TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/24 D6 304237-1/2008

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Veröffentlicht am 24.09.2008
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Spruch

D6 304237-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Christine AMANN als Beisitzerin über die Beschwerde der L. N., geb. 00. 00.1985, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.7.2006, Zahl: 06 07.223 EAST-Ost, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 Asylgesetz 2005, Art. 2 BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Die Beschwerdeführerin, eine georgische Staatsangehörige, reiste eigenen Behauptungen zufolge im Juli 2006 in das Bundesgebiet und stellte am 11.7.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Folge wurde sie am 11.7.2006 vor der Polizeiinspektion Traiskirchen sowie am 17.7.2006 und am 21.7.2006 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

1. Zu ihren Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, dass ihr Vater einer kriminellen Gruppierung angehört habe. Ende März 2006 sei er plötzlich verschwunden. Anfang April seien vier maskierte Männer in die Wohnung eingedrungen. Sie hätten nach ihrem Vater gefragt und ihre Mutter beschimpft und geschlagen. Dieser Vorfall habe sich ca. drei bis vier Mal wiederholt. Ihre Mutter habe sich nicht an die Polizei wenden wollen. Die Beschwerdeführerin selbst sei von den unbekannten, maskierten Männern ebenfalls beschimpft und misshandelt worden. So sei es bis Ende April 2006 gegangen. Ihre Mutter habe gemeint, dass der Beschwerdeführerin nichts geschehen werde, und sei verschwunden. Am 4.5.2006, an ihrem Geburtstag, seien die maskierten Männer wieder gekommen und hätten erneut nach ihren Eltern gefragt. Sie hätten die Beschwerdeführerin beschimpft und geschlagen. Diese Vorfälle hätten sich etwa sechs Mal zugetragen, immer am Abend. Ende Mai sei sie zur Polizei gegangen, die sie drei Tage lang eingesperrt hätte, als sie erfuhren, dass die Beschwerdeführerin die Tochter von L. G. sei. Die Polizei habe ihr die gleichen Fragen gestellt wie die maskierten Männer. Die Vorfälle mit den maskierten Männern habe die Polizei nicht interessiert. Eine Woche später seien die maskierten Männer wieder gekommen und hätten Kenntnis von ihrem Kontakt mit der Polizei gehabt. Sie hätten sie wieder beschimpft und gesagt, dass ihr die Polizei nicht helfen werde. Von der Polizei sei sie ein Monat lang beobachtet worden. In dieser Zeit hätte sie den Aufenthalt ihrer Eltern in Erfahrung bringen sollen, andernfalls sie wieder in Haft gekommen wäre.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchteil I.) und erklärte, dass ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Georgien nicht zuerkannt werde (Spruchteil II.); ferner verfügte das Bundesasylamt gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ihre Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien (Spruchteil III.).

 

In seiner Begründung traf das Bundesasylamt umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage in Georgien, stellte fest, dass die Identität der Beschwerdeführerin nicht feststehe und erachtete das Vorbringen als nicht glaubwürdig. Es führte dazu näher aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin sehr vage, nicht plausibel nachvollziehbar, allgemein gehalten und auf keinerlei Beweismittel gestützt sei. Seitens der Beschwerdeführerin seien lediglich unsubstantiierte Behauptungen in den Raum gestellt worden. Weiters stelle der von der Beschwerdeführerin in den Raum gestellte Sachverhalt eine Verfolgung, welche von privaten Personen ausgehe, dar. Dass die heimischen Behörden nicht schutzfähig bzw. schutzwillig gewesen seien, habe die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft machen können. Die Behörde gelange demnach zu dem Schluss, dass den Behauptungen der Beschwerdeführerin bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in ihrer Heimat keine Glaubwürdigkeit zukomme.

 

Selbst wenn man - entgegen den Feststellungen der erkennenden Behörde - von der Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin ausgehe, sei darauf hinzuweisen, dass sich die angebliche Verfolgung durch Dritte nur auf einen Teil ihres Heimatlandes beschränke und es der Beschwerdeführerin durchaus möglich sei, sich in einem anderen Landesteil Georgiens einer allfälligen Verfolgung zu entziehen.

