D9 261452-0/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Vorsitzenden und den Richter DDr. Gerhold als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Thurner über die Beschwerde des F.L., geb. 00.00.2005, StA. Georgien, vertreten durch F.S., gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juni 2005, FZ. 05 01.693-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
Der (nunmehrige) Beschwerdeführer ist das im Bundesgebiet der Republik Österreich geborene Kind der F.S., Staatsangehörige Georgiens und Asylwerberin in Österreich. Die Mutter des Beschwerdeführers brachte als gesetzliche Vertreterin einen Asylantrag ein und gab im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahm am 31. Mai 2005 im Wesentlichen an, für ihren Sohn, geboren am 00.00.2005 in 1030 Wien, keine eigenen Fluchtgründe geltend zu machen, sondern die Prüfung des Asylantrages des Beschwerdeführers gemäß § 10 Asylgesetz zu beantragen.
Mit Bescheid vom 1. Juni 2005, FZ. 05 01.693-BAW, wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers unter Spruchpunkt I. gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF, ab, erklärte mit Spruchpunkt II. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Georgien gemäß § 8 Absatz 1 Asylgesetz 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF, für zulässig und wies den Beschwerdeführer mit Spruchpunkt III. gemäß § 8 Absatz 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass, unter Feststellung der Zugehörigkeit zur Kernfamilie, der Asylantrag der Mutter mangels Glaubwürdigkeit abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für zulässig erklärt worden sei.
Verfahrensgegenständlicher Bescheid wurde der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers durch Hinterlegung am 4. Juni 2005 zugestellt.
Mit Telefax vom 15. Juni 2005, eingelangt am selben Tag, erhob die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers Berufung (nunmehr: Beschwerde).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Rechtslage:
1. 1. Der Asylgerichtshof hat gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, ab 1. Juli 2008 die beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen.
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, in der Fassung BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz in Bescheidform. Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst ergehen in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.
Der Asylgerichtshof entscheidet gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Auf die Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind gemäß § 23 AsylGHG, soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51, hat die Berufungsbehörde außer in dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzten und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren, das gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu entscheiden ist.
1. 2. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 AsylG 2005 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gemäß § 44 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, geführt.
Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, werden Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 in der jeweils geltenden Fassung geführt.
Gegenständlicher Asylantrag wurde nach dem 1. Mai 2004 gestellt, weshalb auf das Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, anzuwenden ist.
1. 3. Gemäß § 10 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, stellen Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines/einer Asylwerbers/Asylwerberin einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Gemäß Abs. 5 leg. cit. hat die Behörde Asylanträge von Familienangehörigen eines/einer Asylwerbers/Asylwerberin gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid.
Der Beschwerdeführer und seine Mutter gehören der "Kernfamilie" (§ 1 Z 6 Asylgesetz 1997) des jeweils anderen an, beide haben einen Asylantrag gestellt, keinem wurde bisher Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt. Daher sind die Absätze 1 und 5 des § 10 Asylgesetz 1997 anzuwenden.
Die Mutter des Beschwerdeführers hat ihren Antrag vor dem 1. Mai 2004 gestellt, ihr Verfahren ist daher - anders als jenes des Beschwerdeführers selbst - nach dem Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, zu führen. Stellen Mitglieder einer "Kernfamilie" ihre Asylanträge teils vor, teils ab dem 1. Mai 2004, so entsteht eine Situation, die in den Übergangsbestimmungen der AsylGNov. 2003 nicht ausdrücklich geregelt worden ist. Insbesondere ist auch nicht vorgesehen, dass § 10 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 etwa auf "alte Verfahren" anzuwenden sei, wie dies § 44 Abs. 3 Asylgesetz 1997 für andere Bestimmungen anordnet. Auch die Gesetzesmaterialien (Erläut. zur RV, 120 BlgNR 22. GP, 15, 22; AB, 253 BlgNR 22. GP, 3) enthalten diesbezüglich keinen Hinweis.
Es entstünde eine "Kernfamilie" der Art, dass der Antrag des - bezogen auf den vorliegenden Fall - Kindes unter § 10 Abs. 5 AsylG fiele, ohne dass es eine Bezugsperson für dieses "Familienverfahren" gäbe, da die Regelung über das Familienverfahren auf den früher gestellten Asylantrag der Mutter nicht anzuwenden ist. Somit käme es zu einem "Familienverfahren" mit nur einem Familienangehörigen. Sohin müsste der Antrag eines Kindes, das keine eigenen Fluchtgründe hat, abgewiesen werden; es wäre somit schlechter gestellt als ein Kind, dessen Bezugsperson (im vorliegenden Fall: dessen Mutter) ihren Antrag erst nach dem 30. April 2004 gestellt hat, ebenso aber auch schlechter als ein Kind, das seinen Antrag - als Erstreckungsantrag - schon vor dem 1. Mai 2004 gestellt hat. Das Familienverfahren soll die Asylerstreckung im Sinne des AsylG in der Stammfassung ersetzen (vgl. die Erläut. zur RV, 120 BlgNR 22. GP, 15). Nur in der geschilderten Übergangssituation käme es zu dieser nachteiligen Situation, die dem Gesetzgeber daher nicht als gewollt unterstellt werden kann. Dazu käme, dass diese Folgen nur die Angehörigen von Asylwerbern träfen, nicht aber jene von Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten; deren Anträge könnten (gemäß § 10 Abs. 2 bis 4 AsylG) ohne weiteres an den bereits nach der alten Rechtslage gewährten Schutz anknüpfen.
