TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/26 S5 214387-3/2008

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Veröffentlicht am 26.09.2008
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Spruch

S5 214.387-3/2008/2E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des M.F., geb. 00.00.1974, StA.

Serbien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.9.2008, Zahl:

08 07.048-EAST West, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Serbien, stammt aus P. (Südserbien) und ist von seinem Heimatort eigenen Angaben zufolge am 6.8.2008 nach Ungarn gereist, von wo aus er sodann am 10.8.2008 illegal ins österreichische Bundesgebiet weitergereist ist, wo er am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte (Aktenseite 23 f.).

 

Festgestellt wird, dass sich der Beschwerdeführer bereits zwischen 1999 und 2001 im Bundesgebiet aufhielt, wo er jeweils am 27.5.1999 und am 20.9.1999 einen Asylantrag gestellt hatte. Im November 2000 teilte er gegenüber den Asylbehörden mit, dass er beabsichtigen würde, freiwillig in seine Heimat zurückzukehren (vgl. die dem gegenständlichen Verwaltungsakt angeschlossenen Asylakten).

 

Mit E-mail vom 12.8.2008 ersuchte Österreich Ungarn um Übernahme des Asylwerbers.

 

Ungarn hat sich mit Schreiben vom 10.9.2008 (Aktenseite 91) bereit erklärt, den Asylwerber gem. Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.

 

Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 16.9.2008 erklärte der Antragsteller nach Vorhalt, dass Ungarn zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass er nicht nach Ungarn wollte, da er sich schon zwei Jahre in Österreich befunden habe. Er habe in Ungarn keine Fingerabdrücke hinterlassen (Aktenseite 109).

 

Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.9.2008, Zahl: 08 07.048-EAST West, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei geltend gemacht, dass man ihm in Ungarn keine Fingerabdrücke abgenommen habe, auch habe er dort keinen Asylantrag gestellt. Er würde nicht nach Ungarn zurückwollen. In Österreich habe er sich zwischen 1999 und 2001 aufgehalten.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Ungarn hat auf Grundlage des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, den Asylwerber aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.

 

Bereits das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, darunter auch Feststellungen zum ungarischen Asylverfahren und dessen Praxis sowie zur Versorgungslage von Asylwerbern in Ungarn sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid hinsichtlich beider Spruchpunkte vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass das Bundesasylamt zu Recht nicht von einer Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz ausgegangen ist: So hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, sich lediglich für zwei Jahre zwischen 1999 und 2001 in Österreich aufgehalten zu haben und seine neuerliche Einreise in die EU von seinem Heimatort aus angetreten zu haben. Dass seine im Anschluss an seinen Aufenthalt in Österreich erfolgte Rückkehr in seine Heimat freiwillig erfolgt ist, indizieren schon seine diesbezüglichen Absichtserklärungen (Aktenseite 129 u. 131 des 2. Asylaktes). Hieraus ergibt sich, dass der Asylwerber sohin seit seinem Aufenthalt in Österreich das Gebiet der Mitgliedstaaten für jedenfalls mehr als 3 Monate (konkret für zumindest 7 Jahre) verlassen hat, ehe er nunmehr im Jahr 2008 erneut in den EU-Raum eingereist ist, sodass eine Zuständigkeit Österreichs aufgrund der Verwirklichung des Erlöschenstatbestandes des Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) nicht (mehr) gegeben ist.

 

Vielmehr besteht in casu - wie auch das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten hat - eine Zuständigkeit Ungarns gemäß Art. 10 Abs. 1 erster Satz Dublin II VO kraft Ersteinreise in der Europäischen Union und hat Ungarn seine Zuständigkeit ausdrücklich akzeptiert. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist diese im Verfahren nicht bestritten worden.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.

 

Mit den Beschwerdeausführungen, welche sich auf die bloße Erklärung beschränken, nicht nach Ungarn zurückzuwollen, da er sich zwischen 1999 und 2001 in Österreich befunden habe, vermochte der Beschwerdeführer keine Umstände geltend zu machen, die eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK im Falle seiner Rücküberstellung nach Ungarn maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen. Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Ausweisung nach Ungarn in seinen Rechten gem. Art. 8 EMRK verletzt werden könnte, war die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gem. Art. § 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates nicht in Betracht zu ziehen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, real risk
Zuletzt aktualisiert am
13.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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