D11 229808-0/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Markus Gerhold als Vorsitzenden und den Richter MMag. Thomas E. Schärf als Beisitzer über die Beschwerde des K.S.geb. 00.00.1973, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.6.2002, FZ. 02 07.710- BAW nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.8.2008 zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde von K.S. wird der bekämpfte Bescheid behoben und wird dieser gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
1. Der Beschwerdeführer gelangte unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und brachte am 21.03.2002 beim Bundesasylamt einen Asylantrag ein.
Der Beschwerdeführer wurde hiezu am 27.5.2002 vom Bundesasylamt, Aussenstelle Wien, niederschriftlich einvernommen. Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.6.2002 Spruchteil I unter Berufung auf §7 Asylgesetz 1997 ab; in Spruchteil II stellte es fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gem. § 8 AsylG zulässig sei. Gegen diesen am 24.6.2002 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit dem am 10.7.2002 per Post an das Bundesasylamt, Aussenstelle Wien, übermittelten Schriftsatz fristgerecht Beschwerde. Am 12.8.2008 fand eine Verhandlung des Asylgerichshofes statt. Im Rahmen dieser Verhandlung bejahte der Beschwerdeführer über Vorhalt die Frage, dass seine wahre Identität K.S. und er ukrainischer Staatsangehöriger sei.
2. Hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 27.5.2002 wird ausdrücklich auf die Wiedergabe im angefochtenen Bescheid verwiesen. Der Beschwerdeführer brachte im wesentlichen vor, er heiße W.S. und sei russischer Staatsagehöriger, geboren am 00.00. in L.T. in Russland. Seine letzte Wohnadresse sei U.A. gewesen. Seinen Inlandsreisepass hätte er zu Hause gelassen, nachdem man ihm das so geraten hätte, einen Auslandsreisepass habe er niemals beantragt oder besessen. Er sei Evangelist und verbiete ihm seine Religion, eine Waffe zur Hand zu nehmen. Nach seinem Schulabschluss hätte er einen Einberufungsbefehl zur Armee erhalten und Geld gezahlt, um davon zu kommen. Er hätte im Kaukasus dienen und auf Moslems schießen müssen. Außerdem sei er Mitglied der russischen Partei Nationale Einheit (RNE). 1994 oder 1995 hätte er es abgelehnt, zur Armee zu gehen, jetzt hätte er Angst, wieder zum Militär zu müssen. Weiters hätte er im Jänner oder Februar 2001 an einer Veranstaltung der Partei RNE teilgenommen, bei der es zu Zusammenstößen mit den Moslems einerseits und der Miliz andererseits gekommen wäre. Er wäre von der Miliz zum Revier festgenommen, zwei Tage festgehalten und verhört worden. In der Miliz hätten fast nur Moslems gearbeitet, in weiterer Folge hätte man jedes Monat versucht, in seine Wohnung einzudringen, wo man Literatur seiner Partei gefunden hätte. Nachdem er wieder auf das Polizeirevier mitgenommen und dort geschlagen worden war, sei er in die Kirche geflüchtet. Wegen der Moslems hätte er praktisch nicht mehr arbeiten können und sollten alle Russen vertrieben werden. Er könne sich in der Russichen Föderation nirgends anderswo niederlassen, da er niemanden kenne und immer nur in C. gewesen sei. Die Miliz hätte keine konkreten Beschuldigungen gegen ihn erhoben, es wären alle, die bei dem "Meeting" der Partei teilgenommen hätten, von der Miliz traktiert worden. Er hätte auf dem Revier gesagt, er wolle dieselben Rechte haben wie die Moslems und auch das Wahlrecht. Man hätte ihm gesagt, er solle sich den moslemischen Sitten unterordnen. Bei den späteren Übergriffen hätte man ihm seine Religion vorgeworfen: Im Falle seiner Rückkehr befürchte er , dass er dort (in seinem Heimatort C.) sicher nicht überleben könne. Ob man ihn töten würde, wisse er nicht, die Moslems seien ziemlich harte Leute. Über Vorhalt, ob ihm der Name K.S.etwas sage, sagte er, dass er diesen Namen nicht kenne, er hätte ihn noch nie gehört. Über Vorhalt des Leiters der Amtshandlung, dem Bundesasylamt lägen Informationen vor, dass der Antragsteller diesen Namen benutze und einen Reisepass mit diesem Namen, wonach er ukrainischer Staatsbürger sei, besäße, sagt der AW, dass er darüber nichts wisse und sich das nicht erklären könne. Ob er Beweismittel beschaffen könne, sei unsicher.
