TE AsylGH Beschluss 2008/09/24 B11 401614-1/2008

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Veröffentlicht am 24.09.2008
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Spruch

B11 401614-1/2008/2E

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Moritz als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn J.M., geb. 00.00.1989, StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. August 2008, Zl. 08 03.594-BAW, beschlossen:

 

Der Berufung von J.M. vom 17. September 2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. August 2008, Zl. 08 03.594-BAW, wird gemäß § 38 Abs. 2 AsylG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer brachte am 23. April 2008 im Stande der Gerichtshaft einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Er gab dabei an, den Namen J.M. zu führen, Staatsangehöriger von Serbien und am 00.00.1983 in K. geboren zu sein.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme bei der BPD Wien am 23. April 2008 gab der Beschwerdeführer im Beisein eines von der erkennenden Behörde bestellten und beeideten Dolmetschers der Sprache Serbisch an, Mitte 2006 Serbien nach Mazedonien verlassen zu haben und von Skopje nach Griechenland mit einem in Belgrad gekauften falschen Reisepass weitergereist zu sein. Von Saloniki aus sei er mit dem Flugzeug nach Wien-Schwechat geflogen. Er sei auch bereits insgesamt sieben oder acht Monate in Deutschland wegen seines falschen Reisepasses in Haft und im Jahr 2004 sieben oder acht Monate in Deutschland aufhältig gewesen. Am 20. September 2004 sei er von Deutschland nach Serbien abgeschoben worden. Er stelle nunmehr deswegen einen Asylantrag, da er in seiner Heimat Spielschulden gehabt und sich daher von einem Mann mit dem Vornamen S. im Jahr 2003 8.000.- ¿ geborgt habe, welcher pro Monat ca. 10 - 12 % Zinsen verlangt habe. Im Jahr 2004 habe der Beschwerdeführer bereits 6.500.- ¿ zurückgezahlt und ihm dann noch 1.500.- ¿ plus Zinsen geschuldet. Da er außer Stande gewesen sei, dieses Geld zu zahlen, hätten er und seine Familie von S. und dessen Leuten aus Belgrad Probleme bekommen, wobei der Beschwerdeführer öfters zuhause aufgesucht und auch einmal auf den Brustkorb geschlagen worden sei. Im Jahr 2004 sei in einem Park in Novi Belgrad auf ihn geschossen worden, diese Vorfälle habe er der Polizei jedoch aus Angst nicht gemeldet. Sie habe große Angst verspürt und sei deswegen geflüchtet. Im Falle einer Rückkehr würden er von S. und dessen Leuten, die eine mafiöse Verbindung bilden würden, getötet werden. Deswegen könne er nicht mehr zurück in seine Heimat.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt, EAST Ost, am 18. Juni 2008 gaben der Beschwerdeführer im Beisein eines von der erkennenden Behörde bestellten und beeideten Dolmetschers der Sprache Serbisch vor einem Organwalter des Bundesasylamtes Folgendes an:

 

"(...)

 

Frage: Entsprechen die Angaben die Sie bisher in Österreich gemacht haben alle der Wahrheit?

 

Antwort: Natürlich.

 

Frage: Sind die Angaben, die Sie im Rahmen der Erstbefragung vor der Landespolizeikommando Polizeianhaltezentrum am 23.04.2008 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemacht haben richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?

 

Antwort: Ja.

 

Anmerkung: Die Artikel 21 Anfragen mit Griechenland, Ungarn, Slowenien, Italien und Deutschland haben keine Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten ergeben. Ihr Asylverfahren wird daher in Österreich durchgeführt.

 

Frage: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

 

Antwort: Im Jahre 2006, das genaue Datum weiß ich nicht mehr.

 

Frage: Haben Sie Österreich in der Zwischenzeit verlassen?

 

Antwort: Nein. Ich war durchgehend in Österreich.

 

Frage: Weshalb haben Sie nicht unmittelbar nach ihrer Einreise einen Asylantrag gestellt?

 

Antwort: Ich habe nicht gewusst, dass ich um Asyl ansuchen kann.

 

Frage: Sie befinden sich derzeit in Strafhaft und weshalb stellen Sie aus der Strafhaft einen Asylantrag?

 

Antwort: Ich weiß jetzt, dass man einen Asylantrag stellen kann.

 

Frage: Wo waren Sie während ihres Aufenthaltes in Österreich aufhältig?

 

Antwort: Ich war in Wien wohnhaft.

