D5 260544-0/2008/1E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende und den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Beisitzer über die Beschwerde des S.R., geb. 00.00.1983, StA. von Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 7.3.2005, FZ. 04 02.806-BAW, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste seinen Angaben zufolge am 17.2.2004 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 18.2.2004 einen Asylantrag. Am 8.3.2004 fand seine Einvernahme vor dem Bundesasylamt statt. Mit Bescheid vom 7.3.2005, Zahl: 04 02.806-BAW, wies das Bundesasylamt in Spruchteil I. den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 ab und erklärte in Spruchteil
II. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 für zulässig. Gleichzeitig verfügte das Bundesasylamt in Spruchteil III. die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl. Nr. 101/2003 "aus dem österreichischen Bundesgebiet". Nachdem dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 10.3.2005 zugestellt worden war, erhob er dagegen fristgerecht eine Beschwerde.
Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 8.3.2004 beim Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer zu seinem Asylantrag im Wesentlichen Folgendes an:
Er habe sein Heimatland aufgrund der Probleme seines Vaters verlassen. Er habe die Männer, mit denen sein Vater Probleme gehabt habe, kein einziges Mal getroffen. Sein älterer Bruder sei einmal von diesen Männern entführt worden. Er sei als Familienmitglied seines Vaters gefährdet. Er habe unter ständiger Angst in Georgien gelebt und habe nicht auf die Straße gehen können.
Im o.a. Bescheid vom 7.3.2005 stellte das Bundesasylamt zunächst als maßgebenden Sachverhalt fest:
Die Identität des Beschwerdeführers stehe aufgrund des vorgelegten (und vom Bundesasylamt als echt klassifizierten) georgischen Personalausweises fest. Nicht festgestellt werden könne, dass dem Beschwerdeführer in seinem Heimatland Georgien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung drohe.
In der Folge traf das Bundesasylamt auf Seite 5 bis 9 des o.a. Bescheides Länderfeststellungen zur Lage in Georgien.
Das Bundesasylamt führte sodann im o.a. Bescheid als Beweiswürdigung aus:
Im Asylverfahren sei es nicht ausreichend, dass der Antragsteller Behauptungen aufstelle, sondern müsse er diese glaubhaft machen. Dazu müsse das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein. Der Beschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht, sondern sein gesamtes Vorbringen auf die bereits vom Unabhängigen Bundesasylsenat als dem Grunde nach für unglaubwürdig bewerteten Fluchtgründe seines Vaters S.O. gestützt. Da bereits die Fluchtgründe des Vaters des Beschwerdeführers für die erkennende Behörde nicht glaubhaft gewesen seien, sei auch das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen (der befürchtet habe, aufgrund der Probleme seines Vaters in Georgien verfolgt zu werden) für die das Bundesasylamt nicht glaubhaft.
Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes führte das Bundesasylamt im o.a. Bescheid zu § 7 AsylG idF BGBl. I Nr. 126/2002 (= Spruchteil I.) insbesondere aus:
Im gegenständlichen Fall erachte das Bundesasylamt im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Beschwerdeführers grundsätzlich als nicht glaubwürdig, sodass die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können und sei auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen gewesen.
In Bezug auf die Entscheidung über den subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (= Spruchteil II.) blieben die getroffenen Feststellungen des Bundesasylamtes hinsichtlich der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unbegründet.
In Bezug auf die Entscheidung gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (= Spruchteil III.) stellte das Bundesasylamt fest, dass kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege. Der Aufenthalt der Angehörigen sei so wie jener des Beschwerdeführers nur ein vorübergehender. Die Ausweisung stelle daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.
