C7 313747-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Hat als Vorsitzende und den Richter Mag. Felseisen als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des Z.L., geb. 00.00.1973, StA. China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.07.2007, FZ. 07 00.888-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, stellte am 25.01.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.01.2007 brachte er vor, dass sein langjähriger Arbeitgeber ihm und anderen Belegschaftsmitgliedern acht Monate lang das Gehalt schuldig geblieben sei. Außerdem seien sie auch nicht mehr sozialversichert gewesen. Sie hätten gegen diese Behandlung protestiert und eine Verkehrsblockade gemacht. Die Polizei sei daraufhin eingeschritten. Dem Beschwerdeführer sei aber die Flucht gelungen.
Am 29.01.2007 wurde der Beschwerdeführer einer Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, unterzogen. Er gab bezüglich seiner Fluchtgründe an, dass ihm und seinen Arbeitskollegen seit 2005 nicht mehr der volle Lohn ausbezahlt worden sei. Im Juli 2006 habe er schließlich einen Job in einer Druckerei begonnen. Befragt, weshalb der Beschwerdeführer von der Polizei gesucht werde, brachte er vor, dass er und seine Arbeitskollegen im Oktober 2006 zur Stadtregierung gegangen seien, um sich wegen der nicht ausbezahlten Gehälter zu beschweren. Da die Stadtregierung nichts in der Sache unternehmen wollte, hätten sie eine Straßenblockade organisiert, woraufhin dann die Polizei gekommen sei. Es sei zu einer Schlägerei gekommen und die Polizei hätte drei Arbeiter verhaftet, welche der Beschwerdeführer namentlich nannte. Im November 2006 sei die Polizei dann zum Haus des Beschwerdeführers gekommen, um ihn zu verhaften, jedoch sei er nicht zu Hause gewesen. Daraufhin sei er geflüchtet.
Bei seiner zweiten am 09.07.2007 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er von Oktober 2005 bis Dezember 2005 sowie von Februar 2006 bis Juli 2006 kein Gehalt ausbezahlt bekommen habe. Er habe sich daher mit etwa 70 bis 80 Betroffenen zusammengeschlossen und sie seien insgesamt fünf Mal zur Stadtregierung gegangen, um sich zu beschweren. Eine konkrete Adresse konnte der Beschwerdeführer nicht angeben. Im Oktober oder November 2006 sei dann die Polizei zum Haus des Beschwerdeführers gekommen. Wie viele Personen anlässlich der Straßenblockade festgenommen worden seien, wisse der Beschwerdeführer nicht. Weiters führte der Beschwerdeführer an, dass anlässlich der Straßenblockade vier Polizisten verletzt worden seien. Er selbst habe einen Polizisten verletzt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.07.2007 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG der Status des subsidiären Schutzberechtigten im Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach China ausgewiesen.
Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben (u.a. AA, Oktober 2006; Asylbericht ÖB, Sept. 2006) zur allgemeinen Lage in China. Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet (Seiten 16 bis 18 des Erstbescheides): Der Beschwerdeführer habe widersprüchliche Angaben bezüglich der von ihm behaupteten ausständigen Gehaltszahlungen sowie bezüglich des von ihm angegebenen Protestes bei der Stadtregierung gemacht. Weiters habe der Beschwerdeführer erst in der Einvernahme vom 09.07.2007 angegeben, einen Polizisten mit einem Faustschlag im Gesicht verletzt zu haben, was zeige, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen lediglich zur Asylerlangung gesteigert habe. Dasselbe gelte für die Behauptungen des Beschwerdeführers, wonach dieser insgesamt fünf Mal bei der Stadtregierung gegen die ausstehenden Gehaltszahlungen protestiert habe.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.
II. Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
1. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet, durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat insgesamt zwei Einvernahmen des Beschwerdeführers durchgeführt und ihn konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, insbesondere in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens, keine konkreten Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen der Beschwerdeinstanz geboten hätte. In der Beschwerdeschrift wurde der Beweiswürdigung zwar insofern entgegengetreten, als es sich bei den angeführten Widersprüchen um unerhebliche Widersprüche handeln würde, welche in Wahrheit nicht existieren, jedoch vermag diese allgemein gehaltene Begründung angesichts der Schwere der Widersprüche (Festnahme von drei namentlich genannten Arbeitern in der ersten Einvernahme am 29.01.2007 - keine Angaben zur Anzahl und Identität der festgenommenen Demonstranten in der zweiten Einvernahme am 09.07.2007) und weiterer aufgezeigter unbestrittener Unglaubhaftigkeitselemente (nachgeschobene Verletzung des Polizisten), nicht zu überzeugen, die schlüssige Beweiswürdigung der Erstbehörde gesamthaft in Zweifel zu ziehen und eine nochmalige Erörterung erforderlich erscheinen zu lassen; insofern geht aufgrund der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers auch das Vorbringen einer drohenden Inhaftierung und Folter in Umerziehungslagern ins Leere und erscheint unter diesem Gesichtspunkt auch die Einholung eines Sachverständigengutachten nicht geboten. Der Sachverhalt stellt sich somit auch unter Berücksichtigung des Beschwerdeschriftsatzes weiterhin als geklärt dar. Ferner sind nach Ansicht des Asylgerichtshofs die von der Erstbehörde getroffenen Länderfeststellungen für den konkreten Fall, insbesondere im Hinblick auf die schlüssig begründete mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens, ausreichend.
Dass sich seit der Erlassung des Erstbescheides in China allgemein eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem konkreten Fall (gänzliche Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens) verneint werden und stellt sich die Lage in China seit Jahren im Wesentlichen unverändert dar, wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage, u.a durch Einschau in den Folgebericht des AA (Februar 2008), - im Interesse des Beschwerdeführers - versichert hat.
3. Der Asylgerichtshof geht wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist, dies insbesondere aufgrund der widersprüchlichen, nicht einheitlichen und nicht plausiblen Darstellung seiner Fluchtgründe wie seiner unterschiedlichen Angaben zu den im Rahmen der Blockade festgenommenen Personen oder zum Vorliegen eines Haftbefehls, wie noch im Sinne einer Randbemerkung zu ergänzen ist, sowie der im Laufe der Einvernahmen vorgenommenen Steigerung der Fluchtgründe (fünfmaliger Protest, Verletzung eines Polizisten).
4. Auch die Erwägungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung in China nicht möglich und zumutbar sein sollte, wie es ihm auch vor seiner Ausreise möglich war. Gegenteiliges konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darlegen und kann auch von Amts wegen nicht davon ausgegangen werden, lassen doch die Länderberichte keinesfalls den Schluss zu, dass Staatsangehörigen der Volksrepublik China generell in China die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Zudem leben nach seinen eigenen Aussagen, welche diesbezüglich auch nicht in Zweifel gezogen wurden, sein Vater, seine Tochter und seine Schwester in China, sodass er bei einer Rückkehr über ein soziales Netz in seinem Heimatland verfügt. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen. Auch sonst haben sich keine Art. 3 EMRK relevanten Hindernisse, nach China zurückzukehren, ergeben bzw. wurde kein Art. 3 EMRK relevantes Hindernis geltend gemacht.
Auch liegen im individuellen Fall angesichts dessen, dass weder eine illegale Ausreise wegen Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtvorbringen als solche festgestellt werden kann, noch wegen der Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe ein besonderes Interesse an der Person des Beschwerdeführers als gegeben angenommen werden könnte (diesbezüglich wird auf die Länderfeststellungen zu Rückkehrfragen im erstinstanzlichen Bescheid, Seiten 15, 16, verwiesen), keine über die bloße Möglichkeit hinausgehenden stichhaltige Gründe vor, die dafür sprechen würden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückführung in die Volksrepublik China wegen seiner Ausreise Probleme im Sinne eines realen Risikos einer unmenschlichen Behandlung drohen würden.
5. Ebenso ist die Ausweisungsentscheidung in Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides zu bestätigen. Die Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunke, seine Familie lebt in China. Eine nähere Prüfung des Privatlebens des Beschwerdeführers als Asylwerber ist nach der jüngsten EGMR Judikatur in der Regel nicht erforderlich, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann (vgl. zur Interessensabwägung zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Selbst bei Prüfung des Vorliegens eines Privatlebens im Sinne der bisherigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte (vgl. VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07) wären im Fall des Beschwerdeführers keine Hinweise auf eine sonstige außergewöhnliche schützenswerte Integration in Österreich erkennbar, dass allein aus diesem Grunde die Ausweisung für unzulässig zu erklären wäre, dies unter Berücksichtigung einer zum Entscheidungszeitpunkt etwa eineinhalbjährigen Aufenthaltsdauer (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet regelmäßig keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet).
4. . Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Auch entspricht das Vorbringen des Beschwerdeführers, wie dargelegt, offenkundig nicht den Tatsachen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.