TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/18 B5 242715-2/2008

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Veröffentlicht am 18.09.2008
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Spruch

B5 242.715-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Beisitzer über die Beschwerde von A.R., geb. 00.00.1982, StA. Mazedonien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2008, FZ. 02 40.648-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2002/126 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist mazedonische Staatsangehörige, gehört der albanischen Volksgruppe an, ist muslimischen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt wohnhaft im Dorf S., reiste laut eigenen Angaben erstmals am 21.01.2002 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag.

 

Vom Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache am 26.06.2002 einvernommen, wurde als Fluchtgrund im Wesentlichen angegeben, dass der Beschwerdeführer während der Auseinandersetzungen in Mazedonien im Jahr 2001 als Albaner nicht zum mazedonischen Heer eingezogen werden habe wollen. Er habe zwar keine Ladung erhalten, doch habe die Polizei persönlich in den Häusern nach jungen Leuten gesucht und seien auch Freunde des Beschwerdeführers eingezogen worden. Deshalb habe er sich bei einer Tante in Skopje versteckt. Persönlich habe der Beschwerdeführer keine Probleme mit der Polizei oder Behörden gehabt, doch nachdem er am 19.01.2002 Mazedonien verlassen und zu seinem Vater in den Kosovo gereist sowie in weiterer Folge nach Österreich geflüchtet sei, hätte die Polizei zwei oder dreimal in Mazedonien nach dem Beschwerdeführer gefragt. Der Beschwerdeführer legte einen mazedonischen Führerschein vor.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 03.07.2002, FZ. 02 02.114-BAI, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2002/126 abgewiesen und weiters festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in ihren Herkunftsstaat Mazedonien gemäß § 8 leg.cit. zulässig sei.

 

Am 20.12.2002 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Asylantrag. Zu seinen Fluchtgründen führte er in der Einvernahme beim Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache am 24.09.2003 im Wesentlichen aus, dass er im September oder Oktober 2002 freiwillig nach Mazedonien zurückgekehrt sei. Dort sei er jedoch am Flughafen von der Polizei befragt worden, warum er sich in Österreich aufgehalten habe, geschlagen und drei Stunden festgehalten worden, bis ihm sein Onkel gegen Bezahlung von 100,- Euro freigekauft habe. Er habe sich 10 Tage bei seinem Onkel in Mazedonien und dann weitere zweieinhalb Monate im Kosovo in einem Privatzimmer aufgehalten. Die Polizei in Mazedonien würde ihn suchen, weil sie vermute, dass die Albaner seines Dorfes die UCK mit Waffen unterstützt hätten, und da er auch eine Waffe besitze, auch ihn verdächtigen würden. Dies habe er aber nur von seinem Vater gehört. Dieser habe den Beschwerdeführer auch mitgeteilt, dass die Polizei während des Aufenthalts des Beschwerdeführers in seiner Heimat einmal nach ihm gesucht hätte. Sonst habe es keine weiteren Verfolgungshandlungen seitens der Behörden gegeben. Der Beschwerdeführer sei Mitglied der PDSH, habe deshalb aber nie Probleme gehabt. Der Beschwerdeführer legte einen mazedonischen Personalausweis vor.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 29.09.2003, FZ. 02 40.648-BAI, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung (seit 01.07.2008 Beschwerde) wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats vom 11.06.2008, GZ. 242.715/0/11E-XII/05/03, stattgegeben, und der bekämpfte Bescheid zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuerlichen Bescheids gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben.

 

Erneut am 05.08.2008 vom Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache einvernommen, brachte der Beschwerdeführer ursprünglich auf die Frage, seit wann er sich in Österreich aufhalte, vor, dass er sich seit seiner ersten Asylantragstellung im Jänner 2002 immer in Österreich aufgehalten habe, berichtigte dies aber unter dem Vorhalt seiner diesbezüglichen Angaben zu seinem zweiten Asylantrag dahingehend, dass er im Jahr 2003 freiwillig nach Mazedonien zurückgekehrt sei. Er sei drei Monate in Mazedonien geblieben. Später berichtigte der Beschwerdeführer dies, indem er ausführte, dass er nur zwei bis drei Tage in Mazedonien in seinem elterlichen Haus geblieben sei und sich die restliche Zeit im Kosovo aufgehalten habe. Unter Vorhalt berichtigte er die diesbezüglichen Angaben erneut und gab an, drei Tage im Elternhaus und sich dann weitere sechs oder sieben Tage im Haus seines Onkels in Mazedonien aufgehalten zu haben. Konkret zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, in Mazedonien "politisch" verfolgt zu werden, und eines Nachts wegen seiner Mitgliedschaft zur PDSH geschlagen sowie mit dem Tod bedroht worden zu sein, wobei er nicht genau sagen könne, ob er von Albanern oder Serben bedroht worden sei. Dies sei der Hauptgrund, warum er seine Heimat verlassen habe. Auch sei er am Flughafen bei seiner Rückkehr aus Österreich von Polizisten geschlagen und 12 Stunden festgehalten worden. Er sei dann gegen Bezahlung von 2.500,- Euro durch seinen Onkel freigelassen worden. Die Polizei hätte ihm vorgeworfen, am Krieg als albanischer Anführer teilgenommen zu haben, hätte ihn wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit beschimpft und aufgefordert, Mazedonien zu verlassen.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2002/126 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die beschwerdeführende Partei nicht glaubhaft dartun habe können, dass ihr im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung droht. Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in ihren Herkunftsstaat Mazedonien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 zulässig sei.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist im Wesentlichen mit der Begründung Beschwerde erhoben, dass das Bundesasylamt bei richtiger Würdigung des Vorbringens zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass der beschwerdeführenden Partei die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 u. 2, 130, 15, 12 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei 8 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren nachgesehen wurden.

