E7 262.299-0/2008-6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Vorsitzenden und Dr. Martin DIEHSBACHER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Daniela BÖHM über die Beschwerde des C.I., geb. am 00.00.1954, staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.06.2005, FZ. 03 33.997-BAL, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Durchführung eines Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (ehemals: Berufungswerber; im Folgenden auch: BF) wurde einer Meldung der BPD Schwechat zufolge am 30.10.2003 nach Ankunft per Flugzeug aus Tripolis, Libyen, mit dem Ziel der Weiterreise nach Moskau, gemeinsam mit seinen Angehörigen in Wien einer Personen- und Dokumentenkontrolle unterzogen.
Der niederschriftlichen Befragung im Anschluss an diese Kontrolle zufolge gab der BF die Personalien M.M., geb. am 00.00.1954 im Flüchtlingslager W., Libanon, verheiratet, staatenloser Palästinenser aus dem Libanon, seit 12 Jahren whft. In Syrien, Flüchtlingslager Y., bekannt.
Er sei mit seiner Gattin H.H., geb. 1956 in W., Libanon, seinen Töchtern M.L., geb. 00.00.1977 in N., Libyen, M.A., geb. 00.00.1978 in W., Libanon, M.S., geb. 00.00.1986 in Damaskus, sowie seinen Söhnen M.D., geb. 00.00.1993 in W., Libanon, M.E., geb. 00.00.1996 in W., Libanon, und M.H., geb. 00.00.1999 in W., Libanon, eingereist.
Diese Personalien fanden in der Folge Eingang im AIS-Speichersystem.
Auf Vorhalt, dass er den Angaben der Libyen Arab Airlines nach unter dem Namen E. eingereist sei, erwiderte der BF, die oben genannten Personalien seien richtig, er habe gegen Bezahlung von 1.000$ 5 libanesische Reisepässe für palästinensische Flüchtlinge in Beirut gekauft, in denen u.a. für ihn persönlich der Name E.W. eingetragen waren. Diese Dokumente habe er nach Ankunft in Wien einem Schlepper übergeben.
Der Hauptgrund seiner Reise sei der Umstand, dass seine Kinder im Libanon keine Zukunft hätten.
2. Anlässlich seiner Einvernahme bei der BPD Schwechat am folgenden Tag wiederholte der BF die oben genannten Personalien. Zum Reiseweg gab er an, er sei am 29.10.2003 aus Beirut nach Tripolis abgeflogen und am 30.10.2003 von Tripolis nach Wien weitergereist.
3. Am 03.11.2003 brachte der BF an der Außenstelle Traiskirchen des Bundesasylamtes (BAA) einen Asylantrag ein.
Mit Aktenvermerk vom 09.12.2003 wurde des Verfahren wegen Abwesenheit des BF gem. § 30 AsylG 1997 eingestellt.
Am 26.01.2004 wurde der BF gemeinsam mit seinen Angehörigen in Passau iSd der Dublin-Verordnung EG Nr. 343/2003 von den deutschen Behörden rückübernommen. Der Verständigung durch die deutsche Behörde lagen Passierscheine der BRD lautend auf die Familiennamen C., K., R., I. und H. bei. Im deutschen Rückübernahmeersuchen findet sich u.a. der Eintrag in der Rubrik ¿Personaldokumente':
Versorgungskarte UNO, Januar 2002.
4. Am 24.02.2004 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF an der Außenstelle Linz des Bundesasylamtes statt.
Neben den bereits oben angeführten Personalien sowie Alias-Personalien findet sich in der entsprechenden Niederschrift der Eintrag, dass als Personaldokument ein "Personalausweis für Staatenlose, ausgestellt am 00.00.1987 vom Innenministerium Beirut", vorgelegt wurde.
Zum beruflichen Werdegang gab der BF an, er sei von 1966 bis 1975 in "XX" sowie von 1975 bis Oktober 2003 in "M., Libyen" in einer Firma als Bautischler tätig gewesen.
Als letzte Wohnadresse wurde "XX", Libanon, eingetragen.
Auf weitere Nachfrage, ob er bisher bei seinen Einvernahme korrekte Angaben gemacht habe, verneinte dies der BF mit Hinweis auf entsprechende Instruktionen des Schleppers. Weiterführend gab er an, er habe Libyen aber tatsächlich am 30.10.2003 unter Verwendung gefälschter Reisepässe verlassen. Zuvor habe er in M., Libyen, gemeinsam mit seinen Angehörigen in einem gemieteten Haus gewohnt. In M. habe er die letzten 3 Jahre über vor der Ausreise gelebt.