3. Das Bundesasylamt stellt im angefochtenen Bescheid im wesentlichen fest, dass die Identität des Antragstellers nicht fest stehe und dieser spätestens Ende Februar 2002 an einem nicht genau feststellbaren Ort in das Bundesgebiet eingereist sei. Dort wäre er einige Wochen an einer Adresse wohnhaft gewesen, an der sich auch andere russische und ukrainische Asylwerber aufgehalten hätten. Weiters trifft das Bundesaylamt im angefochtenen Bescheid Länderfeststellungen zur russischen Föderation im Allgemeinen sowie zur Partei RNE und der Militärdienstleistung im Besonderen.
Es sei nicht glaubhaft, dass dem Antragsteller Verfolgung im Herkunftsstaat droht. Es bestünden weiters keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Antragsteller im Falle der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr lief, in Russland einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todestrafe unterworfen werde. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung sei zulässig.
4. Diese Feststellungen stützen sich auf folgende angeführte Beweiswürdigung:
"Die Formulierung im §7 AsylG" wenn glaubhaft ist" bringt zum Ausdruck, dass im Asylverfahren nicht der volle Beweis gefordert ist, sondern, dass die Glaubhaftmachung genügt.
Das Vorbringen des Antragstellers erfüllt diese Anforderungen nicht und wird der Entscheidung im Gegenstand zu Grunde gelegt.
5. Die Abweisung des Asylantrages wurde nach Wiedergabe der Gesetzeslage und höchstgerichtlicher Judikatur auszugsweise wie folgt begründet:
Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Identität des Antragstellers nicht fest stehe und der Antragsteller keine Beweismittel in Vorlage gebracht habe. Der Antragsteller erwecke in der Einvernahme einen persönlich unglaubwürdigen Eindruck, ua. erscheine eine gleichzeitige Mitgliedschaft bei einer vom Antragsteller nicht näher definierten evangelistischen Religion und einer rechtsextremen Nationalistenpartei nicht in sich stimmig. Dass der Antragsteller lediglich angeben konnte, er sei zu der Partei gegangen weil er Russe sei und ihm die moslemische Religion missfalle, zeige ebenso, dass er frei konstruierte Gefährdungslagen zur Asylerlangung vortrage, wie sein völlig vages Wissen über die von ihm behauptete Religion. Dass er vom 01.02.2002 bis zum 21.03.2002 nicht in der Lage gewesen sei, sich bezüglich einer Asylantragstellung zu informieren, sei unglaubwürdig. Die erkennende Behörde sehe keinen Anlass an der ihr zugegangenen detaillierten Information hinsichtlich der Verwendung einer anderen Identität und der Vorlage eines Reisedokumentes zu dieser Identität zu zweifeln. Aus der Verwendung verschiedener Identitäten ergäben sich zusätzliche schwere Bedenken an der der Glaubwürdigkeit des Antragstellers. Es sei daher nicht glaubhaft, dass dem Antragsteller im Herkunftstaat Verfolgung drohe und sei der Asylantrag aus diesem Grund abzuweisen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.
2. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
§ 61 Abs. 3 Z. 1 AsylG sieht eine Einzelrichterentscheidung im Fall einer zurückweisenden Entscheidung wegen 1. Drittstaatsicherheit gemäß § 4 AsylG, 2. Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 AsylG, 3. entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß Z. 2 bei einer mit diesen Entscheidungen verbundenen Ausweisung vor.
3. Gemäß § 23 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG , BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 - hier gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 zu Ende zu führen.
4.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gemäß § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden.
(...)
Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als ¿unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.3.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' iSd § 66 Abs. 2
AVG).
Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren mit der Möglichkeit der nachgeordneten Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof eingerichtet. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gem. § 27 Abs.1 AsylG dazu verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen, soweit dies ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre umfassende Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichthofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Asylgerichtshof - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die Vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Einem zurückweisenden Bescheid iSd § 66 Abs. 2 AVG muss (demnach) auch entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. zum Ganzen zuletzt das Erkenntnis vom 20.4.2006, Zl. 2003/01/0285)."
Was für den Unabhängigen Bundesasylsenat bis zum 30.06.2008 zu gelten hatte, gilt nunmehr gleichermaßen für den Asylgerichtshof.
