TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/26 A5 220011-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.2008
beobachten
merken
Spruch

A5 220.011-0/2008/10E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SCHREFLER-KÖNIG als Vorsitzende und die Richterin Mag. UNTERER als Beisitzerin im Beisein der VB Biondo über die Beschwerde des E.K., geb. 00.00.1974, Staatsangehöriger von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.10.2000, Zl. 00 06.882-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.09.2008, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde des E.K. wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 9.6.2000 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 leg.cit. für zulässig erklärt.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung (ab 1.7.2008: Beschwerde).

 

I.3. In Ermangelung einer aufrechten Meldeadresse stellte der Unabhängige Bundesasylsenat das Verfahren am 29.11.2003 ein. Das Verfahren wurde infolge eines Schreibens der belangten Behörde vom 20.6.2005, mit dem ein entsprechender Antrag des Genannten auf Fortsetzung des Verfahrens übermittelt und eine aufrechte Meldeadresse bekannt gegeben wurde, fortgesetzt.

 

I.4. Mit Einrichtung des Asylgerichthofes am 1.7.2008 ging gegenständliche Angelegenheit in die Zuständigkeit des nunmehr erkennenden Senates über.

 

I.5. Der Asylgerichtshof führte am 11.9.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdeangelegenheit durch, zu der der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen wurde und persönlich erschienen ist.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

II.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Sein Name und sein Geburtsdatum konnten nicht verifiziert werden. Er reiste am 8.6. 2000 illegal nach Österreich ein und stellte am darauf folgenden Tag einen Asylantrag.

 

II.1.2. Der nunmehrige Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde am 10.8. 2000 sowie am 31.8.2000 niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Genannte zu Protokoll, er sei am 28.2 .2000 von seinem Heimatort nördlich von Kaduna mit dem Auto nach Benin City gebracht worden, wo er rund vier Wochen hindurch bei seinem Großvater gelebt habe. Danach habe er sich noch einige Wochen in Lagos aufgehalten. Der Freund eines Cousins habe ihm dann zur Flucht verholfen. Zu seinen Fluchtgründen führte der nunmehrige Beschwerdeführer aus, sein Vater habe als Pastor Erwachsene unterrichtet. Er selbst habe den Kindern Unterricht gegeben. 2000 hätten Leute das Haus gestürmt und hätten geschrieen: "Dies ist ein Pastor!". Dann hätten sie seinen Vornamen gerufen, woraufhin der nunmehrige Beschwerdeführer davon gelaufen sei. Er habe noch beobachten können, wie diese Leute seinem Vater mit einem Messer ein Ohr abgetrennt und auf ihn eingestochen hätten. Der nunmehrige Beschwerdeführer sei zunächst zu einem anderen Mitglied der Kirchengemeinschaft gelaufen und im Anschluss daran auf die Polizeistation gegangen, wo er sich rund eine Woche aufgehalten habe. Die Polizeibeamten hätten ihm gesagt, dass die Moslems über seinen Aufenthaltsort Bescheid wüssten und die Gefahr einer Stürmung der Polizeistation bestünde. Dies sei der Grund dafür gewesen, dass sich der Beschwerdeführer zunächst nach Benin City und dann nach Lagos begeben habe. Die Moslems seien hinter ihm her, weil er versucht habe, ein moslemisches Kind zum evangelischen Glauben zu bekehren. Konkret habe es sich um ein 12-jähriges Kind gehandelt, welches er öfter zur Kirche mitgenommen habe. Als der Beschwerdeführer zum Haus dieser Familie gekommen sei, habe ihm der Vater gedroht, ihn umzubringen, wenn er nochmals versuchen würde, das Kind abzuholen. Dies habe sich 2000 zugetragen, der Vater dieses Kindes sei auch unter den rund 10 Personen gewesen, die 2000 das Elternhaus des Beschwerdeführers gestürmt hätten. Über Nachfrage der belangten Behörde, ob es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, sich in einem anderen Landesteil Nigerias niederzulassen, verwies der Genannte darauf, dass das Verhältnis zu seinen Verwandten in Benin City nicht so gut sei, da diese nicht der evangelischen Glaubensgemeinschaft angehörten. Über Vorhalt, dass sich der Beschwerdeführer seinen ursprünglichen Angaben zufolge aber offenkundig einen Monat lang unbehelligt bei seinem Großvater in Benin City aufgehalten habe, meinte der Beschwerdeführer, dass er getötet worden wäre, wenn ihn der Vater dieses Kindes dort ausfindig gemacht hätte. Er sei im Haus seines Großvaters nicht gesucht worden, aber sein Onkel, der den Großvater besucht habe und zu dem der Beschwerdeführer kein so gutes Verhältnis unterhielte, habe ihn möglicherweise verraten. Sein Onkel gehöre der Ogboni-Geheimgesellschaft an. Die belangte Behörde erkundigte sich beim nunmehrigen Beschwerdeführer über die näheren Umstände seiner Lehrtätigkeit. Der Genannte führte dazu aus, er habe den Kindern gesagt, man dürfe nicht kämpfen, nichts stehlen, man müsse alte Leute respektieren und dürfe nichts Böses tun.

