TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/26 C3 307529-1/2008

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Veröffentlicht am 26.09.2008
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Spruch

C3 307.529-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. van Best-Obregon als Vorsitzende und den Richter Mag. Schlaffer als Beisitzer über die Beschwerde der W. Y., geb. 00.00.1981, StA. von China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.11.2006, FZ. 06 02.505-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 3, 8, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 AsylG abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von China. Am 02.03.2006 hat sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie wurde hiezu am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen und gab als Fluchtgrund Folgendes an:

 

"Da ich nach einer Enteignung durch die chinesische Regierung keine Unterkunft mehr besitze. Im Zuge des Enteignungsstreites mit der Regierung musste ich einen Kredit in der Höhe von 45000 RMB aufnehmen den ich nun nicht mehr zurückbezahlen kann."

 

In weiterer Folge wurde die Beschwerdeführerin am 06.03.2006 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen und gab zu Protokoll:

 

"Frage: Sind Sie vorbestraft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wurden Sie jemals von den Behörden Ihres Heimatlandes erkennungsdienstlich behandelt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

 

Antwort: Nein

 

Frage: Waren Sie jemals im Gefängnis?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gehörten Sie jemals einer politischen Partei an?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gehörten Sie jemals einer bewaffneten Gruppierung an?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Womit haben Sie bisher Ihren Lebensunterhalt verdient?

 

Antwort: Ich habe als Reinigungskraft in einem privaten Frisiersalon gearbeitet. Ich habe für diese Tätigkeit lediglich RMB 300,-- bekommen. Ich konnte davon nur leben, weil ich mit meiner Großmutter zusammengelebt habe. Meine Eltern sind bereits gestorben.

 

Frage: Wer hat Ihre Ausreise organisiert und wie viel mussten Sie dafür bezahlen?

 

Antwort: Organisiert hat die Ausreise eine Schlepperorganisation. Mit denen bin ich in Kontakt getreten über einen Stammkunden meines Frisiersalons. Ich habe diese Ausreise zu einem besonders günstigen Tarif bekommen. Ursprünglich wollten sie 20.000,-- RMB haben. Ich hatte jedoch so viele Schulden. Ich hatte nicht mehr als RMB 5.000,-- das war dann auch in Ordnung.

 

Frage: Welche Dokumente besitzen Sie?

 

Antwort: Hier nicht. in China gibt es noch einen amtlichen Personalausweis.

 

Frage: Wo haben Sie sich seit Ihrer Einreise bis zu Ihrer Asylantragstellung aufgehalten und wovon haben Sie gelebt?

 

Antwort: Ich habe mich in Wien aufgehalten. Ich hatte keine fixe Wohnung. gelegentlich konnte ich bei Landsleuten schlafen und manchmal habe ich auch in der U-Bahn geschlafen, im Schacht.

 

Frage: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

 

Antwort: Hier, oder was meinen Sie?

 

Frage: Haben Sie einem Vertreter eine Vollmacht ausgestellt?

 

Antwort: Ja, ich war irgendwo in Wien in einem Büro bei einem Ausländer (Europäer) und habe irgendetwas unterschrieben. Nein, ich habe doch nichts unterschrieben. Nein. Ich habe dort bekannt gegeben, dass ich einen Asylantrag stellen möchte. Aber noch einmal:

Unterschrieben habe ich nichts. Der AW wird die von ihr unterschriebene Vollmacht zur Kenntnis gebracht.

 

Frage: Ist das Ihre Unterschrift?

 

Antwort: Ja. Das habe ich unterschrieben. Daran habe ich mich nicht mehr erinnern können.

 

Frage: Nennen Sie uns bitte alle Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben!

