C15 228.405-3/2008/2E
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Vorsitzende und die Richterin Dr. Kirschbaum als Beisitzerin über den Antrag des S.R., geb. 00.00.1983 alias 00.00.1985, StA. Indien, vertreten durch: Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalt, Parkstraße 1/I, 8700 Leoben, auf Wiederaufnahme des "zuletzt beim Bundesasylamt Außenstelle Wien zu Aktenzahl 01 23.036-BAW, anhängigen Asylverfahrens" [wohl gemeint: des mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 06.04.2005, Zahl: 228.405/4-IV/11/03, am 08.04.2005 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens] beschlossen:
Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 06.04.2005, Zahl: 228.405/4-IV/11/03, am 08.04.2005 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens wird gemäß § 69 Abs. 2 AVG als verspätet zurückgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der nunmehrige Wiederaufnahmewerber, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 05.10.2001 einen Asylantrag, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.04.2002, FZ. 01 23.036-BAW, gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I) und ferner gemäß § 8 AsylG festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt II).
2. Die gegen diesen Bescheid vom Magistrat der Stadt Wien - als vermeintlicher gesetzlicher Vertreter - erhobene Berufung wurde von der Vertreterin der MA 11 im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 06.08.2003 zurückgezogen, da sich im Laufe dieser Verhandlung herausgestellt hat, dass die MA 11 nicht berufungslegitimiert war. In einem Aktenvermerk vom selben Tag hielt das damals zuständige Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenats fest, dass der Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.04.2002, FZ. 01 23.036-BAW, aufgrund von Zustellmängeln nicht rechtswirksam erlassen worden und daher das Verfahren noch in erster Instanz anhängig sei.
3. Nach Verfahrensergänzung im Sinne einer weiteren Einvernahme des Asylwerbers wies das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, mit Bescheid vom 29.10.2003, FZ. 01 23.036-BAW, den Asylantrag des Asylwerbers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I) und stellte in Spruchpunkt II fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien gemäß § 8 AsylG zulässig ist.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der nunmehrige Wiederaufnahmewerber durch seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Berufung, welche nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu welcher der Asylwerber nicht erschien, mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 06.04.2005, Zahl: 228.405/4-IV/11/03, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien zulässig ist. Dieser Bescheid wurde dem damaligen rechtsfreundlichen Vertreter des nunmehrigen Wiederaufnahmewerbers am 08.04.2005 nachweislich zugestellt (vgl. Rückschein, AS 229) und erwuchs sohin am 08.04.2005 in Rechtskraft.
5. Mit Beschluss vom 29.08.2006, Zl. 2006/19/0195-5, hat der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates betreffend § 7 und § 8 AsylG abgelehnt.
6. Am 29.08.2008 langte beim Bundesasylamt ein Antrag auf Wiederaufnahme "des zuletzt beim Bundesasylamt Außenstelle Wien zu Aktenzahl 01 23.036-BAW, anhängigen Asylverfahrens" ein. Dieser Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass am 25.04.2008 neue Unterlagen an einen Verwandten [gemeint: des Wiederaufnahmewerbers] in Wien aus Indien übermittelt worden seien, welche am 28.04.2008 dem nunmehrigen Rechtsvertreter übergeben worden seien. Dem Asylwerber sei es bislang nicht möglich gewesen, diese Unterlagen vorzulegen und sei dieser daher der Ansicht, dass bei Vorliegen dieser Unterlagen vor rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens dem Antrag stattgegeben worden wäre. Dem Antrag beigelegt waren die angesprochenen Unterlagen in Kopie.
Mit Urkundenvorlage vom 13.05.2008 wurden diese Unterlagen dem Bundesasylamt vom rechtsfreundlichen Vertreter des Wiederaufnahmewerbers im Original vorgelegt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates, mit dem jenes Verfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde, dessen Wiederaufnahme der Antragsteller nun begehrt, wurde am 06.04.2005 erlassen und erwuchs durch Zustellung an den damaligen Rechtsvertreter des Asylwerbers am 08.04.2005 in Rechtskraft.
Dies ergibt sich aus der Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt des Unabhängigen Bundesasylsenates.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
2.1. Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde tritt.
2.2. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn diese jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann gemäß § 69 Abs. 3 AVG die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 (Anmerkung: der Bescheid ist durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden) stattfinden.
Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht gemäß § 69 Abs. 4 AVG der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.
2. Im gegenständlichen Fall war zum Zeitpunkt der Einbringung des vorliegenden Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens, nämlich am 29.08.2008, bereits ein längerer Zeitraum als drei Jahre nach Erlassung des Berufungsbescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates am 06.04.2005, rechtskräftig am 08.04.2005, mit welchem das wieder aufzunehmende Verfahren abgeschlossen worden ist, abgelaufen. Der vorliegende Antrag ist daher wegen Versäumung der objektiven Frist zur Antragstellung als verspätet zurückzuweisen.
Für die Anwendung des § 69 Abs. 3 zweiter Satz AVG findet sich - in Ermangelung von Gründen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG - kein Anhaltspunkt.
3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG iVm § 67d Abs. 4 AVG unterbleiben.