Index
34 Monopole;Norm
GSpG 1989 §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des RS in G, vertreten durch Dr. Thomas Trixner, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Burgenland vom 21. März 1997, Zl. K 18/03/96.011/2, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes und Verfall, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 31. Oktober 1996 wurde dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer der RS-GesmbH zur Last gelegt, es zu verantworten zu haben, dass die RS-GesmbH, wie anlässlich einer Überprüfung am 5. April 1996 um 13.55 Uhr festgestellt worden sei, in ihrer Gastgewerbebetriebsanlage in G, W-Straße 5, drei Glücksspielapparate, die dem Glücksspielmonopol unterlägen, betrieben habe, indem sie durch das öffentliche Aufstellen der Apparate einem unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Spielen an den Glücksspielapparaten gegeben habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 52 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall Glücksspielgesetz 1989 verletzt und es werde eine Geldstrafe von
S 60.000,-- verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 64 Abs. 2 VStG
S 6.000,-- festgesetzt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies die belangte Behörde die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Umschreibung des Tatvorwurfs geändert wurde und als "Übertretungsnorm" § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall Glücksspielgesetz zitiert wurde.
Der Tatvorwurf wurde von der belangten Behörde wie folgt gefasst:
"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der 'RS GesmbH' zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 05 04 1996 um 13 55 Uhr in ihrer Gastgewerbebetriebsanlage in G, Diskothek 'P', drei Glücksspielautomaten (Fabr.Nr. 01/52 und 03/54 der Marke Card + Fruit Company, Casino Fabr.Nr. 05/51), die geeignet sind, einem Spieler eine vermögensrechtliche Leistung (Einsatz) von mehr als S 5,-- (bis S 40,-- bzw S 50,-- pro Spiel) sowie einen Gewinn von mehr als S 200,-- (maximal fünfstellig) zu ermöglichen, somit dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, außerhalb einer Spielbank in betriebsbereitem Zustand aufgestellt und auf eigene Rechnung betrieben hat."
Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides und dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung, die Behörde hätte auf Grund der widersprüchlichen Angaben der Zeugen einen Lokalaugenschein durchführen und sowohl ihn als auch den Meldungsleger Sch einvernehmen müssen, und des wesentlichen weiteren Inhalts der Berufung aus, dass der Meldungsleger Sch in der mündlichen Verhandlung als Zeuge erklärt habe, dass vom Foyer der gewerblichen Betriebsanlage eine Tür in den Raum führe, in dem sich die Standgeräte befunden hätten. Der Raum sei etwa 7,63 m2 groß (in diesem Zusammenhang wird auch auf den in der mündlichen Verhandlung beigeschafften Plan aus dem Betriebsanlagenbewilligungsakt verwiesen). Tische und Sessel seien nach der Aussage des als Zeuge einvernommenen Meldungslegers im Foyer gestanden. Bei der Überprüfung seien in der Betriebsanlage Herr H und Herr L angetroffen worden, die "sich als Pächter und Gesellschafter tituliert hätten". Spieler hätten sich keine im Lokal befunden. H habe über Vorhalt des Meldungslegers eingestanden, dass auf den Geräten gespielt werde. Das Lokal sei offen gewesen, Gäste seien keine anwesend gewesen. Die Betriebszeit sei von 20.00 Uhr bis 2.00 Uhr früh gewesen. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe die Einvernahme des Zeugen H zum Beweis dafür, dass der gegenständliche Raum für Gäste nicht zugänglich gewesen sei und keine Ausspielungen vorgenommen worden seien, beantragt.
