TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/18 B4 401520-1/2008

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Veröffentlicht am 18.09.2008
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Spruch

B4 401.520-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzenden und den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Beisitzerin über die Beschwerde des S. S., geboren am 00.00.1980, kosovarischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.8.2008, Zl. 08 04.063-EAST West, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 10 Asylgesetzes 2005 (AsylG) als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer reiste nach seinen Angaben am 7.5.2008 nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Am 8.5.2008 fand die Erstbefragung des Beschwerdeführers vor der Polizeiinspektion statt, in der dieser Wesentlichen Folgendes angab:

Er sei kosovarischer Staatsbürger, gehöre der albanischen Volksgruppen an, sei muslimischen Glaubens, stamme aus dem in der Gemeinde G. gelegenen Ort S. und habe dort auch zuletzt gelebt. 1998 habe er in Deutschland um Asyl angesucht. Seine Eltern hätten im Herkunftsland eine Landwirtschaft an der Grenze zu Serbien; "die Serben" hätten dem Beschwerdeführer verboten, die Felder zu bearbeiten; sie hätten behauptet, dass diese ihnen gehören würden. Mehrmals hätten sie versucht, ihn zu schlagen; er habe allerdings flüchten können. Da er aber mit dieser Landwirtschaft seinen Lebensunterhalt verdient habe - was nun nicht mehr möglich gewesen sei - , habe er den Kosovo verlassen müssen. Zum Nachweis seiner Identität legte der Beschwerdeführer einen ihm am 00.00.2003 offenbar von der serbischen Gemeindeverwaltung von G. ausgestellten - serbischen - Personalausweis vor.

 

3. Das Bundesasylamt leitete daraufhin Konsultationen gemäß der Dublin II-VO mit Ungarn, Slowenien und Italien ein; dass einer dieser Staaten für die Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers zuständig wäre, ergab sich jedoch nicht.

 

4. Am 1.7.2008 beim Bundesasylamt einvernommen, gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen Folgendes an: Er habe seit Kriegsende Probleme im Herkunftsstaat gehabt. Die Grenze zu Südserbien sei nur rund fünfhundert Meter von seinem Zuhause entfernt. Etwa die Hälfte des Landes der Familie liege im Kosovo, der andere Teil in Serbien; die Grenze sei nicht richtig geklärt. Die serbische Polizei und das Militär seien oft über die Grenze gekommen, auch in das Dorf. Oft habe man ihn bei der Feldarbeit gestört und ihm gedroht worden, dass man schießen werde. Man habe ihm das Land zwar nicht weggenommen, aber er habe die andere Seite nicht bewirtschaften dürfen. Der Beschwerdeführer habe sich wegen seiner Probleme an die internationalen Truppen gewandt, "die Amerikaner und die KPS" hätten daraufhin auch Patrouillen durchgeführt, "aber ganz kurz". Etwa ein Monat vor der Abreise habe der Beschwerdeführer zuletzt die serbische Gendarmerie gesehen, sie habe "auf der kosovarischen Seite Beobachtungen gemacht mit Ferngläsern". Die letzte UNMIK-Patrouille habe er eine Woche vor der Ausreise gesehen. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer seinem Vorbringen zufolge acht Jahre lang vom serbischen Militär bzw. der Polizei bedroht worden sei, ohne dass weiters etwas geschehen sei, antwortete er: "Ja. Wenn ich nicht den Anweisungen gefolgt hätte, dann hätten sie mich vielleicht umgebracht". Die Frage, warum die drei Brüder des Beschwerdeführers offenbar nach wie vor problemlos im Elternhaus wohnen könnten, beantwortete er dahingehend, dass diese während der Schulzeit bei einem Onkel in G.wohnen würden und mit der Landwirtschaft kaum beschäftigt seien. Zu Verwandten in Österreich befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass sich seine Schwester mit ihrem Ehemann in Österreich aufhalte und über ein Visum verfüge. Weiters erklärte der Beschwerdeführer einer Recherche in seinem Herkunftsstaat zuzustimmen. Überdies legte er den ihm von der UNMIK am 00.00.2004 ausgestellten Führerschein vor.

 

5. Mit Schreiben vom 1.7.2008 ersuchte das Bundesasylamt den österreichischen Verbindungsbeamten im Kosovo zu erheben, ob sich die Liegenschaft der Familie des Beschwerdeführers tatsächlich an der serbischen Grenze befinde, ob der UNMIK-Dienststelle in G. die behaupteten Probleme des Beschwerdeführers bekannt und von den internationalen Truppen Patrouillen durchgeführt worden seien und ob der örtlich zuständigen UNMIK-Dienststelle "überhaupt derartige Vorfälle bekannt" seien.

