D6 307394-3/2008/9E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Vorsitzenden und Dr. Christine AMANN als Beisitzerin über die Beschwerde des A.M., geb. 00.00.1994, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2006, FZ. 06 10.677-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde von A.M. vom 8.3.2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2006, FZ. 06 10.677-BAG, wird stattgegeben und A.M. gemäß §§ 3, 34 AsylG der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass A.M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerdeführer, ein russischer Staatsangehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, ist Sohn des Beschwerdeführers zu D6 307391-3/2008 und stellte am 6.10.2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz.
1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2006 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr.100 (im Folgenden: AsylG), als unzulässig zurückgewiesen und für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 16 Abs. 1 lit c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Polen für zuständig erklärt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung vom 7.11.2006 gab der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 29.11.2006 gemäß § 41 Abs. 3 AsylG statt, behob den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Durchführung des materiellen Verfahrens an das Bundesasylamt zurück.
2. Mit Bescheid vom 22.2.2007 wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab und erkannte dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu. Ferner wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 8.3.2007 Berufung.
3. Mit Bescheid vom 22.3.2007 gab der unabhängige Bundesasylsenat der Berufung des Beschwerdeführers statt, behob den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. In seiner Begründung verwies der Bundesasylsenat auf Ermittlungsergebnisse aus "einer Vielzahl gleichartiger Verfahren", die trotz Kenntnis des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden seien.
In Folge einer Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26.6.2008 den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates mit der Begründung auf, dass die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen, auf die sich der unabhängige Bundesasylsenat in seinem Bescheid mit dem Hinweis auf bestimmte "Ermittlungsergebnisse" bezog, nach der verwaltungsgerichtlichen Judikatur nicht nachvollziehbar und widersprüchlich seien.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer ist die Sohn des Beschwerdeführers zu D6 307391-3/2008, dessen Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag Folge gegeben und dem gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.
2. Dies ergibt sich aus den Asylakten des Vaters des Beschwerdeführers.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1 Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom Asylgerichtshof (konkret: von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat) weiterzuführen.
3.2 Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt. Da der Asylantrag nach dem 31.12.2005 gestellt wurde, ist das vorliegende Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 2005 zu führen.
3.3 Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Z 22 AsylG von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 Asyl als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 2 aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Im vorliegenden Fall wurde dem Vater des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt: Dem Beschwerdeführer ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG der gleiche Schutzumfang, d.h. nach dem AsylG nunmehr der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit seinem Vater in einem anderen Staat möglich wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 41 Abs. 7 iVm § 67 D AVG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt war.