Um dem Konzept des § 10 Abs. 5 Asylgesetz 1997 Rechnung zu tragen, ist im Verfahren über den späteren Antrag mithin das Ergebnis zu berücksichtigen, zu dem das Verfahren über den früheren Antrag gelangt ist. Auf Grund eines Antrages, der ab dem 1. Mai 2004 gestellt worden ist, muss daher zumindest derselbe Schutzumfang gewährt werden wie dem Familienangehörigen, der - auf Grund eines vor diesem Tag gestellten Antrags - den stärksten Schutz erhalten hat, nicht aber umgekehrt.
Bezogen auf das vorliegende Beschwerdeverfahren ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer zumindest derselbe Schutzumfang zu gewähren ist wie seiner Mutter.
1. 4. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß § 66 Abs. 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis 21. 11. 2002, 2002/20/0315, welches nunmehr auch für den seit 1. Juli 2008 eingerichteten Asylgerichtshof von Relevanz ist, ausgeführt:
"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gemäß § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. dazu unter dem besonderen Gesichtspunkt der Auslegung der Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde im abgekürzten Berufungsverfahren nach § 32 AsylG die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 23. 07. 1998, Zl. 98/20/0175, Slg. Nr. 14.945/A, die mehrfach vergleichend auf § 66 Abs. 2 AVG Bezug nehmen; zu diesem Erkenntnis siehe auch Wiederin, ZUV 2000/1, 20 f).
Der Verwaltungsgerichthof hat im Erkenntnis vom 27. 04. 1989, Zl. 86/09/0012, Slg. Nr. 12.917/A, aus einer in den Verwaltungsvorschriften angeordneten zwingenden und ohne Ausnahme bestehenden Verpflichtung zur Durchführung einer Berufungsverhandlung trotz Fehlens einer ausdrücklichen Ausnahme hinsichtlich der Geltung des § 66 Abs. 2 AVG die Unanwendbarkeit dieser Bestimmung in einem solchen Berufungsverfahren gefolgert. Das steht aber zu der hier - für das Verfahren vor der belangten Behörde - zu Grunde gelegten gegenteiligen Auffassung schon deshalb nicht im Widerspruch, weil eine derartige uneingeschränkte Verhandlungspflicht für den Unabhängigen Bundesasylsenat nicht besteht. (...) Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unvermeidlich erscheint. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. 03. 2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."
Nach der grundsätzlichen Bejahung der Frage der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. 11. 2002, Zl. 2002/20/0315, zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Ermessensübung im Sinne des § 66 Abs. 2 und 3 AVG Folgendes aus:
"Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet, wobei der belangten Behörde die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht..."
2. In der Sache:
2. 1. Gemäß Art. 129c Z 1 B-VG, BGBl. I Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, erkennt der Asylgerichtshof - und nicht mehr der Unabhängige Bundesasylsenat als "oberste Berufungsbehörde" - nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen. Der Asylgerichtshof sieht keinen Grund dafür, dass sich die o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die neue Rechtslage übertragen ließe. Es ist weiterhin in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren vorgesehen. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag bzw. Antrag auf internationalen Schutz relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Unterbliebe ein umfassendes Ermittlungsverfahren in erster Instanz, würde nahezu das gesamte Verfahren vor die Berufungsbehörde verlagert werden, sodass die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen zur bloßen Formsache würde. Es liegt nicht im Sinne des Gesetzes, dass der Asylgerichtshof erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermitteln und beurteilen muss und damit seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst bei der letzten Instanz beginnen und zugleich enden (abgesehen von der mit BGBl. I Nr. 2/2008 geschaffenen Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 144a B-VG).
2. 2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.
Auch Hinblick auf § 66 Abs. 2 AVG hat das Schicksal aller Beschwerden in einem Familienverfahren das gleiche zu sein. Ist auch nur einem der Familienangehörigen Asyl zu gewähren, ohne dass eine mündliche Verhandlung abzuhalten wäre, so muss dies für alle gelten; übt die Berufungsbehörde das Ermessen, das ihr § 66 Abs. 2 und 3 AVG einräumt, bei auch nur einem Familienangehörigen dahingehend aus, dass sie die Verhandlung selbst durchführt, so muss auch dies für alle gelten. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Asylgerichtshof dann nicht nach § 66 Abs. 2 AVG vorgehen dürfte, wenn sie der Beschwerde der Mutter ohne Abhaltung einer Verhandlung stattgäbe oder wenn sie in dessen Verfahren selbst eine Verhandlung durchführte.
Mit Erkenntnis vom *****, Zahl: **, hat der Asylgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde, welcher die Mutter betrifft, in Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Auch aus ihren Verfahren ergibt sich somit nicht, dass der Beschwerde des Beschwerdeführers ohne Abhaltung einer Verhandlung stattzugeben wäre oder dass der Asylgerichtshof die Verhandlung selbst durchzuführen hätte.
Zusammenfassend war daher spruchgemäß zu entscheiden.