TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/26 A3 313388-1/2008

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Veröffentlicht am 26.09.2008
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Spruch

A3 313.388-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Vorsitzende und den Richter Mag. LAMMER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin WILHELM über die Beschwerde der K.S., geb. 00.00.1987, StA. Äthiopien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.06.2007, FZ. 06 07.483-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. 1. Die (nunmehrige) Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Äthiopiens, reiste am 17.07.2006 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Sie wurde hiezu sowohl am 17.07.2006 als auch am 25.07.2006 sowie am 21.09.2006 und zuletzt am 26.03.2007 niederschriftlich einvernommen.

 

2. Zur Begründung ihres Asylantrages brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, aufgrund der Probleme ihres Vaters mit Regierungsagenten ihr Herkunftsland verlassen zu haben. Konkret wäre letztgenannter, ebenso wie auch die Antragstellerin selbst, aktives Mitglied der CUD - Partei gewesen und hätte in dieser Funktion auch viele Informationen gesammelt. So habe er etwa unter anderem Photos von durch Sicherheitsbeamte hingerichtete Demonstranten gemacht und sei er deshalb in den Blickpunkt von Mitgliedern einer Spezialeinheit namens AGAZI geraten. Auch die Beschwerdeführerin, die insgesamt neun Monate für die Jugendgruppe eben genannter Partei als einfaches Mitglied tätig gewesen sei, wäre aufgrund ihrer als regierungsfeindlich eingestuften Tätigkeit festgenommen und ein Monat lang, konkret in der Zeit vom 08.06. bis zum 07.07.2005, festgehalten worden. Lediglich aufgrund des Druckes aus dem Ausland sei es letztlich zur Freilassung ihrer Person und anderer Regierungsgegner gekommen. Zuvor hätte sie sich jedoch mit ihrer Unterschrift dazu verpflichten müssen, sich in Hinkunft nie wieder aktiv an Aktionen gegen die Regierung zu beteiligen. Am 23.12.2005 habe die Beschwerdeführerin schließlich gemeinsam mit ihrer Familie das Land Richtung Kenia verlassen und sei von dort aus alleine nach Österreich weitergereist, während ihre Geschwister und Eltern Südafrika als Endziel auserkoren hätten. Seither habe sie auch keinerlei Kontakt mehr zu ihren Angehörigen und sei ihr über deren weiteres Schicksal auch nichts bekannt. Auf die Frage, was der konkrete Anlass für den Zeitpunkt der Ausreise aus Äthiopien gewesen sei, es habe sich damals die Möglichkeit ergeben "mit diesem Geschäftsmann die Reise zu organisieren (Seite 147 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Zudem habe sich die politische Lage in Äthiopien generell zugespitzt. Im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland befürchte die im Betreff Genannte verhaftet oder sogar getötet werden zu können.

 

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.06.2007, FZ. 06 07.483-BAT, wies die erstinstanzliche Beschwerde den Asylantrag in Spruchpunkt I. gemäß gem. § 3 Abs. 1 AsylG ab und erklärte, dass der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt werde. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde der Antragstellerin gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde der im Betreff Genannten gem. § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.06.2008 erteilt.

 

Das Bundesasylamt hat im nunmehr angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung in Spruchpunkt I in einer objektiv nachvollziehbaren Beweiswürdigung dahingehend begründet, wonach das Vorbringen der Antragstellerin als nicht glaubhaft zu beurteilen sei, da dieses zahlreiche Ungereimtheiten und Widersprüche aufweise, denen sie trotz entsprechender Vorhalte nicht auf nachvollziehbarer Weise entgegentreten habe können. Zudem widerspreche der als Beweismittel präsentierte Mitgliedsausweis der CUD nicht nur im Hinblick auf die ins Treffen geführte hierarchische Stellung der Beschwerdeführerin innerhalb der Partei, sondern wären auch Hinweise auf nachträgliche Manipulationen des Dokumentes ersichtlich. Auch bei dem als weiteres Beweismittel vorgelegten Schreiben der Polizeidirektion Adis Abeba handle es sich nicht um das Original, sondern lediglich um eine schlechte Kopie mit eingesetztem Namen, weshalb diesem nicht einmal ansatzweise Beweiskraft zuzubilligen sei.

