TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/22 B5 400974-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.2008
beobachten
merken
Spruch

B5 400.974-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Beisitzer über die Beschwerde von K.J., geb.00.00.1980, StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2008, FZ. 06 00.719-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist kosovarische Staatsangehörige, gehört der albanischen Volksgruppe an, ist römisch katholischen Bekenntnisses, war im Heimatstaat laut eigenen Angaben zuletzt in Pri¿tina wohnhaft, reiste laut eigenen Angaben am 15.01.2006 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

In einer Ersteinvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.01.2006 gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache im Wesentlichen zu seinen Fluchtgründen an, dass er im Jahr 2000 in P. ein Haus eines Serben, der nach Serbien verzogen sei, bezogen habe. Er habe das Haus auch real erwerben wollen. Der Kauf sei jedoch wegen der Unerhältlichkeit erforderlicher Papiere nicht zustande gekommen. Im Jahr 2004 habe er Drohanrufe von einem unbekannten Albaner erhalten, im Jahr 2005 sei er von unbekannten maskierten Albanern zusammengeschlagen worden. Der Beschwerdeführer legte unter anderem einen Studentenausweis der Universität Prishtina vor.

 

Vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, am 16.01.2006 zu seinen Fluchtgründen im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache befragt brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen wie bisher vor, dass er von Albanern wegen des von ihm bewohnten Hauses in P. seit dem Jahr 2004 wöchentliche Drohanrufe bekommen habe. Im August 2005 sei er von zwei unbekannten maskierten Personen wegen des Hauses mit einem Holzstock geschlagen worden sei. Das Haus sei letztlich im Oktober 2005 nach einer Brandstiftung vollkommen ausgebrannt.

 

In der Einvernahme am 24.02.2006 beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache ergänzend an, dass er im Februar 1999 das Haus in P. besetzt und seit November 1999 darin mit seiner Tante L.B. gewohnt habe. Davor habe er im Elternhaus im Dorf V. gewohnt. Im November 1999 habe der Beschwerdeführer den serbischen Hausbesitzer gegen Erhalt einer Zahlungsbestätigung 5000,- Euro für das Haus angezahlt. Weiters sei mündlich vereinbart worden, dass das Haus mit Bezahlung des Gesamtkaufpreises auf den Beschwerdeführer überschrieben werden sollte. Die Zahlungsbestätigung sei beim Brand vernichtet worden. Seit 2004 habe der Beschwerdeführer dann Drohanrufe von Albanern bekommen, dass Haus zu verlassen. Am 00.00.2005 sei er dann von zwei Albanern wegen des Hauses verprügelt worden. Der Beschwerdeführer habe zuerst gedacht, dass die Personen an ihm vorübergehen würden und konnte auf Nachfrage auch das Gesicht eines der beiden Albaner beschreiben. Auf Vorhalt, dass er bisher angegeben habe, dass die Albaner maskiert gewesen seien, gab er nunmehr an, dass nur einer maskiert gewesen sei. Danach sei er von KPS-Polizisten gefunden worden, die lediglich seine Daten aufgenommen hätten. 2005 sei dann das Haus, in dem sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt auch befunden habe, in Brand gesetzt worden. Er habe mit seiner Tante die Feuerwehr verständigt, doch sei das Haus komplett abgebrannt. Danach habe der Beschwerdeführer eine Anzeige beim Polizeihauptgebäude in P. erstattet, wobei er auch befragt worden sei und unter Schock der wahrgenommenen Ereignisse gestanden habe. Der Beschwerdeführer habe danach erneut Drohanrufe erhalten, wonach er getötet werden würde, wenn er in dieser Hausangelegenheit etwas unternehmen würde bzw. auf der Straße gesehen würde. Der Beschwerdeführer wisse nicht, welche Motive hinter den Drohanrufen gestanden seien. Er habe sich nach den Brandanschlag bis Jänner 2006 bei einem Freund in Pri¿tina aufgehalten, wo auch nichts passiert sei.

