TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/23 B4 307208-4/2008

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Veröffentlicht am 23.09.2008
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Spruch

B4 307208-4/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde des M. M. , geboren am 00.00.1979, montenegrinischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 7.8.2008, Zl. 06 04.612-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 10 des Asylgesetzes 2005 (AsylG) abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer stellte am 28.4.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

 

2. Am 3.5.2006 und am 4.10.2006 beim Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen einvernommen, brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor: Er sei Staatsangehöriger von "Serbien-Montenegro", gehöre der bosniakischen Volksgruppe an, sei muslimischen Glaubens und stamme aus dem in der montenegrinischen Gemeinde Rozaje gelegenen Ort XY. Er sei als Bewohner des Sandzak gegen die Abspaltung Montenegros von Serbien gewesen und habe an größeren politischen "Meetings" teilgenommen. Deshalb sei er von der Polizei festgenommen und mehrmals misshandelt worden. Man habe ihn zwingen wollen, beim Referendum für die Trennung zu stimmen. Dabei sei er von der Polizei mit dem Umbringen bedroht worden. Auf den Vorhalt, ob der Beschwerdeführer nicht aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen sei, meinte dieser, dass dies nicht der Fall sei; seine Familie habe sehr viel Wald, seine Vater bekomme eine Pension und sein Bruder habe gearbeitet. Zu in Österreich, (sonst) in der EU, in Norwegen oder in Island lebenden Verwandten befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass ein Onkel mütterlicherseits von ihm seit ca. 10 Jahren in Österreich lebe; mit diesem telefoniere er regelmäßig. Der Onkel verbringe jeden Sommer in Rozaje, da hätten sie sich sehr oft gesehen. Der Beschwerdeführer sei von seinem Onkel nicht finanziell abhängig. Zum Nachweis seiner Identität legte der Beschwerdeführer einen am 00.00.2006 in Rozaje ausgestellten montenegrinischen Personalausweis vor.

 

3. Mit Bescheid vom 23.10.2006, Zl. 06 04.612-BAG, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab und erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten nicht zu, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Montenegro nicht zu und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Montenegro aus.

 

4. In Erledigung der dagegen erhobenen Berufung hob der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 29.10.2007, Zl. 307.208-C1/2E-XVII/55/06, den genannten Bescheid des Bundesasylamtes auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Begründend hielt der unabhängige Bundesasylsenat fest, dass das Bundesasylamt in seiner Argumentation, weshalb es das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig erachte, auf den "Informationsstand des Bundesasylamtes" verwiesen habe, ohne dass der Niederschrift der Einvernahme oder den Feststellungen zum Herkunftsstaat im Bescheid entnommen werden könne, woher dieser "Informationsstand" stamme.

 

5. Im fortgesetzten Verfahren richtete das Bundesasylamt eine Anfrage an die österreichische Botschaft in Podgorica, in der es diese ersuchte zu ermitteln, ob vor der Abspaltung Montenegros von Serbien Gegner dieser Abspaltung in der Gemeinde Rozaje im Sandzak von der Polizei verfolgt, geschlagen oder auch festgenommen worden seien und mit welchen Problemen Abspaltungsgegner bei einer Rückkehr nach Montenegro rechnen müssten; weiters möge die Botschaft konkrete Nachforschungen betreffend die Familie des Beschwerdeführers vornehmen.

 

6. In der am 22.11.2007 beim Bundesasylamt eingelangten Anfragebeantwortung der genannten Botschaft wird im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Es sei sehr unwahrscheinlich, dass Gegner der Unabhängigkeit Montenegros aufgrund ihrer Gesinnung mit Verfolgung durch die Polizeibehörden rechnen müssten. Sollte es aber in individuellen Fällen dennoch zu Drangsalierungen kommen, wäre dies auf ein individuelles Fehlverhalten einzelner Polizeibeamten zurückzuführen. Allerdings komme es derzeit vor, dass politisch aktive Regierungsgegner, wozu auch der Großteil der Unabhängigkeitsgegner zu rechnen seien, vereinzelt Benachteilungen und teilweise Schikanen verschiedenster Art (zB in ihrer Geschäftsausübung oder bei der Arbeitssuche) ausgesetzt seien. Erkundigungen beim in Rozaje ansässigen Präsidenten des Montenegrinischen Juristenkomitees zum Schutz der Menschenrechte hätten ergeben, dass beim Komitee keine Fälle von Amtsmissbrauch oder Verfolgung von politischen Aktivisten der bosniakischen Polizei oder anderen Parteien durch die Polizei in dieser Region registriert worden seien. Auch sei dem Komitee kein einziger Bürger, der einen solchen angezeigt haben könnte, bekannt. Im Gegenteil habe sich die Polizei in Rozaje im Vorfeld des Unabhängigkeitswahlkampfes 2006 sehr korrekt verhalten. Das Komitee verfüge über keinerlei Angaben dahingehend, dass ein M. M. im Jahr 2006 festgenommen und misshandelt worden sei, wobei ein derartiger Fall aufgrund der Überschaubarkeit des Ortes Rozaje und der Ereignisse, die dort stattfänden, dem Komitee bekannt sein müsste.

 

7. Am 4.1.2008 abermals vom Bundesaylamt einvernommen, wurde dem Beschwerdeführer die Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft Podgorica vorgehalten. Der Beschwerdeführer gab an, dass diese nichts mit der Sache zu tun habe. Er wisse, was mit ihm passiert sei. "Dokumente und Beweise" könne er nicht besorgen; ebenso wenig könne er hinsichtlich der Vorfälle Zeugen anführen. Er habe keine Zeit gehabt, um Dokumente mitzunehmen.

 

8. Mit Erledigung vom 7.1.2008, Zl. 06 04.612-BAG, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nach den gleichen Gesetzesbestimmungen ab wie in dem unter Punkt 3. dargestellten Bescheid; Gleiches gilt für die Ausweisung.

 

9. In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, dass er seit der Einbringung der Berufung vom 30.10.2006 von RA Mag. Leopold ZECHNER vertreten werde. Das Bundesasylamt habe diese Vertretung aber außer Acht gelassen und den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers weder zur Einvernahme vom 4.1.2007 geladen noch ihm das Protokoll dieser Einvernahme zugestellt und ihm auch nicht die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.

 

10. Mit Bescheid vom 4.2.2008, Zl. 307.208-2/2E-XIII/66/08, wies der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung des Beschwerdeführers gegen die genannte Erledigung des Bundesasylamtes vom 7.1.2008 als unzulässig zurück. Begründend führte der unabhängige Bundesasylsenat aus, dass die Erledigung dem Beschwerdeführer nicht rechtswirksam zugestellt worden sei und daher ein Bescheid nicht vorliege.

 

11. Daraufhin stellte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer einen mit der Erledigung des Bundesasylamtes vom 7.1.2008 gleichlautenden, vom 19.2.2008 datierenden und (ebenfalls) die Zl. 06 04.612-BAG aufweisenden Bescheid zuhanden seines Rechtsvertreters zu.

 

12. In Erledigung der dagegen erhobenen Berufung hob der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 5.5.2008, Zl. 307.208-3/2E-XIII/66/08, den Bescheid des Bundesasylamtes auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. In der Begründung hielt er fest, dass es das Bundesasylamt unterlassen habe, den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zu dessen Einvernahme am 4.1.2007 zu laden und dennoch die Ergebnisse dieser Einvernahme im Bescheid verwertet habe.

 

13. Am 1.7.2008 wurde der Beschwerdeführer nun in Anwesenheit seines Rechtsvertreters vom Bundesasylamt einvernommen. Auf Vorhalt der Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft Podgorica gab er an, dass "denen" (gemeint wohl das oa. Montenegrinische Juristenkomitee zum Schutz der Menschenrechte) die ihn betreffenden Vorfälle sehr wohl bekannt seien; "[s]ie können schreiben, was sie wollen." Der Beschwerdeführer habe gewollt, dass seine Mutter eine Bestätigung schicke, dass er gesucht werde. Die Polizei in Rozaje habe ihr aber nichts ausstellen wollen. Überdies wurde dem Beschwerdeführer eine dreiwöchige Frist eingeräumt, um zur genannten Anfragebeantwortung sowie zu den Sachverhaltsannahmen des Bundesasylamtes zur Lage in Montenegro Stellung zu nehmen. Eine derartige Stellungnahme wurde in der Folge nicht erstattet.

 

14. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), wies gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Montenegro ab (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Montenegro aus (Spruchpunkt III.). In der Begründung traf das Bundesasylamt unfangreiche Feststellungen zur Situation in Montenegro. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen erachtete das Bundesasylamt für unglaubwürdig, wobei es auf seine vagen und wenig detailreichen Angaben sowie auf die Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft Podgorica hinwies. Zur Abweisung des Antrages in Hinblick auf den Status eines subsidiären Schutzberechtigten hielt das Bundesasylamt überdies fest, dass in Montenegro keine derart extreme Gefahrenlage bestehe, dass jeder, der dorthin zurückkehre, eine Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt wäre. Auch sei der Beschwerdeführer ein arbeitsfähiger Mann, bei dem eine Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben grundsätzlich vorausgesetzt werden könne. Abschließend begründete das Bundesasylamt seine Ausweisungsentscheidung.

