war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.