 

Antwort: Die Regierung hat das Haus, in dem ich mit meiner Großmutter gewohnt habe, abgerissen. Die angebotene Entschädigung war äußerst gering. Die Beamten haben daraufhin der Großmutter so zugesetzt, dass sie gestorben ist. Daraufhin habe ich die Beamten bei Gericht angezeigt. Um Überleben zu können, musste ich mir von anderen Leuten Geld ausborgen, da die von der Regierung ausgezahlte Entschädigung nicht ausreichend war. Bei Gericht ist nichts herausgekommen. Es ist nicht einmal zu einer Verhandlung gekommen. Mein Rechtsanwalt hat zwar Geld von mir genommen, die Sache aber dann 1 Jahr lang hinausgeschoben. Es ist eben so, dass das Volk in China nichts zu reden hat. Schließlich sind mir die Schulden über den Kopf gewachsen; ich habe die Darlehen nämlich zu Wucherzinsen aufgenommen. Die Gläubiger haben dann auf Rückzahlung bestanden. Ich konnte aber nicht zurückzahlen. Am Schluss ist mir nichts anderes übrig geblieben, als aus China zu fliehen.

 

Frage: Wollen Sie weitere Fluchtgründe angeben oder Ihr Vorbringen ergänzen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum hat die Regierung das Haus abgerissen?

 

Antwort: Es war nicht nur unser Haus, sondern auch andere Häuser. Offenbar sollte ein großes Bauprojekt abgewickelt werden. Ich weiß nichts Genaues.

 

Frage: Wann wurde das Haus abgerissen?

 

Antwort: Ende 2004.

 

Frage: Wann wurden Sie informiert, dass die Regierung beabsichtigt Ihr Haus abzureißen?

 

Antwort: Ich kann mich erinnern, dass es schon lange Zeit vor dem Abriss, Gerüchte gegeben hat. Wann die offizielle Feststellung gekommen ist, weiß ich nicht mehr.

 

Frage: Welche Entschädigung haben Sie für das Haus bekommen?

 

Antwort: Es war eine einmalige Zahlung in der Höhe von RMB 15.000,--. Die wurde relativ bald nach dem Abriss des Hauses ausgezahlt. Ich glaube, das war noch im Jahr 2004.

 

Frage: Von wem und wie viel Geld haben Sie sich ausgeborgt?

 

Antwort: Es war eine Summe von RMB 45.000,--. Das habe ich mir von einem Wucherer ausgeborgt. Den Namen weiß ich aber nicht.

 

Frage: Wofür haben Sie dieses Geld gebraucht?

 

Antwort: Um den Prozess zu führen.

 

Frage: Welche Rückzahlung war vereinbart?

 

Antwort: Vereinbart war, dass im 1. Jahr überhaupt keine Rückzahlung fällig ist und dann halbjährlich je 50 % der aushaftenden Summe. Die Höhe der Verzinsung kann ich nicht genau angeben. Ich weiß nur, dass der Betrag, den ich jetzt schuldig bin, 100 % über dem Betrag ist, den ich bekommen habe.

 

Frage: Warum haben Sie diese Beamten angezeigt?

 

Antwort: Ich habe die Beamten dafür verantwortlich gemacht, dass ich selbst keine Wohnung mehr habe.

 

Frage: Deswegen haben Sie Anzeige bei Gericht gemacht?

 

Antwort: Ja und weil die Entschädigung so gering war.

 

Frage: Hat noch jemand eine Anzeige gemacht?

 

Antwort: Das weiß ich nicht. aber man kann sich generell keine Vorstellung machen, wie mies diese Beamten von der Regierung sind und wie wenig sie darauf hören, was das Volk denkt.

 

Frage: Bei welchem Gericht war dieses Verfahren anhängig?

 

Antwort: Das kann ich nicht sagen. Ich selbst habe die Klage nicht bei Gericht eingebracht. Ich habe dafür einen Anwalt gesucht.

 

Frage: Wie heißt der Anwalt zu dem Sie gegangen sind?

 

Antwort: Das weiß ich nicht. es war auf alle Fälle ein Herr. Den Namen, weiß ich nicht.

 

Frage: Wie hoch war die Honorarnote, die Sie diesem Anwalt zahlen mussten?

 

Antwort: Ich habe ihm immer wieder Geld gegeben, nicht nur ein einziges Mal. Wenn man das zusammenzählt, dann kommt man sicher auf RMB 40.000,--.

 

Frage: Wofür hat der Anwalt das Geld verlangt?

 

Antwort: Das kann ich im Detail gar nicht sagen. Einmal hat der Anwalt gesagt, er braucht Geld für Berufungsunterlagen.

 

Frage: Geben Sie die Adresse des Anwaltsbüros an.