Gegen diesen o.a. Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 23.3.2005 fristgerecht eine Beschwerde, in der er eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Verfahrensmängel geltend machte und im Wesentlichen ausführte: Er habe aufgrund der politisch motivierten Probleme seines Vaters in der Folge eigene Probleme gehabt. Die Verfolgung seiner Person sei vor allem auf die in Georgien, insbesondere Swanetien, herrschende Tradition der Blutrache zurückzuführen. Er habe glaubwürdig und detailreich vorgelegt, von den Verfolgern seines Vaters ebenfalls gesucht zu werden. Die gesamte Familie sei bedroht worden, das Haus der Großmutter sei aus Rache niedergebrannt worden. Dass der Beschwerdeführer selbst bisher nicht Opfer persönlicher Übergriffe geworden sei, sei ausschließlich darauf zurückzuführen, dass er mehrfach seinen Wohnort gewechselt habe und seine Freunde, die über seine Probleme Bescheid gewusst hätten, ihn versteckt gehalten hätten. Aufgrund der in Georgien herrschenden Behördenkorruption hätte er keinen staatlichen Schutz vor den von ihm geschilderten Übergriffen von privater Seite erhalten. Das glaubwürdige und schlüssige Vorbringen des Beschwerdeführers sei für sich alleine schon geeignet, die begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Dem Beschwerdeführer drohe als Angehörigen einer sozialen Gruppe asylrelevante Verfolgung in Georgien, denn aufgrund der Angehörigeneigenschaft zu seinem Vater sei er von Blutrache bedroht, daher sei ihm aus diesem Grunde gemäß § 7 AsylG 1997 Asyl zu gewähren. Weiters habe es das Bundesasylamt unterlassen, eine Prüfung seines Vorbringens im Hinblick auf § 8 Abs. 1 AsylG 1997 vorzunehmen. Gerade in Bezug auf § 57 Abs. 1 FrG wäre eine derartige Prüfung jedenfalls erforderlich gewesen. Zudem seien dem Bundesasylamt auch bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK einige Fehler unterlaufen. Die Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung sei nicht bezogen auf den konkreten Fall des Beschwerdeführers vorgenommen worden, denn von dem Beschwerdeführer gehe keinerlei Gefährdung öffentlicher Interessen aus, ein Eingriff in seine Rechte gemäß Art. 8 EMRK sei schon allein vor diesem Hintergrund unverhältnismäßig und seine Ausweisung demnach unzulässig.
Er stellte daher folgende Anträge:
Der Asylgerichtshof möge
eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen,
den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass ihm Asyl gewährt werde,
den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Unzulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in sein Heimatland ausgesprochen und ihm ein befristetes Aufenthaltsrecht erteilt werde,
den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Bescheid im Spruchpunkt betreffend die Ausweisung ersatzlos behoben werde oder zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückverwiesen werde; in eventu
den angefochtenen Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverweisen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Der zuständige Senat des Asylgerichtshofes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
Der Beschwerdeführer hat in seinem Asylantrag im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:
Er habe sein Heimatland aufgrund der Probleme seines Vaters verlassen. Er habe die Männer, mit denen sein Vater Probleme gehabt habe, kein einziges Mal getroffen. Sein Bruder sei einmal 2003 von diesen Männern entführt worden. Er sei als Familienmitglied seines Vaters gefährdet. Er habe unter ständiger Angst in Georgien gelebt und habe nicht auf die Straße gehen können.
Die Beweiswürdigung im o.a. Bescheid hält aus folgenden Gründen einer näheren Betrachtung nicht stand:
1.1. Der Organwalter des Bundesasylamtes, welcher den erstinstanzlichen Bescheid genehmigt hat, geht von der Unglaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens des Beschwerdeführers aus. Den Erwägungen des Bundesasylamtes ist jedoch entgegenzuhalten, dass der ältere Bruder des Beschwerdeführers namens S.G. im Rahmen seiner Einvernahme ein Konvolut an Schreiben und Dokumenten vorgelegt hat, die eigene - nach der Ausreise des Vaters namens S.O. aus Georgien im Jahr 2001 entstandene - Fluchtgründe des Beschwerdeführers und dessen älteren Bruder belegen bzw. bestätigen soll, aber das Bundesasylamt diese "Beweismittel" in keinster Weise in seiner Beweiswürdigung miteinbezogen hat. Bedenkt man, dass der den Bescheid genehmigende Organwalter des Bundesasylamtes das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers insbesondere mit der Begründung als unglaubwürdig erachtet hat, dass die Fluchtgründe des Vaters (bzw. des älteren Bruders) bereits "als dem Grunde nach für unglaubwürdig bewertet" worden waren, liegt auf der Hand, dass es unschlüssig ist, später entstandene, auch den Beschwerdeführer betreffende Fluchtgründe mit solche einer Begründung a priori als unglaubwürdig abzutun. Die für den Fall des Beschwerdeführers getroffenen Erwägungen des Bundesasylamtes sind vor allem insofern schwer mangelhaft, als der zur Entscheidung berufene Organwalter des Bundesasylamtes - Herr ADir. P. - bei der Einvernahme des älteren Bruders S.G. überhaupt nicht zugegen war und somit persönlich gar keinen Eindruck über dessen Aussagen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit gewinnen hat können.
1.2. Weiters liegt auf der Hand, dass die nicht erfolgte Einbeziehung von vorgelegten - zum Teil nicht einmal übersetzten - Beweismitteln einen Mangel im Ermittlungsverfahren darstellt und daher auch im Fall des Beschwerdeführers einer abschließenden (negativen) Glaubwürdigkeitsprüfung entgegensteht.
1.3. Angesichts obiger Erwägungen ist als maßgebend festzuhalten, dass im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren vor dem Bundesasylamt schwere Mängel aufgetreten sind, die von fehlenden Ermittlungen bis zu mangelhaften Begründungen im erstinstanzlichen Bescheid reichen.
2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes rechtlich Folgendes:
2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1.7.2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom Asylgerichtshof (konkret: von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat) weiterzuführen.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren nach leg. cit. gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem zuständigen Senat des Asylgerichtshofes (D/5) weiterzuführen.
2.2. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gemäß § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden.
(...)
Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als ¿unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. März 2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' iSd § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084).
Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet, wobei der belangten Behörde die Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichthofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die Vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt: "Einem zurückweisenden Bescheid iSd § 66 Abs. 2 AVG muss (demnach) auch entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. zum Ganzen zuletzt das Erkenntnis vom 20.4.2006, Zl. 2003/01/0285)."
Was für den Unabhängigen Bundesasylsenat bis zum 30.6.2008 zu gelten hatte, gilt nunmehr gleichermaßen für den Asylgerichtshof.
2.4. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt.
Um den hier maßgeblichen Sachverhalt ordnungsgemäß zu ermitteln, hätte der ältere Bruder S.G. von demselben Organwalter des Bundesasylamtes, der im Fall des Beschwerdeführers den o.a. Bescheid samt Beweiswürdigung genehmigt hat, einvernommen werden müssen. Die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft mit dem Hinweis auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers könnte im gegenständlichen Fall nach Ansicht des zuständigen Senates des Asylgerichtshofes nur dann das maßgebende Ergebnis einer Prüfung sein, wenn dem Beschwerdeführer damit entgegengetreten werden könnte, dass nach vollständiger Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes - insbesondere auch unter Einbeziehung der vom älteren Bruder vorgelegten Schreiben und Dokumente - keine Umstände zu Tage treten, die auf eine Gefährdung iSd GFK schließen lassen. Zwar obliegt es dem Beschwerdeführer, von sich aus entscheidungsrelevante Tatsachen vorzubringen, das Bundesasylamt hätte jedoch von Amts wegen darauf hinzuwirken gehabt, dass die Angaben des Beschwerdeführers im Hinblick auf einen relevanten Grund iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vervollständigt werden. Nur in dieser Form hätte das Bundesasylamt im gegenständlichen Fall eine abschließende (negative) Glaubwürdigkeitsprüfung in schlüssiger Weise vornehmen können.
Aufgrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens fehlt eine ausreichende Beurteilungsgrundlage, zumal für die Lösung der Frage, ob der Beschwerdeführer der Gefahr einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt ist, die Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens notwendig ist.
Folglich ist das Ermittlungsverfahren betreffend die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers mangelhaft geblieben und erweisen sich auch die darauf gestützten Begründungen im o.a. Bescheid als mangelhaft. Die aufgezeigten Mängel sind wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Vermeidung der Mängel zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte führen können.
Fest steht, dass das Bundesasylamt den Sachverhalt im gegenständlichen Fall so mangelhaft ermittelt hat, dass die Durchführung oder Wiederholung einer Einvernahme unvermeidlich erscheint.
Der zuständige Senat des Asylgerichtshofes ist der Ansicht, dass die schweren Mängel vom Bundesasylamt zu sanieren sind, da im gegenteiligen Fall der Großteil des Ermittlungsverfahrens vor dem Asylgerichtshof als gerichtliche Beschwerdeinstanz verlagert würde und somit - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - der zweiinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen würde.
Aus den dargelegten Gründen ist gemäß § 66 Abs. 2 AVG der o.a. Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.