 

Daher könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Georgien einer Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt sei. Da keine individuellen Umstände vorliegen würden, aufgrund derer die Beschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr nach Georgien in eine extreme Notlage gerate, sei weiters nicht feststellbar, dass sie im Falle der Heimkehr Gefahr laufe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu sein. Ferner bedeute die verfügte Ausweisung - da die Beschwerdeführerin über keine familiären Anbindungen zu Österreich verfüge - keinen Eingriff in Art. 8 EMRK.

 

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht erhobene Beschwerde, in der Ermittlungsfehler des Bundesasylamtes geltend gemacht werden und der Ansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe lediglich unsubstantiierte Behauptungen in den Raum gestellt, mit dem Hinweis entgegengetreten wird, dass sie der belangten Behörde den korrekten Namen ihres Vaters, den Namen der Polizeistation, wo sie drei Tage festgehalten worden sei, und die Adresse ihres letzten Wohnortes in Georgien genannt habe. Es wäre nach Auffassung der Beschwerdeführerin durchaus möglich gewesen, Ermittlungen durchzuführen und zu überprüfen, ob ihre Angaben den Tatsachen entsprechen, was die belangte Behörde aber ohne jede Begründung unterlassen habe. Zur Untermauerung ihres Vorbringens verwies die Beschwerdeführerin auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Februar 2005 und den Jahresbericht (Berichtszeitraum 2005) von Amnesty International und führte dazu näher aus, dass es insbesondere - unter Zugrundelegung der zitierten Berichte - unverständlich erscheine, dass ihr die belangte Behörde vorhalte, sie habe den innerstaatlichen Rechtsweg nicht ausgeschöpft.

 

II. Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Senat erwogen:

 

1. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zum Sachverhalt sowie zur Situation in Georgien, die sich auf verschiedene aktuelle Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen können, an (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460). Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der im Sommer 2008 neu aufgeflammte Konflikt im Kaukasus aufgrund seiner zeitlichen und räumlichen Begrenzung auf die Krisengebiete Südossetien, Abchasien und allfällige daran angrenzende Gebiete nicht sachverhaltsrelevant ist.

 

2. Auch die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides ist nicht zu beanstanden: Der belangten Behörde kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Behauptungen der Beschwerdeführerin als unplausibel erachtet. Trotz Nachfrage hat die Beschwerdeführerin nichts Näheres vorgebracht, um das behauptete Szenario zu erläutern und verständlich zu machen. Hinzu tritt der Umstand, dass die Mutter der Beschwerdeführerin nach den bereits mehrmals wiederholten Vorfällen das Heimatland verlassen haben soll und die Tochter ohne nähere Erklärung - lediglich mit den Worten, dass die maskierten Männer ihr nichts antun würden (AS 47 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes) - zurückgelassen haben soll. Es erscheint nicht vorderhand plausibel, dass eine Mutter ihre einzige (wenn auch schon volljährige) Tochter alleine zurücklässt und sie der Gefahr möglicher Übergriffe durch die Unbekannten aussetzt.

 

Bei den Übergriffen und Beschimpfungen seitens der unbekannten, maskierten Männer handelt es sich - folgt man den Angaben der Beschwerdeführerin - um einschneidende und gravierende Erlebnisse, die die Trennung der Beschwerdeführerin von ihrem Vater und ihrer Mutter und sie selbst in weiterer Folge zur Flucht aus ihrer Heimat bewogen haben. Angesichts dessen blieben die diesbezüglichen (in mehreren Einvernahmen gemachten) Schilderungen der Beschwerdeführerin trotz Nachfrage vage, allgemein und abstrakt. Über die Ursachen und Hintergründe der Belästigungen, die angeblichen Verbindungen ihres Vaters zu einer kriminellen Gruppierung und sein Schicksal oder die Herkunft bzw. Identität der Männer konnte die Beschwerdeführerin fast überhaupt keine Auskunft geben, obwohl sie ein großes Interesse daran haben müsste in ihrer Situation, sich darüber in irgendeiner Weise zumindest teilweise Kenntnis zu verschaffen. Daher kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie von der Unglaubwürdigkeit dieser Angaben ausgegangen ist.