Nach etwaigen Problemen mit den Behörden Libyens gefragt, schilderte der BF, diese hätten 1995 begonnen, als am 15.08.1995 alle Palästinenser von M. unfreiwillig nach S., einer Grenzstadt zu Ägypten, gebracht worden seien, weil sie in Libyen als "unerwünscht" angesehen wurden. Nachdem aber durch die ägyptischen Grenzbeamten die Einreise verweigert worden sei, hätten UNO-Beamte mit der Registrierung der Betroffenen begonnen, woraufhin wiederum die libyschen Behörden die bleibewilligen Personen ins Landesinnere zurückbrachten. Der BF selbst sei mit seinen Angehörigen via Tripolis wieder nach M. zurückgekehrt.
Im Weiteren schilderte der BF bis 2002 andauernde Probleme seiner Söhne mit den libyschen Behörden. Z.B. sei einer seine Söhne, der bereits 1996 nach Dänemark ausgereist und dort verheiratet sei, bei einem versuchten Besuch seiner Verwandten in Libyen zurückgewiesen worden. Die anderen Söhne mussten sich regelmäßig bei den libyschen Behörden melden, wobei sie auch geschlagen wurden. Ende 2002 seien daraufhin 2 Söhne außer Landes geflohen, woraufhin auch der BF belästigt worden sei. Nachdem ihm sogar die Verhaftung angedroht worden sei, habe er Libyen mit seinen übrigen Angehörigen verlassen.
Auf Vorhalt, dass er nach Ansicht der Behörde aufgrund der entsprechenden Personalausweise als Palästinenser aus dem Libanon anzusehen sei, gab der BF an, er habe den Libanon bereits 1975 wegen des Bürgerkriegs verlassen, nachdem seine Verwandten in XX verstorben waren und er dort niemanden mehr hatte. Seine Kinder seien allesamt in Libyen geboren und hätten keine Reisedokumente.
Auf Vorhalt, dass er eine Versorgungskarte (gemeint wohl: der UNRWA) vom Jänner 2002 besitze sowie sich bei der Personenkontrolle in Wien-Schwechat mit einem libanesischen Reisedokument für Palästinenser ausgewiesen habe, erwiderte der BF, die Versorgungskarte habe sich seine Schwägerin im Libanon ausstellen lassen, er sei mit gefälschten libanesischen Reisedokumente aus Libyen ausgereist (siehe oben). Er sei nicht von Beirut nach Tripolis und von dort nach Wien gereist, sondern nur von Tripolis nach Wien. Die Reisedokumente seien von der libanesischen Vertretung in Tripolis im Jahr 2001 ausgestellt worden. Seine Kinder seien selbst nie im Libanon gewesen, sie seien im Pass der Mutter eingetragen. Nachdem sie auch in der Versorgungskarte der UNRWA eingetragen seien, seien sie auch im Libanon registriert. Wenn ein (gemeint wohl: palästinensisches ) Kind in Libyen geboren wurde, werde die Geburtsurkunde der libanesischen Vertretung vorgelegt, welche die Unterlagen dann in den Libanon sende, damit das Kind im Familienregister im Libanon eingetragen werde. Auf diese Weise seien auch seine Kinder registriert worden.
Auf nochmaligen Vorhalt seiner Angaben bei der BPD Schwechat verwies der BF neuerlich darauf, dass nur seine damaligen Angaben zu den Reisedokumenten und den Ausreisegründen den Anweisungen des Schleppers wegen gelogen waren. Auf Vorhalt, dass nach Ansicht der Behörde dennoch seine Angaben zum behaupteten Aufenthalt in Libyen als unwahr anzusehen seien, u.a. auch angesichts der Originalstempel der libanesischen Behörden auf den vorgelegten Geburtsurkunden, beschwor der BF, seit 1975 - mit einer Ausnahme im Jahr 1978, als er Bankgeschäfte zu regeln hatte - nicht mehr im Libanon gewesen sei. Einen weiteren bei ihm befindlichen Ausweis aus dem Jahr 1987 aus dem Libanon betreffend verwies er darauf, dass er auch einen solchen über die libanesische Vertretung bekomme.
Zum Akt genommen wurden als Kopien:
UNRWA-Registration Card, Residential Centre, Beqaa, von 01/2002, lautend auf C.I.sowie weitere 11 namentlich genannte Angehörige des BF (AS 87);
Heiratsurkunde (AS 78);
2 Personaldokumente (offenbar des BF sowie seiner Gattin):
Übersetzungen der in arabischer Schrift abgefassten letztgenannten Dokumente (ausgen. UNRWA- Reg.Card) finden sich im Akt nicht.
5. Der Asylantrag des C.I., geb. 00.00.1954, staatenlos, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.06.2005 unter oben genannter Zahl gemäß § 7 AsylG idgF abgewiesen. Unter einem wurde festgestellt, dass dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Libanon gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idgF zulässig ist. Weiters wurde er gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
Nach der Feststellung, dass der BF "am 30.10.2003 einen Antrag gem. § 3 AsylG eingebracht" habe, dies unter Angabe der Personalien "C.I., geb. 00.00.1954, staatenloser Palästinenser", und der Wiedergabe der erstinstanzlich durchgeführten Einvernahme vom 24.02.2004 stellte die erkennende Behörde im Rahmen ihrer Entscheidungsbegründung u.a. fest, dass die Identität des BF diesen Daten entsprechend feststehe. Als Herkunftsland des BF werde "der Libanon" festgestellt.
