A12 226.099/0-2008/26E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des K.O., geb. 00.00.1979, StA. des Sudan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.01.2002, Zahl: 01 21.873-BAT, nach Durchführung dreier mündlicher Verhandlungen am 10.05.2002, 02.08.2002 sowie 01.04.2005 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde von K.O. wird stattgegeben und K.O. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg.cit. wird festgestellt, dass K.O.damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.1. Der am 00.00.1979 geborene Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Sudan, reiste am 19.09.2001 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und beantragte am 20.09.2001 die Gewährung von Asyl.
Der Antragsteller brachte im Wesentlichen vor, in den Jahren 1992/1993 in den Süden des Landes geflüchtet zu sein, nachdem seine gesamte Familie von den Regierungstruppen liquidiert worden sei. Im Süden habe er sich der SPLM (Sudanese Peoples Liberation Movement) angeschlossen und sei für diese über zwei Jahre lang aktiv gewesen. Von 1995 bis 1997 sei er aus diesem Grunde inhaftiert gewesen.
Das detaillierte Vorbringen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen wurde bereits im Erstbescheid hinlänglich dargestellt und werden die bezughabenden Passagen dieser Entscheidung zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erklärt (Seiten 2 bis 6).
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.01.2002, Zl. 01 21.873-BAT, wurde der Antrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig festgestellt, dass gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers nach dem Sudan zulässig ist (Spruchpunkt II.).
3. Gegen diese Entscheidung erhob der im Betreff Genannte fristgerecht und zulässig Beschwerde.
Im Rahmen zweier abgehaltener öffentlicher mündlicher Verhandlungen vor dem unabhängigen Bundesasylsenat - als vormals zuständiger Berufungsinstanz nach dem Asylgesetz 1997 - wurde der nunmehrige Beschwerdeführer am 10.05.2002 sowie 02.08.2002 niederschriftlich zu seinen Fluchtgründen einvernommen.
Aufgrund eingetretenen Mutterschutzes wurde die Asylsache dem nunmehrigen Entscheider gemäß der Geschäftsverteilung des Unabhängigen Bundesasylsenates zur Bearbeitung zugewiesen und wurde das Verfahren durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 01.04.2005 im Beisein des nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters des Antragstellers fortgeführt.
Mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.04.2005, Zahl: 226.099/8-V/13/02, wurde der Beschwerde gem. §§ 7, 8 AsylG 1997 keine Folge gegeben. Die letztgenannte Entscheidung wurde zentral mit der Erkennung der Angaben des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen als nicht glaubhaft begründet; dies aufgrund aufgetretener Unstimmigkeiten im Aussagestand.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2007 wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und wurde insbesondere ausgeführt, dass die diesbezügliche Beweiswürdigung mit Ergebnis der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Antragstellers nicht hinreiche.
Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei und Einsicht in die Verwaltungsakte.
III. Zur Person des Berufungswerbers wird folgendes festgestellt:
Festgestellt wird, dass der Antragsteller Staatsangehöriger des Sudan ist und er zum vormaligen Zeitpunkt eine militärische Ausbildung im Rahmen der Volksbewegung des Südsudan durchlaufen hat, weshalb er zweimalig inhaftiert und misshandelt worden ist.
Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der sudanesischen Auslandsorganisation OASD (Organisation of African Sudanese Development) aktiv sich gegen das sudanesische Regime in der Öffentlichkeit artikuliert hat.
Das seitens des Antragstellers im durchgeführten Ermittlungsverfahren im Detail dargelegte Fluchtvorbringen wird der Entscheidung positiv zugrunde gelegt.
V. Beweiswürdigend wird festgestellt:
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2007 wurde erkannt, dass die beweiswürdigenden Ausführungen der vormalig ergangenen Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.04.2005 keine hinlängliche Basis für die Bewertung der Angaben des Antragstellers als nicht den Tatsachen entsprechend bieten.
Festgehalten sei, dass die Gesamtbetrachtung der Einzelangaben des Antragstellers vor beiden Instanzen des Verfahrens einen teilweise widersprüchlichen bzw. unterschiedlichen Aussagenstand beinhalten. Aufgrund der erschöpfend geführten Ermittlungstätigkeit der vormalig zuständigen Berufungsinstanz war auf das Eintreten in weitere Erhebungen zu verzichten.
Hinzu tritt, dass der Berufungswerber bei offenem Verfahren nunmehr unwiderlegliche Unterlagen zu seiner Auslandstätigkeit gegen das sudanesische Regime beigebracht hat.
Der beweiswürdigenden Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofes in obigen genanntem Erkenntnis war sohin zu folgen und war der Sachverhalt wie obig festzustellen.
VI . Rechtliche Beurteilung:
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§ 75 Abs. 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:
Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
1.
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
2.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
3.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Gem. § 75 Abs. 1 erster Satz, AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 101/2003 werden Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Nach § 44 Abs.3 AsylG sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 5 und 6,36,40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf solche Verfahren anzuwenden.
Gem. § 124 Abs. 2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentraler Aspekt des aus Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Zurechnungssubjekt der Verfolgungsgefahr ist der Heimatstaat bzw. bei Staatenlosen der Staat des vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltes. Daher muss die Verfolgungsgefahr (bzw. die wohlbegründete Furcht davor) im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; VwGH 14.10.1998, 98/01/262).
2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Berufungswerber im Falle einer Rückkehr nach dem Sudan mit Verfolgung durch sudanesische Sicherheitskräfte rechnen müsste. Die dargestellte Bedrohung der Freiheit, der körperlichen Integrität und des Lebens des Antragstellers weist unzweifelhaft asylrelevante Intensität auf.
3. Die für den Asylwerber bestehende Verfolgungsgefahr geht von den staatlichen Autoritäten des Sudan aus, in deren Blickfeld er aufgrund seiner politischen Artikulierung gelangt ist. Darüber hinaus war der Antragsteller bereits in der Vergangenheit Ziel von Inhaftierung und Misshandlung, weshalb ihm insbesondere aufgrund seiner neuerlichen regimekritischen Artikulation gegen das sudanesische Regime nunmehr für den Fall seiner hypothetischen Rückkehr wohlbegründete Furcht vor (neuerlicher) Verfolgung zusinnbar ist.
Insbesondere aufgrund der nunmehr eingetretenen sogenannten Nachfluchtgründe hat der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit asylrechtlich relevanter Verfolgung aus politischen Gründen zu rechnen, weshalb ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.