 

In der Zwischenzeit legte der Beschwerdeführer eine Betätigung des Kosovo Polizeidienstes, wonach eine Frau L.B. am 00.00.2005 wegen einer Brandstiftung an einem Haus in P., wo sie zeitweilig gelebt habe, und das einem derzeit in Serbien wohnhaften Angehörigen der serbischen Minderheit gehört, eine Anzeige erhoben habe. Das Haus sei völlig abgebrannt. Die Ermittlungen seien abgeschlossen und der Akt bei der Staatsanwaltschaft eingereicht.

 

Am 13.06.2008 beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache zu den Umstand befragt, warum in dem vorgelegten Dokument entgegen seinem bisherigen Vorbringen eine Frau L.B. als Anzeigeerstatterin genannt sei, führte der Beschwerdeführer entgegen seiner bisherigen Angaben im Wesentlichen aus, dass er selbst während des Brandanschlages nicht im Haus gewesen sei, jedoch seine Tante. Weiters wies er darauf hin, dass es "das Problem" nicht mehr gäbe, da einige Personen das Grundstück, auf dem das abgebrannte Haus gestanden sei, kaufen hätten wollen, da sich dieses im Zentrum von P. befinde. Hierbei sei es jedoch zwischen einem montenegrinischen und einem lokalen Interessenten zu einem Streit gekommen, wobei letzterer ermordet worden sei. Es habe sich um einen "Konkurrenzstreit" gehandelt. Seine Tante habe mit den beiden Interessenten die Verkaufsverhandlungen geführt, wobei das Grundstück nach wie vor im Eigentum des serbischen Vorbesitzers stehe.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Partei gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und ihr der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg.cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Kosovo nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), wobei gleichzeitig deren Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG. ausgesprochen (Spruchpunkt III.) wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei nicht dartun habe können, dass ihr im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung droht.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist im Wesentlichen mit der Begründung Beschwerde (bis 1.7.2008 Berufung) erhoben, dass das Bundesasylamt bei richtiger Würdigung des Vorbringens zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass der beschwerdeführenden Partei die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

 

2.1. Aufgrund des vom Bundesasylamt durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die beschwerdeführende Partei ist kosovarische Staatsangehörige, gehört der albanischen Volksgruppe an, ist römisch katholischen Bekenntnisses, war zuletzt im Heimatstaat in Pri¿tina wohnhaft. Die beschwerdeführende Partei hat im gesamten Asylverfahren nicht dargetan, dass sie seinerzeit im Heimatstaat aus asylrelevanten Gründen in das Blickfeld von Behörden oder Sicherheitskräfte geraten ist und war auch politisch nicht aktiv. Sie war vor ihrer Flucht keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und ihr droht auch nicht die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Feststellungen des Bundesasylamts zum Herkunftsstaat im angefochtenen Bescheid verwiesen.

 

2.2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die vom Bundesasylamt getroffene Würdigung der Beweise, insbesondere der Aussage der beschwerdeführenden Partei ist umfassend und schlüssig und wird daher auch der gegenständlichen Entscheidung zugrundegelegt (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460).

 

Die in der Beweiswürdigung des Bundesasylamts angeführten Widersprüche in Kernpunkten des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei sind so gravierend, dass kein nachvollziehbarer Grund besteht, die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes in Zweifel zu ziehen. In der Beschwerde wird kein neuer Sachverhalt vorgebracht und werden den Ausführungen des Bundesasylamtes keine konkreten stichhaltigen Argumente entgegengesetzt.

 

Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift nunmehr ausführt, dass er in seiner Einvernahme vom 24.02.2006 augrund von "Kommunikationsschwierigkeiten" nicht alle relevanten Umstände vollständig und in korrekter Reihenfolge schildern hätte können, jedoch in seiner Einvernahme am 13.06.2008 sämtliche fehlerhafte Punkte richtiggestellt habe, ist dies völlig ungeeignet, seine eklatanten Abweichungen in maßgeblichen Punkten seines Vorbringens, insbesondere der Brandlegung an dem angeblich von ihm bewohnten Haus im P., aufzuklären.