Im Weiteren traf die belangte Behörde Feststellungen zum Libanon sowie zur Situation der Palästinenser im Libanon.
In ihrer Beweiswürdigung führte die Erstbehörde aus, dass die Identität des BF im Lichte der vorgelegten unbedenklichen nationalen Identitätsdokumente feststehe. Dass als sein Herkunftsstaat der Libanon anzusehen sei, ergebe sich aus den verschiedenen Aussagen des BF beginnend mit der Personenkontrolle am Flughafen Wien-Schwechat sowie aus den Identitätsdokumenten der libanesischen Behörden sowie der UNRWA-Registrierungskarte vom Jänner 2002.
Im Übrigen sei selbst bei Wahrunterstellung der entgegenstehenden Angaben des BF über einen Aufenthalt in Libyen zwischen 1975 und der Ausreise in 2003 als Herkunftsstaat des BF als staatenlosem Palästinenser der Libanon anzusehen, da sich sowohl der der libanesische Staat als die UNRWA im Libanon angesichts der vorliegenden Dokumente sowie der Aussagen des BF in der Einvernahme vor der entscheidenden Behörde als verantwortlich für den BF erklärt hätten. Der Libanon gewähre durch die Ausstellung der Dokumente staatlichen Schutz wie für einen libanesischen Staatsangehörigen und sei damit eine Bindung an den Libanon dokumentiert, die über jene aufgrund des Aufenthalts (gemeint wohl: in Libyen) hinausgehe. In Libyen wiederum habe der BF weder einen Aufenthaltsstatus noch libyische Dokumente erhalten und sei dort offenbar nur "geduldet" worden. Zuletzt habe der BF auch in der jüngsten Einvernahme nicht dem Libanon als (ursprünglichen) Herkunftsstaat widersprochen, er wolle allerdings nicht dorthin zurückkehren.
Nachdem der BF alleine Probleme in Libyen als ausreisekausal angegeben habe, den als Herkunftsstaat feststehenden Libanon betreffend aber keine Verfolgung geltend gemacht habe, seien dem Vorbringen weder asylrelevante Gründe noch Hinweis auf eine Rückkehrgefährdung iSd § 57 FrG zu entnehmen gewesen.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 20.06.2005 zu eigenen Handen des BF.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht mit 04.07.2005 Berufung. Er bestritt im Zuge seiner Darstellung der Berufungsgründe vorweg die Feststellungen der belangten Behörde zum "Herkunftsstaat Libanon" und verwies neuerlich auf den behaupteten Aufenthalt in Libyen seit 1975. Auch seien seine Kinder in Libyen geboren und dort zur Schule gegangen, was durch die vorgelegten Geburtsurkunden und Schulzeugnisse belegt sei. Die erstinstanzlich vorgelegten libanesischen Dokumente seien über die libanesische Vertretung in Libyen erhalten worden, weil in Libyen ein Nachweis der palästinensischen Herkunft verlangt worden sei. Als Herkunftsstaat im Sinne des Staates "des gewöhnlichen Aufenthalts" wäre Libyen festzustellen und zu prüfen gewesen. Im Zweifel hätte die belangte Behörde ergänzende Ermittlungen im Wege der libyschen Botschaft tätigen müssen. In Libyen sei er jedenfalls aufgrund seiner palästinesischen Herkunft Verfolgung unterlegen.
Darüber hinaus legte der BF (erstmals) dar, dass er im Libanon "Blutrache seitens verfeindeter Familien zu befürchten habe", dies vor dem Hintergrund der Bürgerkriegseriegnisse vor 30 Jahren, wogegen die libanesischen Behörde keinen ausreichenden Schutz gewähren würden.
Die Durchführung einer Berufungsverhandlung unter Beiziehung eines Sachverständigen "für die Situation der Palästinenser in Libyen sowie die Blutrache im Libanon" zur Glaubhaftmachung der bisherigen Angaben wurde beantragt.
7.1. Die Gattin des BF, C.K., geb. 00.00.1956, GZ. 262.308, brachte am 24.02.2004 einen Asylerstreckungsantrag gem. § 10 AsylG idF BGBl. 126/2002 ein. In Ansehung dessen findet sich in der Akt in der entsprechenden Niederschrift des Bundesasylamtes als Angabe zu deren letzten Wohnort der Name "B." (Anm.: Libanon), weitere Angaben fehlen. Neben einem Personalausweis des Innenministeriums Beirut vom 00.00.1987 legte sie eine Heiratsurkunde vom 00.00.1970 der zuständigen Behörde in B. vor. Zum Inhalt ihrer Befragungen im Gefolge ihrer Einreise am Flughafen Wien-Schwechat wird auf die gleichlautenden Angaben des BF verwiesen.