 

6. Am 11.7.2008 langte beim Bundesasylamt das Erhebungsergebnis des Verbindungsbeamten ein, das ua. auf einem Gespräch basiert, das dieser mit den Eltern des Beschwerdeführers und seinem Bruder B. geführt hat. Die genannten Familienangehörigen des Beschwerdeführers hätten angegeben, dass die Familie keinen Grundbesitz habe und lediglich der Grund im Dorfzentrum genau gegenüber dem Wohnhaus bearbeitet werde. An dem direkt nach der Abzweigung zum bereits in Serbien gelegenen, aber von ethnischen Albanern bewohnten D. befindlichen regulären Kontrollpunkt der serbischen Polizei sei der Beschwerdeführer öfters von der serbischen Gendarmerie angehalten und kontrolliert worden. Dies sie nach Ansicht des Verbindungsbeamten ein normaler Vorgang, der auch der KFOR bekannt sei. Nach Auskunft der UNMIK komme es zwar zu Grenzverletzungen durch die serbische Gendarmerie, es seien jedoch keine Übergriffe der serbischen Gendarmerie auf dem Gebiet der Republik Kosovo öffentlich bekannt. Auch führe die "US KFOR" regelmäßige Patrouillen im Dorf und im Grenzbereich durch. Die KOSOVO Police sei seltener präsent, die UNMIK Police noch seltener. Nach Aussage des Vaters des Beschwerdeführers habe die Familie aktuell keinen Kontakt zur UNMIK und habe einen solchen auch nicht gehabt; Hauptgrund für die Ausreise des Beschwerdeführers seien wirtschaftliche Probleme gewesen.

 

7. Beim Bundesasylamt am 19.8.2008 zunächst befragt, ob er sein bisheriges Vorbringen aufrecht erhalte bzw. Korrekturen oder Ergänzungen vornehmen wolle, gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

"Ich möchte ändern, dass ich nach Österreich gekommen bin um zu arbeiten". Mit dem Ergebnis des genannten Erhebungsersuchens konfrontiert, gab der Beschwerdeführer weiters - zusammengefasst - an, er habe bereits gesagt, "auf beiden Seiten" Grundbesitz zu haben und deswegen mit der serbischen Gendarmerie und dem serbischen Militär Probleme gehabt zu haben. Er habe sich nie sicher gefühlt und sei immer in Gefahr gewesen, "weil diese uns sehr nahe waren". Weiters ersuchte er darum, ihm die Möglichkeit zu geben, in Österreich zu arbeiten.

 

8. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchteil I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo nicht zu (Spruchteil II.) und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo aus (Spruchteil III.). Gemäß § 38 Abs. 1 Z 5 und 6 AsylG wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchteil IV.).

 

Das Bundesasylamt traf in seinem Bescheid umfangreiche Feststellungen zur Situation im Kosovo, darunter auch zur Sicherheitslage und zur Lage in Südserbien. Zu Spruchpunkt I. führte das Bundesasylamt aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig seien: Bei einer tatsächlichen Verfolgung durch die serbische Polizei sei es undenkbar, dass sich der Beschwerdeführer trotzdem acht Jahre lang an seiner Heimadresse aufgehalten habe. Auch sei es nicht glaubhaft, dass das serbische Militär, insbesondere nach der Anerkennung des Kosovos, auf kosovarischem Gebiet patrouillieren und damit einen internationalen Konflikt riskieren würde. Des Weiteren seien die Angaben in Hinblick auf die aktuelle Länderinformation nicht nachvollziehbar und sei das Vorbringen zudem "vage und allgemein gehalten". Widersprüchlich seien überdies die Angaben bezüglich des Aufenthaltes seiner drei Brüder: Nachdem der Beschwerdeführer bei der Datenaufnahme als Adresse der Brüder das Elternhaus genannt habe, habe er auf konkreten Vorhalt, dass die Brüder dieselben Probleme wie er selbst haben müssten, "lapidar" angegeben, dass diese während der Schulzeit bei einem Onkel wohnen würden. Schließlich hätten aber auch die Recherchen des Verbindungsbeamten im Kosovo gezeigt, dass die geltend gemachten Fluchtgründe nicht den Tatsachen entsprechen. Die Familie besitze überhaupt keine landwirtschaftlichen Flächen außerhalb des Dorfes und habe auch keinen Kontakt zur UNMIK gehabt. Außerdem habe der Vater des Beschwerdeführers vor dem Verbindungsbeamten angegeben, dass der Beschwerdeführer den Kosovo aufgrund wirtschaftlicher Probleme verlassen habe, was dieser in der Einvernahme am 19.8.2008 auch bestätigt habe. Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesasylamt überdies aus, dass kein Grund erkennbar sei, warum der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nicht wieder bei seinen Eltern leben und von seinen Verwandten unterstützt werden könne, die offensichtlich ohne relevante Probleme im Kosovo lebten. Zu Spruchpunkt III. hielt das Bundesasylamt im Wesentlichen Folgendes fest: Die Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich unter Umgehung der Grenzkontrollen stelle einen nicht bloß geringfügigen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung dar; auch halte sich der Beschwerdeführer erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet auf. Dass der Beschwerdeführer auf ein Zusammenleben mit seiner Schwester, die für eine eigene Familie zu sorgen habe, angewiesen oder im Speziellen von ihr abhängig wäre, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Daher könne nicht angenommen werden, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers Art. 3 EMRK verletze. Abschließend begründete das Bundesasylamt, weshalb es der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkenne.

