D14 247454-1/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Windhager als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Riepl als Beisitzer über die Beschwerde des A.B., geb. 00.00.1982, StA.: Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.02.2004, FZ. 03 37.542-BAE, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde von A.B. vom 01.03.2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.02.2004, FZ. 03 37.542-BAE, wird dieser gem. § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerdeführer, ein der tschetschenischen Volksgruppe angehörender Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gelangte am 09.12.2003 - zusammen mit seiner Ehegattin und seinen Kindern - unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet und beantragte am selben Tag die Gewährung von Asyl. Der Beschwerdeführer wurde hiezu am 06.02.2004 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, niederschriftlich einvernommen.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.2004 in Spruchteil I unter Berufung auf § 7 AsylG 1997 ab;
in Spruchteil II stellte es jedoch fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 nicht zulässig sei;
unter einem wurde dem Beschwerdeführer in Spruchteil III des Bescheides unter Berufung auf § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Gegen diesen am 25.02.2004 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit einem am 01.03.2004 zur Post gegebenen Schriftsatz fristgerecht Beschwerde.
2. Hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 06.02.2004 wird ausdrücklich auf die Wiedergabe im angefochtenen Bescheid verwiesen. Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen vorgebracht, er habe deshalb die Heimatstadt Grosny, somit Tschetschenien und in der Folge die Russische Föderation verlassen, weil sein Vater im Dezember 2002 von russischen Soldaten mitgenommen worden sei, da dieser im Krieg im Jahre 1994-1996 gekämpft habe. Auch sein Bruder
H. sei ebenfalls auf der Flucht vor russischen Soldaten, dieser genannte Bruder habe im zweiten Tschetschenien-Krieg gekämpft. In Tschetschenien herrsche derzeit ein Zustand, wo russische Soldaten jeden mitnehmen, der im Tschetschenienkrieg gekämpft habe, dies beziehe sich auch auf Angehörige. Er selbst habe im Tschetschenienkrieg nicht gekämpft. Auf die Frage, ob er selbst jemals von russischen Soldaten bedroht worden sei, gab der Antragsteller zur Antwort, dass er jedes Mal weggelaufen sei, wenn russische Soldaten gekommen seien, diese würden ihn wegen des Vaters und des Bruders nicht in Ruhe lassen. Es gäbe jeden Monat eine Säuberung, diese russischen Soldaten würden alle 14 Tage bzw. jeden Monat Razzien abhalten, ganze Gegenden würden dabei systematisch durchsucht werden. Mit Gerichten oder der Polizei habe er keine Probleme gehabt, sein Problem habe er mit dem Militär bzw. den russischen Soldaten. Im Fall der Rückkehr befürchte er erneut, dass ihn die russischen Soldaten mitnehmen würden. Um sein Leben zu retten, sei er aus der Heimat geflohen. Erneut schildert der Antragsteller, dass ihn die russischen Soldaten wegen des Bruders und des Vaters mitnehmen würden, dies seien seine Gründe zum Verlassen seiner Heimat Tschetschenien.
Das Bundesasylamt wertete im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Antragstellers als unglaubwürdig. Das Bundesasylamt vermeinte diesbezüglich "Ungereimtheiten" zu erkennen, da der Antragsteller angegeben habe, dass die Russen ihn wegen des Vaters sowie des Bruders nicht in Ruhe lassen würden, andererseits habe er vorgebracht, dass er vor den Russen ständig weggelaufen wäre. Auf die Frage, ob er konkret jemals von russischen Soldaten bedroht worden wäre, habe er erklärt, dass er keiner Bedrohung ausgesetzt gewesen sei, da er ja weggelaufen wäre, wenn russische Soldaten gekommen sind. Auch habe er dargelegt, dass russische Soldaten nicht konkret nach ihm gesucht hätten, sondern diese ganzen Gegenden systematisch durchsucht hätten. Anschließend an diese beweiswürdigenden Überlegungen stellt das Bundesasylamt fest, dass die Begründung des Antrages auch keine Deckung in der GFK finde, weil aus den Angaben keine konkret gegen den Antragsteller gerichteten, staatlichen bzw. quasi-staatlichen Verfolgungen aus asylrechtsrelevanten Gründen ableitbar gewesen seien. Der Antragsteller werde nach eigenen Angaben von den russischen Soldaten wegen des Vaters und des Bruders gesucht, nicht jedoch als eine Person, die sich aktiv an Kampfhandlungen gegen das russische Militär beteiligt habe. Deshalb "komme die erkennende Behörde zu der Ansicht, dass gegen den Antragsteller keine persönliche Verfolgung stattfinde, sondern regelmäßig generelle Razzien durch russische Behörden in Grosny vorgenommen werden und im Zuge dessen Angehörige von gesuchten Personen als Auskunftspersonen verhört werden"(AS 83-85). Die Entscheidung des Bundesasylamtes, dass nämlich die Abschiebung in die Russische Föderation gem. § 8 AsylG nicht zulässig sei, wird im angefochtenen Bescheid ausschließlich dahingehend rechtlich begründet, dass sich für den Antragsteller gegenwärtig ein Abschiebungshindernis in die Russische Föderation ergebe, weil aufgrund der gegenwärtigen Lage in Tschetschenien davon ausgegangen werden könne, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr zumindest einer unmenschlichen Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK ausgesetzt werden würde, in diesem Zusammenhang mit einer Notlage durch den noch immer anhaltenden Zweiten Tschetschenienkrieg (AS 91).
Die Feststellungen zur Russischen Föderation / Tschetschenien, welche im angefochtenen Bescheid vom Bundesasylamt der Entscheidung zugrunde gelegt wurden, beschreiben jedoch (vgl. AS 71-79) ausschließlich die Geschehnisse in den Jahren 1999 bzw. 2000 bzw. enden die Feststellungen mit der Feststellung, dass "im Jänner 2001 als Reaktion auf Korruptionsvorwürfe der russische Präsident PUTIN einen Umbau der Zivilverwaltung eingeleitet habe." Die vom Bundesasylamt hiezu herangezogenen Länderberichten (welche dem Verwaltungsakt nicht inne liegen) beziehen sich wiederum auf eine Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates vom Mai 2001 (!) bzw. auf angebliche Positionspapiere des UNHCR und des deutschen Auswärtigen Amtes, allesamt aus den Jahren 2000 und 2001. (vgl. hiezu AS 79).
II. Zur vorliegenden Beschwerde wurde wie folgt erwogen:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.
2. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
§ 61 Abs. 3 Z. 1 AsylG sieht eine Einzelrichterentscheidung im Fall einer zurückweisenden Entscheidung wegen a) Drittstaatsicherheit gem. § 4 AsylG, b) Zuständigkeit eines anderen Staates gem. § 5 AsylG, c) entschiedener Sache gem. § 68 Abs. 1 AVG, sowie gem. Z. 2 bei einer mit diesen Entscheidungen verbundenen Ausweisung vor.
3. Gemäß § 23 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem AsylG 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 - hier gem. § 44 Abs. 2 AsylG 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 - zu Ende zu führen. zu Ende zu führen.
4.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gemäß § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden.
(...)
Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als ¿unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' iSd
§ 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084).
Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichthofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat
- anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die Vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Einem zurückweisenden Bescheid iSd § 66 Abs. 2 AVG muss (demnach) auch entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. zum Ganzen zuletzt das Erkenntnis vom 20.04.2006, Zl. 2003/01/0285)."
Was für den Unabhängigen Bundesasylsenat bis zum 30.06.2008 zu gelten hatte, gilt nunmehr gleichermaßen für den Asylgerichtshof, zumal dieser nicht - wie der Unabhängige Bundesasylsenat - ein gerichtsähnlicher unabhängiger Verwaltungssenat, sondern ein Gerichtshof ist, dem noch weniger zuzusinnen ist, erstmals mit der ernsthaften Prüfung des Antrages zu beginnen und das gesamte Verfahren von Anbeginn an durchzuführen.
5. Vorab ist zu erwähnen, dass die beweiswürdigenden Überlegungen des Bundesasylamtes zum individuellen Vorbringen, welche im wesentlichen aus einer nochmaligen Wiederholung der Angaben des Antragstellers bestehen, nicht zur Gänze nachvollziehbar sind, zumal der Antragssteller quer durch die erstinstanzliche Einvernahme darlegt, dass die ihm aus seiner Sicht bedrohenden Verfolgung daraus resultiere, dass einerseits regelmäßige "Säuberungen" und damit einhergehende allgemeine Durchsuchungen stattfinden würden, von denen tatsächlich jeder tschetschenische Bewohner der Teilrepublik betroffen wäre, andererseits befürchtet der Antragsteller jedoch, dass ein gesteigertes Interesse an seiner Person darin bestünde, weil der Vater und der Bruder in der Vergangenheit sich an Kampfhandlungen gegen das russische Militär beteiligt hätten. Sofern das Bundesasylamt - AS 85 - daraus schließt, dass der Antragsteller keine individuelle Verfolgung zu befürchten habe, da bei diesen Razzien durch russische Behörden nur Angehörige von gesuchten Personen verhört werden würden, ist nicht erkennbar, woraus das Bundesasylamt seine Erkenntnis schöpft, dass diese "Verhöre" nicht zu den vom Antragsteller befürchteten Konsequenzen führen würden, dass nämlich auch dem Antragsteller als einem Angehörigen von gesuchten Personen wegen unterstellter politischer Gegnerschaft asylrelevante Verfolgung drohen könnte (zur Relevanz vgl. VwGH vom 25.11.1999, Zl. 98/20/0557). Dass männliche Angehörige von gesuchten Kämpfern einzig mit "Verhören" bedroht wären, darüber hinausgehende massivere Konsequenzen jedoch nicht zu befürchten wären, ist mit dem Vorbringen des Antragstellers nicht übereinstimmend und lässt sich auch aus den allgemeinen Feststellungen nicht ableiten, inwiefern die Behörde auf dieses Ergebnis kommen könnte. Aus den sonstigen Angaben des Antragstellers, dass er deshalb keiner individuellen Bedrohung ausgesetzt gewesen sei, da er ja bei den stattgefunden Razzien "stets weggelaufen" wäre, kann eine Widersprüchlichkeit im individuellen Vorbringen nicht erkannt werden und unterlässt das Bundesasylamt in der Beweiswürdigung zudem jeglichen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme stets darauf hingewiesen hat, dass er erkennbar gar nicht ständig an der Wohnadresse aufhältig gewesen sein will.
Insbesonders ist jedoch festzuhalten, dass sich das Bundesasylamt in der gegenständlichen Entscheidung ausschließlich auf Quellen gestützt hat, die zum Zeitpunkt der Entscheidung keinesfalls aktuell waren, da, wie dargelegt, insbesonders Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes aus den Jahren 2000-2001 bzw. Auskünfte des UNHCR, ebenfalls mit den Jahren 2000-2001 datierend, der Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Es entspricht der langjährigen Judikatur der Höchstgerichte, dass auch das Bundesasylamt im Hinblick auf § 28 AsylG verpflichtet ist, sich mit aktuellen, somit nicht Jahre zurückliegenden Länderberichten auseinanderzusetzen und diese aktuellen Berichte auch der Entscheidung zugrunde zu legen, was im gegenständlichen Fall, wie dargestellt, nicht geschehen ist.
Weiters ist die Entscheidung des Bundesasylamtes auch deshalb von großer Widersprüchlichkeit gekennzeichnet, als das Bundesasylamt im Rahmen der Feststellungen - AS 77 - erkennbar davon ausging, dass es einem aus Tschetschenien intern Vertriebenen jederzeit möglich sei, etwa in einer der Nachbarrepubliken Zuflucht zu finden bzw. sei "auch im Hinblick auf die obigen Feststellungen im Gebiet der gesamten Russischen Föderation eine interne Fluchtalternative, sollte im konkreten Heimatort ein Verbleib tatsächlich unmöglich sein, gegeben." Warum jedoch das Bundesasylamt in weiterer Folge dem Beschwerdeführer Refoulement-Schutz eingeräumt hat und diese Entscheidung damit begründet wurde, dass im Fall der Rückkehr in die Russische Föderation von einer Notlage durch den noch immer anhaltenden Tschetschenien-Krieg auszugehen sei und deshalb die Abschiebung in die gesamte Russische Föderation nicht zulässig sei, ist widersprüchlich und aus dem Bescheidinhalt des Bundesasylamtes nicht nachvollziehbar.
Das Bundesasylamt ist weiters darauf hinzuweisen, dass aktuelle Quellen zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung ein ganz anderes Bild ergeben hätten, da etwa das Auswärtige Amt Berlin in seinem Länderbericht zur Russischen Föderation (Tschetschenien) vom 16.02.2004, S. 18-19, ganz massive Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Propiska-System für intern vertriebene Staatsbürger der Russischen Föderation aufzeigt, weshalb beispielsweise "nach Moskau zurückgeführte Tschetschenen deshalb in der Regel nur dann eine Chance auf Aufnahme haben, wenn sie auf ein Netzwerk von Bekannten oder Verwandten zurückgreifen können". Im genannten Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes wird eine legale Niederlassung und Registrierung in anderen Landesteilen der Russischen Föderation nur dann für möglich angenommen, wenn familiäre Bindungen bestehen, andernfalls droht unter Umständen auch die Verweigerung der Registrierung. UNHCR vertrat zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung in seinen aktuellen Positionspapieren im Gegensatz zu den Feststellung des Bundesasylamtes eindeutig die Auffassung, dass es eine für TschetschenInnen dauerhafte Niederlassungsbewilligung in anderen Teilen der Russischen Föderation nicht gäbe, was beispielsweise vom Bundesasylamt auch im Jahre 2004 etwa im Bericht über das Eurasil-Treffen im Juli 2004 in Positionspapieren festgehalten wurde.
Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Bundesasylamt - unter Einbeziehung aktueller Länderberichte zu Russland bzw. zur Tschetschenischen Teilrepublik - die Einvernahme des Beschwerdeführers zu ergänzen haben, sodass die erste Vorraussetzung für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im gegenständlichen Fall erfüllt ist.
Der zuständige Senat des Asylgerichtshofs kommt daher zur Ansicht, dass die dargestellten Mängel vom Bundesasylamt im fortgesetzten Verfahren zu sanieren sind, wobei zu berücksichtigen war, dass die neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers dezentral durch eine Außenstelle des Bundesasylamtes erfolgen kann und darüber hinaus die derzeitige Aktenbelastung des Bundesasylamtes erkennbar eine weitaus geringere als jene des Asylgerichtshofs ist. Besondere Gründe, die gegen eine Zurückverweisung der Angelegenheit i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG sprechen, sind für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofs nicht erkennbar.