7.2. Die Tochter des BF namens C.R., geb. 00.00.1978, Familienstand geschieden, GZ. 262.301, legte als Identitätsnachweis einen "Auszug aus dem Personenstandsregister, Nr. --, ausgestellt am 02.11.1997 (Anm.: sofern es sich dabei um die auf AS 58 befindliche, nicht übersetzte Urkunde handeln sollte, könnte es sich auch um den 02.11.1987 handeln) vom Personenstandsamt M., vor. Sie gab u.a. an, ihr ehem. Gatte und das gemeinsame Kind würden in M., Libyen, wohnen. Sie selbst habe von 1986 bis 1992 in M. in die Volksschule und von 1992 bis 1995 die allgem. bildende höhere Schule ebendort besucht. Zuletzt habe sie in M., vor der Scheidung mit ihrem Gatten in A., gewohnt. Ihre Heiratsurkunde und Scheidungsurkunde befinde sich bei ihrem Vater. Zu den libanesischen Reisedokumenten der Familie befragt gab sie an, diese seien vor 7-8 Jahren von der libanesischen Vertretung in Tripolis ausgestellt worden. Ihre Angaben anlässlich der Ankunft in Wien-Schwechat seien unrichtig gewesen, sie selbst sei nie im Libanon gewesen.
7.3. Der Sohn des BF namens C.A., geb. 00.00.1980, GZ. 262.302, gab anlässlich seiner Einreise am Flughafen Wien am 25.07.2003 unter dem Namen Y.A. als Geburtsort B., Libanon, und als letzten Wohnort B. an.
In einem im Akt befindlichen Laisser-Passer der norwegischen Behörden vom 12.12.2003 scheint wiederum unter dem Namen A.A., staatenloser Palästinenser, als Geburtsort N., Libyen, bzw. als Wohnadresse U., Libyen, auf. Zum anderen wird in diesem Dokument angeführt, dass der Genannte seinen Angaben nach am 31.07.2003 Libyen verlassen habe. Ein Fingerabdrucksvergleich zeigte aber auf, dass er tatsächlich bereits am am 25.07.2003 in Wien-Schwechat registriert wurde.
Auf AS 110 wiederum findet sich ein (nicht übersetztes) Dokument der schwedischen Behörden vom 04.11.2003 mit den Personalien H.A., Libanon sowie den weiteren Personalien C.A..
Bei seiner niederschriftlichen Befragung vor der Außenstelle Linz des BAA gab der Genannte u.a. an, in M., Libyen, geboren und staatenloser Palästinenser zu sein. Als Identitätsnachweis legte er eine Kopie der Geburtsurkunde ausgestellt vom Standesamt M., vor. Er habe sowohl die Volksschule, die AHS als auch die Universität in M., dies zwischen 1986 und 2003, besucht. Zuletzt habe er in M., gewohnt. Auch er gab im Weiteren an mit einem Reisedokument der libanesischen Vertretung in Tripolis ausgereist zu sein. Zu den jüngsten Aufenthaltsorten befragt nannte er M., danach 5-6 Monate in K. (bei seinem Arbeitgeber offenbar auch in Libyen). Seine letzte Universitätsprüfung habe er am 00.00.2003 absolviert. Auch sei er von Juni bis August 2002 inhaftiert gewesen.
Zu den früheren Angaben, dass er Palästinenser aus dem Libanon sei, legte er dar, dass er dies stets aus Angst vor einer Deportation nach Libyen angegeben habe, er sei dort aber nicht wohnhaft gewesen. Er würde auch nie libysche Personaldokumente erhalten, weil sein Vater aber früher im Libanon lebte, hätten alle Kinder unabhängig von der Aufenthaltsort libanesische Dokumente erhalten können.
Auf AS 118 seines Aktes findet sich ein (nicht übersetztes) Dokument in arabischer Sprache. Auf AS 123 seines Aktes findet sich (der beiliegenden Übersetzung zufolge) ein Zeugnis der Universität M., vom 19.06.2004, dem gemäß der S.A., 1980 in M. geboren, an der Fakultät für Philosophie und Wissenschaft inskribiert war, und ihm im Studienjahr 2002/2003 ein akadem. Grad verliehen wurde.
Auch in dessen erstinstanzlicher Entscheidung findet sich die Feststellung, dass der Genannte staatenloser Palästinenser aus dem Herkunftsland Libanon sei. Im Rahmen ihrer Begründung bezog sich die Behörde zwar auf die UNRWA-Karte und die libanesischen Dokumente der Familie des Genannten, es findet sich darin aber keine Würdigung der vorgelegten libyschen Dokumente des Genannten.