 

II.1.3. Mit Bericht der BPD Graz vom 24.8.2000 wurden der belangten Behörde die Kopien eines auf den Namen des Beschwerdeführers lautenden Reisepasses sowie einer Geburtsurkunde übermittelt. Die BPD Graz teilte mit, dass die Dokumente bei einer Kontrolle einer Paketsendung, die an einen gewissen O.D. adressiert gewesen sei, gefunden worden seien. Die Unterschrift im Reisepass erweise sich als fragwürdig, da sich der Passinhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung des Dokumentes in Österreich aufgehalten habe und mit Vornamen und abgekürztem Familiennamen unterschrieben worden sei.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 31.8. 2000 zu diesen Dokumenten befragt. Die belangte Behörde erkundigte sich danach, warum der Genannte bei seiner Einvernahme behauptet habe, am 00.00.1974 geboren zu sein, aber nunmehr aus dem Reisepass hervorging, er sei am 00.00.1973 geboren. Er habe, so der Beschwerdeführer, diese Daten nicht angegeben, sondern sich den Reisepass über seinen Cousin besorgt. Dieser habe den Pass auch für ihn unterschrieben. Dem Beschwerdeführer wurde weiters vorgehalten, dass die Namen seiner Eltern in der vorliegenden Geburtsurkunde nicht mit den diesbezüglichen Angaben gegenüber der belangten Behörde übereinstimmten. Auch in diesem Zusammenhang verwies der Genannte auf seinen Cousin, über den die Beschaffung der Dokumente gelaufen sei. Zusammengefasst könne er nicht angeben, weshalb falsche Daten in die Dokumente gelangt seien bzw. auf welche Weise sein Cousin zu diesen gekommen sei. Er habe ihn lediglich nach seiner ersten Einvernahme vor der belangten Behörde am 10.8 .2000 angerufen und sei ihm seitens seines Cousins zugesichert worden, ihm die Dokumente über O.D. zukommen zu lassen. Über Vorhalt, dass die Dokumente aber ein Ausstellungsdatum 5. bzw. 10.7.2000 beinhalteten und somit rund einen Monat vor seiner Einvernahme bei der belangten Behörde ausgestellt worden seien, zog sich der Betreffende darauf zurück, keine Angaben dazu tätigen zu können.

 

II.1.4. Die belangte Behörde wies den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab und erklärte die Rückführung des Genannten nach Nigeria für zulässig. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Identität des Beschwerdeführers trotz Vorlage eines Reisepasses und einer Geburtsurkunde nicht feststünde, zumal es in Bezug auf die Ausstellung dieser Dokumente zahlreiche Ungereimtheiten gäbe. Der Genannte werde weder von staatlichen Organen noch mit staatlichem Willen verfolgt. Es sei durchaus glaubwürdig, dass der nunmehrige Beschwerdeführer versucht habe, ein moslemisches Kind zum evangelischen Glauben zu bekehren und deshalb mit dem Vater des Kindes Probleme bekommen habe. Es sei aber nicht glaubhaft, dass dieser Mann ihn in ganz Nigeria finden könne. So habe der Beschwerdeführer ja selbst angegeben, einen Monat lang völlig unbehelligt bei seinem Großvater in Benin City gelebt zu haben. Soweit der Vater des Kindes Militärangehöriger sei, sei zu erwarten, dass es ihm ein Leichtes gewesen wäre, die Adresse von nahen Verwandten des Beschwerdeführers herauszufinden und den Genannten eben dort zu suchen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer sich weitere Tage beim Großvater aufgehalten habe, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass ein Onkel mittlerweile seinen Aufenthaltsort preisgegeben habe.