Die belangte Behörde hält im zu beurteilenden Fall auf Seite 51 fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststeht und auf Seite 63, dass die erkennende Behörde keinen Anlass sieht, an der Information die ihr hinsichtlich der Verwendung einer anderen Identität und der Vorlage eines Reisedokumentes zu dieser Identität zugegangen ist, zu zweifeln. Aus der Verwendung verschiedener Identitäten ergäben sich ergänzende schwere Bedenken an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verwaltungsverfahren.
Gem. §§ 37 iVm. 43 Abs 1 AVG besteht die gesetzliche Verpflichtung des Bundesasylamtes, die Identität des Beschwerdeführers zu ermitteln bzw. sich von dieser zu überzeugen. Der belangten Behörde lag laut Aktenvermerk vom 26.4.2002 bereits vor der Einvernahme des Beschwerdeführers am 27.5.2002 der Hinweis vor, dass der Beschwerdeführer unter einem anderen Namen, nämlich als K.S.unter Vorlage des ukrainischen Reisepasses U.K. aus dem auch das Geburtsdatum 00.00. hervorgehe, einen Mietvertrag unterfertigt habe. Wie oa. sah das Bundesasylamt keinen Grund, an dieser Information zu zweifeln.
Dennoch hat sich die belangte Behörde bezüglich der Identität des Beschwerdeführers lediglich mit einer einzigen Frage im Rahmen der niederschriftlichen Vernehmung des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, nämlich ob dem Beschwerdeführer der Name K.S. etwas sage. Darüber hinaus hat sich das Bundesasylamt weder mit der Identität noch mit der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers weitergehend auseinandergesetzt, noch nachvollziehbar begründet, warum es nicht an der Verwendung einer zweiten, anderen Identität zweifelt. Insbesondere hat es die belangte Behörde unterlassen dem Beschwerdeführer vorzuhalten, woher diese Information stammt und welche Konsequenzen die Angabe der falschen Identität für ihn haben könne.
Für das Bundesasylamt wäre es ein Leichtes gewesen, die wahre Identität des Beschwerdeführers zu ermitteln. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass es dem Asylgerichtshof in der Verhandlung am 12.8.2008 bereits durch einfache Befragung gelang, die richtige Identität des Beschwerdeführers zu ermitteln. Der Beschwerdeführer gab auf Vorhalt, es gäbe den Verdacht, dass er aus der Ukraine stamme und den Namen K.S.trage, ohne weitere Umschweife an, dass dies sein Name und er ukrainischer Staatsbürger sei. Weiters gab der Beschwerdeführer sogar von sich aus an, dass sich sein Name richtig K. schreibe. Dennoch hat es die belangte Behörde unterlassen, den wahren Sachverhalt hinsichtlich der Identität, über die Frage, ob ihm der Name K. etwas sage hinausgehend, zu ermitteln.
Das Bundesasylamt hat durch seine Vorgehensweise bzw. Unterlassung die ihm gemäß § 37 AVG zukommende Ermittlungspflicht, wonach es Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln, sowie die sich aus. § 43 Abs 1 AVG ergebende besondere Ermittlungspflicht hinsichtlich der Identität des Beschwerdeführers, verletzt. Nach dem Grundsatz der materiellen Wahrheit ist die Behörde hinsichtlich des Sachverhaltes nicht an das tatsächliche Parteienvorbringen gebunden, sondern hat durch die Aufnahme von Beweisen unter Berücksichtigung des Parteienvorbringens den wahren Sachverhalt zu ermitteln (VwGH 29.9.1986, 84/08/0131, 30.1.1992, 87/17/0177, 30.4.1988, 97/06/0225) Hengstschläger-Leeb, Kommentar zum AVG). Im Gegenstande wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, auf Grund der ihr vorliegenden Information bezüglich der Verwendung einer anderen Identität und der Vorlage eines Dokumentes zum Nachweis dieser Identität von Amts wegen die wahre Identität des Beschwerdeführers zu ermitteln. Insbesondere hätte sie dem Beschwerdeführer vorhalten müssen, woher sie Kenntnis über die Verwendung einer anderen Identität und des Reisepasses habe um ihm Gelegenheit zu geben, sich über das Ergebnis der amtlichen Erhebungen zu äußern.