7.4. Der Sohn des BF namens C.W., geb. 00.00.1981, GZ. 262.303, gab im Gefolge seiner Einreise in Wien-Schwechat am 24.05.2003 an, er heiße K.M., geb. in H., staatenloser Palästinenser, zuletzt wohnhaft im Flüchtlingslager H., Beirut, Libanon.
Auch er wurde im Rahmen der Dublin-VO mittels eines Laisser-Passer der norwegischen Behörden vom 10.12.2003 unter den Personalien S.W., staatenlos, geb. 00.00.1981 in Libyen, nach Österreich überstellt. Fingerabdruckvergleiche hatten bereits Antragstellungen am 24.5.2003 in Österreich und am 30.05.2003 in Schweden angezeigt, am 30.01.2004 wurde er in Deutschland aufgegriffen und nach Österreich überstellt, wo er am 26.03.2004 einen Asylantrag einbrachte.
Bei seiner erstinstanzlichen Einvernahme vor der Außenstelle Linz des BAA am 01.06.2004 legte er als Identitätsdokumente eine Kopie einer Geburtsurkunde, ausgestellt am 00.00.1997 vom Standesamt M., sowie einen "Personalausweis für Palästinenser im Libanon" des Innenministeriums Beirut vom 00.00.1987, lautend auf C.A., geb. in Libyen, whft. in "I." (vgl. AS 148), vor. Weiter gab er an, geboren sei er am 00.00.1981 in M., Libyen, wo er auch die Volks- und Hauptschule besucht und zuletzt gewohnt habe.
Auch in seinem Fall hat die erstinstanzliche Behörde in ihrer Entscheidung als Herkunftsland des genannten "staatenlosen Palästinensers" den Libanon festgestellt.
7.5. Die Tochter des BF namens C.C., geb. am 00.00.1986 in Damaskus, Syrien, ledig, staatenlos, Palästinenserin (siehe NS der Einvernahme vor dem BAA am 24.02.2004), GZ. 262.304, legte als Identitätsdokument in Kopie eine Geburtsurkunde des syrischen Innenministeriums in Damaskus, ausgestellt am 00.00.1986, vor (vgl. vermutlich - mangels Übersetzung im Akt - AS 55). Sie gab zu diesem Zeitpunkt an, von 1992 bis2002 in M., Libyen, die Schule besucht und zuletzt auch dort gewohnt zu haben. Im Gefolge ihrer Einreise nach Österreich mit ihren Eltern hatte sie am 31.10.2003 noch die Personalien M.S., geb. am 00.00.1986 in Damaskus, staatenlose Palästinenserin aus dem Flüchtlingslager B., Libanon, angegeben.
Auch sie stellte anlässlich ihrer erstinstanzlichen Einvernahme vor der Außenstelle des BAA am 24.02.2004 einen Asylerstreckungsantrag gem. § 10 AsylG 1997, der mit Bescheid vom 13.06.2005 abgewiesen wurde.
7.6. Der idente Verfahrensverlauf ist zu GZ. 262.305 auch den Sohn des BF namens C.S., geb. 00.00.1992 in M., Libyen, dokumentiert (vgl. NS vor dem BAA vom 24.02.2004).
Als Identitätsdokument findet sich in diesem Akt ein Auszug aus dem Geburtenregister des Standesamtes M., Libyen, vom 23.04.1992, dieser beglaubigt von der libanesischen Vertretung in Libyen am 08.07.1992 bzw. vom libanesischen Außenministerium am 31.05.2001.
7.7. Der idente Verfahrensverlauf ist zu GZ. 262.306 auch den Sohn des BF namens C.Y., geb. 00.00.1995 in M., Libyen, dokumentiert (vgl. NS vor dem BAA vom 24.02.2004).
Als Identitätsdokument findet sich auch in diesem Akt ein Auszug aus dem Geburtenregister des Standesamtes M., Libyen, vom 03.01.2001, dieser beglaubigt von der libanesischen Vertretung in Libyen am 17.01.2001 bzw. vom libanesischen Außenministerium am 31.05.2001.
7.8. Der idente Verfahrensverlauf ist zu GZ. 262.307 auch den Sohn des BF namens C.H., geb. 00.00.1998 in M., Libyen, dokumentiert (vgl. NS vor dem BAA vom 24.02.2004).
Als Identitätsdokument findet sich auch in diesem Akt ein Auszug aus dem Geburtenregister des Standesamtes M., Libyen, vom 05.11.1998, dieser beglaubigt von der libanesischen Vertretung in Libyen am 23.12.1998 bzw. vom libanesischen Außenministerium am 31.05.2001.
