D11 265703-0/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Gerhold als Vorsitzenden und den Richter MMag. Schärf als Beisitzer über die Beschwerde des S.Y., geb. 00.00.1978, StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.10.2005, GZ. 04 09.992-BAI, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und Herrn S.Y. gemäß § 11 Abs 1 AsylG 1997 durch Erstreckung Asyl gewährt.
II. Gemäß § 12 AsylG 1997 wird festgestellt, dass Herrn S.Y. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.) Der Beschwerde liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger der russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe stellte am 30.4.2004 einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.10.2005, GZ 04 09.992, abgewiesen wurde. Zudem wurde festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gem. § 8 Abs 1 AsylG 1997 zulässig ist. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.
Am 00.00.2006 ehelichte der Beschwerdeführer Frau S.A., geb. B., geb. am 00.00.1988, vor dem Standesamt Bregenz. Am 00.00.2007 wurde das gemeinsame Kind S.R.geboren. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Frau und seinem minderjährigen Kind im gemeinsamen Haushalt.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Asylakt des Beschwerdeführers, insbesondere der Heiratsurkunde, ausgestellt vom Standesamt Bregenz am 00.00.2006, und der Geburtsurkunde des Kindes, ausgestellt vom Standesamt Bregenz am 00.00.2007.
Der Ehefrau des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Zl. 03 32.897 - BAG, rechtskräftig seit 30.11.2006 in Österreich Asyl gewährt. Dem Antrag auf internationalen Schutz für das gemeinsame Kind S.R. wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Zl 08 00.172-BAG, vom 13.03.2008 stattgegeben und der Status einer Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Mit Schreiben vom 18.3.2008 brachte der Beschwerdeführer eine Berufungsergänzung mit Hinweis auf die erfolgte Eheschließung bzw. Geburt sowie unter anderem den Antrag ein, ihm denselben Schutz wie seiner Tochter und somit den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 01.07.2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.
Gemäß § 44 Abs 1 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 101/2003 werden Anträge, die bis zum 30.4.1997 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 geführt. Gemäß § 44 Abs 3 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 101/2003 ist im gegenständlichen Fall jedoch (unter anderem) auch § 23 Abs 5 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 101/2003 anzuwenden, wonach neue Asylanträge, die während eines anhängigen "Berufungsverfahrens" (alte Terminologie) gestellt oder eingebracht wurden, im Rahmen des anhängigen "Berufungsverfahrens" (alte Terminologie) mitzubehandeln sind.
Das gegenständliche Verfahren ist somit nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.
Gemäß § 10 Abs 1 AsylG begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls.
Asylerstreckungsanträge können gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Diese Voraussetzungen sind bei dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall in Bezug auf seine Tochter erfüllt: der minderjährigen Tochter S.R. wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 13. März 2008 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Weiters bestehen keine Anhaltspunkte, wonach dem Beschwerdeführer die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens in einem anderen Staat möglich wäre, noch dafür, dass ein Asylausschließungsgrund vorläge, sodass folglich durch Erstreckung Asyl zu gewähren war.
Gemäß § 12 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen war, und sich kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer nochmals zu erörtern.