 

15. Gegen alle drei Spruchpunkte dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wird zunächst jenes Vorbringen wiederholt, das der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 10.11.2006 erstattet hatte; dort war ausgeführt worden, dass sich viele im Sandzak lebende Muslime gegen die Unabhängigkeit Montenegros ausgesprochen hätten, da dadurch der Sandzak als Ganzes sowie insbesondere der südliche Teil des Sandzak, in dem die Mehrzahl der muslimischen Einwohner der Region lebten, geteilt würde, und dass dies der Anlass für diverse Agitationen sowie die vom Beschwerdeführer angesprochenen Versammlungen und Polizeirepressalien gewesen sei. Weiters wird gerügt, dass es dem Beschwerdevertreter "trotz intensiver Internetrecherche" nicht gelungen sei, die in der Anfragebeantwortung genannte Stelle - das Montenegrinische Juristenkomitee zum Schutz der Menschenrechte - ausfindig zu machen. Eine nähere Konkretisierung dieses "angeblichen" Komitees bzw. des Namens und der Anschrift von dessen "Präsidentin" fehlten sowohl in der Anfragebeantwortung als auch im bekämpften Bescheid; daher sei das Ergebnis der Anfrage mangels Überprüfbarkeit nicht verwertbar. Zwar habe der Beschwerdeführer innerhalb der aufgetragenen Frist keine Stellungnahme erstattet, dies sei ihm aber mangels Überprüfbarkeit der Existenz bzw. der politischen Einordnung des angesprochenen Komitees nicht möglich gewesen, weshalb auch eine verspätete Stellungnahme zulässig sei.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen an, die das Bundesasylamt zum Sachverhalt getroffen hat. Denn das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Auch ist die Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Soweit die Beschwerde rügt, das Ergebnis der Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft Podgorica hätte "mangels Überprüfbarkeit" nicht verwertet werden dürfen, ist ihr zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer von der ihm vom Bundesasylamt eingeräumten Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht hat und überdies bereits eine einfache Internetrecherche durch den Asylgerichtshof (mit dem Suchbegriff: "montengrin committee lawyers") eine Seite (und zwar http://www.humanrightspoint.si/node/25) mit den von der Beschwerde vermissten Daten der in der Anfragebeantwortung genannten Organisation ergeben hat; Hinweise auf die Organisation bringt im Übrigen auch eine Abfrage mit dem Suchbegriff "Crnogorski komitet pravnika".

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

2.1.2. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.1.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

2.1.3.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf internationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Kern nicht von jenen, nach denen dies nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (in der Folge: AsylG 1997) idF der AsylGNov. 2003 (entspricht § 8 AsylG 1997 in der Stammfassung) iZm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 BGBl I 75 (in der Folge: FrG) zu geschehen hatte; sie gehen allenfalls darüber hinaus. (Dagegen gibt es in der neuen Rechtslage keine Entsprechung zu den Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 iZm § 57 Abs. 2 FrG, also dem zweiten Absatz dieser Bestimmung.) Deshalb kann zur Auslegung insoweit grundsätzlich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden. Die Rechtsprechung zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG 1997 iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

2.2.1. Zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist festzuhalten, dass es ihm nicht gelungen ist, eine seinem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen.

 

2.2.2. Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine asylrechtlich relevante Gefahr im Sinne der GFK darzutun, scheidet auch die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein aus.

 

Weiters sind derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, nicht ersichtlich (vgl. zu Art. 3 EMRK etwa. VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443). Festzuhalten ist dabei, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt angeben hat, er habe Montenegro nicht aufgrund wirtschaftlicher Probleme verlassen. Überdies ist die Beschwerde dem Argument des Bundesasylamtes, der Beschwerdeführer sei ein arbeitsfähiger Mann, bei dem eine Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben grundsätzlich vorausgesetzt werden könne, nicht entgegengetreten.

 

Damit liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 EMRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Bei der Abwägung, die durch Art. 8 EMRK vorgeschrieben wird, stehen die Interessen des Fremden an seinem Verbleib im Inland, die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt sind, dem öffentlichen Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes 17.3.2005, G 78/04 ua., (S 47) zur Vorgängerbestimmung des § 10 AsylG (nämlich § 8 Abs. 2 AsylG 1997) beabsichtigt der Gesetzgeber, "durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern". Dem in § 37 FrG verankerten Ausweisungshindernis durfte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Bedeutung unterstellt werden, "es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen" (VwGH 22.3.2002, 99/21/0082 mwN). Nichts anderes kann aber für die durch das AsylG vorgeschriebene Abwägung gelten, hat doch der Verfassungsgerichtshof (zu § 8 Abs. 2 AsylG 1997) ausgesprochen (VfGH 17.3.2005, G 78/04 ua., S 50): "§ 37 FrG legt [...] Kriterien fest, die sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [...] zu Art. 8 EMRK in Fällen der Außerlandesschaffung eines Fremden ergeben und die von den Asylbehörden bei Ausweisungen nach § 8 Abs. 2 AsylG, auch wenn sie dort nicht genannt sind, zu beachten sind."

 

2.3.2. Das Bundesasylamt hat die durch Art. 8 Abs. 2 EMRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes an. Dem Argument des Bundesasylamtes, es liege im Fall des Beschwerdeführers kein schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK vor, ist die Beschwerde nicht entgegengetreten. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Asylantrages, der zu keinem Zeitpunkt begründet war, berechtigt gewesen ist (vgl. mit ähnlichen Überlegungen zu Ausweisungen nach § 33 Abs. 1 FrG zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, NNYANZI v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Schließlich gibt es keine Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
30.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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