 

2.1. Aufgrund des vom Bundesasylamt durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die beschwerdeführende Partei ist mazedonische Staatsangehörige, gehört der albanischen Volksgruppe an, ist muslimischen Bekenntnisses, war im Heimatstaat im Dorf S. wohnhaft und vor ihrer Flucht keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und ihr droht auch nicht die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Feststellungen des Bundesasylamts zum Herkunftsstaat im angefochtenen Bescheid verwiesen.

 

2.2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die vom Bundesasylamt getroffene Würdigung der Beweise, insbesondere der Aussage der beschwerdeführenden Partei ist umfassend und schlüssig und wird daher auch der gegenständlichen Entscheidung zugrundegelegt (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460).

 

Die in der Beweiswürdigung des Bundesasylamts angeführten Widersprüche in Kernpunkten des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei sind so gravierend, dass kein nachvollziehbarer Grund besteht, die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes in Zweifel zu ziehen.

 

In der Beschwerde wird kein neuer Sachverhalt vorgebracht und werden den Ausführungen des Bundesasylamtes keine konkreten stichhaltigen Argumente entgegengesetzt. Die Erklärung, dass im Wesentlichen das Erinnerungsvermögen des Beschwerdeführers nach bereits mehreren Jahren insbesondere auch aufgrund seiner zwischenzeitlichen sozialen Integration inzwischen nachgelassen habe, und ihm auch aufgrund der psychischen Belastung einer dreistündigen Einvernahme nicht mehr alle Einzelheiten präsent gewesen seien, vermag die Summe an massiven Widersprüchen nicht zu erklären. Hierbei ist auf die nachvollziehbare Beweiswürdigung des Bundesasylamts zu verweisen, aus der übereinstimmend mit dem Akteninhalt hervorgeht, dass der Beschwerdeführer außer dem Rahmenvorbringen, von der Flughafenpolizei geschlagen worden zu sein, nahezu kein einziges Detail übereinstimmend mit seinen bisherigen Angaben vorbringen konnte, wobei die Abweichungen eklatant sind. Auch der im bekämpften Bescheid gewürdigte Umstand, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus auch neue, vom bisherigen Fluchtvorbringen abweichende Gründe vorbrachte, führt das Argument der eingeschränkten Erinnerung letztlich ad absurdum. Hierbei ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers auch keinerlei Hinweise auf einschlägige Krankheiten vorliegen und auch nicht geltend gemacht wurden.

 

Aus den Länderfeststellungen des Bundesasylamtes im bekämpften Bescheid ergibt sich zudem, dass in Mazedonien keine Situation besteht, in der alle Angehörigen der Ethnie der Albaner allein auf Grund dieses Umstandes mit Verfolgung rechnen müssen. In Mazedonien besteht demnach aber auch keine solche Situation, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 MRK ausgesetzt wäre. Gegenteiliges ist auch der Beschwerdeschrift grundsätzlich nicht zu entnehmen. Anderslautende Länderberichte wurden in der Beschwerdeschrift nicht genannt noch auf diese verwiesen. Somit waren daher im Asylverfahren des Beschwerdeführers dessen individuelle Umstände und insbesondere dessen Glaubwürdigkeit im konkreten Einzelfall zu beurteilen, wobei diese Aufgabe vom Bundesasylamt nachvollziehbar und überzeugend erfüllt wurde.

 

2.3. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 4/2008) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren - abgesehen von im gegebenen Zusammenhang nicht relevanten Bestimmungen - nach dem Asylgesetz 1997 zu Ende zu führen, wobei § 44 dieses Gesetzes gilt. Dieser normiert, dass Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach dem Asylgesetzes 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Da der Antrag der beschwerdeführenden Partei vor dem 01.05.2004 gestellt wurde, kommt im gegenständlichen Verfahren das Asylgesetz 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zur Anwendung.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 und 3 Asylgesetz 2005 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat bzw. die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenats geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seiner Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Zur Entscheidung über den Asylantrag (§ 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002):

 

2.1. Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht, und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt. Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein.

 

2.2. Wie das Bundesasylamt im bekämpften Bescheid zutreffend festgestellt hat und in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt ist, ist es der beschwerdeführenden Partei jedoch während des gesamten Verfahrens nicht gelungen, glaubhaft darzustellen, dass ihr in ihrem Herkunftsland Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

3. Zur Non Refoulement-Prüfung (§ 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 101/2003):

 

3.1. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG 2005 treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetztes 1997 verwiesen wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes an deren Stelle.

 

3.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (vormals § 57 FrG 1997, nunmehr § 50 FPG 2005); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG 2005 ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG 2005 ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß Art 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH vom 27.02.1997, 98/21/0427).

 

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und / oder Abs. 2 FrG 1997 glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH vom 02.08.2000, 98/21/0461; VwGH vom 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

3.3. Wie bereits bei der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz ausgeführt bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der beschwerdeführenden Partei aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG 2005 vorliegt.

 

3.4. Im gesamten Asylverfahren finden sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG 2005 ausgesetzt sein würde. Dass jedem Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig wäre, ist nicht hervorgekommen. Ebenso ist nicht hervorgekommen, dass es Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde.

 

Weder aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei zu den Gründen, die für die Ausreise maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.08.2001 wird die maßgelbliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. Solche Umstände sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

3.5. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei vermag sohin keine Gefahren i.S.d. § 50 FrG bzw. die Unzumutbarkeit der Rückkehr aufgrund der individuellen konkreten Lebensumstände darzutun. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte somit abgesehen werden.

 

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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