TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/25 E10 314980-1/2008

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Veröffentlicht am 25.09.2008
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Spruch

E10 314.980-1/2008-5E

 

E10 314.980-2/2008-7E

 

ERKENNTNIS

 

A.) Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin S. DUTZLER über die Beschwerde der O.A., geb. am 00.00.1968, StA. der Republik Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.9.2007, FZ. 05 08.793-BAS in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 71 Abs. 2 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 AVG als unbegründet abgewiesen.

 

B.) Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau S. DUTZLER über die Beschwerde der O.A., geb. am 00.00.1968, StA. der Republik Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.5.2006, FZ. , in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

 

Die Beschwerde wird gemäß 63 Abs. 5 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 AVG zurückgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylgerichtshof nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:

 

1. Bisheriger Verfahrenshergang

 

1.1. Die Beschwerdeführerin, Staatsangehörige der Republik Armenien, reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 16.6.2005 einen Asylantrag ein.

 

1.2. Mit im Spruchpunkt B.) genannten Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I). Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Herkunftsstaat wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II). Ebenso wurde der BF gem. § 8 Abs. 3 iVm 15 Abs. 2 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III).

 

1.3. Anlässlich der Zustellung des unter 1.2. genannten Bescheides durch persönliche Ausfolgung im Amt unterfertigte die BF am 12.5.2006 einen auf der Übernahmebestätigung vorverfassten Berufungsverzicht.

 

1.4. Am 16.5.2006 verfasste ein Organwalter des BAA einen Aktenvermerk, aus dem hervorgeht, dass die BF an diesem Tage bei der Caritas Wels vorsprach, um dort eine Rechtsberatung in Bezug auf den abgegebenen Rechtsmittelverzicht in Anspruch zu nehmen (AS 191). Eine telefonische Rücksprache seitens des vorsitzenden Richters am 17.9.2008, 15:30 Uhr mit der im oa. AV genannten Sachbearbeiterin der Caritas Wels (richtigerweise Frau G.) bestätigte dessen Inhalt indem sie angab, die BF hätte sich zu ihr begeben und vorgebracht, sie hätte den Rechtsmittelverzicht unterschreiben müssen um subsidiären Schutz zu erhalten. Sie (Frau G.) hätte hierauf mit dem Referenten des Bundesasylamtes (Hr. S.) telefoniert, welcher ihr mitteilte, die BF hätte den Rechtsmittelverzicht freiwillig und nach ausführlicher Belehrung abgegeben. Frau G. gab weiters an, es hätte an diesem Tag mit Frau O. ein Beratungsgespräch in Bezug auf den abgegebenen Berufungsverzicht stattgefunden.

 

1.5. Mit Schriftsatz vom 6.3.2007 (beim Bundesasylamt eingelangt am 8.3.2007, zur Post gegeben am 7.3.2007) brachte die BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und zeitgleich gegen den abweislichen Bescheid gem. § 7 AsylG innerhalb offener Frist eine "Berufung" [nunmehr: "Beschwerde"] ein.

 

1.6. Den Antrag auf Wiedereinsetzung begründete die BF damit, dass sie zum Zeitpunkt der Abgabe des Rechtsmittelverzichts sich in einem Irrtum bzw. einer Zwangslage befand. Dieser Willensmangel hätte sie letztlich dazu veranlasst, den Rechtsmittelverzicht zu unterfertigen. Am 5.3.3007 hätte sie anlässlich einer Rechtsberatung bei der Caritas Wels (Dr. B.) erfahren, dass zumindest im gesamten Verwaltungsbereich des Landes OÖ. aufgrund einer Weisung des Landesamtsdirektors Rechtsmittelverzichte nicht mehr existieren.

 

Erst jetzt wäre ihr das alles bewusst geworden, weshalb sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung einbringen könne.

 

1.7. In Bezug auf den Inhalt der Berufung, sowie auf das sonstigen Vorbringens und den Verfahrenshergang im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

2. Beweiswürdigung

 

2.1. Der bisherige Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest.

 

2.2. Fest steht, dass die BF an dem Akt ersichtlichem Datum einen Rechtsmittelverzicht abgab. Dies ergibt sich aus der auf AS 171 ersichtlichen von der BF unterfertigten Übernahmebestätigung iVm mit dem Rechtsmittelverzicht.

 

2.3. In Bezug auf die Frage, ob die BF diesen Rechtsmittelverzicht frei von Willensmängeln abgab werden nachfolgende Überlegungen angestellt:

 

Die BF bringt vor, man hätte ihr erklärt, dass ihr ohne Verzicht eines Rechtsmittels keine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt bzw. kein subsidiärer Schutz gewährt worden wäre. Darüber hinaus sei sie aufgrund ihrer individuellen Lage unter Druck gestanden, wäre falsch belehrt worden und hätte glaublich den Dolmetsch nicht richtig verstanden. Im Verlauf des Verfahrens relativierte die BF ihre Behauptungen in Bezug auf das vorwerfbare Verhalten des Organwalters des Bundesasylamt und zog sich auf das Vorbringen, sie hätte sich in einem Irrtum bzw. einer inneren Zwangslage befunden, zurück.

 

Aufgrund des Umstandes, dass die BF ihre Behauptung, sie wäre quasi genötigt worden, einen Rechtsmittelverzicht abzugeben, bzw. wäre falsch beraten worden, erheblich relativierte und auch bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein weiterer Hinweis besteht, dass sich der Organwalter zu einem derartigen Verhalten hinreißen gelassen hätte, welches ihn der Gefahr einer straf-, disziplinar- und zivilrechtlichen Verfolgung aussetzen würde, sieht es der AsylGH als erwiesen an, dass die BF nicht unter den von ihr vorerst behaupteten Umständen zur Abgabe des Rechtsmittelverzichts genötigt wurde.

 

Ebenso wurde von der BF nie bestritten, dass bei der Abgabe des Rechtsmittelverzichts ein Dolmetsch anwesend war und eine Manuduktion stattfand.

 

Die Behauptung, sie hätte glaublich den Dolmetsch nicht verstanden wurde von der BF erst im fortgeschrittenen Verfahren bloß stereotyp vorgebracht und es ergab sich im weiteren Verfahren keine Hinweise, dass dies der Fall gewesen wäre. Hier wird auf die Niederschrift vom 6.3.3006 (AS 87 ff) hingewiesen, welcher die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt, wo die BF den selben Dolmetscher offensichtlich einwandfrei verstand und auch die Frage, ob sie den Dolmetsch während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden hätte, bejahte (AS 99). Es ist daher nicht ersichtlich, dass dies am 12.5.2006 nicht der Fall gewesen sein sollte. Das Gericht sieht es daher als erwiesen an, dass das Vorbringen, sie hätte den Dolmetsch am 12.5.2006 nicht ausreichend verstanden, bloß aus Opportunitätserwägungen in Hinblick auf den erhoffen Verfahrensausgang getätigt wurde.

 

Der Umstand, dass die BF anlässlich der Ausfolgung des Bescheides nicht erkannte, dass sie einen Rechtsmittelverzicht unterzeichnet wurde von der BF im gesamten Verfahren nicht behauptet und ergeben sich auch sonst keine Hinweise darauf.

 

Ob sich die BF in einer dermaßen starken inneren Zwangslage bzw. relevanten Irrtümern befand, welche die Feststellung zuließen, sie hätte den Rechtsmittelverzicht nicht frei von Willensmängel abgegeben, wird aufgrund der bisherigen Ausführungen zumindest stark bezweifelt. Letztlich ist jedoch im Zweifel für die BF anzuführen, dass sie sich als unvertretene Asylwerberin beim Bundesasylamt befand und unmittelbar vor jenem Moment, in dem sie den Rechtsmittelverzicht abgab, erfuhr, dass zumindest ihr Asylantrag abgewiesen wird, was sicherlich zu einer gewissen psychischen Ausnahmesituation führte, zumal diese Entscheidung gewaltige Auswirkungen auf die künftige Lebensplanung hat. Auch ist zur optischen Aufmachung des auf AS 171 ersichtlichen Formulars zu sagen, dass für einen juristischen Laien die mutmaßliche Schlussfolgerung, die Ausfolgung des Bescheides, welcher zum Aufenthalt im Bundesgebiet zumindest aufgrund der Gewährung subsidiären Schutzes berechtigt und die Abgabe eines Rechtsmittelverzichts stünden im Zusammenhang zumindest nicht gänzlich unplausibel sein kann. Die Verwendung eines solchen Formulars ist daher zumindest als unglücklich zu bezeichnen. Ebenso ist es durchaus nachvollziehbar, dass der unvertretenen BF, zwar die grundsätzlichen, aber nicht die vollen Unterschiede zwischen Asyl und subsidiärem Schutz bekannt waren (etwa in Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen). Auch ist die nachvollziehbare Aussage der BF, sie hätte um jeden Preis mit ihrem Kind in Österreich bleiben wollen zu berücksichtigten, welche ebenfalls das Vorhandensein einer gewissen inneren Zwangslage indiziert. Auch ist der Umstand, dass die BF unvertreten war nicht gänzlich außer Acht zu lassen.

 

2.4. Zusammenfassend ist letztlich zu sagen, dass dem Bundesaylamt rechtlich in Bezug auf die Umstände der Abgabe des Rechtsmittelverzichts kein Vorwurf zu machen ist, die unvertretene BF seitens der Organwalter des Bundesasylamtes nicht zur Abgabe des Rechtsmittelverzichts genötigt und auch nicht falsch belehrt wurde. Es ist jedoch einzuräumen, dass die optische Ausgestaltung des formularmäßig verfassten Rechtsmittelverzichts unglücklich gewählt wurde. Der BF war es zwar dennoch bewusst, dass sie einen Rechtsmittelverzicht abgibt, befand sich jedoch aufgrund ihrer individuellen Situation in einer inneren Zwangslage bzw. befand sich trotz Manuduktion seitens des BAA in einem Irrtum über den Umfang bzw. Folgen des Rechtsmittelverzichts.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Verweise

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

3. Abweisung der Berufung gem. Spruchpunkt A.)

 

Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

 

Gemäß § 71 Abs. 3 AVG hat die Partei im Fall der Versäumung einer Frist die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag einzubringen.

 

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers in seinem Antrag gesteckt wird (vgl. VwGH 22.02.2001, Zl. 2000/20/0534; siehe auch Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 4 und 7 zu § 71 AVG). Den Wiedereinsetzungswerber trifft somit die Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen; es ist nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsantrag bilden könnten (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0268 unter Bezugnahme auf das dg. Erkenntnis vom 28.01.1998, Zl. 97/01/0983). Im Übrigen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Partei im Verfahren wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden bleibt. Eine Auswechslung dieses Grundes im Berufungsverfahren ist rechtlich unzulässig (vgl. VwGH 28.02.2000, Zl. 99/17/0317, VwGH 30.11.2000, Zl. 99/20/0543, VwGH 25.02.2003, Zl. 2002/10/0223). Erst im Berufungsverfahren - außerhalb der Frist des § 71 Abs. 2 AVG - nachgetragene Behauptungen können einen Wiedereinsetzungsantrag nicht mehr begründen (VwGH 26.04.2001, Zl. 2000/20/0336).

 

Als Ereignis ist jedes Geschehen ohne Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen, auch ein Irrtum kann ein Ereignis sein. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann (VwSlg 9024 A). Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, Zl. 99/01/0337). Eine Erkrankung kann für sich allein niemals einen Wiedereinsetzungsgrund bilden, sondern nur dann, wenn zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit der Partei ausgeschlossen wird, wenn also zufolge der Krankheit nicht einmal mehr für eine Stellvertretung vorgesorgt werden kann (z.B. VwGH 27.01.1994, 93/15/0219). Dispositionsunfähigkeit liegt dann vor, wenn jemand außerstande ist, als notwendig erkannte Handlungen fristgerecht zu setzen (VwGH 16.02.1994, 90/13/0004; auch VwGH 10.10.1996, 95/20/0659).

 

Geht man im gegenständlichen Fall im Zweifel für die BF davon aus, dass aufgrund des Vorliegens eines Willensmangels kein rechtswirksamer Berufungsverzicht abgegeben wurde (zur Beachtlichkeit eines Irrtums zu Gunsten des BF und somit der Unbeachtlichkeit des Berufungsverzichts aufgrund eines Willensmangels siehe etwa VwGH 16.4.1980, 324/80; 18.9.1981, 81/02/0058; 11.1.1980, 88/01/0188; 10.3.1994, 94/19/0601) wäre vorerst anzunehmen, dass es der BF offen gestanden wäre, innerhalb der gesetzlichen Berufungsfrist von 2 Wochen, gerechnet ab 12.5.2006 eine Berufung einzubringen, und es des Instrumentariums der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gar nicht bedurfte, was jedoch nicht der Fall war.

 

Legt man nun die unter 2.2. - 2.4. getroffenen Ausführungen den weiteren Erwägungen zu Grunde, so kann hier im Zweifel für die BF angenommen werden, dass sie sich aufgrund des Umstandes, sie habe einen -wenn auch objektiv (jedoch subjektiv für sie nicht erkennbar) unwirksam- Rechtsmittelverzicht abgegeben, welcher sie in weiterer Folge daran hinderte, eine Berufung einzubringen, da sie sich in Bezug auf die Möglichkeit eine Berufung einzubringen, in einem Irrtum befand.

 

Der Eintritt des Irrtums war für die BF insofern unvorhersehbar, als dass sie nicht erwarten musste, dass man ihr im Rahmen der Ausfolgung des Bescheides anbiete, einen Rechtsmittelverzicht abzugeben.

 

Im gegenständlichen Fall ist jedoch festzustellen, dass die Fortdauer des Irrtums bis zum 7.3.2007 objektiv von einem Durchschnittsmenschen, im Sinne einer durchschnittlich sorgfältigen Asylwerberin mit dem Wissen und den Fähigkeiten der BF verhindert werden konnte. Die BF nahm bereits am 16.5.2006 eine Rechtsberatung bei einer kompetenten Stelle (Caritas Wels, Rechtsberatung) in Anspruch. Spätestens ab diesem Zeitpunkt musste ihr klar sein, in welcher Situation sie sich befindet und sie wäre verpflichtet gewesen, tauglich Schritte zu setzen, etwa die Einbringung einer Berufung oder -falls es für sie noch weitere offene Fragen gegeben hätte- die ehestmögliche Einholung weiterer Erkundigungen, welche für die BF soweit Klarheit gebracht hätten, ob und welche weitere tauglichen Schritte zu setzen gewesen wären.

 

Ein tatenloses Zuwarten von beinahe 10 Monaten ohne die Setzung weiterer tauglicher Schritte stellt jedenfalls ein der BF vorwerfbares grob sorgloses Verhalten dar. Dass sie hierzu etwa aufgrund mangelnder Dispositionsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, wurde von der BF weder vorgebracht noch ergeben sich bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen irgendwelche Hinweise auf einen solchen Umstand.

 

Es ist letztlich festzustellen, dass die BF spätestens seit 16.5.2006 nicht gehindert war, wirksame Schritte zur Bekämpfung des nunmehr angefochtenen Bescheides zu setzen, sodass die Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am erst 7.3.2007 erheblich verspätet im Sinne des § 71 Abs. 2 ist.

 

Die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.9.2007, FZ. 05 08.793-BAS war daher wegen verspäteter Einbringung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand -wenn auch aus anderen wie vom BAA dargelegten Gründen (§ 66 Abs. 4 AVG)- abzuweisen.

 

4. Zurückweisung der Berufung gem. Spruchpunkt B.)

 

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist eine Berufung [hier: "Beschwerde"] binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, wobei die Berufungsfrist [hier:

"Beschwerdefrist] mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung, mit dieser beginnt.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Die Tage des Postenlaufes werden gemäß § 33 abs. 3 AVG in die Frist nicht eingerechnet. Zur Wahrung der Frist genügt es also, dass der Postenlauf vor Ablauf des letzten Tages der Frist in Gang gesetzt wird, d. h. dass die Berufung der Post zur Beförderung an die richtige Stelle übergeben wird.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der BF der angefochtene Bescheid am 12.5.2006 zugestellt. Es wurde im Zweifel für die BF festgestellt, dass diese einen ungültigen Rechtsmittelverzicht abgab, weshalb die Einbringung einer Berufung [nunmehr Beschwerde] innerhalb der Frist von 2 Wochen gem. § 63 (5) AVG, gerechnet ab dem 12.5.2006 möglich gewesen wäre. Die Berufung wurde erst am 7.3.2007, also erst beinahe 10 Monate nach Zustellung des Bescheides und somit augenscheinlich verspätet eingebracht.

 

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.5.2006, FZ. 05 08.793 war daher als verspätet zurückzuweisen.

Schlagworte
Familienverfahren, Fristversäumung, Irrtum, minderer Grad eines Versehens, Wiedereinsetzung
Zuletzt aktualisiert am
31.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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