 

Antwort: (AW überlegt) Ich habe Schwierigkeiten mit den Schriftzeichen. In der Landgemeinde S., in der Straße da bin ich mir aber auch nicht sicher. Die Nummer weiß ich überhaupt nicht.

 

Frage: Wie oft waren Sie bei diesem Anwalt im Büro?

 

Antwort: In der Anfangsphase 1 Mal wöchentlich. Dann hat mir der Anwalt gesagt, ich brauche nicht mehr so oft kommen. Wir müssten auf irgendeinen Bescheid warten. Dann habe ich ihn nicht mehr so oft aufgesucht.

 

Frage: Wann haben Sie sich diesen Geldbetrag ausgeborgt?

 

Antwort: Nach dem Abriss des Hauses.

 

Frage: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit Ihrem Gläubiger?

 

Antwort: (AW überlegt) Im September 2005.

 

Frage: Was ist damals genau passiert?

 

Antwort: Er hat sehr grob auf die Rückzahlung des Geldes bestanden.

 

Frage: Beschreiben Sie das etwas genauer.

 

Antwort: Es ist zu einem Wortwechsel gekommen. Er wollte das Geld zurückhaben. Ich habe ihm gesagt, dass ich das Geld nicht habe. Er hat dann schließlich gesagt, er gibt mir noch 4 Monate Zeit.

 

Frage: Aufgrund von welchen Sicherheiten konnten Sie sich dieses Geld ausborgen?

 

Antwort: Es gab keine Sicherheit.

 

Frage: Wie wollten Sie dieses Geld jemals zurückzahlen?

 

Antwort: Darüber habe ich mir damals nicht den Kopf zerbrochen.

 

Frage: Wie groß war das Haus, das abgerissen wurde?

 

Antwort: Es war eine ebenerdige Hütte mit 10 m2 (in Worten: zehn) Wohnfläche.

 

Frage: Dafür ist eine Entschädigung in der von Ihnen genannten Höhe aber durchaus beachtlich.

 

Antwort: Es bleibt aber jedenfalls das Problem, dass ich nicht weiß, wo ich wohnen soll.

 

Vorhalt: Es gibt in der VR China gesetzliche Bestimmungen, welche, regional durchaus verschieden, Mindestsätze für Entschädigungen bei amtlich verfügten Hausabrissen festsetzen. Die von Ihnen genannte Summe ist, wie schon erwähnt, in Anbetracht der offenkundigen Dürftigkeit der zur Diskussion stehenden Wohnverhältnisse, als durchaus stattlich zu qualifizieren. In keinem Fall, egal, ob sich das abgerissene Haus in der Hauptstadt oder in einer ländlichen Gegend befindet, trägt die Behörde Verantwortung dafür, dass die ausgezahlte Entschädigung ausreicht, um irgendwo anders eine neue Wohnung zu kaufen bzw. anzumieten. In diesem Zusammenhang ist es daher äußerst unwahrscheinlich, dass ein niedergelassener Anwalt Ihr diesbezügliches Klagebegehren zur Bearbeitung übernommen haben sollte, zumal dessen Erfolgschancen von vornherein praktisch gleich null waren. Was sagen Sie dazu?

 

Antwort: Das ist mir alles zu hoch. Da kenn ich mich überhaupt nicht aus. Es ist aber jedenfalls eine Tatsache, dass ich wahnsinnig viel Schulden habe.

 

Frage: Wo haben Sie sich nach Abriss dieser Hütte bis zu Ihrer Ausreise aufgehalten?

 

Antwort: Ich bin in dieser Zeit herumgezogen und habe bei verschiedenen Leuten genächtigt und Aushilfsarbeiten gemacht.

 

Frage: Hätten Sie nicht die Möglichkeit gehabt, an einen anderen Ort in Ihrem Heimatland zu ziehen um Ihren Problemen zu entgehen?

 

Antwort: Das habe ich nicht überlegt. Der Gläubiger hätte mich sicher überall gefunden.

 

Frage: Was befürchten Sie im Fall der Rückkehr in Ihr Heimatland?

 

Antwort: Um Gottes Willen, erwähnen Sie das nicht! Ich müsste dann sicher sterben!

 

Frage: Warum müssten Sie sterben?

 

Antwort: Der Gläubiger würde mich töten.

 

Bei einer weiteren erstinstanzlichen Einvernahme am 08.11.2006 gab diese im Wesentlichen an:

 

Frage: Haben Sie jemals einen chinesischen Reisepass beantragt bzw. besessen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie für Ihre Flucht aus China einen Schlepper gehabt?

 

Antwort: Ja, für den Schlepper habe ich 5.000 RMB bezahlt.

 

Frage: Waren Sie in China politisch oder religiös tätig? Sind Sie Mitglied einer Partei oder einer Organisation

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wurden Sie in China jemals erkennungsdienstlich behandelt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wann konkret haben Sie die genannte Arbeitstätigkeit im Friseursalon beendet?

 

Antwort: Von 1999 bis Dezember 2004 habe im Friseursalon gearbeitet.

 

Frage: Haben Sie in China strafbare Handlungen begangen? Wurden Sie in China jemals erkennungsdienstlich behandelt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum stellen Sie einen Asylantrag? Nennen Sie Ihre Fluchtgründe?

 

Antwort: Die Behörde wollte das Wohnhaus meiner Großmutter abreißen. Die Entschädigung für das Haus war zu gering, wir hätten dafür keine andere Wohnung bekommen. Daher habe ich zu Wucherzinsen einen Kredit aufgenommen und gegen den Abriss der Wohnung prozessiert. Der Prozess war kein Erfolg, das Geld war weg und wollte der Geldgeber das Geld für den Prozess von mir zurück. Weil ich nicht mehr weiter gewusst habe, bin ich aus China ausgereist.

 

Frage: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wann sollte das Haus der Großmutter abgerissen werden?

 

Antwort: Es wurde Ende 2004 abgerissen.

 

Frage: Was ist Ende 2004?

 

Antwort: Dezember 2004.

 

Frage: Welches Projekt sollte anstelle des Hauses der Großmutter realisiert werden?

 

Antwort: Das weiß ich nicht.

 

Frage: Sie behaupten einen Prozess. Wem haben Sie wo verklagt?

 

Antwort: Die Leute die den Abriss gemacht haben. Ich habe einen Anwalt gehabt.

 

Wiederholung der Frage!

 

Antwort: Ich war in einer Anwaltskanzlei.

 

Frage: Wurden Sie für den Abriss des Hauses entschädigt?

 

Antwort: Wir haben 15.000 RMB bekommen. Das war nach dem Abriss des Hauses.

 

Frage: Sie sprechen von mehreren Empfängern des Geldes. Wem meinen Sie mit "wir"?

 

Antwort: Nein, ich habe ausschließlich mich damit gemeint.

 

Frage: Wo lebt Ihre Großmutter nunmehr?

 

Antwort: Sie ist verstorben.

 

Frage: Wann wo bzw. wie ist die Großmutter verstorben?

 

Antwort: Anfang 2005, die Großmutter hat den Abriss des Hauses nicht überwunden. Sie verstarb gebrochenen Herzens.

 

Frage: Was verstehen Sie unter Wucherzinsen?

 

Antwort: Das kann ich nicht sagen.

 

Frage: Wie viel war das abgerissene Haus der Großmutter wert?

 

Antwort: Das weiß ich nicht.

 

Frage: Wer hat Ihren Prozess finanziert? Wer verlangt Wucherzinsen von Ihnen?

 

Antwort: Das weiß ich nicht.

 

Frage: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach China?

 

Antwort: Ich weiß das nicht. Ich habe viele Schulden und könnte die Schulden nicht zurückzahlen."

 

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 10.11.2006, Zahl: 06 02.505-BAW, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen und der Beschwerdeführerin den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, der Beschwerdeführerin den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf China gemäß § 8 Abs 1 AsylG nicht zuerkannt sowie die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG nach China ausgewiesen.