 

9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, es sei nicht nachvollziehbar, warum dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden sei. Er habe seine Fluchtgründe lebensnah, widerspruchsfrei und nachvollziehbar dargelegt. Der Ansicht des Bundesasylamtes, wonach er bei tatsächlicher ständiger Verfolgung sich nicht weiterhin an seinem Wohnort habe aufhalten können, könne nicht gefolgt werden. Er habe glaubwürdig geschildert, dass er und seine Familie immer wieder schikaniert, belästigt und in der Ausübung der Bewirtschaftung der Felder maßgeblich eingeschränkt worden sei. Die Belästigungen und Schikanierungen seien letztlich soweit gegangen, dass die Bewirtschaftung zur Gänze unmöglich gewesen sei und die Familie ihren Lebensunterhalt nicht mehr habe bestreiten können. Die Angaben des Verbindungsbeamten seien nicht nachvollziehbar: Die Annahme, die Familie würde landwirtschaftliche Flächen im Dorfzentrum bewirtschaften, sei nicht lebensnah. Weshalb der Vater die geschilderten Übergriffe nicht angegeben habe, könne sich der Beschwerdeführer nur damit erklären, dass sein Vater Angst gehabt und noch mehr Probleme befürchtet habe. Weshalb der Vater "angeben sollte", dass der Beschwerdeführer lediglich wirtschaftliche Probleme gehabt habe, könne er selbst nicht erklären. Dass sich die Situation in Serbien und insbesondere auch im Kosovo nicht stabilisiert habe, gehe auch aus dem aktuellen Länderbericht von amnesty international hervor. Zur Ausweisung bringt die Beschwerde vor, dass die Schwester des Beschwerdeführers, die ebenso wie ihr Ehemann über eine Niederlassungsbewilligung in Österreich verfüge, umfassend für seine Versorgung und seinen Unterhalt in Österreich aufkomme. Der Beschwerdeführer spreche auch "schon ganz passabel Deutsch" und habe sich "den Umständen entsprechend in Österreich integrieren" können. Abschließend wird beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da die Voraussetzungen für die Aberkennung derselben aus näher dargestellten Gründen nicht vorlägen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen an, die das Bundesasylamt zum Sachverhalt getroffen hat. Denn das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Auch ist die Beweiswürdigung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ein neuer Sachverhalt wird in der Beschwerde nicht vorgebracht, der Argumentation des Bundesasylamtes werden keine stichhaltigen Argumente entgegengesetzt. Der Asylgerichtshof sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ermittlungsergebnisse des österreichischen Verbindungsbeamten - die größtenteils auf den Angaben der Familienangehörigen des Beschwerdeführers beruhen - an zweifeln. Dass der Vater des Beschwerdeführers aus Angst vor "noch mehr Problemen" nicht die Wahrheit gesagt habe, ist auch insofern nicht nachvollziehbar, als der Verbindungsbeamte die Gesprächsatmosphäre als "gelöst und gut" bezeichnet hat. Sofern die Beschwerde aber vorbringt, der Beschwerdeführer könne nicht erklären, weshalb sein Vater angeben sollte, er habe lediglich wirtschaftliche Probleme gehabt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass er in seiner Einvernahme am 19.8.2008 selbst vorgebracht hat nach Österreich gekommen zu sein um zu arbeiten. Vor diesem Hintergrund ist es im Ergebnis auch nicht von Bedeutung, dass das vom Bundesasylamt gegen die Glaubwürdigkeit des vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringens ins Treffen geführte Argument, es sei nicht glaubhaft, dass das serbische Militär auf kosovarischem Gebiet patrouilliere und damit einen internationalen Konflikt riskiere, vor dem Hintergrund der Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten und den darin zitierten Auskünften der UNMIK nicht überzeugt.