Das Bundesasylamt hat es jedoch unterlassen, den Beschwerdeführer über die ihm vorliegenden Informationen hinsichtlich der Verwendung einer weiteren Identität sowie der Vorlage eines Reisepasses zum Nachweis der Identität zu informieren. Durch diese Vorgehensweise hat die belangte Behörde weiters die sich aus § 45 Abs. 3 AVG ergebene Verpflichtung, der Partei Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen, so hin das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör, verletzt. Die Behörde hat den wahren Sachverhalt (die materielle Wahrheit) festzustellen, der für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebend ist. ...Die Behörde muss den Parteien eines Verfahrens das Parteiengehör ausdrücklich, ( VwGH 18.1.1971, Zl 1180/70, VwSlg NF 6300 A), in förmlicher Weise (VerwSlgNF 4557 Averst. Senat, Anh. 94 A/1958) und von Amts wegen ( VwSlgNF 1227 A, VwGH 14.10.1950, Zl 355/46) einräumen, Walter- Mayer).
Auf Grund der sich aus § 37 AVG ergebenden amtswegigen Ermittlungspflicht sowie der Verpflichtung gem. § 43 Abs 1 AVG zur Feststellung der Identität, wäre die Behörde verpflichtet gewesen, der ihr zugegangenen Information nachzugehen und die Identität des Beschwerdeführers mit den ihr gebotenen Möglichkeiten zu prüfen, um danach die Feststellungen zum betreffenden Land überhaupt treffen zu können. Die Vorgehensweise, wonach das Bundesaslyamt einerseits feststellt, an der Vorlage eines ukrainischen Reisepasses nicht zu zweifeln, anderseits die Länderfeststellungen zur russischen Föderation trifft ohne bezüglich der richtigen StA. weiter zu ermitteln, ist in sich widersprüchlich. Feststellungen zur russischen Föderation wären allenfalls heranzuziehen gewesen, wenn die belangte Behörde nach den von ihr durchzuführenden Ermittlungen zum Schluss gekommen wäre, die russische Föderation sei der gewöhnliche Aufenthalt des Beschwerdeführers gewesen. Das Bundesasylamt hat es jedoch wie oben ausgeführt unterlassen, zum Herkunftsstaat bzw. Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Beschwerdeführers weitere Ermittlungen durchzuführen. Vielmehr beschränkte sich die belangte Behörde offensichtlich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, der angab, russischer Staatsangehöriger zu sein, obwohl sie sein Vorbringen unter anderem wegen des ihr vorliegenden Hinweises bezüglich Identität und Verwendung des ukrainischen Reisepasses als unglaubwürdig beurteilte.
Selbst wenn das Bundesasylamt Feststellungen zum tatsächlichen Herkunftsstaat bzw. Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Beschwerdeführers getroffen hätte, wäre das Recht auf Parteiengehör im Gegenstande auch aus einem weiteren Grunde verletzt. Die belangte Behörde begründete die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers unter anderem damit, dass der Beschwerdeführer Barkaschov als derzeitigen Parteiführer bezeichne und nur angeben konnte, zu der Partei gegangen zu sein, weil ihm als Russen die moslemische Religion missfalle. Weiters, dass eine gleichzeitige Mitgliedschaft bei den Evangelisten und bei der RNE als rechtsextremer Nationalistenpartei nicht in sich stimmig sei. Das Bundesasylamt hat es unterlassen, dem Beschwerdeführer vorzuhalten, dass sein Vorbringen sowohl hinsichtlich seiner Religionsangehörigkeit sowie der Parteimitgliedschaft auf Grund seiner nur vagen Angaben unglaubwürdig sei. Dies stellt eine Verletzung des Parteiengehörs dar, da gem. § 45 Abs 3 AVG den Parteien Gelegenheit zu geben ist, zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Des weiteren wurde das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör auch dadurch verletzt, dass ihm die belangte Behörde keine Gelegenheit gab, zum Umstand, dass sie die gleichzeitige Mitgliedschaft bei der Partei RNE sowie bei den Evangelisten als unglaubwürdig erachtet, Stellung zu nehmen.
Der zuständige Senat des Asylgerichtshofes gelangt deshalb zur Auffassung, dass die dargelegten schweren Mängel vom Bundesasylamt zu sanieren sind, da im gegenteiligen Fall der Großteil des Ermittlungsverfahrens zum Asylgerichtshof als gerichtliche Beschwerdeinstanz verlagert würde und somit der zweiinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen würde.