 

II.1.5. Der Beschwerdeführer bekämpfte die Entscheidung der belangten Behörde fristgerecht mittels Berufung (ab 1.7.2008: Beschwerde). Im Falle seiner Rückkehr würde er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Armeeangehörigen getötet werden. Diese würden durch Bestechung bald wieder frei kommen. Er könne sich nirgends in Nigeria niederlassen, da er von "diesem Geheimbund" überall ausgeforscht würde. Nachdem die Polizei mit den Geheimbünden kooperiere, habe er keinen Schutz durch die staatlichen Stellen zu erwarten.

 

II.2. Zur Lage in Nigeria

 

Nigeria ist eine föderale Republik in Westafrika, bestehend aus 36 Bundesstaaten und mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 140 Millionen Menschen. 1960 wurde in Nigeria die Unabhängigkeit von Großbritannien proklamiert. Die nachfolgenden Jahre waren von interkulturellen sowie politischen Unruhen und Gewaltausbrüchen geprägt, als schließlich das Militär (durch Igbo- Offiziere) 1966 die Macht übernahm und die erste Republik beendete. Die ersten demokratischen Präsidentschaftswahlen - abgesehen von 1979 bis 1983, als Shehu Shagari mit Hilfe von General Obasanjo die zivile Regierungsmacht übertragen bekam - fanden erst wieder im Jahr 1999 statt, bei denen Olusegun Obasanjo als Sieger hervorging und anlässlich der Wahlen 2003 als solcher bestätigt wurde. (1+2)

 

Gemäß der nach amerikanischem Vorbild entworfenen Verfassung von 1999, die am 29. Mai 1999 in Kraft trat, verfügt Nigeria über ein präsidiales Regierungssystem mit einem Senat (109 Abgeordnete) und einem Repräsentantenhaus (360 Abgeordnete). Darüber hinaus gewährleistet die Verfassung ein Mehrparteiensystem und alle 4 Jahre stattfindende Wahlen. Der Präsident verfügt generell über weit reichende Vollmachten und ist sowohl Staatsoberhaupt, Regierungschef als auch Oberbefehlshaber der Armee. (3)

 

Am 14. und 21. April 2007 fanden die letzten Wahlen statt, bei denen die amtierende "People's Democratic Party (PDP) überlegen als Sieger hervorging, und Umaru Yar'Adua zum Präsidenten gewählt wurde. Damit erfolgte erstmals seit der Unabhängigkeit Nigerias die Machtübergabe von einer zivilen Regierung auf die nächste. (4)

 

(1) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 1, von 11.03.2008 (www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100498.htm).

 

(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 10-19, von 13.11.2007 (www.homeoffice.gov.uk/rds/country-report.html).

 

(3) IDMC, "Nigeria: Institutional mechanisms fail to address recurrent violence and displacement", S. 1-4, von 29.10.2007 (www.internal-displacement.org).

 

(4) Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, tand September 2007, S. 5-7, von 06.11.2007

 

Generelle Menschenrechtslage

 

Die Menschen- und Bürgerrechte sind im Grundrechtskatalog der Verfassung gewährleistet. Die Realität sieht allerdings anders aus; schlechte Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit, Korruption sowie die größtenteils mangelnde Ausbildung, Ausrüstung und Bezahlung der staatlichen Organe führen zu regelmäßigen Verletzungen der verfassungsrechtlich garantierten Rechte. (1)

 

In der nigerianischen Gesellschaft ist Gewalt ein alltägliches Phänomen, welche zumeist auch von Politikern zur Zielerreichung bewusst eingesetzt wird. Willkürliche Verhaftungen und Folter sowie politisch motivierte Auftragsmorde durch Polizei und Militär sind keine Seltenheit. Die harschen Haftbedingungen und die schlechten Zustände in den Gefängnissen können lebensbedrohende Ausmaße annehmen. Selbstjustiz stellt daher in verschiedenen Landesteilen ein gravierendes Problem dar. Zu diesem Zweck wird hauptsächlich auf sog. "Vigilante Groups" (private Milizen, oft auch ethnisch motiviert) zurückgegriffen, welche durch die Regierungen einiger Bundesstaaten toleriert oder sogar aktiv unterstützt werden. (3)

 

Obwohl eine Verbesserung der Menschenrechtslage hinsichtlich ziviler und politischer Rechte seit 1999 festzustellen ist, wird nach wie vor von willkürlichen Ausschreitungen und Gesetzesverletzungen ausgehend, von den nigerianischen Sicherheitskräften, berichtet. Die Beschneidung essentieller Grundrechte, häusliche Gewalt, Diskriminierung der Frauen, Kindesmissbrauch sowie ethnisch, regionale und religiöse Diskriminierungen stellen in Nigeria wohl die signifikantesten und bislang sanktionslosen Rechtsverletzungen dar. (2)

 

(1) Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand September 2007, S. 5., von 06.11.2007.