 

Frage: Waren Sie dort auch gemeldet?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wem gehört die Wohnung?

 

Antwort: Sie gehört einem älteren Herrn aus Serbien. Ich habe ihn in einem Lokal kennen gelernt.

 

Frage: Wovon haben Sie während ihres Aufenthaltes in Österreich ihren Lebensunterhalt bestritten?

 

Antwort: Ich habe schwarz auf Baustellen gearbeitet.

 

Frage: Möchten Sie zu den von Ihnen im Zuge der Erstbefragung gemachten Angaben, insbesondere zu Ihrer Person oder vorgelegten Dokumenten und den Angaben bezüglich Ihres Fluchtweges oder Fluchtgrundes etwas berichtigen?

 

Antwort: Nein

 

Frage: Befinden Sie sich erstmals in der EU?

 

Antwort: Nein. Ich war schon im Jahre 2004 in Deutschland. Ich war 6 oder 7 Monate in Deutschland. Ich hatte Probleme in Serbien.

 

Frage: Haben Sie einen Asylantrag gestellt in Deutschland?

 

Antwort: Sie haben gesagt, dass ich nicht um Asyl ansuchen kann, weil es das dritte Land ist. Ich bin über Ungarn und Österreich nach Deutschland gefahren.

 

Frage: Sie scheinen unter mehreren Alias- Namen auf? Wo haben Sie falsche Namen angeben?

 

Antwort: Ich bin mit einem gefälschten Reisepass und einer gefälschten Reisepass-Kopie in Österreich eingereist.

 

Frage: Haben Sie jemals einen Reisepass besessen oder beantragt?

 

Antwort: Nein. Ich hatte noch nie einen Reisepass.

 

Frage: Verfügen Sie über weitere Dokumente oder können Sie solche beschaffen?

 

Antwort: Ich habe einen Personalausweis. Diesen hat meine Mutter nach Österreich geschickt und befindet sich beim Richter.

 

Frage: Warum verließen Sie Ihr Heimatland? Erzählen Sie unter Anführung von Fakten, Daten die Ihnen wichtig scheinenden Ereignisse

 

Antwort: Ich habe Schulden in meinem Heimatland. Ich habe mir Geld ausgeborgt und musste das Geld mit Zinsen zurückzahlen. Auf mich wurde geschossen. Die Zinsen sind sehr hoch geworden und ich schulde inzwischen 60.000 Euro. Ich darf nicht nach Serbien zurückkehren. Sie werden mich umbringen. In Belgrad haben sie auf mich geschossen. Ich will nicht zurück, ich will meinen Kopf retten. Im Gefängnis kann ich nicht schlafen, ich habe Angst um meine Familie.

 

Frage: Von wem haben Sie das Geld ausgeborgt?

 

Antwort: Diese Männer kommen aus Belgrad. Sie sind bekannt für Sachen, wo Geld mit Zinsen ausborgen.

 

Frage: Wann borgten Sie sich das Geld aus?

 

Antwort: Glaublich im Jahre 2003

 

Frage: Wieviel Geld borgten Sie aus?

 

Antwort: 8000,00 Euro habe ich geborgt. Die Zinsen sind gestiegen. Inzwischen verlangen sie 60.000 Euro von mir.

 

Frage: Warum haben Sie nicht versucht, bei einer Bank Geld zu günstigeren Konditionen zu bekommen?

 

Antwort: Ich hätte kein Geld bei der Bank bekommen. Man muß ein Arbeitsverhältnis haben um einen Kredit zu bekommen.

 

Frage: Wieso haben Sie das Spielen nicht unterlassen, wenn Sie doch nichts gewonnen und nur verspielt haben?

 

Antwort: Ich habe immer nur 1 Spiel gespielt und habe immer gehofft dass ich gewinne.

 

Frage: Wofür borgten Sie das Geld?

 

Antwort: Ich habe in einem Wettlokal gespielt.

 

Frage: Haben Sie auch gewonnen?

 

Antwort: Nein. Alles verspielt. Ab und zu habe ich auch etwas gewonnen.

 

Frage: Welche Rückzahlungsvereinbarungen wurden getroffen?

 

Antwort: Es wurde vereinbart, dass ich 10 bis 12% Zinsen zurückzahle.

 

Frage: Es muß ihnen beim Abschluss dieses Geschäftes bewußt gewesen sein, dass Sie das geld nicht zurückzahlen können?

 

Antwort: Ja. Ich habe gehofft, dass ich gewinnen werde.

 

Frage: Wann und von wem wurde auf Sie in einem Park in Novi Belgrad auf Sie geschossen?

 

Antwort: Ich weiß es nicht, wann auf mich geschossen wurde. Nach der Abschiebung von Deutschland nach Serbien ereignete sich der Vorfall. Ich vermute, dass es die Personen waren, denen ich Geld schulde.

 

Frage: Haben Sie Anzeige erstattet?

 

Antwort: Nein. Es wäre noch schlimmer.

 

Frage: Haben Sie Beweismittel, die Sie vorlegen können?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Weswegen befinden Sie sich in Haft?

 

Antwort: Wegen Diebstahls und Betrug.

 

Frage: Kennen Sie den Termin der Hauptverhandlung?

 

Antwort: Zirka in 1 oder 2 Monaten habe ich Hauptverhandlung.

 

Frage: Haben Sie in Österreich auch gespielt?

 

Antwort: Ja. Aber mit wenig Einsatz.

 

Frage: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?

 

Antwort: Nein.

 

(...)"

 

Am 15. Juli 2008 wurde der Beschwerdeführer neuerlich durch das Bundesasylamt einvernommen. Dem Protokoll dieser Einvernahme ist folgender Inhalt zu entnehmen:

 

"(...)

 

Frage: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

 

Antwort: Ich hatte nie einen Pass.

 

Frage: Sie haben nie um die Ausstellung eines blauen, serbischen Pass angesucht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum nicht?

 

Antwort: Weil ich einen Personalausweis hatte.

 

Frage: Wo ist dieser Personalausweis?

 

Antwort: Ich glaube hier beim Richter oder bei der Polizei, meine Mutter hat mir das per Post geschickt.

 

Frage: Was haben Sie gearbeitet in Serbien?

 

Antwort: An einer Bar habe ich gearbeitet, im Gastgewerbe.

 

Frage: Wo genau leben Sie in Serbien?

 

Antwort: In K., im Haus meiner Eltern.

 

Frage: Wer lebt noch aller dort?

 

Antwort: Meine Eltern und meine Schwester.

 

Frage: Haben Sie hier Angehörige? Verwandte?

 

Antwort: Nein, niemand. Eine Freundin.

 

Frage: Wo leben Sie in Wien?

 

Antwort: In Wien.

 

Frage: Beschreiben Sie bitte genau, wo Sie bereits überall aufhältig waren.

 

Antwort: In Serbien und hier.

 

Frage: Wann reisten Sie das erste Mal aus Serbien aus?

 

Antwort: Ich glaube 2004. In Deutschland.

 

Frage: Sie wurden erst befragt, wo Sie bereits überall aufhältig waren, in welchen Ländern.

 

Antwort: Ich war ja nicht lange dort.

 

Frage: Wann genau waren Sie wo also aufhältig?

 

Antwort: Deutschland, 2004.

 

Frage: Und wann genau?

 

Antwort: Ich glaube im September wurde ich abgeschoben.

 

Frage: Beginnen Sie bitte endlich mit Ihren Angaben. Wann reisten Sie nach Deutschland?

 

Antwort: Ich kann mich an das Monat nicht erinnern. 2004.

 

Frage: Offenbar wollen Sie etwas verheimlichen, nennen Sie wenigstens das Monat, in welchem Sie nach Deutschland reisten.

 

Antwort: Im März, April 2004.

 

Frage: Dann waren Sie also ein halbes Jahr in Deutschland?

 

Antwort: So sechs Monate.

 

Frage: Waren Sie sonst in einem anderen europäischen Land?

 

Antwort: ALs kleines Kind mit meinen Eltern in Russland.

 

Frage: Wie gelangten Sie nach Deutschland?

 

Antwort: Mit dem Autobus über Ungarn und Österreich.

 

Frage: Wie?

 

Antwort: Illegal.

 

Frage: Wie machten Sie das?

 

Antwort: Ich hatte einen Pass.

 

Frage: Dann benötigten Sie ein Visum.

 

Antwort: Ich hatte alles, es war ein gefälschter Pass, da ich ja Probleme in Serbien hatte.

 

Frage: Wo in Deutschland waren Sie aufhältig?

 

Antwort: In der Nähe von S..

 

Frage: Haben Sie dort einen Asylantrag gestellt?

 

Antwort: Ich wollte schon, dann wurde ich festgenommen, aber bei der Polizei wurde gesagt, dass es schon das dritte Land sei, mein Anwalt hat mir geraten, dass ich nicht um Asyl ansuchen soll da das schon das dritte Land sei.

 

Frage: Und da zogen Sie es vor, gleich nach Serbien abgeschoben zu werden, anstelle eines Asylverfahren in Ungarn oder Österreich?

 

Antwort: Die haben mich gleich ins Flugzeug gebracht.

 

Frage: Waren Sie politisch tätig?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wann reisten Sie nach Österreich?

 

Antwort: Vor eineinhalb Jahren, vielleicht zwei.

 

Frage: Wie genau?

 

Antwort: Über Mazedonien nach Griechenland, dann mit dem Flugzeug nach Österreich.

 

Frage: Warum wollten Sie nun nach Österreich?

 

Antwort: Meine Freundin habe ich hier.

 

Frage: Wie können Sie hier eine Freundin haben, wenn Sie noch nie da waren bzw. durchgefahren sind?

 

Antwort: Meine Freundin ist aus K..

 

Frage: Nennen Sie bitte Namen, Daten der Freundin.

 

Antwort: R.S., geb. 1984, ist jetzt an eine andere Adresse umgezogen, die weiß ich nicht.

 

Frage: Sie wissen also nicht die Adresse noch das Geburtsdatum?

 

Antwort: Genau, ist ja alles in Deutsch geschrieben.

 

Frage: Haben Sie die Freundin nicht gefragt, wann Sie Geburtstag hat?

 

Antwort: Schon, aber das habe ich vergessen.

 

Frage: Anscheinend haben Sie nicht wirklich eine intensive Beziehung?

 

Antwort: Naja, schon.

 

Frage: Sie kommt also auch auf Besuch ins Gefängnis?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie an einer eigenen Adresse wohnhaft?

 

Antwort: Wir haben nicht zusammen gelebt.

 

Frage: Welchen Aufenthaltstitel hat sie?

 

Antwort: Sie hat ein Visum.

 

Frage: Warum haben Sie nicht zusammengelebt mit ihr, wenn Sie wegen ihr gekommen sind?

 

Antwort: Ich musste ja aus Serbien fliehen, mir ist nichts über geblieben.

 

Frage: Zum Beispiel in Griechenland einen Asylantrag stellen, ist auch in der EU?

 

Antwort: Weil ich nicht wusste, dass das nicht geht. Ich hatte schon in Deutschland keine Chance. Hier habe ich das erst erfahren.

 

Frage: Sie wurden aber schon in Deutschland vom Rechtsanwalt beraten?

 

Antwort: Ja, schon, aber damals hatte ich kein Recht darauf.

 

Frage: Aber dann hätten Sie ja gleich nach der Einreise hier einen Asylantrag stellen können?

 

Antwort: Wusste ja nicht, ob das geht.

 

Frage: Sie werden sogar über die Dublin Materie in Deutschland aufgeklärt, also müssen Sie wenigstens wissen, dass man einen Antrag stellen kann. Ihre Angaben sind offensichtlich unglaubhaft

 

Antwort: AW schweigt.

 

Antwort: Ich habe wirklich Probleme in Serbien.

 

Frage: Wie viel haben Sie für die Reise bezahlt?

 

Antwort: Alles insgesamt 700.- oder 800.- Euro, nicht mehr als 1.000.- Euro.

 

Frage: Warum stellen Sie einen Asylantrag?

 

Antwort: Weil ich Probleme habe, ich schulde unten 60.000.- Euro. Sie wollen, dass ich das Geld zurückzahle, das versuchte ich auch, zahlte einen Teil, aber die verlangen sehr hohe Zinsen.

 

Frage: Haben Sie alles vorgebracht?

 

Antwort: Ich musste aus diesem Grund fliehen, wurde aber aus Deutschland zurückgeschoben, dann wurde auf mich in Novi Belgrad geschossen, danach brachte mich mein Vater nach Novi Pazar, dort habe ich einen Bus nach Mazedonien genommen.

 

Frage: Wann genau war das?

 

Antwort: Alles 2004.

 

Frage: Wann genau wurde auf Sie geschossen?

 

Antwort: Ich wurde ja am 20.09 zurückgeschoben, ca. einen Monat danach.

 

Frage: Wann gingen Sie nach Novi Pazar?

 

Antwort: Danach.

 

Frage: Ihre Angaben sind absolut vage und ungenau.

 

Antwort: Maximal drei Monate danach. Ich kann keine genauen Daten nennen.

 

Frage: Wie haben Sie das erste Mal für die Reise nach Deutschland bezahlt?

 

Antwort: Ca. 500.- Euro der Pass, 100.- Euro das Ticket.

 

Frage: Also ca. 600.- Euro?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: In welchem Monat gingen Sie von zuhause weg?

 

Anmerkung: AW überlegt länger.

 

Antwort: 2006, nein 2005, Ende 2005.

 

Frage: Also das Monat wissen Sie auch nicht mehr?

 

Antwort: Ende 2005.

 

Frage: Wollen Sie sonst noch etwas angeben?

 

Antwort: Das man auf mich geschossen hat, da sagte mir die Polizei schon vorher, dass ich weg müsste.

 

Frage: Also haben Sie den Vorfall der Polizei gemeldet?

 

Antwort: Mich hat ja ganz K. gekannt, weil ich in dem Lokal gearbeitet habe, die Inspektoren und Polizisten haben ja auch was getrunken, sie wussten von dieser Truppe aus Belgrad, von denen ich mir das Geld geborgt habe.

 

Frage: Haben Sie diesen Vorfall, wo geschossen wurde, konkret angezeigt?

 

Antwort: Nein, das machte ich nicht, aus Angst.

 

Frage: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr?

 

Antwort: Man würde mich umbringen.

 

Frage: Wollen Sie sonst noch etwas ergänzen?

 

Antwort: Nein, das ist das einzige Problem, hatte ein sehr schönes Leben, meine ganze Familie ist unten.

 

Frage: Wann genau haben Sie sich von wem genau wie viel genau ausgeborgt?

 

Anmerkung: AW wirkt sehr unsicher.

 

Antwort: Die Gruppe nennt sich Amerika. Dort borgte ich mir was aus. Aber da muss man ja Zinsen zahlen.

 

Frage: Von wem genau haben Sie sich also wie viel genau und vor allem wann genau geborgt?

 

Antwort: 2003. Im Jänner. 60.000.- Euro borgte ich mir damals.

 

Frage: Sie haben sich 60.000.- Euro geborgt?

 

Antwort: Nein, die musste ich zurückzahlen. Ich borgte mir genau 8.000.- Euro.

 

Frage: Nennen die genauen Zahlungsmodalitäten.

 

Antwort: Normal, dass ich das Geld monatlich zahle. Dann wollten sie gleich eine unmöglich hohe Summe.

 

Frage: Genauer bitte.

 

Antwort: Wir machten uns einen Zinssatz von 10 bis 12 Prozent Zinsen monatlich aus.

 

Frage: Welche Summe wäre das also?

 

Antwort: Na wenn es 10 Prozent gewesen wären, dann also 800.- Euro.

 

Frage: Welcher Zinssatz war ausgemacht?

 

Antwort: Na soviel ich in der Lage war, so von 600.- bis 1.000, soviel ich halt habe.

 

Frage: Auf welche Dauer hätten Sie das bezahlten müssen?

 

Antwort: Auf sechs bis 12 Monate.

 

Frage: Welche Summe wäre das insgesamt also gewesen?

 

Antwort: Ca. 15.000.-.

 

Frage: Nach welcher Zeit?

 

Antwort: Also der hatte eine Tabelle, wo er sich das dann ausgerechnet hat.

 

Frage: Wie viel haben Sie dann tatsächlich bezahlt?

 

Antwort: Also insgesamt gab ich ihm 2000.- Euro.

 

Frage: Sie haben also die genaue Summe von 2000.- Euro schon zurückgezahlt?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Wie viel waren Sie also dann noch schuldig nachdem Sie diese 2000.- Euro bezahlt hätten?

 

Antwort: Auf 8.000.- wären es dann noch sechs, aber die Zinsen, das weiß ich nicht.

 

Frage: Es ist völlig unglaubhaft, wenn Sie keinen fixen Zinssatz ausmachten. Somit können Sie auch nicht wissen, wie viel Sie zahlen müssen.

 

Antwort: Aber das war nicht so wie in einer Bank.

 

Frage: Trotzdem müssen Sie den Zinssatz fix ausgemacht haben, der sich natürlich ändern kann. Aber nicht pauschal 10 bis 12 Prozent.

 

Antwort: So sagten sie das.

 

Frage: Woher kannten Sie diese Leute?

 

Antwort: Aus Belgrad.

 

Frage: Woher also?

 

Antwort: Über Freunde hörte ich das, dass ich mir von denen Geld ausborgen kann.

 

Frage: Kannten Sie die?

 

Antwort: Nein, eigentlich haben die mich reingelegt.

 

Vorhalt: Ihr Vorbringen ist nicht nur völlig unnachvollziehbar sondern auch widersprüchlich. Ihr Vorbringen stellt eine Standardgeschichte von Asylwerbern aus Serbien dar, die Geschichte selbst ist auch wenig nachvollziehbar. Auch brachten Sie noch nirgends einen Asylantrag trotz behaupteter Verfolgung ein und warteten auch nun mehrere Jahre mit der Antragstellung, welches ebenso klar auf die Missbräuchlichkeit der Asylantragstellung hinweist. Auf die Position des UNHCR über missbräuchliche Asylanträge wird verwiesen. Sie warteten wesentlich länger als drei Monate mit der Antragstellung und wird auf § 38 AsylG verwiesen.

 

Antwort: Das nehme ich zur Kenntnis.

 

Frage: Wann haben Sie Ihre Gerichtsverhandlung?

 

Antwort: Am 13. August.

 

Vorhalt: Ihnen werden die Ländererkenntnisse des BAW über die Lage in Serbien zur Kenntnis gebracht. Sie können dazu im Rahmen Ihres Parteiengehörs eine Stellungnahme abgeben.

 

Antwort: Das ist mir eh alles bekannt.

 

Frage: Möchten Sie dazu etwas angeben?

 

Antwort: Nein, ich möchte nur nicht nachhause.

 

Frage: Wollen Sie sonst noch etwas ergänzen, hinzufügen oder abändern von ihren Angaben?

 

Antwort: Nein.

 

(...)"

 

Mit Bescheid vom 20. August 2008, Zl. 08 03.594-BAW, hat das Bundesasylamt den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, ihm den Status des Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AslyG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen. Darüber hinaus wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 38 Abs. 1 AsylG 2005 aberkannt.

 

Mit Schriftsatz vom 17. September 2008 wurde gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Verfahrensgang und entscheidungswesentlicher Sachverhalt ergeben sich aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Verwaltungsakt des Berufungswerbers. Seine Identität steht mangels identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

 

2.1. Gemäß § 73 Abs. 1 und § 75 AsylG 2005 i.V.m. § 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005 auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 noch nicht anhängig, weshalb das Berufungsverfahren nach dem AsylG 2005 zu führen ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 4 entscheidet über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

§ 38 AsylG 2005 lautet:

 

(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz und der damit verbundenen Ausweisung kann das Bundesasylamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

 

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 39) stammt;

 

2. sich der Asylwerber vor der Antragstellung schon mindestens drei Monate in Österreich aufgehalten hat, es sei denn, dass er den Antrag auf internationalen Schutz auf Grund besonderer, nicht von ihm zu vertretender Umstände nicht binnen drei Monaten nach der Einreise stellen konnte. Dem gleichzuhalten sind erhebliche, verfolgungsrelevante Änderungen der Umstände im Herkunftsstaat;

 

3. der Asylwerber das Bundesasylamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;

 

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat;

 

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht oder

 

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist.

 

(2) Der Asylgerichtshof hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesasylamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(3) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 2 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

 

2.2. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die mit der abweisenden Entscheidung verbundene Ausweisung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; Sache des Beschwerdeverfahrens ist nicht nur die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausweisung, sondern auch über die der Ausweisung zu Grunde liegende abweisende Entscheidung des Antrages auf internationalen Schutz. Bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde - in Bezug auf die Ausweisung - handelt es sich daher um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass es sich bei den in den Anwendungsbereich der Art. 2, 3 und 8 EMRK reichenden Behauptungen um "vertretbare Behauptungen" handelt.

 

2.3. Die dem Asylgerichtshof vorgelegte Beschwerde enthält mit dem Vorbringen der Verfolgung des Beschwerdeführers durch mafiöse Verbindungen aufgrund seiner hohen Geldschulden Behauptungen, die das reale Risiko einer in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK reichenden Behandlung im Fall der Durchführung der mit der abweisenden Entscheidung verbundenen Ausweisung geltend machen. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" handelt, sodass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die gegen die Ausweisung erhobene Beschwerde nach § 38 Abs. 2 AsylG 2005 geboten ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Diese Entscheidung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte
aufschiebende Wirkung
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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