 

Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass das von der Beschwerdeführerin behauptete Vorbringen nicht nachvollziehbar sei, zumal sie diesbezüglich konkret nachgefragt keinerlei konkrete Auskünfte erteilen habe können. Einerseits behaupte sie mit Hilfe eines Rechtsanwaltes einen Prozess in China geführt zu haben und andererseits habe sie weder über den Prozessinhalt noch über ihren Anwalt bzw. die Finanzierung des Anwaltes fundierte Auskünfte erteilen können. Die Beschwerdeführerin habe weder das Gericht an dem der Prozess geführt worden sei nennen können noch den Namen ihres Rechtsanwaltes sowie den Sitz der Rechtsanwaltskanzlei, obwohl sie ihren eigenen Angaben zufolge in der Anfangsphase einmal wöchentlich den Anwalt aufgesucht habe. Die Beschwerdeführerin sei weiters nicht in der Lage gewesen Auskünfte über die Hintergründe der Enteignung zu tätigen sowie Auskünfte über den Wert des enteigneten Objektes. Weiters habe sie keine Informationen zu ihren Geldgebern sowie jenen Personen, die Wucherzinsen verlangt hätten, geben können.

 

Mangels Glaubwürdigkeit der Fluchtgründe käme weder die Gewährung von Asyl in Betracht noch könne vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 50 FPG ausgegangen werden. Auch die allgemeine Lage ließe keine asylrelevante Gefährdung erkennen. Es lägen auch keine Hinweise vor, die zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würden.

 

Es läge durch die Ausweisung kein Eingriff in das Privat- und Familienleben vor, zudem wäre bei einer Abwägung die Ausweisung geboten.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

 

"Meine asylrelevanten Fluchtgründe sind in Zusammenhang damit stehend zu sehen, dass der chinesische Staat, ohne besonderes Federlesen, einfach das Haus, in dem ich mit meiner Großmutter gelebt habe, abreißen hat lassen. Auch war das, was man uns da als angebliche "Entschädigung" angeboten hatte, lächerlich und gering

...

 

Es setzte nun dann eine Behördenverfolgung auf meine Großmutter ein, die sich nun geradezu gewaschen hatte. Man bedrängte sie, schlug ihr angebliche Lösungen "zu ihren Gunsten" vor, Fazit war dann, dass sie sich so in die Enge getrieben sah, dass sie völlig verzweifelte und aus Kummer gestorben ist.

 

Ich ließ mir dies nun nicht gefallen und zeigte die schuldigen Beamten / Unmenschen bei der Behörde an. Ich war froh der Hoffnung, dass ich Recht behalten / mir eine kräftige Entschädigung zugesprochen würde, eine Hoffnung, die sich schon bald auflöste.

 

Ich nahm mir einen angeblich vorzüglichen, erfahrenen Anwalt, der von mir Habenichts viel verlangte, Geld, das ich nicht hatte, herausgekommen ist dabei nichts. Das Gericht verschlampte diese Sache.

 

Ich musste irgendwo Geld auftreiben und bin dann auf die wenig glorreiche Idee gekommen, dies bei Wucherern zu tun, eine Entscheidung, die ich schon bald bereute.

 

Mein Schuldenberg wurde immer höher, hat dann schon 45.000 betragen. Die Entschädigung für das Haus hat nun 15.000 betragen.

 

Ich hatte dann noch im September 2005 Kontakt mit meinen Gläubigern, welche von mir ultimativ die Bezahlung meiner Schulden verlangten, sie waren sehr grob und drohten mir leibliche Konsequenzen an.

 

Ihr Verhalten mir gegenüber wurde dann so bedrohlich, dass ich keinen Ausweg als die Flucht aus der Heimat gesehen habe.

 

Die Asylbehörde hat nun meine Glaubwürdigkeit in Abrede gestellt, da ich über die Enteignung keine konkreten Auskünfte erteilen hätte können.

 

Die Enteignung habe ich so konkret dargestellt, wie möglich, auch war meine Großmutter leider so konkret gestorben.

 

Auch über meinen Anwalt keine konkreten Auskünfte erteilen hätte können.

 

In der VR China sind Anwälte wie Ameisen vorhanden, weder hat er mir sehr Eindruck gemacht, noch hat er etwas geleistet, sodass ich mich beim besten Willen nicht mehr an ihn erinnere."