 

(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 1, von 11.03.2007 (www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100498.htm).

 

(3) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 10-19, von 13.11.2007 (www.homeoffice.gov.uk/rds/country-report.html).

 

Moslems und Christen

 

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und verbietet, eine bestimmte Religion als Staatsreligion einzuführen. Es besteht auch grundsätzlich die Möglichkeit, zu einem anderen Glauben zu konvertieren, seinen Glauben öffentlich zu manifestieren und auch zu unterrichten. Die Anzahl der Christen und Moslems in Nigeria ist relativ gleichmäßig verteilt. Im Norden dominieren die Etnien der Hausa-Fulani und die Kanuri, welche sich größtenteils zum moslemischen Glauben bekennen. Die Angehörigen der beiden größten Konfessionen lebten in den letzten 50 Jahren auch im Norden (außer in Kaduna State) meistens friedlich nebeneinander und vermischten sich zunehmend durch interreligiöse Ehegemeinschaften. In den südlichen und östlichen Bundesstaaten leben hauptsächlich Christen (oft zugehörig zu den Yoruba und Igbo). Traditionelle (Natur-) Religionen spielen nach wie vor eine große Rolle und werden landesweit praktiziert. (4)

 

Die Regierung achtet prinzipiell darauf, die unterschiedlichen Konfessionen gleich zu behandeln und finanziert unter anderem Gotteshäuser und Wahlfahrten sowohl von Christen als auch Moslems. Dennoch werden bestimmte Glaubensausrichtungen in gewissen Bundesstaaten Nigerias - abhängig vom jeweiligen Bekenntnis der Mehrheit der Bewohner - von den dortigen Regierungen eindeutig favorisiert. Aus diesem Grund führte der neu gewählte Präsident Yar'Adua im Juni 2007 einen interreligiösen beratenden Ausschuss ein, in welchem hohe Repräsentanten sowohl von Moslems als auch von Christen repräsentiert sind. Dieser Ausschuss soll zukünftige Konflikte und Spannungen zwischen Angehörigen beider Religionen möglichst bereits im Vorfeld vermeiden. (4)

 

Die Verfassung bietet prinzipiell die Möglichkeit, die Gerichte in den einzelnen Bundesstaaten entweder nach dem Common Law oder nach dem Customary Law einzurichten. Im Jänner 2000 führten die nördlichen zwölf Bundesstaaten (Sokoto, Kebbi, Niger, kano, Katsina, Kaduna, Jigawa, Yobe, Bauchi, Borno, Zamfara und Gombe) das Sharia-Strafrecht wieder ein, wodurch erstinstanzliche Sharia Gerichte somit auch strafrechtliche Befugnisse in unterschiedlichen Ausmaßen erhielten (von Folter bis zur Todesstrafe). Bisher ist seit der Einführung der Sharia Gesetzgebung ein Fall bekannt, bei dem die Todesstrafe (an einem Moslem) tatsächlich vollstreckt wurde. In Anbetracht der generellen Religionsfreiheit und als Gewährleistung des Rechtes ist das letztinstanzliche Rechtsmittel allerdings an das säkulare nigerianische Bundesberufungsgericht in Abuja zu richten. In der Realität wird dieser Instanzenzug aber zumeist von der lokalen Bevölkerung aus Unkenntnis und Tradition nicht ausgeschöpft. (1+2)

 

Christen unterliegen zwar generell der säkularen Gerichtsbarkeit und es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, die Sharia Gesetze an Christen anzuwenden; in einigen nördlichen Bundesstaaten wird aber dennoch eine unterschiedslose Anwendung der Sharia auf Moslems und Christen praktiziert. Dadurch kommt es naturgemäß auch bei Christen zu teilweise groben Einschnitten im öffentlichen Leben, wie etwa das Verbot des gemischten Schulunterrichts, Geschlechtertrennung in Bussen usw. In Kano wird öffentlicher Alkoholgenuss mit hohen Geld- und sogar Gefängnisstrafen sanktioniert. Es liegen allerdings keine Berichte vor, die eine entsprechende Bestrafung von Christen belegen würden. (2) Im Bundesstaat Kaduna sind Christen systematischen Benachteiligungen z. B. beim Zugang zu öffentlichen Ämtern, sowie allgemein bei staatlichen Leistungen, ausgesetzt. (1)

