C7 318855-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Hat als Vorsitzende und den Richter Mag. Felseisen als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des Y. A., geb. 00.00.2008, StA. China, vertreten durch seine Mutter Y.X., gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.04.2008, FZ. 08 01.984-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, stellte am 26.02.2008, vertreten durch seine Mutter, gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Seine Mutter (GZ. 259.853), welche bereits am 18.12.2003 einen Asylantrag in Österreich stellte - wurde am 11.02.2004 einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt unterzogen. Sie machte im Wesentlichen eine staatliche Verfolgung in China aufgrund ihrer Falun Gong-Mitgliedschaft geltend. Bezüglich des Antrages auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde die Mutter des Beschwerdeführers am 31.03.2008 niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen. Sie gab an, dass der Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe habe. Bezüglich des Vaters des Beschwerdeführers brachte sie vor, dass sie mit diesem nicht in gemeinsamem Haushalt wohne und dass sich dieser illegal in Österreich aufhalte. Sie habe nur fallweise Kontakt mit ihm.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.04.2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG der Status des subsidiären Schutzberechtigten im Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach China ausgewiesen.
Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben (u.a. AA, Oktober 2006; Asylbericht ÖB, Mai 2007) zur allgemeinen Lage in China. Die Aussagen der Mutter des Beschwerdeführers zu ihren Fluchtgründen wurden in ihrem Asylverfahren als nicht glaubwürdig gewertet und verwies das Bundesasylamt diesbezüglich auf die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid der Mutter unter der Zahl 03 38.241-BAW.
Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass aufgrund der mangelnden Glaubhaftmachung der Fluchtgründe auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG ausgegangen werden kann. Aufgrund der getroffenen Feststellungen könne ferner nicht davon gesprochen werden, dass in China eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger und massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrschen würde.
Zu Spruchpunkt III legte die Erstbehörde dar, dass das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens im Sinne von Art. 8 EMRK nicht festgestellt werden könne. Weiters wurde ausgeführt, dass weder der Beschwerdeführer noch dessen Mutter über ein schützenswertes Privatleben im Sinne von Art. 8 EMRK verfügen würden, zumal sie in Österreich bloß höchst oberflächlichen Kontakt zu chinesischen Landsleuten unterhalten würden.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die erstinstanzlichen Verwaltungsakte des Beschwerdeführers und seiner Mutter unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Mutter des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.
II. Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
1. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat eine Einvernahme der Mutter des Beschwerdeführers durchgeführt und sie konkret zu Verfolgungsgründen ihres Sohnes, einer Verfolgungsgefahr im Falle einer Rückkehr nach China sowie zu ihrem Aufenthalt in Österreich und dem Vater des Beschwerdeführers befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, auch nicht in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der Mutter, keine konkreten Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen der Beschwerdeinstanz geboten hätte. Auch sind nach Ansicht des Asylgerichtshofs die von der Erstbehörde der Entscheidung zu Grunde gelegten Länderberichte und die getroffenen Länderfeststellungen für den konkreten Fall ausreichend.
3. Der Asylgerichtshof ging wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen der Mutter des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist, dies insbesondere aufgrund ihres Unvermögens, grundlegende Informationen über Falun Gong zu geben und wird diesbezüglich auf die Erwägungen des Asylgerichtshofes im Erkenntnis der Mutter des heutigen Tages (GZ C7 259853-0/2008/1E) verwiesen. Der Beschwerdeführer hat keine eigenen Verfolgungsgründe und kann daher im individuellen Fall keine asylrelevante Verfolgung im Falle einer Rückkehr erkannt werden.
Ferner wird auf die Ausführungen im Erkenntnis der Mutter verwiesen (GZ C7 259853-0/2008/1E), wonach in ihrem Fall keine über die bloße Möglichkeit hinausgehenden stichhaltige Gründe vorliegen, die dafür sprechen würden, dass der Mutter des Beschwerdeführers bei einer Rückführung in die Volksrepublik China wegen ihrer Ausreise Probleme im Sinne eines realen Risikos einer unmenschlichen Behandlung drohen würden.
Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass aus den der Entscheidung der Mutter des Beschwerdeführers zu Grunde gelegten aktuellen Länderberichten (vgl. UK Home Office) hervorgeht, dass Kinder, von denen zumindest ein Elternteil chinesischer Staatsangehöriger ist, die chinesische Staatsbürgerschaft besitzen.
Auch ergeben sich aus den Länderberichten für alleinstehende Frauen und Kinder, welche im Ausland geboren wurden, keine Art. 3 EMRK relevanten Hindernisse, nach China zurückzukehren; ebenso wenig könnte dies aufgrund der Unehelichkeit angenommen werden.
4. Auch die Erwägungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es ist - wie schon erwähnt - nicht ersichtlich, warum der Mutter des Beschwerdeführers eine Existenzsicherung für sich selbst und den Beschwerdeführer in China nicht möglich und zumutbar sein sollte, wie es ihr auch vor ihrer Ausreise möglich war. Gegenteiliges konnte die Mutter des Beschwerdeführers nicht glaubhaft darlegen und kann auch von Amts wegen nicht davon ausgegangen werden, lassen doch die Länderberichte keinesfalls den Schluss zu, dass Staatsangehörigen der Volksrepublik China generell in China die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers oder seiner Mutter sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.
Dass sich seit der Erlassung des Erstbescheides in China allgemein eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall verneint werden und stellt sich die Lage in China seit Jahren im Wesentlichen unverändert dar, wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage, u.a durch Einschau in die Folgeberichte des AA (zuletzt Februar 2008), - im Interesse des Beschwerdeführers - versichert hat.
5. Ebenso ist die Ausweisungsentscheidung in Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides zu bestätigen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich, abgesehen von seiner Mutter, deren Beschwerde mit Erkenntnis des heutigen Tages ebenfalls als unbegründet abgewiesen wurde, über keine familiären Anknüpfungspunkte. Eine nähere Prüfung des Privatlebens des Beschwerdeführers als Asylwerber ist nach der jüngsten EGMR Judikatur in der Regel nicht erforderlich, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann (vgl. zur Interessensabwägung zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Selbst bei Prüfung des Vorliegens eines Privatlebens im Sinne der bisherigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte (vgl. VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07) würde nach Ansicht des Asylgerichtshofes die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung im vorliegenden Fall zu Lasten des Beschwerdeführers und seiner Mutter ausfallen. Die Mutter des Beschwerdeführers reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte hier einen unbegründeten Asylantrag mit einer unrichtigen Verfolgungsbehauptung. Hinweise auf eine außergewöhnliche schützenswerte Integration in Österreich sind nicht erkennbar, dies selbst unter Berücksichtigung einer zum Entscheidungszeitpunkt etwa fünfjährigen Aufenthaltsdauer der Mutter des Beschwerdeführers, in welcher sie aber niemals einen anderen als einen vorübergehenden, asylrechtlichen Aufenthaltstitel hatte. Der Beschwerdeführer selbst lebt seit seiner Geburt im Februar 2008 in Österreich. Er lebt mit seiner Mutter in Österreich von Sozialhilfe, seine Mutter spricht nicht Deutsch. Sie hat gemäß ihren eigenen Angaben weder Familienangehörige noch Freunde in Österreich, sondern unterhält bloß oberflächlichen Kontakt zu anderen Flüchtlingen. Hinsichtlich des Vaters des Beschwerdeführers nannte seine Mutter in der Einvernahme beim Bundesasylamt zwar dessen Namen, dies ohne weitere nähere Informationen zu seiner Person oder seinen Aufenthaltsort, jedoch scheint dieser in der Geburtsurkunde nicht als Vater des Beschwerdeführers auf und ist der erkennende Gerichtshof mangels konkreten Vorbringens nicht gehalten, Ermittlungen zum angeblichen Vater des Beschwerdeführers zu führen, welcher sich nach Aussage der Mutter des Beschwerdeführers überdies ohne Aufenthaltstitel in Österreich aufhält.
Aus Sicht des Asylgerichtshofs überwiegt daher das öffentliche Interesse an einer Effektuierung der vorliegenden negativen Entscheidung über den Asylantrag. Die Ausweisung stellt somit keinen unzulässigen Eingriff in eine gemäß der EMRK geschützte Rechtsposition dar.
6. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.