 

Weiters wurden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht. Bei einer Abschiebung in ihr Heimatland drohe der Beschwerdeführerin asylrelevante Verfolgung.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet das sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits Gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylbererchtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Das Bundesasylamt hat sowohl betreffend Spruchteil I, Spruchteil II als auch betreffend Spruchteil III in der Begründung des Bescheides vom 10.11.2006, Zahl: 06 02.505-BAW, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses. (vgl. VwGH 08.06.1983, 83/10/0016; 21.10.1999, 97/20/0633; 26.04.2005, 2004/03/0145)

 

Das Bundesasylamt hat völlig zutreffend das Vorbringen der Beschwerdeführerin als nicht glaubhaft gewürdigt, und ist die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung dem auch nicht ausreichend konkret entgegen getreten.

 

Dem Vorwurf, die Erstbehörde hätte nur mangelhaft Ermittlungen durchgeführt ist entgegenzuhalten, dass die Behörde im Verfahren auf die vagen Angaben der Asylwerberin angewiesen war und diesen durch gezielte Befragung bestmöglich nachgegangen ist. Aus den Einvernahmeprotokollen geht hervor, dass die Asylwerberin auf die Ungereimtheiten in ihren Aussagen hingewiesen wurde und ausreichend Zeit hatte dazu Stellung zu nehmen bzw. konkretere Angaben zu machen, was die Beschwerdeführerin jedoch nicht vermochte. Weitere Anhaltspunkte für Ermittlungen haben sich im Laufe des Verfahrens nicht ergeben, die diesbezügliche Rüge in der Beschwerdeschrift geht somit ins Leere.

 

Das Bundesasylamt hat zutreffend aufgezeigt, dass die Beschwerdeführerin keine fundierten Auskünfte über die Enteignung des Hauses, ihren Rechtsanwalt bzw. dessen Finanzierung, den Prozess, habe geben können sowie, dass die Beschwerdeführerin nicht einmal in der Lage gewesen sei konkret anzugeben welchen Wert das enteignete Objekt tatsächlich gehabt habe. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin Klage erhoben haben soll ohne zu wissen wie viel Wert das "Haus" gewesen sei, was doch essenziell ist um beurteilen zu können ob die Entschädigungssumme angemessen war oder nicht. So konnte die Beschwerdeführerin auf Vorhalt des Bundesasylamtes in der niederschriftlichen Einvernahme vom 06.03.2006, dass die Entschädigungssumme für das Haus (eine ebenerdige Hütte mit 10m² Wohnfläche) aber durchaus beachtlich sei, lediglich angeben:"Es bleibt aber jedenfalls das Problem, dass ich nicht weiß, wo ich wohnen soll."

 

Weiters steht das Vorbringen der Beschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 06.03.2006, wonach sie sich von mehreren Leuten Geld habe ausborgen müssen und die Gläubiger dann auf Rückzahlung bestanden hätten, in Widerspruch zu ihrer im weiteren Verlauf der Einvernahme getätigten Angabe, nach der sie sich die gesamte Summe von RMB 45.000,- von einem Wucherer ausgeborgt habe, dessen Namen die Beschwerdeführerin nicht einmal nennen konnte.

 

Die Beschwerdeführerin gab auf alle gezielt gestellten Fragen äußerst ausweichende Antworten bzw. konnte keine Antworten geben, was auf nicht konkret erlebte Geschehnisse schließen lässt.

 

Insgesamt betrachtet hat das Bundesasylamt in schlüssiger Weise aufgezeigt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend eine konkrete Bedrohungssituation in China nicht den Tatsachen entspricht, und hat sich das Bundesasylamt auch in ausreichender Weise mit der allgemeinen Situation in China auseinandergesetzt, die für sich alleine noch keine Bedrohungssituation für jeden dort Lebenden erkennen lässt, weswegen eine weitere Ermittlungstätigkeit nicht angezeigt ist. Zudem kann im Hinblick auf die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht erkannt werden, dass die Beschwerdeführerin hier Gefahr liefe, in China inhaftiert zu werden, weswegen die in diesem Zusammenhang stehenden Beschwerdeausführungen ins Leere gehen.

 

Der Ausweisung wurde in der Berufung nicht ausreichend konkret entgegen getreten und ist diese auch nicht zu beanstanden.

 

Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin zweifelsfrei nicht den Tatsachen entspricht, weswegen ihr weder der Status des Asylberechtigten noch des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Weiters bestehen auch keine Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für die Beschwerdeführerin gewinnen ließe, und existieren auch keine Gründe, die gegen eine Ausweisung der Beschwerdeführerin sprächen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
10.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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