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

2.1.2. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.1.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

2.1.3.2. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf internationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Kern nicht von jenen, nach denen dies nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (in der Folge: AsylG 1997) idF der AsylGNov. 2003 (entspricht § 8 AsylG 1997 in der Stammfassung) iZm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 BGBl I 75 (in der Folge: FrG) zu geschehen hatte; sie gehen allenfalls darüber hinaus. (Dagegen gibt es in der neuen Rechtslage keine Entsprechung zu den Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 iZm § 57 Abs. 2 FrG, also dem zweiten Absatz dieser Bestimmung.) Deshalb kann zur Auslegung insoweit grundsätzlich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden. Die Rechtsprechung zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG 1997 iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

2.2.1. Zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist festzuhalten, dass es ihm - wie oben bereits ausgeführt - nicht gelungen ist, eine seinem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen. Überdies ist die behauptete Bedrohungssituation auch im Falle einer hypothetischen Zugrundelegung nicht als asylrelevante Verfolgung zu qualifizieren: Denn einerseits kann nicht angenommen werden, dass die Behörden dem Beschwerdeführer keinen ausreichenden Schutz gegen derartige Übergriffe zukommen lassen würden; hier ist neben den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen insbesondere auf die Ermittlungsergebnisse des Verbindungsbeamten zu verweisen, wonach die "US KFOR" regelmäßige Patrouillen im Dorf und im Grenzbereich durchführt. Andererseits muss angesichts der lokal begrenzten Verfolgung jedenfalls davon ausgegangen werden, dass sich der Beschwerdeführer der von ihm geschilderten Gefährdungssituation dadurch entziehen könnte, dass er sich in andere Teile des Kosovo, etwa in die Hauptstadt Prishtina, begibt. Dafür, dass eine solche Relokation dem Beschwerdeführer nicht zumutbar wäre, liegen keine Anhaltspunkte vor; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nicht arbeitsfähig wäre, und ist nach den Feststellungen, die bereits das Bundesasylamt getroffen hat und denen die Beschwerde nicht entgegengetreten ist, die Grundversorgung der Bevölkerung im Kosovo gewährleistet.

 

2.2.2. Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine asylrechtlich relevante Gefahr im Sinne der GFK darzutun, scheidet auch die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein aus.

 

Weiters sind derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten im Fall des Beschwerdeführers nicht ersichtlich (vgl. zu Art. 3 EMRK z.B. VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443). Im Kosovo besteht nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Bereits unabhängig von der im Kosovo gewährleisteten Grundversorgung kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der seinen Angaben gemäß im Herkunftsstaat zumindest über seine Eltern, drei Brüder und einen Onkel - und somit über ein soziales Netz an Verwandten - verfügt, in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre. Der Vollständigkeit halber ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021).

 

Damit liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 EMRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Bei der Abwägung, die durch Art. 8 EMRK vorgeschrieben wird, stehen die Interessen des Fremden an seinem Verbleib im Inland, die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt sind, dem öffentlichen Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes 17.3.2005, G 78/04 ua., (S 47) zur Vorgängerbestimmung des § 10 AsylG (nämlich § 8 Abs. 2 AsylG 1997) beabsichtigt der Gesetzgeber, "durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern". Dem in § 37 FrG verankerten Ausweisungshindernis durfte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Bedeutung unterstellt werden, "es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen" (VwGH 22.3.2002, 99/21/0082 mwN). Nichts anderes kann aber für die durch das AsylG vorgeschriebene Abwägung gelten, hat doch der Verfassungsgerichtshof (zu § 8 Abs. 2 AsylG 1997) ausgesprochen (VfGH 17.3.2005, G 78/04 ua., S 50): "§ 37 FrG legt [...] Kriterien fest, die sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [...] zu Art. 8 EMRK in Fällen der Außerlandesschaffung eines Fremden ergeben und die von den Asylbehörden bei Ausweisungen nach § 8 Abs. 2 AsylG, auch wenn sie dort nicht genannt sind, zu beachten sind."

 

2.3.2. Das Bundesasylamt hat die durch Art. 8 Abs. 2 EMRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen. Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner in Österreich mit ihrem Ehemann lebenden volljährigen Schwester wird auch in der Beschwerdeschrift nicht aufgezeigt. Sollte - entgegen der Ansicht des Asylgerichtshofes - dennoch ein Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Familienleben anzunehmen sei, wäre dieser jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als die öffentlichen Interessen, eine Aufenthaltsverfestigung des Beschwerdeführers, der sich allein aufgrund eines zu keinem Zeitpunkt berechtigten Antrages auf internationalen Schutz in Österreich aufhalten durfte, hintanzuhalten, dessen Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Was aber eine allfälligen Verletzung des Rechts auf Privatleben angeht, sei zum einem festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer erst seit 7.5.2008 in Österreich befindet und zum anderen auf die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verwiesen, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen (vgl EGMR 8.4.2008, NNYANZI v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06). Weiters gibt es keine Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen und nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG unterbleiben. Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigt es sich, über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abzusprechen.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, innerstaatliche Fluchtalternative, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Verfolgung, staatlicher Schutz, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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