 

Kritik an der Sharia Gesetzgebung wird zumeist als direkte Kritik am Islam verstanden. (3)

 

Andererseits wird berichtet, dass Christen sogar die Möglichkeit der Unterwerfung unter die Sharia-Rechtssprechung eingeräumt wird, wenn die Anwendung des zivilen Rechts ein höheres Strafausmaß erwarten ließe. Ebenso haben auch nördliche Bundesstaaten Fonds eingerichtet, um christliche Wallfahrten nach Jerusalem oder die Errichtung von Kirchen zu ermöglichen. (2)

 

In den Jahren 2001 bis 2004 kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems in Plateau State und Kano State. 2001 forderten gewaltvolle Gefechte in Jos, der Hauptstadt von Plateau State, auf beiden Seiten mehr als 1000 Todesopfer. Ursprünglich handelte es sich um einen ethnischen Konflikt, der jedoch in eine Art Religionskrieg ausartete, so dass der damalige Präsident Obasanjo den Notstand ausrief. (3)

 

Am 11.05.2004 attackierten und verwüsteten Moslems in Kano Häuser und Kirchen von Christen, da diesen die Verantwortung für den Tod etlicher Moslems in Yelwa angelastet wurde. Das Einschreiten der Polizei forderte noch mehr Opfer, da sich die Sicherheitskräfte zum Teil aktiv an den Kämpfen beteiligten. (3)

 

Im Februar 2006 kam es im Zuge der Veröffentlichung der Mohammed Karikaturen im Norden und Südosten des Landes - Onitsha und Maiduguri (sowie in Enuga, Bauchi, Potiskum, Kotangora, Katsina und anderen) zu gewalttätigen, zumeist blutigen Protesten. Moslems und Christen attackierten einander wiederholt. Mehr als 900 Tote und Verletzte sowie enorme Sachschäden waren die Folge. Mehr als 100 Personen wurden verhaftet. (3)

 

Es ist aber nicht von einer generellen Diskriminierung auf Grund der religiösen Zugehörigkeit seitens der nigerianischen Regierung auszugehen. Religiöse Auseinandersetzungen wurzeln zudem hauptsächlich in wirtschaftlichen, sozialen und ethnischen Konflikten. (1+2)

 

(1) Dt. AA, S. 13-15 u. S. 21.

 

(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 12.

 

(3) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 42-50 u. S. 70-77.

 

(4) USDOS International Religious Freedom Report 2007, S.1-5.

 

II.3. Rechtliche Beurteilung

 

II.3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl.I Nr. 2008/4 nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

II.3.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

II.3.3. Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

II.3.4. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

II.3.5. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

II.3.6. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

II.3.7. Auf die oben zitierte Bestimmung des § 23 AsylGHG, demzufolge die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, wird hingewiesen.

 

II.3.8. Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 in Kraft getreten. Gemäß § 75 Abs.1 erster Satz AsylG 2005 sind alle am 31. 12. 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Die letztgenannte Übergangsbestimmung normiert in ihrem Absatz 1, dass Verfahren zur Entscheidung von Asylanträgen, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden.

 

II.3.9. Gemäß § 124 Abs.2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

II.3.10. Gegenständlicher Asylantrag wurde am 09.06.2000 gestellt, so dass die Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 vollinhaltlich zur Anwendung gelangen.

 

II.3.11. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht und keiner der in Art.1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK idF des Art. 1 Abs.2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974 ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht," aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4. 1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr -Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Gemäß § 8 Abs.1 AsylG hat die Behörde, im Fall einer Abweisung des Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

II.3.12. § 8 AsylG verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs.2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.

 

Gemäß § 50 Abs.1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen der innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppen oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs.3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs.1 oder Abs.2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs.1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits geprüft und verneint.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Beschwerdeführers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

II.4. Beweiswürdigung

 

Der Asylgerichthof gelangt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine Asylgewährung im oben beschriebenen Sinne nicht vorliegen.