 

Zum einem bestätigte der Beschwerdeführer nach Rückübersetzung des Einvernahmeprotokolls vom 24.02.2006 mit seiner Unterschrift die Vollständigkeit und Richtigkeit desselben, und stellte ausdrücklich klar, dass es in der Einvernahme keine Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher gegeben hat.

 

Zum anderem handelte es sich bei der Angabe am 13.06.2008, wonach der Beschwerdeführer beim Brand des Hauses nicht anwesend gewesen sein will, um keine Ergänzung seines Vorbringens, sondern um eine offensichtliche und massive Abweichung zu seinem Vorbringen vom 24.02.2006. Hierbei ist insbesondere auf die anhand des Akteninhaltes zur Gänze nachvollziehbare Beweiswürdigung des Bundesasylamtes zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer laut seinen Angaben am 24.02.2006 zum Brandlegungszeitpunkt nicht nur im Haus gewesen sei, sondern auch die Feuerwehr verständigt habe und bei der Anzeige bei der Polizei noch unter Schock gestanden wäre bzw. das Bild des brennenden Hauses vor sich gehabt hätte. Die davon komplett abweichende Schilderung vom 13.06.2008, die zudem in der Beschwerdeschrift aufrecht erhalten wird, wonach er zum Zeitpunkt des Brandes "gerade für zwei Wochen in Pri¿tina aufhältig" gewesen sei, lässt sich angesichts der ursprünglichen Schilderungen keinesfalls mit unvollständigen Angaben noch einer unkorrekten Reihenfolge erklären.

 

Unabhängig davon ist aber darauf hinzuweisen, dass die angebliche Bedrohung des Beschwerdeführers Privatpersonen zuzurechnen wäre, wobei der Beschwerdeführer ursprünglich nach deren Motiven befragt, keine Angaben machen konnte. Angesichts der weiteren vom Beschwerdeführer behaupteten Entwicklung im Zusammenhang mit den "Konkurrenzstreitigkeiten" um das nunmehr ledige Grundstück kann zudem nur von kriminellen Motiven ausgegangen werden, die auch noch am plausibelsten erscheinen würden. Aber selbst, wenn man den behaupteten Vorfällen um das Haus asylrelevante Motive unterstellen würde, geht aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Anzeigebestätigung wiederum hervor, dass die Polizei auf Betreiben der angeblichen Tante Ermittlungen durchgeführt und den Fall der Staatsanwaltschaft vorgelegt hat. Diese Angaben decken sich mit den im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellungen zu den Sicherheitsorganen im Kosovo, bei denen grundsätzlich sowohl der Wille als auch die Fähigkeit besteht, die Bürger des Kosovo zu schützen. So ergibt sich aus den Feststellungen auch nicht, dass die Tätigkeit der Polizei im Kosovo völlig ohne Effizienz erfolge. Auch werden die konkreten im Bescheid getroffenen, auf nachvollziehbare Quellenangaben gestützten Länderfeststellungen weder bekämpft, noch werden diesen Länderberichte entgegenhalten bzw. auf solche verwiesen, die eine andere, vom Bundesasylamt abweichende Einschätzung der Situation im Herkunftsland der beschwerdeführenden Partei erlauben würden.

 

Eine Überprüfung der Echtheit der vorgelegten Anzeigebestätigung, wie in der Beschwerdeschrift gefordert, erscheint in doppelter Hinsicht nicht notwendig. Selbst bei hypothetisch festgestellter Echtheit ergibt sich aus der Anzeigebestätigung weder eine Beteiligung noch eine Bedrohung des Beschwerdeführers, zum anderem aber unterstreicht die Bestätigung grundsätzlich, wie bereits ausgeführt, die Ermittlungstätigkeit der Polizei im konkreten Fall.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers auch abstrakt betrachtet nicht wirklich geeignet erscheint, darin eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer realen Gefährdung des Beschwerdeführers im Kosovo zu erkennen. So wäre mit der endgültigen Zerstörung des Hauses jegliche Grundlage für die Bedrohung des Beschwerdeführers letztlich weggefallen, da ja seine angeblichen Verfolger nur ein Interesse daran hatten, dass er nicht in dem Haus wohne, was der Beschwerdeführer immer wieder bestätigte. In der Einvernahme vom 13.06.2008 deutete er zudem auch selber nahezu wörtlich an, dass das Problem nicht mehr existieren würde. Dafür spricht auch, dass er offenbar vor und nach dem Brandanschlag in Pri¿tina, wo er auch seit 1999 studierte, problemlos wohnen konnte.