7.9. Die Tochter des BF namens C.L., geb. 00.00.1977 in M., Libyen, GZ. 262.300, legte anlässlich ihrer erstinstanzlichen Einvernahme am 24.02.2004 im Gefolge ihres Asylantrags gem. § 3 AsylG vom 30.10.2003 als Identitätsdokument einen Auszug aus dem Personenstandsregister in M., ausgestellt am 11.02.1997 (AS 57) vor. Im Akt befindet sich darüber hinaus ein (nicht übersetztes) Dokument in arabischer Sprache, welches ein Universitätsdokument sein dürfte, nachdem sich auf diesem Dokument u.a. auf dessen erster Seite der Eintrag "20.06.2000" findet und die Genannte angab von 1995 bis 2001 die Universität M. besucht zu haben sowie auf den folgenden Seiten verschiedene Punktzahlen zu verschiedenen Rubriken aufscheinen. Die übrigen Angabe der Genannten deckten sich im Wesentlichen mit denen ihrer Angehörigen. Auch in deren abweisenden Bescheid des BAA gem. §§ 7 und 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997 findet sich die Feststellung des Herkunftslandes Libanon.
7.10. Die zuletzt Genannte ist die Gattin des H.I., geb. am 00.00.1977, staatenloser Palästinenser, GZ. 292.177, den sie einer in dessen Akt befindlichen Heiratsurkunde des Standesamtes Amstetten vom 00.00.2005 nach an diesem Tag ehelichte.
Am 00.00.2005 wurde den Beiden die gemeinsame Tochter H.L. geboren (vgl. Geburtsurkunde Standesamt Amstetten v. 13.12.2005).
Der Genannte H.I. reiste am 21.05.2003 unter den Personalien O.W., geb. 00.00.1977 in B., Libanon, whft. ehemals im dortigen Flüchtlingslager, nach Österreich ein. Einem im Akt befindlichen Laisser-Passer der schwedischen Behörden vom 30.07.2003 stellte er in Schweden unter den Personalien F.E. einen Asylantrag, weiters findet sich im Akt der Aliasname M.D..
Bei seiner Einvernahme vor dem BAA a, 01.06.2004 gab er an, am 00.00.1977 in Tripolis geboren und staatenloser Palästinenser zu sein. Als Identitätsdokumente legte er im Zuge dessen einen Personalausweis, ausgestellt vom Innenministerium in Beirut am 00.00.1998, einen nat. Führerschein, ausgestellt am 00.00.1998 vom Verkehrsamt Tripols, sowie ein Schulzeugnis vom 04.11.1995 einer Schule in Tripolis und ein Abschlusszeugnis einer Fachschule, Libyen, vom 17.02.2002, beglaubigt vom libyschen Außenministerium am 19.08.2002 und von der libanesischen Vertretung in Libyen am 15.08.2002, vor. Seine Eltern F.H. und R.C., und drei Geschwister seien in Tripolis wohnhaft. Er sei der Cousin der K.C.. Seine Schulausbildung habe er von 1983 bis 1995 in Tripolis erhalten, von 1995 bis 2002 habe er dort die Universität besucht. Zuletzt habe er in Tripolis gewohnt.
Auch in dessen abweisenden Bescheid des BAA vom 15.06.2005 gem. §§ 7 und 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997 findet sich die ausdrückliche Feststellung des Herkunftslandes "Libanon".
In einem ergänzenden Schriftsatz zu seiner dagegen erhobenen Berufung begehrte der Genannte ausdrücklich die Feststellung, dass er nicht "Staatsangehöriger des Libanon", sondern "Staatenloser aus Libyen" sei.
7.12. Die oben genannte gemeinsame Tochter des H.I. und der C.L., geb. 00.00.2005, GZ. 309.546, brachte am 20.03.2006 durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin mit 19.12.2005 einen Asylantrag gem. § 3 AsylG 1997 im Rahmen des sogen. Familienverfahrens ein.
In ihrem diesen Antrag im Grunde der §§ 7 und 8 iVm 10 AsylG 1997 idgF abweisenden Bescheid stellte die erstinstanzliche Behörde ausdrücklich fest, dass die Genannte H.L. eine "Staatenlose aus Libyen und Angehörige der palästinensischen Volksgruppe" sei. Sie sei die Tochter des H.I., Staatenloser aus Libyen, sowie der H.R., Staatenlose aus Libyen. Entsprechend wurde ihre Abschiebung nach Libyen für zulässig erklärt und sie unter einem aus dem Bundesgebiet nach Libyen ausgewiesen.
Im Weiteren traf die Behörde verschiedene länderkundliche Feststellungen zur Lage in Libyen. Auch wenn sich (offenbar irrtümlich) auf S. 8 des Bescheides eine Bezugnahme auf die "kurdische" Herkunft der Antragstellerin sowie auf S. 55 eine solche auf die "Türkei" findet, so legte die Behörde ihren Ausführungen zu Spruchpunkt II ausdrücklich den Herkunftsstaat Libyen zugrunde.
8. Das gg. Verfahren wurde dem unten fertigenden Richter des Asylgerichtshofs mit 10.09.2008 zugeteilt.
II. Der Asylgerichtshof hat wie folgt erwogen:
1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 Asylgesetz 1997 gilt. Da das gegenständliche Verfahren zu oben genanntem Zeitpunkt anhängig war, ist es nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 zu Ende zu führen.
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005, diesem hinzugefügt durch Art. 2 Z. 54 Asylgerichtshofgesetz AsylGHG 2008, sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen.
2. Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Der § 28 AsylG gibt vor, dass die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Rechtsnorm stellt eine Konkretisierung der aus § 37 AVG i.V.m. § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung einer Verwaltungsbehörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen, dar.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen. Den Parteien ist das Ergebnis der behördlichen Beweisaufnahme in förmlicher Weise zur Kenntnis zu bringen und ausdrücklich unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit zu geben, zu diesen Ergebnissen Stellung zu nehmen (VwGH 05.09.1995, Zl. 95/08/0002). Gegenstand des Parteiengehörs sind sämtliche Ergebnisse der Beweisaufnahme. Auch soweit die Behörde bestimmte Tatsachen als offenkundig behandelt, ist dies der Partei bekannt zu geben (VwGH 17.10.1995, Zl. 94/08/0269). Gemäß der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040) ist die Verletzung des Parteiengehörs zwar saniert, wenn im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung dagegen Stellung zu nehmen - Voraussetzung einer solchen Sanierung ist aber, dass in der erstinstanzlichen Bescheidbegründung tatsächlich alle Beweisergebnisse dargelegt werden, da ansonsten der Asylgerichtshof das Parteiengehör einräumen müsste (VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062).
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann (nunmehr:) der Asylgerichtshof, sofern der ihm vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß Absatz 3 dieser Bestimmung kann er jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbarer Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Auch der Asylgerichtshof ist zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG berechtigt (vgl. dazu VwGH v. 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2002/20/0084). Eine kassatorische Entscheidung darf von ihm nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann getroffen werden, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. VwGH v. 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG siehe VwGH v. 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).
Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nach-geordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet, wobei (nunmehr) dem Asylgerichtshof die Rolle der Beschwerdeinstanz zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gem. § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgeber würden aber unterlaufen, wenn es wegen des weit reichenden Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor den Asylgerichtshof käme, weil das Bundesasylamt keine hinreichende Ermittlungstätigkeit führt und auch keine nachvollziehbaren Entscheidungen trifft. Die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen würde damit zur bloßen Formsache degradiert. Es ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn der Asylgerichtshof, statt seine "umfassende" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Instanz ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. Dies spricht insbesondere bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei ihm beginnen und zugleich - abgesehen von der beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch (im Wesentlichen nunmehr) den Verfassungsgerichtshof - bei ihm enden soll, für ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG (vgl. VwGH v. 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084; VwGH v. 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315).
3. Die belangte Behörde hat das erstinstanzliche Verfahren im vorliegenden Fall mit Mängeln belastet, die den Asylgerichtshof im Rahmen des gem. § 66 Abs. 2 AVG eingeräumten Ermessens zu einer kassatorischen Entscheidung veranlassten, wie im Folgenden darzulegen ist.
3.1. Vor dem Hintergrund des erstinstanzlichen Ermittlungsergebnisses sprach die belangte Behörde dem BF insbesondere die Glaubwürdigkeit seiner Angaben zu seinem angeblichen früheren Wohnort in Libyen zwischen 1975 und der Einreise in das österr. Bundesgebiet von Libyen aus im Jahr 2003 ab, und traf die Identität und Nationalität des BF betreffend die Feststellung, dass als Herkunftsstaat des BF, der als "staatenloser Palästinenser" (iSd § 1 Z. 4 AsylG 1997) anzusehen sei, der Libanon festzustellen sei (auf die Wiedergabe der entsprechenden Begründung der Behörde oben unter I.5. wird verwiesen). In Entsprechung dessen traf die Behörde auch Feststellungen zur Lage im Libanon und zur fehlenden Verfolgungswahrscheinlichkeit sowie Gefahrenlage iSd § 57 FrG im Herkunftsstaat Libanon. In Form einer Eventualbegründung führte die Behörde aus, dass selbst bei Wahrunterstellung der Behauptung des BF über seinen Aufenthalt zwischen 1975 und 2003 in Libyen der Libanon als Herkunftsstaat anzusehen sei, weil sich in Ansehung der aktenkundigen Personaldokumente der libanesischen Behörden sowie der UNRWA diese "als verantwortlich für den BF erweisen" und die libanesischen Behörden diesem ihren Schutz gewähren würden; die Bindung des BF an den Herkunftsstaat Libanon würde dementsprechend seine Bindung an den eventuellen Aufenthaltsort Libyen, wo er seinen Angaben ja auch nur geduldet worden sei, übersteigen (vgl. oben unter I.5.).
Wie oben unter I.7. dargestellt, führte die belangte Behörde - mit Ausnahme der letztgenannten und nachgeborenen H.L. - in gleichlautender Weise in ihren Entscheidungen die übrigen Angehörigen und Verwandten des BF betreffend aus, dass auch als deren Herkunftsstaat iSd § 1 Z. 4 AsylG 1997 idgF jeweils der Libanon anzusehen sei, weshalb als Bezugspunkt der Prüfung ihres Schutzbegehrens jeweils der Libanon heranzuziehen sei.
3.2. Dieser Sichtweise vermag sich der Asylgerichtshof in Ansehung des oben dargestellten Ermittlungsergebnisses mangels Schlüssigkeit der Feststellungen der belangten Behörde nicht anzuschließen. Summarisch wird diesbezüglich auf die gänzlich divergierenden Angaben des BF und seiner Verwandten im Laufe der verschiedenen erstinstanzlichen Befragungen zum Verlauf ihres bisherigen Lebens und der Orte ihres Lebensmittelpunkts bis 2003 verwiesen, bezüglich deren sie auch verschiedene Dokumente, u.a. verschiedener libyscher Behörden und Institutionen, zum Nachweis vorlegten. Auch wenn der belangten Behörde zuzugestehen ist, dass diese Divergenzen an sich Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Befragten aufdrängten und dass Teile der vorgelegten Dokumente, nämlich jene der libanesischen Behörden und der UNRWA, eventuell auch den Schluss zuließen, sie seien ehedem vor der Ausreise möglicher Weise gar nicht in Libyen wohnhaft gewesen oder eventuell zuletzt auch im Libanon, so ließe sich ebenso aus den gesamten Angaben der Betroffenen sowie den vorgelegten Dokumenten der gegenteilige Schluss ziehen. Letztlich war aber in der Gesamtsicht weder in der einen noch in der anderen Richtung mit der erforderlichen Klarheit zu Tage getreten, welcher Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der im Übrigen durchgehend als "staatenlose Palästinenser" Bezeichneten festzustellen war.
Zuletzt überraschte die Behörde darüber hinaus noch in ihrer jüngsten Entscheidung zu GZ. 309.546 mit der gegenteiligen Feststellung, dass der betreffenden nachgeborenen Antragstellerin aus dem Familienkreis des BF sowie auch deren Eltern, die ja ursprünglich noch in ihren eigenen Bescheiden dem Herkunftsstaat Libanon zugeordnet worden waren, der Herkunftsstaat Libyen zuzuschreiben sei.
3.3. Im Lichte dessen, dass bei als "Staatenlose" zu bezeichnenden Antragstellern als "Herkunftsstaat" iSd § 1 Z. 4 AsylG 1997 der Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts anzusehen ist und damit Bezugspunkt der behördlichen Prüfung iSd §§ 7 und 8 AsylG zu sein hat, stellten sich die Schlussfolgerungen der Behörde zum Herkunftsstaat der Bescheidadressaten in Ansehung der erstinstanzlichen Ermittlungen daher insgesamt als nicht schlüssig dar. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde in den Entscheidungen zu den GZ. 262.299 bis 262.308 sowie 262.177 vermochte in dieser Hinsicht nicht zu überzeugen, und widersprach sich die Behörde zuletzt sogar in ihrer Entscheidung zu GZ. 309.546 in diametraler Weise, wie oben wiedergegeben wurde.
Es wäre aus Sicht des Asylgerichtshofs jedenfalls angezeigt gewesen, die (per se auch nicht unschlüssigen) Angaben des BF und seiner Angehörigen, dass sie - entgegen den von ihnen später als unzutreffend bezeichneten Angaben anlässlich ihrer Erstbefragung nach der Einreise am Flughafen - von 1975 bis 2003 bzw. seit jeher in Libyen aufhältig gewesen zu sein, gerade auch angesichts der zahlreichen libyschen und libanesischen Dokumente, die in den einzelnen Verfahren vorgelegt wurden, einer Überprüfung vor allem im Wege der Palästinenserbehörde UNRWA oder auch der österr. Vertretungen im Libanon und in Libyen bzw. eventuell mit Zustimmung der Antragsteller auch bei den libyschen Behörden zu unterziehen um dadurch hinreichende Klarheit über den "Herkunftsstaat" zu erlangen.
3.4. Wie oben dargestellt kann es nicht Sache der Beschwerdeinstanz sein - wie im gg. Fall - wesentlich mangelhaft gebliebene Ermittlungen nachzuholen um dadurch erst zu den erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zu gelangen, und würde es darüber hinaus, sofern der Asylgerichtshof diese Vorgangsweise wählen würde, (mindestens) einer mündlichen Verhandlung nur zur Erörterung der Ermittlungsergebnisse bedürfen.
In Entsprechung der hg. Judikatur war daher in Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG die erstinstanzliche Entscheidung zu beheben und das Verfahren zur entsprechenden Ergänzung bzw. Korrektur des Ermittlungsverfahrens wie oben dargestellt an die erstinstanzliche Behörde zurückzuverweisen.
4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs 7 AsylG iVm § 67d Abs 4 AVG unterbleiben.