 

Zunächst wird allgemein bemerkt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht geklärt werden konnte und die diesbezüglich vorliegenden Dokumente einige Ungereimtheiten in Bezug auf das Geburtsdatum, den angeführten Namen der Eltern sowie den Zeitpunkt der Ausstellung aufweisen, die seitens des Beschwerdeführers, zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung, nicht substantiiert aufgeklärt werden konnten. Die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers wird deshalb seitens des Asylgerichtshofes in Zweifel gezogen.

 

Die belangte Behörde hat den Angaben des Beschwerdeführers in Bezug auf seine Tätigkeit als Sohn des Pastors Glauben geschenkt und auch nicht ausgeschlossen, dass der Genannte mit der Familie eines Kindes aus der Nachbarschaft Probleme aufgrund der unterschiedlichen Glaubensrichtungen hatte.

 

Der Beschwerdeführer blieb in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Kern bei seinen Angaben, wobei es in Bezug auf die konkreten Abläufe zu Abweichungen in seinem Vorbringen kam. So hatte er etwa gegenüber der belangten Behörde noch behauptet, er sei nach dem Vorfall in seinem Elternhaus zu einem anderen Mitglied der Kirchengemeinschaft gelaufen und erst mit diesem gemeinsam zur Polizeistation gegangen. In der mündlichen Verhandlung betonte er auf ausdrückliche Nachfrage, er sei direkt zur Polizei gelaufen. Ebenso behauptete er in der mündlichen Verhandlung, die Polizei habe die auf der Station aufhältigen Christen aus Kaduna State geleitet und habe er dann den Bus genommen. Demgegenüber hatte er vor der belangten Behörde ausgeführt , er sei gemeinsam mit einem Begleiter, der ein Auto gehabt hätte, von der Polizeistation weggefahren, da die Polizei ihn vor einer möglichen Stürmung des Gebäudes gewarnt hätte.

 

Ein deutlicher Widerspruch war im Zusammenhang mit der Frage der behaupteten Verfolgung durch den Vater des "Schülers" des Beschwerdeführers festzustellen. Der Genannte hatte bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde noch behauptet, er habe bei seinem Großvater in Benin City völlig unbehelligt leben können und sei nur deshalb weggegangen, weil es Vermutungen gegeben habe, ein Onkel, der zu Besuch gewesen sei, habe den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers möglicherweise verraten. In der mündlichen Verhandlung behauptete der Beschwerdeführer demgegenüber jedoch, der Vater des Kindes habe ihn direkt in Benin City gesucht und sei er mit diesem tatsächlich auch zusammen getroffen.

 

Der Asylgerichtshof übersieht im Zusammenhang mit der Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht, dass die geschilderten Ereignisse nunmehr viele Jahre zurückliegen. Es ist aber in Beweis würdigender Hinsicht ein bedeutsamer Unterschied, ob jemand sich an bestimmte Sachverhaltselemente infolge Zeitablaufes nicht mehr erinnern kann und dies auch angibt oder aber, wie im Fall des Beschwerdeführers, zu ein und demselben Sachverhaltselement zwei verschiedene Versionen schildert und sich über Vorhalt darauf zurückzieht, niemals etwas anderes behauptet zu haben.

 

Unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen, die dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung in aktualisierter Fassung zur Kenntnis gebracht wurden, ist es auch für den Asylgerichtshof durchaus denkbar, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2000 Zeuge der damals herrschenden Konflikte in Kaduna State wurde und als Christ subjektive Furcht davor hatte, Opfer im Rahmen der Auseinandersetzungen zu werden. Der Asylgerichtshof schließt in diesem Zusammenhang nicht einmal aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit sogar von einem andersgläubigen Vater beschimpft und verbal bedroht worden ist.

 

Der Beschwerdeführer vermochte allerdings keine darüber hinausgehenden, gegen seine Person gerichteten Verfolgungshandlungen glaubhaft zu machen. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass seine Angaben in Bezug auf die Bedrohung seiner Person während seines Aufenthaltes in Benin City den Tatsachen entsprechen.

 

Soweit der Beschwerdeführer selbst (wenn auch widersprüchlich) davon spricht, dass er nach der angeblichen Ermordung seines Vaters Zuflucht bei der örtlichen Polizeistation gefunden habe und sogar von der Polizei außerhalb des Bundesstaates geleitet worden sei, steht für den Asylgerichtshof unzweifelhaft fest, dass der Staat willens und in der Lage ist, den Bürgern adäquaten Schutz zu gewähren. Der unbehelligte Aufenthalt in einem anderen Bundesstaat zeigt weiters, dass es dem Beschwerdeführer möglich war, sich vor allfälligen Übergriffen auf seine Person durch Vornahme eines innerstaatlichen Ortswechsels zu schützen. Die diesbezüglich widersprüchlichen Angaben in Bezug auf die angebliche Auffindbarkeit seiner Person werden aus den oben dargelegten Erwägungen als unglaubwürdig qualifiziert und dienten dem Beschwerdeführer offenkundig nur zur "Verstärkung" seiner Fluchtgründe.

 

Zusammengefasst kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im gesamten nigerianischen Staatsgebiet aufgrund seines christlichen Glaubens staatlichen oder dem Staat zumindest zurechenbaren Verfolgungshandlungen ausgesetzt ist. Diese Annahme wird weiters durch den Umstand untermauert, dass die Mutter des Beschwerdeführers - seinen eigenen Angaben gemäß - unbehelligt in Edo State lebt und für den Asylgerichtshof nicht erkennbar ist, weshalb dies nicht auch dem Beschwerdeführer möglich sein sollte. Der Beschwerdeführer vermochte in der mündlichen Verhandlung hiezu keine substantiierte Erklärung abzugeben.

 

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, dass sich die mangelnde Glaubwürdigkeit in Bezug auf die über bloß allgemein herrschenden Unruhen im Norden des Landes hinausgehenden Verfolgungshandlungen nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes letztlich auch aus den schwammigen Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner (potentiellen) Verfolger ergibt.

 

Vor der belangten Behörde hatte der Genannte behauptet, der Vater seines Schülers sei Armeeangehöriger gewesen. Damit wollte er offenkundig zum Ausdruck bringen, dass dieser selbst einer staatlichen Stelle zugehöre. Im Berufungsschriftsatz (ab 1.7.2008: Beschwerdeschriftsatz) führte er einerseits aus, im Fall seiner Rückkehr von Armeeangehörigen getötet zu werden. Dies ließe sich noch mit den Angaben vor der belangten Behörde in Einklang bringen. Andererseits aber vermeinte er in besagtem Schriftsatz, "diese Geheimgesellschaft" würde in ausfindig machen und töten. Daran anschließend tätigte der Genannte ein paar allgemeine Ausführungen zum Kultwesen in Nigeria.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, diese für den Asylgerichtshof - am bisherigen Vorbringen gemessen - schwer zuordenbare "Gefährdung" durch eine Geheimgesellschaft näher zu konkretisieren. Der Beschwerdeführer vermochte diese Ungereimtheit allerdings nicht schlüssig aufzuklären. Bemerkt wird auch, dass er von sich aus in der mündlichen Verhandlung eine Armeezugehörigkeit seines angeblichen Verfolgers nicht mehr behauptete, sondern lediglich allgemein davon sprach, dass es sich um einen reichen und einflussreichen Mann handle, der überall hin gute Kontakte habe.

 

Insgesamt sind somit die Voraussetzungen für eine Asylgewährung nicht erfüllt.

 

Zur Frage des Refoulementschutzes wird auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verwiesen. Die Sachlage hat sich nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes zwischenzeitlich nicht nachteilig verändert, vielmehr haben die politischen Entwicklungen seit dem Jahr 1999 weitgehend zu einer Stabilisierung der Verhältnisse geführt und wurden seitens der Regierung große Anstrengungen in Richtung eines Demokratisierungsprozesses und Schaffung eines Rechtsstaates unternommen.

 

Es sind somit während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, die auf die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK oder darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in eine auswegslose und die Existenz bedrohende Lage geraten würde. Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen als gesichert angenommen werden.

 

Es ist während des gesamten Verfahrens kein Anhaltspunkt hervor gekommen, der die Rückführung des Beschwerdeführers aus einem der genannten Gründe unzulässig erscheinen lässt.

 

Der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass der Umstand der vom Beschwerdeführer mittlerweile mit einer österreichischen Staatsangehörigen eingegangenen Ehe im gegenständlichen Verfahren keine Rolle spielt, da der Asylgerichtshof aufgrund der hier anzuwendenden Rechtslage nicht über die Ausweisung abzusprechen hat. Es obliegt im gegenständlichen Fall somit der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde, die Rechtmäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu beurteilen und die von Art. 8 EMRK vorgesehene Interessenabwägung vorzunehmen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement, Religion
Zuletzt aktualisiert am
30.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten