E10 265.378-2/2008-5E
E10 265.378-3/2008-5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Sabine DUTZLER über die Beschwerde des C.K., geb. 00.00.1982, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.10.2005, FZ: 04 16.040-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 69 Abs. 1 Ziffer 2 und 71 Abs. 1 Ziffer 1 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF als unbegründet abgewiesen.
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Sabine DUTZLER über die Beschwerde des C. K., geb. 00.00.1982, StA. Türkei, gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 04.07.2005, FZ: 04 16.040-BAG beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 63 Abs. 5 AVG zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte ursprünglich am 09.08.2004 beim Bundesasylamt (BAA) einen Asylantrag.
2. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2005, Zahl: 04 16.040-BAG, gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei für zulässig erklärt. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
Dieser Bescheid wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des BF am 06.07.2005 per Rsa-Brief zugestellt und erwuchs mangels Ergreifung eines Rechtsmittels am 21.07.2005 in Rechtskraft.
3. Mit Schriftsatz vom 04.08.2005 stellte der Beschwerdeführer (unvertreten) einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie in erkennbarer Weise einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; gleichzeitig wurde Berufung [nunmehr: Beschwerde] erhoben. Der BF sei nunmehr im Besitze eines Schreibens, das er zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Bescheiderlassung noch nicht gehabt habe; es handle sich um das Schreiben des Muchtars, der bestätige, dass er in der Türkei gesucht werde.
4. Nach niederschriftlicher Einvernahme des BF am 15.09.2005 - dabei gab er an, derzeit nicht vertreten zu sein - wies das BAA den Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens und auch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 69 Abs. 1 Ziffer 2 AVG bzw. gemäß § 71 Abs. 1 Ziffer 1 AVG ab. Begründend führte das BAA an, dass einerseits es sich bei dem gleichzeitig mit dem Antrag vorgelegten Beweismittel um kein neues Beweismittel handle, dessen Vorhandensein zu einem anders lautenden Spruch geführt hätte und andererseits von einem unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis, welchen den BF gehindert hätte, die versäumte Handlung zu setzen, nicht ausgegangen werden könne. Dieser Bescheid wurde dem BF am 13.10.2005 eigenhändig zugestellt.
5. Mit Schriftsatz vom 27.10.2005 (das Datum des Poststempels auf dem diesbezüglichen Kuvert ist nicht erkennbar, das Schriftstück trägt aber den Eingangsstempel des BAA v. 28.07.2005 - der Asylgerichtshof geht daher davon aus, dass das Schriftstück zumindest am 27.07.2005 zur Post gegeben wurde) erhob der BF im Wege seines nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Berufung [nunmehr: Beschwerde] gegen diesen Bescheid. Die Gesichtspunkte des Falles seien unter Berücksichtigung des neuen Beweismittels in einem anderen Licht zu sehen, als dies vor der Vorlage dieses Beweismittels der Fall gewesen sei; der BF müsse sehr wohl mit asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen in seinem Heimatland rechnen. Der BF habe geglaubt, die Rechtsmittelfrist sei erstreckbar und könne seine Berufungsgründe durch die Vorlage des Beweismittels besser stützen. Der BF sei erst seit einem Jahr in Österreich und kenne daher die österreichische Rechtsordnung nicht genau, seine Verfehlung sei als geringfügiges Verschulden zu qualifizieren, weshalb dem Wiedereinsetzungsantrag Berechtigung zukomme.
Hinsichtlich des näheren Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt verwiesen.
6. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 10.11.2005 wurde dem Antrag des BF vom 04.08.2005 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
7. Mit Schreiben vom 21.07.2006 gab der rechtsfreundliche Vertreter des BF die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Beweiswürdung
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt. Der bisherige Verfahrensgang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest.
2. Entscheidung durch Senat
Gemäß § 61 Abs 1 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof gegen Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes in Senaten, oder soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter.
Gemäß Abs 3 leg cit entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide
wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;
wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG, und
die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Nachdem gegenständlich keine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung iSd § 61 Abs 1 u. 3 AsylG 2005 vorliegt, ergibt sich daraus die Zuständigkeit für einen Senat.
3. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
4. Verweise
Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den jeweiligen erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.
Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.
5. Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens
5.1. Gemäß § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gem. § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Gemäß § 69 Abs. 3 AVG kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von 3 Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.
5.2. Der Bescheid des BAA vom 04.07.2005 wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des BF am 06.07.2005 zugestellt (vgl. Aktseite - nachfolgend: AS 135). Rechtskraft trat daher am 21.07.2005 ein - ein Rechtsmittel war daher nicht mehr zulässig.
5.3. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG kommt die Wiederaufnahme nur dann in Betracht, wenn der Wiederaufnahmegrund allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Es obliegt daher der Behörde, bereits im Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen, ob die neue Tatsache oder das neue Beweismittel einen anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (VwGH 14.06.1993, 91/10/0107).
5.4. Das neu vorgelegte Beweismittel - eine Bestätigung des Muchtars in K.- bestätigt dass der BF im September 2001 der Aufforderung zur Musterung nicht nachgekommen ist, er seither dienstflüchtig ist, festgestellt worden ist, dass er im Jahre 2004 die Heimat verlassen hat und aufgefordert wird, sich unverzüglich bei der Militärdienststelle zu melden. Genau diese Umstände - dass der BF von der Militärbehörde gesucht werde - hatte der BF aber schon beim BAA vorgebracht und wurden seine Angaben vom Bundesasylamt für glaubhaft (im Schriftsatz betreffend Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Berufung vom 04.08.2005 wird dagegen gerügt, dass BAA habe sein Vorbringen als nicht glaubhaft beurteilt) erachtet. Das heißt im Ergebnis, dass das BAA in seiner Entscheidung genau von diesem Sachverhalt, den der BF nun mit der Vorlage dieses Beweismittels beweisen will, ausgegangen ist. Daher konnte die Vorlage dieses Beweismittels schon aus diesem Grund zu keinem anderen Ergebnis führen; das BAA ist bei seiner Entscheidung ohnehin von der Gegebenheit der in der Bestätigung angeführten Tatsachen ausgegangen.
5.5. Auf die Qualität des vorgelegten Beweismittels war daher nicht mehr näher einzugehen, weil der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, schon aus diesem angeführten Grund abzuweisen war. Die Ziffern 1 und 3 des § 69 Abs. 1 AVG waren von vornherein nicht einschlägig.
6. Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
Gemäß § 71 Abs. 3 AVG hat die Partei im Fall der Versäumung einer Frist die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag einzubringen.
Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers in seinem Antrag gesteckt wird (vgl. VwGH 22.02.2001, Zl. 2000/20/0534; siehe auch Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 4 und 7 zu § 71 AVG). Den Wiedereinsetzungswerber trifft somit die Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen; es ist nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsantrag bilden könnten (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0268 unter Bezugnahme auf das dg. Erkenntnis vom 28.01.1998, Zl. 97/01/0983). Im Übrigen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Partei im Verfahren wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden bleibt. Eine Auswechslung dieses Grundes im Berufungsverfahren ist rechtlich unzulässig (vgl. VwGH 28.02.2000, Zl. 99/17/0317, VwGH 30.11.2000, Zl. 99/20/0543, VwGH 25.02.2003, Zl. 2002/10/0223). Erst im Berufungsverfahren - außerhalb der Frist des § 71 Abs. 2 AVG - nachgetragene Behauptungen können einen Wiedereinsetzungsantrag nicht mehr begründen (VwGH 26.04.2001, Zl. 2000/20/0336).
Als Ereignis ist jedes Geschehen ohne Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen, auch ein Irrtum kann ein Ereignis sein. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann (VwSlg 9024 A). Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, Zl. 99/01/0337). Eine Erkrankung kann für sich allein niemals einen Wiedereinsetzungsgrund bilden, sondern nur dann, wenn zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit der Partei ausgeschlossen wird, wenn also zufolge der Krankheit nicht einmal mehr für eine Stellvertretung vorgesorgt werden kann (z.B. VwGH 27.01.1994, 93/15/0219). Dispositionsunfähigkeit liegt dann vor, wenn jemand außerstande ist, als notwendig erkannte Handlungen fristgerecht zu setzen (VwGH 16.02.1994, 90/13/0004; auch VwGH 10.10.1996, 95/20/0659).
Einleitend ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass das vorliegen von Wiedereinsetzungs-gründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers in seinem Antrag gesteckt wird (vgl. VwGH 22.02.2001, Zl. 2000/20/0534; siehe auch Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsver-fahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 4 und 7 zu § 71 AVG), weshalb das Berufungsvorbringen laut Schriftsatz vom 27.10.2005, soweit es über das Vorbringen im Antrag vom 4.8.2005 hinausgeht, unbeachtlich ist.
In Ergänzung zu den Ausführungen im oa. Absatz wird festgestellt, dass der BF zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides am 06.07.2005 rechtsfreundlich vertreten war. Eine der Asylbehörde zugegangene Erklärung der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses erfolgte erst anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme des BF am 15.09.2005, wo er angab, derzeit nicht vertreten zu sein, weshalb mangels gegenteiliger Anhaltspunkte bis zu diesem Zeitpunkt von einem aufrechten Vertretungsverhältnis auszugehen war. Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides erfolgte rechtmäßiger Wiese an den ausgewiesenen Vertreter. Anschließend wurde dem BF der Bescheid an seine Adresse zugeschickt. Dieses Zuschicken stellte keine neuerliche Zustellung dar, welche folglich auch keine (neuen) Rechtsmittelfristen in Gang setzte.
Dass der BF sich erst seit einem Jahr in Österreich aufhalte und mit der österreichischen Rechtsordnung noch nicht so vertraut sei, er geglaubt habe, die Berufungsfrist sei erstreckbar, kann der BF in diesem Fall nicht mit Recht einwenden, war er doch anwaltlich vertreten. Dieser kennt jedenfalls die entsprechenden Fristen, wie ihre Wirkungen. Ebenso enthielt der erstinstanzliche Bescheid eine eindeutige Rechtsmittelbelehrung in einer dem BF verständlichen Sprache, weshalb diesen bei gehöriger Sorgfalt die zweiwöchige -nicht erstreckbare- Berufungsfrist klar sein musste. Darüber hinaus wurde dieser behauptete Umstand nicht bereits im Antrag, sondern erst in der Berufung vorgebracht und ist daher unbeachtlich.
Das relevierte Ereignis - die Versäumung der Berufungsfrist - war daher für einen durchschnittlich sorgfältigen Asylwerber in der Situation sowie mit den Kenntnissen und Fähigkeiten des BF weder unvorhersehbar noch unabwendbar und ist folglich ein Wiedereinsetzungsgrund nicht gegeben.
Nachdem der BF den Schriftsatz betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Berufung erhoben hatte, wurde er niederschriftlich befragt; diese Einvernahme umfasste die Frage, ob er zum Zeitpunkt dieser Einvernahme vertreten sei, was verneint wurde (vgl. AS 171, siehe auch die im gegenständlichen Erkenntnis getroffenen Ausführungen in Bezug auf den Zugang der Erklärung der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses an die Asylbehörde). Richtigerweise erfolgte daher die Zustellung des Bescheides vom 11.10.2005 an den BF selbst.
7. Zurückweisung der Berufung wegen Verspätung
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist eine Berufung [hier: "Beschwerde"] binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, wobei die Berufungsfrist [hier:
"Beschwerdefrist"] mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung, mit dieser beginnt.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Die Tage des Postenlaufes werden gemäß § 33 abs. 3 AVG in die Frist nicht eingerechnet. Zur Wahrung der Frist genügt es also, dass der Postenlauf vor Ablauf des letzten Tages der Frist in Gang gesetzt wird, d. h. dass die Berufung der Post zur Beförderung an die richtige Stelle übergeben wird.
Der ursprüngliche Bescheid vom 04.07.2005 wurde am 06.07.2005 zugestellt. Die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen lief daher bis einschließlich 20.07.2005. Bei Einbringung der Berufung [nunmehr:
Beschwerde] - gemeinsam mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - am 04.08.2005 (vgl. AS 159 - Datum des Poststempels) war die Rechtsmittelfrist somit abgelaufen, das Rechtsmittel folglich als verspätet zurückzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
III. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG, dass die dort als Rechtsfolge vorgesehene sinngemäße Anwendung des AVG 1991 unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG steht. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind, in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII.GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, wohl aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG somit die Anwendung von Verfahrensbestimmungen für den Asylgerichtshof in allen anhängigen Verfahren einschließlich der gemäß den Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führenden Verfahren, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im § 75 Abs. 1 AsylG 2005 bedürfte. § 41 Abs. 7 ist daher im gegenständlichen Verfahren anwendbar.
Im gegenständlichen Fall konnte der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde, nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen. Eine Verhandlung konnte unterbleiben.