 

2.3. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 4/2008) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofs in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 und 3 Asylgesetz 2005 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat bzw. die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenats geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 i.d.g.F.):

 

2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

 

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 als der die Asylgewährung regelnden Bestimmung wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht (Z.1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

 

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz auch dann abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Gemäß § 11 Abs. 2 AsylG ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

 

2.2. Wie das Bundesasylamt im bekämpften Bescheid zutreffend festgestellt hat und in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt ist, ist es der beschwerdeführenden Partei jedoch während des gesamten Verfahrens nicht gelungen, glaubhaft darzustellen, dass ihr in ihrem Herkunftsland Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

3. Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 i.d.g.F.):

 

3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Im Vergleich zu § 8 Abs. 1 AsylG 1997, der auf § 57 FrG verwies, bezieht sicht § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr direkt auf die EMRK. Die Verbote des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr § 50 FPG 2005) orientierten sich aber gleichfalls an Art 3 EMRK (Vgl. auch VwGH vom 21.09.2000, 98/20/0557) und erweitern ihn um die Todesstrafe, die per se noch keine unmenschliche oder erniedrigende Strafe i.S.d. EMRK darstellt. Angesichts des somit im Wesentlichen identen Regelungsinhalts des bis 31.12.2005 in Kraft stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 1997 im Verhältnis zum nunmehr in Geltung stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - abgesehen vom im letzten Halbsatz des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr enthaltenen zusätzlichen Verweis auf eine eventuelle ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes als weitere mögliche Bedingung für eine Gewährung subsidiären Schutzes - lässt sich die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 8 AsylG 1997 i.V.m § 57 Abs. 1 auch auf die neue Rechtslage anwenden.

 

Gemäß Art 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren und in den Schutzbereich des Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention fallenden Bedrohung glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 02.08.2000, 98/21/0461, zu § 57 FrG 1997; auch VwGH vom 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, 2002/20/0582; VwGH vom 31.05.2005, 2005/20/0095).

 

3.2. Wie bereits bei der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz ausgeführt bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der beschwerdeführenden Partei aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG 2005 vorliegt.

 

3.3. Im gesamten Asylverfahren finden sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG 2005 ausgesetzt sein würde. Dass jedem Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig wäre, kann nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt werden kann weiters, dass es Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde.

 

Weder aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei zu den Gründen, die für die Ausreise maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.08.2001 wird die maßgelbliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. Solche Umstände sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

3.4. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei vermag sohin keine Gefahren i.S.d. § 50 FrG bzw. die Unzumutbarkeit der Rückkehr aufgrund der individuellen konkreten Lebensumstände darzutun. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Zur Ausweisungsentscheidung (§10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 i.d.g.F.):

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG).

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerber liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben (§ 10 Abs. 3 AsylG).

 

4.2. Solche Gründe sind im gesamten Asylverfahren nicht hervorgekommen. Das Bundesasylamt hat die durch Art. 8 Abs. 2 MRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen. In diesem Zusammenhang sei zusätzlich darauf hingewiesen, dass die beschwerdeführende Partei zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Asylantrages, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen ist. Es fehlen auch sonstige Anhaltspunkte für andere soziale Bindungen in Österreich, weswegen die verfügte Ausweisung keinen Eingriff in den Art. 8 EMRK darstellt.

 

5. Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte somit abgesehen werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, kriminelle Delikte, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Streitigkeiten, private Verfolgung, staatlicher Schutz, Volksgruppenzugehörigkeit, Zurechenbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten