E2 222.560-2/2008-6E
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. FAHRNER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Birngruber über die Beschwerde des M. H., geb. 00.00.1979, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.05.2001, FZ. 00 14.143-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates 29.04.2004, GZ 222.560/0-XI/33/01, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens wird gemäß § 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz abgewiesen.
BEGRÜNDUNG :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1.1. Der nunmehrige Wiederaufnahmewerber ist Staatsangehöriger des Iran und war am 15.10.2000 gemeinsam mit seinem Bruder E. H. illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Am 16.10.2000 stellten sowohl M. H. als auch sein Bruder einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.05.2001, Zl. 00 14.143-BAS, wurde der Asylantrag des nunmehrigen Wiederaufnahmewerbers gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran gemäß § 8 Asylgesetz für zulässig erklärt. In Erledigung der Berufung vom 15.05.2001 wies der Unabhängige Bundesasylsenat, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, diese gemäß §§ 7, 8 Asylgesetz mit Bescheid vom 29.04.2004, GZ. 222.560/0-XI/33/01, ab. Dieser Bescheid erwuchs am 03.05.2004 in Rechtskraft.
1.2. Mit Beschluss vom 29.03.2007, Zl. 2004/20/0203-9, lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde des nunmehrigen Wiederaufnahmewerbers gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates ab.
1.3. Mit Schriftsatz vom 08.07.2008 brachte der Wiederaufnahmewerber einen Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens gemäß § 69 Absatz 1 Ziffer 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz beim Bundesasylamt - Außenstelle Salzburg ein. Diesen Wiederaufnahmeantrag begründete der Wiederaufnahmewerber mit dem Erhalt einer DVD, welche ihm am 27.06.2008 zugegangen sei. Durch diese DVD könne die Zugehörigkeit des Wiederaufnahmewerbers zum Kaderi-Orden bewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden. Die Abweisung seines Asylantrages sei nämlich im Wesentlichen damit begründet worden, dass dem Wiederaufnahmewerber eine solche Zugehörigkeit nicht geglaubt wurde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Zuständigkeit des erkennenden Senats:
Gemäß § 75 Abs. 7 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 4/2008, sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
[...]
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
[...]
Im Rahmen der Interpretation des § 75 Abs. 7 AsylG ist mit einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG). Der in der genannten Übergangsbestimmung erwähnte 1. Juli 2008 ist im Sinne dieser genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.
Nunmehr handelt es sich bei dem gegenständlichen Wiederaufnahmeverfahren, welches am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig war, zwar um keines gegen einen abweisenden Bescheid, sondern um ein solches, für welches der Unabhängige Bundesasylsenat als "weiterer unabhängiger Verwaltungssenat" iSd Art. 129c Abs 1 B-VG idF BGBl I Nr.100/2005 gemäß § 69 Abs. 4 AVG zur Entscheidung zuständig war.
Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation der Bestimmung des § 75 Abs. 7 AsylG ist jedoch auch hier auf Art. 151 Abs. 39 Z 1 und Z 4 B-VG Bedacht zu nehmen, wonach der bisherige unabhängige Bundesasylsenat mit 01.07.2008 zum Asylgerichtshof wird und alle am 01.07.2008 bei letzterem anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen sind.
II.2. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt.
Da der Wiederaufnahmewerber seinen Asylantrag auf welchen sich der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bezieht am 16.10.2000 gestellt hat, kommt im gegenständlichen Verfahren das Asylgesetz 1997 zur Anwendung.
Wie § 23 AsylGHG bestimmt, sind soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
II.3. Gem. § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens dann stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Nach § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Gemäß § 69 Abs. 3 AVG kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.
II.4. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten. Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wieder aufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber wenn es sich erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt ("nova causa superveniens") (VwSlg. 15. 445 A/1928, VwGH vom 18.12.1996, Zl 95/20/0672; Walter-THIENEL, Verwaltungsverfahren², 1492 mit weiteren Hinweisen). Mit Tatsachen sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit Beweismitteln Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint (VwGH vom 19.04.1995, 90/07/0124).
II.5. Zur Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages:
Der vom rechtsfreundlichen Vertreter gestellte Wiederaufnahmeantrag erweist sich im Lichte des § 69 Abs. 2 AVG als nicht rechtzeitig. Als Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Wiederaufnahmegrundes ist der 27.06.2008 (Zugang der DVD an den Antragsteller) anzusehen. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde am 08.07.2008 bei der Erstbehörde eingebracht. Damit ist zwar die zweiwöchige "subjektive" Frist gewahrt, etwas Anderes gilt jedoch für die dreijährige "objektive" Frist. Da das ursprüngliche Verfahren am 03.05.2004 rechtskräftig abgeschlossen wurde, ist der in § 69 Abs. 2 AVG genannten 3-Jahres-Frist nicht Genüge getan.
Das mit Bescheid des UBAS vom 29.04.2004, GZ. 222.560/0-XI/33/01 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren war daher gemäß § 69 AVG nicht wieder aufzunehmen und somit spruchgemäß zu entscheiden.
II.6. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d AVG unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens geklärt war.