 

5. Gegen Spruchpunkt I dieses Bescheids erhob die Antragstellerin fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) und verwies in ihrem Rechtsmittelschriftsatz im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen. Des Weiteren handle es sich bei den erstinstanzlich festgestellten zeitlichen Widersprüchen "augenscheinlich um einen Irrtum", der möglicherweise auf einen fortgesetzten Tippfehler oder die Nervosität der Beschwerdeführerin während ihrer Einvernahmen zurückzuführen sei. Auch die unterschiedlichen Angaben von Örtlichkeiten wären in Wahrheit nur scheinbare Widersprüche, da sich die Antworten der Beschwerdeführerin tatsächlich auf eine vorangegangene Frage bezogen hätten.

 

II. Zum Sachverhalt:

 

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin eine Staatsangehörige Äthiopiens ist. Die Identität der Antragstellerin konnte mangels Vorlage von als unbedenklich zu qualifizierenden Personaldokumente nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das erstinstanzliche Aktenkonvolut unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Antragstellerin vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheids, sowie des Rechtsmittelschriftsatzes.

 

III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i. S. d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich infolge von vor dem 01.01.1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 19.04.2001, Zl. 99/20/0273).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH v. 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Der Beschwerdeführerin wurde vor der Behörde erster Instanz hinlänglich Gelegenheit geboten, alle ihrer Meinung nach ihren Antrag stützenden Argumente ins Treffen zu führen und wurden diese im bekämpften Bescheid als absolut unglaubwürdig eingestuft. Hauptgrundlage für die Einschätzung der belangten Behörde bildeten im Wesentlichen die Vielzahl der massiven inhaltlichen Widersprüche im direkten inhaltlichen Vergleich zu den im Zuge ihrer vier niederschriftlichen Einvernahmen getätigten Aussagen sowie den vorgelegten Dokumenten.

 

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage der Beschwerdeführerin die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen ihre Angaben bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

 

Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Antragstellers hinreichend substantiiert ist; er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen.

 

Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vor der Erstbehörde sowohl am 17.07.2006 als auch am 25.07.2006 sowie am 21.09.2006 und zuletzt am 26.03.2007 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, möglichst umfassend und detailliert den Verlauf der Ereignisse, welche sodann zu ihrer Flucht geführt haben, darzulegen und wurden sämtliche Kernaussagen zu ihrer behaupteten Bedrohungssituation einem Vergleich mit ihren zuvor getätigten Aussagen und den vorgelegten Beweismitteln unterzogen.

 

Aufgrund der daraus resultierenden Divergenzen entsteht sohin der Eindruck, dass sich die Beschwerdeführerin sich bloß eine konstruierte Rahmengeschichte zu Recht gelegt hat, um sich durch diese Vorgangsweise im Bundesgebiet einer allfälligen Abschiebung in ihr Herkunftsland zu entziehen. Es hieße die Augen vor der Realität zu verschließen, würde man in diesem Zusammenhang die offensichtlich rein wirtschaftliche motivierte Asylantragstellung negieren.

 

Der im Rechtsmittelschriftsatz ins Treffen geführten Erklärung, derzufolge die im angefochtenen Bescheid aufgelisteten Widersprüche und Ungereimtheiten lediglich auf eine mögliche Nervosität respektive einen allfälligen fortgesetzten Tippfehler zurückzuführen sei, kann nicht nachvollzogen werden, da der Beschwerdeführerin jeweils am Ende ihrer Einvernahmen die Niederschrift in einer ihr verständlichen Sprache rückübersetzt worden ist und sie in weiterer Folge deren inhaltliche Richtigkeit mit ihrer Unterschrift bestätigte, weshalb das diesbezügliche Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz als bloße Schutzbehauptung zu qualifizieren ist.

 

Auf Grund obiger Überlegungen und aufgrund der letztlich völlig zutreffenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes über die divergierenden Aussagen der Beschwerdeführerin in sämtlichen niederschriftlichen Einvernahmen sowie im Vergleich zu den vorgelegten Dokumenten kommt der Asylgerichtshof daher ebenso wie das Bundesasylamt zum Ergebnis, dass das Vorbringen nicht glaubhaft ist.

 

Der Entscheidung der Behörde erster Instanz wird sohin vollinhaltlich hinsichtlich des angefochtenen Spruchpunkts I beigetreten bzw. werden die begründenden Passagen des Erstbescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 1 4 AsylG unterbleiben.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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