 

Auch in ihrer Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin - trotz Kenntnis der beweiswürdigenden Schlussfolgerungen des Bundesasylamtes - keine konkretisierenden Sachverhaltselemente zu ihren Fluchtgründen vor, sondern wiederholte im Wesentlichen ihre im erstinstanzlichen Verfahren gemachten Angaben und trat auch der Beweiswürdigung der belangten Behörde nur unsubstantiiert entgegen. Stattdessen wurden Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und von Amnesty International hinsichtlich des Jahres 2005 über die allgemeine Menschenrechtslage in Georgien teilweise umfangreich zitiert, die allerdings über die konkrete Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin keine Auskunft geben und eine glaubhafte Darlegung von Fluchtgründen nicht ersetzen können. Als Bezugnahme auf das konkrete Asylverfahren wird behauptet, das Ermittlungsverfahren sei offensichtlich mangelhaft gewesen und die erkennende Behörde hätte Ermittlungen durchführen können, um zu überprüfen, ob ihre Angaben den Tatsachen entsprechen, was jedoch von der erstinstanzlichen Behörde unterlassen wurde. Dem ist entgegenzuhalten, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert darlegt (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334). Der Beschwerdeführerin ist im vorliegenden Fall im Rahmen mehrerer niederschriftlicher Einvernahmen ausreichend Gelegenheit eingeräumt worden, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen. Die Beschwerdeführerin wurde mehrmals dazu eingeladen, ihre Fluchtgründe zu ergänzen bzw. entsprechend zu konkretisieren. Eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens ist daher nicht erkennbar.

 

3. Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:

 

3.1 Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3.2 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie von vier unbekannten, maskierten Männern beschimpft und misshandelt worden sei, entspricht - wie oben dargelegt - nicht den Tatsachen.

 

Die Beschwerdeführerin konnte somit nicht glaubhaft machen, dass sie in ihrem Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte, weshalb die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

 

3.3 Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden (Abs. 2 leg. cit.). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. Abs. 3 leg. cit. abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

§ 8 AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300).

 

Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FremdenG 1997 ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag auch in Bezug auf den subsidiären Schutz abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (nach der Rechtslage nach dem AsylG 1997 musste sich die Gefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen; zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560).

 

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586;

21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460;

16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FremdenG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FremdenG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443; 26.2.2002, 99/20/0509; 22.8.2006, 2005/01/0718). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Im vorliegenden Fall liegt die vorgebrachte Bedrohung iSd § 8 Abs. 1 AsylG schon deshalb nicht vor, weil die Beschwerdeführerin ihren behaupteten Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

 

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Georgien eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Ferner ist unter Berücksichtigung des im Sommer 2008 neu aufgeflammten Konfliktes im Kaukasus festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht aus den betroffenen Krisengebieten Südossetien und Abchasien stammt und daher aufgrund der räumlichen Begrenzung der Konfliktzonen eine Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK in der Region Tbilisi auszuschließen ist.

 

3.4 Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 MRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 MRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage zu berücksichtigen, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Im vorliegenden Fall verfügt die Beschwerdeführerin über keine familiären oder auch nur verwandtschaftlichen Bindungen im Inland und befindet sich seit Juli 2006 lediglich aufgrund eines gestellten Antrages auf internationalen Schutz, der sich als unbegründet erwiesen hat, im Bundesgebiet. ISd oben dargelegten Rechtsprechung überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, wie insbesondere die Aufrechterhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der öffentlichen Ordnung, die privaten Interessen der Beschwerdeführerin (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach jedenfalls aus einer dreijährigen Aufenthaltsdauer idR keine rechtlich relevanten Bindungen zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden können). Die von der belangten Behörde verfügte Ausweisung ist daher aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zulässig.

 

Der Beschwerdeführerin kommt auch kein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zu; es gibt weiters keine Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in ihrer Person liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, 2002/20/0533; 12.6.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war und sich insbesondere in der Beschwerde, welche die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht substantiiert bekämpfte, kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit der Beschwerdeführerin zu erörtern.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, innerstaatliche Fluchtalternative, Lebensgrundlage, non refoulement, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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