Nach Wiedergabe des Inhalts des § 2 Abs. 2 Glücksspielgesetz und der Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 5 leg. cit. wird im angefochtenen Bescheid weiter ausgeführt, dass, wie sich eindeutig aus der Aussage des Zeugen Sch ergebe, die gegenständlichen drei Glücksspielautomaten in einem frei zugänglichen Raum der Gastgewerbebetriebsanlage vorgefunden worden seien. Es bestehe keine begründete Veranlassung, an der Richtigkeit der Aussagen des Zeugen zu zweifeln, der im Gegensatz zum Beschwerdeführer unter der Strafdrohung des § 289 StGB stehe, während es dem Beschwerdeführer frei stehe, seine Verteidigung so zu wählen, dass er möglichst Straffreiheit erlange. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Geräte seien in einem für Gäste nicht zugänglichen Lagerraum gefunden worden, entspreche daher nicht den Tatsachen. Dass die Geräte nicht in Betrieb gewesen seien, tue dem Tatvorwurf keinen Abbruch, weil die Geräte durch Anschließen an die Stromzufuhr jederzeit problemlos in Betrieb genommen hätten werden können. Auch dies sei durch die Aussage des Zeugen Sch erwiesen. Der Einwendung, es sei nicht erwiesen, dass Ausspielungen vorgenommen worden seien, sei zu entgegnen, dass laut der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Ausspielung bereits dann vorliege, wenn der Unternehmer den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine mittels Glücksspielautomaten zu bewirkende Gegenleistung in Aussicht stelle. Dies sei schon dann der Fall, wenn der Glücksspielautomat in spielbereitem Zustand aufgestellt sei oder aus den Umständen hervorgehe, dass jedem potentiellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich sei. Diese Voraussetzungen seien nach den obigen Beweisen gegeben gewesen. Eine Einvernahme des Zeugen H zum Beweis dafür, dass keine Ausspielungen durchgeführt worden seien, habe sich daher erübrigt. Auf tatsächliche Geldauszahlungen komme es ebenfalls nicht an. Die Einvernahme des Zeugen H zum Beweis dafür, dass der Raum Gästen nicht zugänglich gewesen sei, habe sich auch auf Grund der Tatsache erübrigt, dass sich aus der Zeugenaussage des Meldungslegers Sch eindeutig ergebe, dass sowohl das Lokal als auch der Raum, in dem sich die Geräte befanden, offen und frei zugänglich gewesen seien. Im Übrigen habe der Zeuge H anlässlich der Amtshandlung gegenüber dem Zeugen Sch zugegeben, dass die Geräte bespielt würden. Die Ausführungen in der Berufung betreffend die Strafbarkeit des Zugänglichmachens von Glücksspielautomaten gingen ins Leere, weil im vorliegenden Straferkenntnis erster Instanz dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden sei, Glücksspielautomaten "betrieben" zu haben, er sohin als Veranstalter und nicht als Inhaber zur Verantwortung gezogen worden sei, was sich aus dem Tatvorwurf zweifelsfrei ergebe, möge auch das Zitat der verletzten Rechtsvorschrift "auf den zweiten Fall der zitierten Vorschrift hindeuten". Dementsprechend sei das Zitat zu berichtigen und der Tatvorwurf sprachlich neu zu fassen gewesen. Abschließend wird eingehend zur Strafbemessung Stellung genommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes 1989, BGBl. Nr. 620, in der für den Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996, lauteten:
"§ 1. (1) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen."
"§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.
(2) Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung herbeigeführt wird.
(3) Ein Glücksspielautomat ist ein Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt."
"§ 4. (1) Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden, unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz 5 S nicht übersteigt.
(2) Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn
1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 5 S nicht übersteigt und
2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 200 S nicht übersteigt."
"§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 300.000 S zu bestrafen,
1.
...
5.
wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);
..."
2.2. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft mbH, die das Lokal, in dem die Glücksspielautomaten vorgefunden wurden, betrieb, eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 erste Variante Glücksspielgesetz 1989 zur Last gelegt. Die belangte Behörde ist dabei davon ausgegangen, dass sich aus der Aussage des als Zeuge einvernommenen Meldungslegers Sch in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ergebe, dass die beschlagnahmten Glücksspielautomaten in einem frei zugänglichen Raum des Gastgewerbebetriebes aufgestellt und spielbereit gewesen seien bzw. durch Drücken des Netzschalters bzw. durch Anschließen des Stromes bespielbar gemacht hätten werden können. Eine Vernehmung weiterer Zeugen, insbesondere des Zeugen H, der bei der Überprüfung anwesend gewesen sei, sei entbehrlich gewesen.
2.3. Die belangte Behörde ist damit an sich zutreffend davon ausgegangen, dass nach der hg. Rechtsprechung eine dem Glücksspielmonopol unterliegende Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz 1989 bereits dann vorliegt, wenn der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung (Einwurf von Geld- oder Spielmarken) eine mittels eines Glücksspielautomaten zu bewirkende Gegenleistung in Aussicht stellt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1995, Zl. 91/17/0022, auf welches auch die belangte Behörde hingewiesen hat, oder das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1997, Zl. 94/17/0113).
Nach dieser Rechtsprechung ist für die Ausspielung das Verhältnis zwischen Unternehmer einerseits und Spieler andererseits sowie das Inaussichtstellen einer Gegenleistung für die vermögensrechtliche Leistung des Spielers wesentlich. Letzteres ist bereits dann der Fall, wenn der Glücksspielapparat in betriebsbereitem Zustand aufgestellt ist oder aus den Umständen hervorgeht, dass jedem potentiellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich ist.
2.4. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsauffassung fest. Voraussetzung dafür, dass im Sinne der dargestellten Rechtsprechung eine Bestrafung wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 Glücksspielgesetz 1989 erfolgen kann, ohne dass im Verwaltungsstrafverfahren der konkrete Nachweis geführt werden kann, bestimmte Personen hätten den Glücksspielautomaten tatsächlich bespielt, ist nach dem genannten Erkenntnis vom 24. Juni 1997, dass es sich um einen Glücksspielautomaten oder einen Glücksspielapparat handelt, der tatsächlich bespielt werden kann, weil ansonsten die vom Verwaltungsgerichtshof zu Grunde gelegte Sachverhaltsvoraussetzung, der Apparat sei in betriebsbereitem Zustand gehalten worden, nicht vorliegt. Ebenso wie nach dem genannten Erkenntnis die Feststellung des Sachverhaltes, dass ein funktionstauglicher Glücksspielautomat oder Glücksspielapparat vorgelegen sei, für die Strafbarkeit Voraussetzung ist, muss jedoch gefordert werden, dass Feststellungen dahingehend getroffen werden, dass die (an sich funktionsfähigen) Glücksspielautomaten oder Glücksspielapparate tatsächlich in einem den Gästen des Gastgewerbebetriebes zugänglichen Raum aufgestellt sind. In dieser Hinsicht konnte die belangte Behörde auf Grund des von ihr festgestellten Sachverhaltes nicht davon ausgehen, es sei nachgewiesen, dass betriebsbereite Glücksspielautomaten oder Glücksspielapparate in einem für Gäste allgemein zugänglichen Raum aufgestellt gewesen seien.
Auch wenn der Bescheid nicht so verstanden werden kann, dass dem Beschwerdeführer nur eine Übertretung zu dem darin genannten Tatzeitpunkt ("13.55 Uhr" des genannten Tages) angelastet wurde, leidet der angefochtene Bescheid insofern an einem wesentlichen Verfahrensmangel, als der maßgebliche Sachverhalt mangelhaft festgestellt wurde.
So hätte es einer einwandfreien Feststellung der Zugänglichkeit des Raumes, in dem die Spielapparate aufgestellt waren, bedurft. Insbesondere stimmen die von der Behörde erster Instanz auf Grund der Zeugenaussage des einschreitenden Beamten P getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Räumlichkeiten offenbar nicht mit der Wirklichkeit überein. Inwieweit sich aus den vom Vertreter der Behörde erster Instanz in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Plänen in Verbindung mit der Aussage des Zeugen Sch "eindeutig" die Zugänglichkeit des Raumes ergeben haben sollte, wie im angefochtenen Bescheid festgestellt wird, ist einer Nachprüfung nicht zugänglich. Abgesehen von einer diesbezüglichen näheren Begründung wäre bei dieser Sachlage die vom Beschwerdeführer beantragte Vernehmung des Zeugen H zur Frage der Zugänglichkeit und zur Frage, wie seine Aussage über die Bespielung der Glücksspielapparate zu verstehen war, erforderlich gewesen. Dies umso mehr, als die ursprünglich der Beweiswürdigung zu Grunde gelegte Annahme, neben den Spielapparaten hätten sich kleine Tische befunden, durch die Aussage des Zeugen Sch, Tische und Sessel seien im Foyer gestanden, nicht bestätigt wurde.
2.5. Die belangte Behörde hat daher den Sachverhalt nicht in einem mängelfreien Verfahren festgestellt.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Hinsichtlich des zur Kostentragung verpflichteten Rechtsträgers wird auf das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1998, Slg. Nr. 14.889/A, hingewiesen. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den angesprochenen Ersatz von Stempelgebühren, da neben der Pauschalgebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG keine weiteren Stempelgebühren für Beilagen zu entrichten sind.
Wien, am 9. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1997170155.X00Im RIS seit
10.10.2001